Das Startup-Ökosystem in Niedersachsen. Eine empirische Analyse zur Ausprägung von Determinanten der Standortwahl


Masterarbeit, 2021

106 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Aufgabenstellung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theoretisches Fundament
2.1 Unternehmensgründung
2.1.1 Die verschiedenen Gründungstypen
2.1.2 Entwicklungsphasen von Startups
2.2 Startup-Ökosysteme
2.2.1 Entwicklungslinien des Startup-Ökosystems
2.2.2 Eigenschaften von Startup-Ökosystemen
2.2.3 Bereiche des Ökosystems nach Isenberg
2.2.4 Akteure des Ökosystems
2.2.4.1 Business Angels
2.2.4.2 Venture Capital-Gesellschaften
2.2.4.3 Company Builder
2.2.4.4 Inkubatoren
2.2.4.5 Akzeleratoren
2.2.4.6 Technologie- und Gründungszentren
2.2.4.7 Makerlabs und Coworking-Spaces
2.2.4.8 Businessplan- und Gründungswettbewerbe
2.2.4.9 Meetups und Vernetzungsplattformen

3 Untersuchungsgegenstand Niedersachsen
3.1 Wirtschaftsstandort Niedersachsen
3.2 Startup-Ökosystem Niedersachsen
3.2.1 Status Quo des Gründungsstandorts
3.2.2 Akteure des Ökosystems

4 Empirische Analyse des Startup-Ökosystems in Niedersachsen
4.1 Forschungsdesign
4.2 Datenauswertung
4.2.1 Häufigkeitsanalysen
4.2.2 Varianzanalysen und Korrelationen
4.3 Limitationen der Analyse
4.4 Ergebnisdiskussion

5 Implikationen
5.1 Für die Praxis
5.2 Für die Forschung

6 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Versicherung an Eides statt

Aufgabenstellung

Junge Unternehmen gelten als Innovationsmotor der Wirtschaft und Garant für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Sie liefern Impulse hinsichtlich neuer Geschäfts­modelle und Technologien, wodurch sie einen wichtigen Beitrag für ein stabiles und langfristiges Wirtschaftswachstum leisten sowie die Wettbewerbsfähigkeit eines Standorts stärken. Länder, Städte und Regionen sind daher bestrebt, sich durch die Bündelung von gründungsförderlichen Rahmenbedingungen als attraktive Stand­orte für sogenannte Startups zu etablieren. Dabei entsteht in der Bundesrepublik ein Wettbewerb zwischen den Bundesländern, um ausreichende junge Unter­nehmen zu fördern und am eigenen Standort zu halten. Das Land Niedersachsen weist im Bundesvergleich aktuell eine eher geringe Anzahl an Startup-Gründungen auf, weshalb verstärkt die öffentlich-politische wie private Förderung und Kombi­nation verschiedener Aktivitäten vorangetrieben wird.

Diese Masterarbeit soll sich mit dem Zusammenhang aus Akteuren und Determi­nanten eines solchen Ökosystems befassen und dabei den Status Quo der Förderungsmaßnahmen im Bundesland Niedersachsen untersuchen.

Die Forschungsziele lassen sich wie folgt formulieren:

- Identifikation relevanter Faktoren für die Standortwahl von Startups sowie wichtiger Akteure und deren Zusammenspiel innerhalb von Startup-Öko­systemen
- Untersuchung der Struktur des niedersächsischen Startup-Ökosystems
- Durchführung einer quantitativen Analyse der Ausprägung/Verfügbarkeit von Standortfaktoren für Startups in Niedersachsen zur Identifikation von Lücken im aktuellen Förderungsangebot
- Ableiten von Implikationen zur Erhöhung der Standortattraktivität für Startups in Niedersachsen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die verschiedenen Gründungstypen

Abbildung 2: Abgrenzung zwischen Existenz- und Unternehmensgründung

Abbildung 3: Startup-Entwicklungsphasen

Abbildung 4: Anzahl von Studien mit Nennung des Begriffs „Ecosystems“

Abbildung 5: Das konzeptionelle Startup-Ökosystem-Modell der Ausarbeitung ...

