Aufstieg der Grünen. Nur ein kurzweiliger Trend oder der Aufstieg zur dauerhaften politischen Großmacht?


Hausarbeit, 2021

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Forschungsstand

3 Geschichte der Grünen

4 Cleavage-Theorie

5 Cleavages der „neuen Politik“

6 „The People's Choice“-Studie

7 Mikrosoziologische Struktur der Moderne

8 Ausblick in die Zukunft

9 Schluss

1. Einleitung

Noch bei der Bundestagswahl 2017 schnitt die Partei Bündnis 90/Die Grünen mit 8,9 Prozent der Zweitstimmen als schwächste, der sechs in den Bundestag eingezogenen Parteien, ab.1 Zwei Jahre später konnte die Partei dann allerdings schon mit 20,5 Pro-zent der Stimmen bei der Europawahl glänzen2 und auch aktuellen Umfragen zufolge, reihen sich die Grünen in Prognosen bei ca. 20 Prozent ein.3 Es wird also deutlich, dass sich in den Jahren etwas getan haben muss. Nicht ohne Grund stellt die Partei im Wahl-kampf erstmals eine Kanzlerkandidatin mit Annalena Baerbock und konnte das Duell zwischen SPD und Union um den Kanzlersitz, auf ein Triell erweitern. Mit einem Er-gebnis von mindestens 15 Prozent, wovon aktuell auszugehen ist, würde man damit das beste Ergebnis, abseits der beiden Volksparteien, jemals erzielen, dass bisher die FDP mit 14,6 Prozent bei der Bundestagswahl 2009 erreichen konnte. Zudem ist diese Ent-wicklung keinesfalls eine typische, nicht einmal wenn man nur die westliche Welt be-trachtet. So konnten sich in anderen Großmächten, wie den USA, Frankreich oder Großbritannien keine grünen Parteien derart in den Vordergrund drängen. Man kann vor der Bundestagswahl 2021 also durchaus, von einer zu erwartenden critical elcection sprechen. In dieser Hausarbeit werde ich zunächst die Ursachen des rasanten Stimmen-anstieges analysieren und daraufhin betrachten, wie sich dies auf die Zukunft auswirken könnte. Hierbei geht es mir nicht darum, eine Prognose in Prozent oder Ähnlichem für die nächsten Wahlen zu geben. Viel mehr gilt es zu erörtern, ob derartige Ursachen auch für zukünftige Wahlen relevant sein werden. Dafür beleuchte ich zunächst kurz die Ge-schichte der Partei, um die Entwicklung und Absichten der Grünen verstehen zu kön-nen. Anschließend verknüpfe ich die aktuelle Entwicklung der Werte mit der Theorie der Cleavages und dem People's Choice Ansatz und beleuchte somit die makrosoziolo-gischen und mikrosoziologischen Ebenen des Wahlverhaltens, die in Kombination die Basiskomponente in den Modellen des Wahlverhaltens darstellen. Zum Schluss ziehe ich noch ein kurzes Resümee und gebe einen Ausblick auf die Entwicklung in der Zu­kunft.

2. Forschungsstand

Zur allgemeinen Frage, wie sich das Parteiensystem in Deutschland und allgemein in der westlichen Welt entwickelt hat und warum, sind zahlreiche wissenschaftliche Arti­kel vorhanden. „Parteiensysteme im Wandel“ von Holger Onken oder „Politikwissen­schaftliche Einstellungs- und Verhaltensforschung“ von Torsten Faas und Jürgen Maier sind da nur zwei bekannte Beispiele. Auch zur Geschichte der Grünen findet man zahl­reiche Werke, wie „Die Grünen - das Buch“ oder den Auszug zur Partei aus dem „Handbuch Parteienforschung“ von Lothar Probst. Selbst zum rasanten Aufstieg der letzten gut zwei Jahre der Partei findet man bereits einige wissenschaftliche Arbeiten, wie „Die Grünen als neuer Pol im deutschen Parteiensystem?“ von Gerd Mielke. Das Themengebiet meiner Leitfrage ist also ein breit beleuchtetes und hochaktuelles The­menfeld. Einzig konkrete Aussichtsperspektiven und Einschätzungen auf die weitere Entwicklung der Partei sind bisher nur selten zu finden, da es sich hierbei aber auch zum Teil um spekulative Aussagen handelt.

3. Geschichte der Grünen

Die 1980 gegründete Partei Die Grünen, die sich 1993 mit der ostdeutschen Protestbe­wegung zur Partei Bündnis 90/Die Grünen zusammenschloss, zog 1983 das erste Mal in den Bundestag ein und stellt 2021 das erste Mal einen Kanzlerkandidaten bzw. in die­sem Fall eine Kanzlerkandidatin. Die Gründung der Partei beruht laut Inglehart auf ei­nem Wertewandel zum Postmaterialismus, der aus einem Anstieg des Wohlstandes und der Bildung entstanden ist. Dieser Theorie widerspricht zwar der nicht stetige Anstieg der Wahlergebnisse, trotzdem gilt sie weiterhin als eine der Renommiertesten.4 Nach­dem die Ergebnisse zwischenzeitlich bis auf über acht Prozent bei der Bundestagswahl 1987 angestiegen waren, traf die Partei bei der darauffolgenden Wahl die bisher schmerzlichste Niederlage, nach der nur noch acht Abgeordnete der Partei in den Bun­destag einziehen durften.5 Aus dieser Krise zog die Partei ihre Schlüsse bekannte sich erstmals zum parlamentarisch demokratischen System der Bundesrepublik und fokus­sierte sich auf die ökologische Reformation, wenngleich man sich von einem Großteil der radikalen und sozialistischen Mitgliedern trennte. Um wettbewerbsfähiger zu sein, mündeten diese Reformationen 1993 dann in der Vereinigung beider Parteien.6 Diese Reformierung zeigte seine Wirkung und man konnte 1998, trotz herber Kritik an gefor­derten ökologisch bedingten Steuererhöhungen und einem Ruf nach dem Austritt aus der NATO, erstmals mit der SPD eine Bundesregierung stellen. Diese Koalition hielt bis 2005, woraufhin sich die Partei bis heute in die Opposition begab und zu einer Mit­telpartei reifte.7 Mittlerweile ist die Partei in elf der 16 Landesregierungen vertreten und wird aller Wahrscheinlichkeit zumindest die drittstärkste Kraft im Bundestag werden.