Abbildung 6: Isenberg-Modell der Standortfaktoren des Startup-Ökosystems

Abbildung 7: Zuordnung von Förderungsakteuren und Standortfaktoren

Abbildung 8: Zuordnung von Förderungsakteuren und Entwicklungsphasen

Abbildung 9: Jährliche Startup-Gründungen pro 100.000 EinwohnerInnen

Abbildung 10: Anzahl von Akteuren der acht relevantesten Standorte

Abbildung 11: Anzahl von Akteuren je Akteursgruppe

Abbildung 12: Anzahl von Akteuren je Akteursgruppe in Hannover

Abbildung 13: Ballungsräume von Startups in Niedersachsen

Abbildung 14: Auswahl der Branchen im Fragebogen

Abbildung 15: Frage nach der Ausprägung von Standortfaktoren

Abbildung 16: Frage nach der Ausprägung von Unterbereichen

Abbildung 17: Frage nach dem Einfluss von gründungsspezifischen Akteuren

Abbildung 18: Frage nach dem Einfluss von klassischen Akteuren

Abbildung 19: Verteilung der Startups je Branche

Abbildung 20: Anzahl Startups je Entwicklungsphase

Abbildung 21: Anzahl Startups je Startup-Ökosystem

Abbildung 22: Mittelwerte der Standortfaktoren in Niedersachsen

Abbildung 23: Mittelwerte Support-Infrastruktur in Niedersachsen

Abbildung 24: Mittelwerte Humankapital in Niedersachsen

Abbildung 25: Mittelwerte Politik in Niedersachsen

Abbildung 26: Mittelwerte klassische Akteure in Niedersachsen

Abbildung 27: Mittelwerte gründungsspezifische Akteure in Niedersachsen

Abbildung 28: Mittelwerte Kultur nach Entwicklungsphasen

Abbildung 29: Mittelwerte Humankapital nach Entwicklungsphasen

Abbildung 30: Mittelwerte Bildungseinrichtungen nach Entwicklungsphasen

Abbildung 31: Mittelwerte anderer Startups nach Entwicklungsphasen

Abbildung 32: Mittelwerte Business Angels nach Entwicklungsphasen

Abbildung 33: Mittelwerte VC-Gesellschaften nach Entwicklungsphasen

Abbildung 34: Mittelwerte Standortfaktoren in Braunschweig & Hannover

Abbildung 35: Mittelwerte klassische Akteure in Braunschweig & Hannover

Abbildung 36: Mittelwerte Akteure in Braunschweig & Hannover

Abbildung 37: Korrelation Inkubatoren und Support-Infrastruktur

Abbildung 38: Korrelation TGZ und Support-Infrastruktur

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zentrale Literatur über Startup-Ökosysteme

Tabelle 2:Unterschiede &Gemeinsamkeiten von SÖ & ähnlichen Konzepten

Tabelle 3:Wesentliche Handlungsfelder der Startup-Strategie Niedersachsen...

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Seit Jahrzehnten sind junge Unternehmen der Haupttreiber für Wachstum und Inno­vationskraft von Volkswirtschaften. Sie sichern die Beschäftigung und langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Regionen. Die GründerInnen1 dieser sogenannten Start­ups nutzen innovative Technologien und Geschäftsmodelle zur Schaffung von öko­nomischer wie gesellschaftlicher Wertschöpfung (Stam & Spigel, 2016, S. 2). Die Leistungsfähigkeit der Neugründungen wird dabei stark von etwas beeinflusst, das noch größer ist als die Unternehmen selbst: das umgebende Netzwerk aus ver­schiedenen Akteuren und Förderungsinitiativen (Fuerlinger et al., 2015, S. 4). Im Verlauf der Jahre hat sich in diesem Zusammenhang, orientiert an Vorbildern aus dem amerikanischen Silicon Valley, der Begriff der sogenannten Startup-Öko­systeme etabliert (Isenberg, 2011, S. 9). Städte, Regionen und Länder unter­nehmen daher den Versuch, positive Bedingungen und Standortfaktoren für die Etablierung eines solchen Ökosystems zu schaffen, um Startups am eigenen Standort zu entwickeln und zu binden (Isenberg, 2011, S. 11).

Das Bundesland Niedersachsen verfügt im deutschlandweiten Ländervergleich über eine eher geringe Anzahl an Startup-Unternehmen (Kollmann et al., 2020, S. 22), weshalb sich VertreterInnen aus Politik und Wirtschaft um die Entwicklung eines solchen gründungsfreundlichen Netzwerks bemühen (WiWo Online, 2020). „ Unser Land soll für Startups so attraktiv wie möglich werden, wir wollen eine neue Gründerzeit ermöglichen. Denn Startups sind kein kurzfristiger Hype, sondern lang­fristige Zukunftssicherung. Dafür braucht es Gründerinnen und Gründer, die mutig, direkt und überzeugend, auch unkonventionell und originell ihre Ideen vertreten und die hier stattfindende Vernetzung als große Chance begreifen. Innovation entsteht durch Kooperation “, so der Wirtschaftsminister Niedersachsens, Bernd Althusmann (NMW a, 2021). Die im Jahr 2020 veröffentlichte Startup-Strategie Niedersachen strebt eine holistische Verbesserung der Gründungsbedingungen an, indem öffent­liche und privatwirtschaftliche Förderungsakteure gemeinsam und bedarfsgerecht ausgerichtet werden (IZN, 2020, S. 4). Dies eröffnet die Möglichkeit einer Analyse zur praktischen Umsetzung des Ökosystem-Konzepts in Niedersachsen.

Die Thematik gewinnt außerdem zunehmend als Gegenstand der wissenschaft­lichen Forschung an Bedeutung, um die Determinanten der Standortwahl sowie fördernden Rahmenbedingungen des Wachstums von Startups zu erklären.

Ziel dieser Arbeit ist es daher, relevante Bedingungen für die Entwicklung inno­vativer Jungunternehmen zu identifizieren, das Zusammenspiel innerhalb der Gründungsstandorte zu beschreiben und eine Analyse des Status der Förderungs­maßnahmen in Niedersachsen vorzunehmen.

So strukturiert sich diese Ausarbeitung um fünf zentrale Forschungsfragen. Zu­nächst besteht die Frage nach den Eigenschaften sowie den zugehörigen Bestand­teilen gründungsfreundlicher Ökosysteme: Welche Standortfaktoren und Akteure beeinflussen Startup-Ökosysteme ganz allgemein?

Die identifizierten Rahmenbedingungen von Ökosystemen sollen in Bezug auf ihre Ausprägung und Verfügbarkeit in Niedersachsen untersucht werden, woraus sich zwei weitere Forschungsfragen ergeben: Wie sind diese Standortfaktoren kon­kret im niedersächsischen Startup-Ökosystem aus Sicht der Startups ausge­prägt? Welche Akteure im niedersächsischen Startup-Ökosystem nehmen Einfluss auf das Handeln der Startups?

Im Hinblick auf die Schaffung gründungsfreundlicher Netzwerke dienen Vorbilder als Orientierung. Deshalb soll das Land Niedersachsen auf die Existenz von bereits entwickelten Leuchtturm-Standorten überprüft werden: Welche Region in Nieder­sachsen ist aus Sicht der Startups am besten entwickelt?

Um einen evidenten Zusammenhang zwischen dem Ausprägungsgrad an Standort­determinanten und Förderungsakteuren herzustellen, sollen konkrete Beziehungen aufgedeckt werden: Welche Akteure beeinflussen derzeit die Ausprägung von Standortfaktoren?