4. Cleavage-Theorie

Ein Cleavage beschreibt eine Konfliktlinie, die eine kulturelle oder ökonomische Spal­tung im Parteiensystem beschreibt. Diese Konflikte repräsentieren Spaltungen innerhalb der Gesellschaft, die im Parteiensystem widergespiegelt werden und von den Parteien ausgeübt werden. Lipset und Rokkan haben in ihrer Analyse vier Cleavages ausge­macht. Dabei ging es um die Konflikte zwischen Kapital und Arbeit, Kirche und Staat, Stadt gegen Land und Zentrum gegen Peripherie. Alle Konfliktlinien entstanden durch Prozesse des gesellschaftlichen Wandels, wie z.B. der Industrialisierung im Arbeit­Kapital Konflikt. Die Parteien positionieren sich an diesen Konfliktlinien und benutzen die jeweiligen Interessen der Konfliktseiten zur Akquise und Bindung der Wähler und Wählerinnen. Sie entwickelten sich aus der Geschichte und sind in der Gesellschaft tief verankert. Betrachtet wird hier also die makrosoziologische Ebene.8

5. Cleavages der „neuen Politik“

Während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich in der Deutschen Bundes­republik zwei neue soziale Konfliktlinien ergeben, die sich auf das Parteiensystem aus­gewirkt haben. Bis zur Entstehung dieser neuen Cleavages waren in Deutschland vor allem der Kapital-Arbeit und Staat-Kirchen Konflikt dominant, an denen sich das Par­teiensystem orientierte. Ohne sich an diesen Linien zu positionieren, gelang es bis dahin kaum einer Partei sich wirklich zu etablieren. Zudem erklärt die feste Bindung an diese lang andauernden Konfliktlinien auch die Stabilität unserer westlichen Parteiensyste- me.9 Der erste Wandel, aus dem die Grünen entstanden, fokussierte sich auf die Um­welt- und Friedensrechte, die zunächst vor allem in der jüngeren Generation eine Kon­fliktlinie zur Industrie und zum Materialismus bildete, wodurch die Grünen 1983 das erste Mal in den Bundestag einziehen konnten.10 Der andere Konflikt hat sich aus der

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1 Der Bundeswahlleiter. Bundestagswahl 2017: Endgültiges Ergebnis. Pressemitteilung Nr. 34/17, Der Bundeswahlleiter, 12. Oktober 2017. https://www.bundeswahlleiter.de/info/presse/mitteilungen/bundestagswahl- 2017/34_17_endgueltiges_ergebnis.html (zuletzt abgerufen am 14.09.2021).

2 Der Bundeswahlleiter. Europawahl 2019: Endgültiges Ergebnis. Pressemitteilung Nr. 37/19, Der Bun­ deswahlleiter, 24. Juni 2019. https://www.bundeswahlleiter.de/info/presse/mitteilungen/europawahl- 2019/37_19_endgueltiges_ergebnis.html (zuletzt abgerufen am 12.09.2021).

3 Cantow, Matthias. Zicht, Wilko. Forsa Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre... . Forsa, August 2021. https://www.wahlrecht.de/umfragen/forsa.htm (zuletzt abgerufen am 11.09.2021).

4 Vgl. Probst, Lothar. Handbuch Parteienforschung, Bündnis 90/Die Grünen. Springer Fachmedien, Wiesbaden, 2013, 494 ff.

5 Vgl. Probst. Handbuch Parteienforschung. 515.

6 Vgl. Ebd.

7 Vgl. Ebd. 517 ff.

8 Vgl. Lipset, Seymour M. Rokkan, Stein. Party Systems and voter alignments: cross-national perspecti­ves. New York: Free Press, 1967, 13 ff.

9 Vgl. Weßels, Bernhard. Zwischen Polarisierung und Beharrung: Die Bundestagswahl 2017. Nomos, Band 3, 2019, 191.

10 Vgl. Mielke, Gerd. Die Grünen als neuer Pol im deutschen Parteiensystem? Anmerkungen zum Aufstieg der Grünen. Forschungsjournal Soziale Bewegungen, Band 34, Heft 3, August 2021, 465.

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Details

Titel
Aufstieg der Grünen. Nur ein kurzweiliger Trend oder der Aufstieg zur dauerhaften politischen Großmacht?
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
14
Katalognummer
V1182001
ISBN (eBook)
9783346603715
ISBN (Buch)
9783346603722
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bundestagswahl, Bündnis 90/Die Grünen, Cleavages, The People´s Choice
Arbeit zitieren
Joshua Lausen (Autor:in), 2021, Aufstieg der Grünen. Nur ein kurzweiliger Trend oder der Aufstieg zur dauerhaften politischen Großmacht?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1182001

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