1.2 Aufbau der Arbeit

Zu Beginn der Arbeit werden in Kapitel 2 grundlegende Begriffe eingeführt, ver­wandte Fachterminologien voneinander abgegrenzt und das sprachliche sowie inhaltliche Fundament der Ausarbeitung gelegt. Dabei werden die historischen Ent­wicklungen des Ökosystem-Begriffs hergeleitet und der Stand der Forschung aufge­zeigt. Auf Basis der relevanten Literatur erfolgt zudem die Festlegung auf ein Rahmenmodell zur Darstellung der Standortfaktoren und der von diesen Faktoren ausgehenden Wertschöpfung. Darüber hinaus werden gründungsspezifische Förderungsakteure und deren Einflussnahme auf die Ökosysteme beschrieben.

Das dritte Kapitel steckt den Untersuchungsgegenstand Niedersachsen genauer ab. Aus den identifizierten Akteuren und Netzwerkstrukturen werden regionale Zusammenhänge abgeleitet sowie auf die Existenz eines holistischen Ökosystems hin untersucht. Auf Basis einer Desktop-Recherche wird das Bundesland im Hin­blick auf die Verteilung der dort ansässigen Startups und Akteursgruppen analysiert. Im vierten Kapitel, der quantitativen Analyse, wird zunächst in die gewählte Methodik und das Forschungsdesign eingeführt. Anschließend wird dargestellt, wie niedersächsische Startups mit Hilfe eines standardisierten Online-Fragebogens zur Ausprägung von relevanten Standortfaktoren und dem Einfluss von Akteuren des Ökosystems befragt werden. Nach der Auswertung der Daten werden die Limi­tationen der Durchführung und diein dieser Arbeit gewählte Methodik kritisch be­trachtet.

Auf Basis der Ergebnisse werden in Kapitel 5die Forschungsfragen aufgegriffen und Handlungsempfehlungen für die Verbesserung des Standorts Niedersachsen abgeleitet. Im letzten Kapitel (Kapitel 6) wird schließlich ein Gesamtfazit aus den Ergebnissen der vorausgegangenen Kapitel gezogen.

2 Theoretisches Fundament

Dieses Kapitel führt die Begriffe ein, anhand derer die verschiedenen Eigenschaften von Startups und Arten von Gründungsförderungen voneinander abgegrenzt werden und bildet damit die theoretische Basis für die Abhandlungen in den nach­folgenden Kapiteln dieser Arbeit. Zunächst wird auf Formen der Unternehmens­gründung (2.1) eingegangen, bevor das Konzept der Startup-Ökosysteme (2.2.) be­schrieben wird.

2.1 Unternehmensgründung

Es soll zunächst eine einheitliche Perspektive auf den Terminus der Unternehmens­gründung aufgezeigt werden.

Die Bezeichnung Unternehmensgründung steht in der relevanten Literatur zumeist in Verbindung mit den Begriffen Entrepreneurship, Selbständigkeit oder auch Existenzgründung. Diese Terminologie erfährt im deutschen wie englischen wissen­schaftlichen Sprachgebrauch keine einheitliche Definition, weshalb sie oft synonym verwendet wird (Fallgatter, 2002, S.11 ff.).

Der Ökonom Joseph Schumpeter (1911) prägte den Begriff Entrepreneurship ent­scheidend. Demzufolge sind UnternehmerInnen, von ihm als Entrepreneure betitelt, in erster Linie InnovatorInnen, welche durch die Bündelung von Ressourcen neue Produkte oder innovative Produktionsmethoden erschaffen, auf den Markt bringen und durch die Etablierung neuer wirtschaftlicher Strukturen das Marktgleichgewicht bestehender, weniger innovativer Firmen stören. Entrepreneurship wird daher eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft zugewiesen. Sie tritt als Agentin des Wandels der Marktwirtschaft auf. Außerdem weist Schum­peter darauf hin, dass das Unternehmertum in dem genannten Sinne kein Beruf oder dauerhafter Zustand einer Person ist. Wenn sie sich nämlich niederlässt, um das Geschäft zu führen, verliert sie die Eigenschaft als EntrepreneurIn und nimmt eine Tätigkeit auf, die eher dem Management als dem Unternehmertum zuzuordnen ist (S. 78).

2.1.1 Die verschiedenen Gründungstypen

Die Autoren Szyperski & Nathusis (1999) klassifizieren vier grundlegende Arten von Gründungen, die sich nach selbständigen und unselbständigen sowie derivativen und originären Gründungen einteilen lassen (S. 27) (s. Abb. 1). Eine Unternehmens­gründung im engeren Sinne muss nach dieser Klassifikation originär und selb­ständig sein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die verschiedenen Gründungstypen

Quelle: Eigene Darstellung nach Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27 4

Die andere originäre, im Gegensatz zur Unternehmensgründung aber unselb­ständige, Gründungsform ist nach dieser Typisierung die Betriebsgründung , auch Spin-off genannt (s. Abb. 1). Dies beschreibt die Situation, in der eine abgegrenzte neue Unternehmung aus einer bereits existierenden Organisation heraus entsteht (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27). Diese neue Wirtschaftseinheit ist mit Auto­nomie und unternehmerischen Freiheiten ausgestattet, steht jedoch weiterhin in Verbindung zur ursprünglichen Organisation und kann deshalb nicht als gänzlich selbständige Geschäftseinheit klassifiziert werden. Die Verbindung kann etwa durch Vereinbarungen über die Gewinnabfuhr oder die Eigentumsstrukturen gewahrt werden. Ebenso wird das Management dieser neugeschaffenen Einheiten oftmals durch die ursprüngliche Unternehmung eingesetzt, weshalb diese originäre Gründungsform nicht der unternehmerischen Selbständigkeit zuzuordnen ist und sich insofern von der Unternehmensgründung unterscheidet. Mögliche Gründe für die Entstehung solcher Spin-offs sind z.B. die Entwicklung und Vermarktung eines neuen innovativen Produkts (Kollmann, 2019, S. 2). In diesem Zusammenhang entsteht in Unternehmen auch die Rolle sogenannter Intrapreneure, die Spin-offs auf Basis von originellen Ideen in Verbindung mit bestehenden Unternehmensteilen in eine neue Organisationsform übertragen (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27).

Eine Transformationsgründung ist im -Gegensatz zur Unternehmensgründung- eine derivative Gründungsform (s. Abb. 1), zu der auch Übernahmen, Um­gründungen oder Fusionen gehören (Kollmann, 2019, S. 2). Zuvor existierende Unternehmenseinheiten werden dabei bloß mit einer neuen Eigentumsstruktur ver­sehen, ohne dass eine neue Form unternehmerischer Identität entstehen würde. Es handelt sich also nicht um Selbständigkeit im eigentlichen Sinne und zumeist wird das Unternehmenskonzept als solches auch nicht geändert (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27).

Eine weitere Kategorie der derivativen Gründung ist die Existenzgründung , die im Gegensatz zur Transformationsgründung selbständig stattfindet (s. Abb. 1) (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27). Im Zentrum steht dabei weniger die Bildung einer neuen Wirtschaftseinheit, sondern vielmehr, dass sich eine unabhängige Per­son beruflich verändern möchte. Diese tritt als Gewerbetreibende auf, um eine eigene unternehmerische Existenz zu kreieren (Kollmann, 2019, S. 3). Hierbei wird sich vor allem an bereits existierenden sowie tradierten Geschäftspraktiken orien- tiert und ein unmittelbarer Verdrängungswettbewerb im Hinblick auf Preis und Quali­tät eingegangen (Fueglistaller et al., 2016, S. 4). Die unternehmerischen Tätigkeiten sind i.d.R. auf die omnipräsenten ExistenzgründerInnen zugeschnitten und unter­liegen keinen klaren Produktlebenszyklen (Fallgatter, 2002, S. 22). Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Weiterführung eines Handwerksbetriebs ohne große Ver­änderungen an Geschäftsmodellen oder der Betriebsausstattung (Kollmann, 2019, S. 3). Im Gegensatz dazu steht der Innovationswettbewerb von neuartigen Unternehmensgründungen zur „ Schaffung neuer wirtschaftlichen Strukturen “ (Fueglistaller et al., 2016, S. 4).

Auch Isenberg (2011) verweist darauf, dass Selbständigkeit für sich genommen kein Entrepreneurship darstelle. Erst Selbständigkeit in Verbindung mit Innovations­potenzial und Risikobereitschaft mache den Kern des Unternehmertums aus. Die Bereitschaft der Unternehmerin oder des Unternehmers zu riskanten Investitionen während der Gründung liege darin begründet, dass er oder sie die damit ver­bundene Risiken aufgrund von vorhandenen Ideen, Fähigkeiten oder Vermögens­werten, wie z.B. geistiges Eigentum, im Vergleich zu anderen Marktteilnehmenden als geringer einschätzt (S. 2).

Eine Unternehmensgründung im engeren Sinne setzt nach der Typisierung dann voraus, dass eine selbständig gründende Person eine gänzlich neue, originäre und unabhängige Unternehmung schafft (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27). Die Gründung geht entsprechend nicht von einer bestehenden Wirtschaftseinheit aus. Stattdessen sind GründerInnen diesbezüglich isoliert und können auf keine vor­handenen Verbindungen oder betriebliche Strukturen zurückgreifen, weshalb inno­vative Konzepte und die eigenständige Organisation erst entwickelt werden müssen (Kollmann, 2019, S. 3). Kollmann (2019) sieht insbesondere in diesem unge­bundenen Gestaltungsaspekt den wesentlichen Unterschied zu anderen Gründungstypen (S. 3). Originäre Unternehmensgründungen sind im Gegensatz zu den derivativen Existenzgründungen nicht um omnipräsente GründerInnen struktu­riert und unterliegen keinen begrenzten Wachstums- oder Beschäftigungspoten­zialen. Die langfristige Wachstumsorientierung und die betriebliche Prägung durch Markt- und Entwicklungsphasen sind bezeichnende Charakteristika dieser Gründungsart (s. Abb. 2). Entsprechend sehen sich Unternehmensgründungen einem Innovationswettbewerb am Markt gegenüber (Fallgatter, 2002, S. 22 f.).

Szyperski & Nathusis (1999) benennen diese Art des Gründungvorgangs auch als „echte Unternehmensgründung“ (S. 27).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Abgrenzung zwischen Existenz- und Unternehmensgründung

Quelle: Eigene Darstellung nach Fallgatter, 2002, S. 22

Als Beschreibung für „echte“ Unternehmensgründungen im beschriebenen Sinne findet der Begriff des Startups vor allem seit den 1990er Jahren vermehrte Ver­wendung in der Managementliteratur, um damit junge Wachstumsfirmen explizit von bestehenden kleinen bzw. mittleren sowie neu gegründeten nicht-wachstums- orientierten Unternehmen abzugrenzen (Castrogiovanni, 1996, S. 801 ff.). Die starke Wachstumsorientierung steht dabei im Zusammenhang mit besonders hohem Innovations- und Renditepotenzial (Hahn, 2014, S. 4). Unter der Ver­wendung innovativer Technologien, Produkte und Dienstleistungen sowie neuer, skalierbarer Geschäftsmodelle (Hahn, 2014, S. 4) wird signifikantes Unternehmens­oder Beschäftigungswachstum angestrebt (Kollmann, 2019, S. 4). Außerdem defi­nieren sich die Jungunternehmen nach Kollmann et al. (2020) durch ein Unterneh­mensalter von weniger als zehn Jahren (S. 18).

Zusammenfassend lassen sich also folgende Merkmale zur Bezeichnung von Start­ups für diese Arbeit konstatieren:

- Die Orientierung an Unternehmens-, Umsatz- und Beschäftigungswachstum
- Der Aufbau neuartiger Geschäftsmodelle unter Verwendung innovativer Pro­dukte, Dienstleistungen und Technologien
- Ein Unternehmensalter von maximal zehn Jahren

In der vorliegenden Ausarbeitung wird der Fokus auf diese Art der Unternehmens­gründung gesetzt und hinsichtlich ihrer Entwicklungszyklen sowie der davon aus­gehenden Ressourcenbedürfnisse analysiert.

2.1.2 Entwicklungsphasen von Startups

Dieses Unterkapitel soll den unternehmerischen Lebenszyklus von Startups im Zu­sammenhang mit den davon ausgehenden Bedarfen an Ressourcen beschreiben.

Ausgehend von der Annahme, dass Dienstleistungen und Produkte einen Lebens­zyklus durchlaufen, durchlaufen auch Unternehmen einen Entwicklungsprozess. Der betriebliche Zweck strukturiert sich dabei um die Aus- und Weiterbildung dieser Produkte, sodass auch die Organisation an sich einen Zyklus durchläuft (Brettel et al., 2005, S. 7). Dieser Entwicklungsprozess soll im Folgenden in Bezug auf Start­ups in seinen einzelnen Schritten beschrieben werden, wobei ein Fokus auf den jeweils erforderlichen Bedarf an Ressourcen gelegt wird. Dabei soll von Startups ausgegangen werden, die entsprechend der Definition aus dem vorherigen Kapitel innovative Produkte und Dienstleistungen in den Vordergrund stellen. In welchem Stadium der Unternehmensentwicklung sich diese befinden, wird nach Kollmann (2019) an dem zeitlichen Ablauf der Geschäftsideen gemessen (S. 134). Ebenso kann der Unternehmenszyklus anhand des Kapitalbedarfs der jeweiligen Gründungsphase abgeleitet werden (Brettel et al., 2005, S. 37 ff.). Dieser Zyklus besteht aus drei zentralen Entwicklungsphasen: der Frühphase, der Wachstums­phase und der Spätphase (s. Abb. 3) (Braun, 2013, S. 9; Hahn, 2014, S. 27).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Startup-Entwicklungsphasen

Quelle: Eigene Darstellung nach Braun, 2013, S. 9; Hahn, 2014, S. 27

Der Beginn jeder Unternehmensgründung zeichnet sich durch die Ideenfindung aus. Im nächsten Schritt müssen die Geschäftsideen auf ihre Erfolgswahr­scheinlichkeit überprüft und im Anschluss auf Basis eines Businessplans konkret umgesetzt werden. In der Unternehmensfinanzierung sind diese drei Schritte als sogenannte Early Stage, also als Frühphase , benannt und wiederum in (Pre- )Seed- sowie Startup-Phase unterteilt (Hahn, 2014, S. 28; Kollmann, 2019, S. 134). Zum Zeitpunkt der (Pre-)Seed-Phase hat für gewöhnlich noch keine Un­ternehmungsgründung stattgefunden. Stattdessen ist diese erste Entwicklungs­phase geprägt von der Ideensuche, Ideenformulierung und Planung des jeweiligen Geschäftsmodells sowie der davon ausgehenden ersten Forschungsarbeiten (Koll- mann, 2019, S. 134).

Zunächst rückt dabei die Ausgestaltung eines inhaltlich belastbaren Businessplans in den Fokus. Dies sollte nicht als losgelöster, den eigentlichen Gründungsphasen vorausgeschalteter, Akt angesehen werden, sondern als elementarer Bestandteil der Frühphase des Unternehmens (Hahn, 2014, S. 28). In diesem Zusammenhang steht die Suche nach der passenden Rechtsform sowie die Auswahl des Standorts der Unternehmung (Hahn, 2014, S. 83; Kollmann, 2019, S. 135). Auf Basis eines vorläufigen Konzepts beginnt nachfolgend die Erstellung der ersten Produktproto­typen (Braun, 2013, S. 9).

Diese Frühphase ist auch eine Frühfinanzierungphase, weil das Startup vor Auf­nahme der operativen Tätigkeiten bereits Kapital benötigt, da es weder Gewinne, Verluste noch Umsätze erzielt. Dieser finanzielle Rückhalt soll ermöglichen, dass sich GründerInnen auf die Erstellung des Businessplans konzentrieren können. Üblicherweise ist Venture Capital2 (VC) in diesem frühen Stadium nur von außer­gewöhnlich risikobreiten von InvestorInnen verfügbar, sodass GründerInnen be­sonders häufig auf private Rücklagen oder Finanzen ihres sozialen Umfelds zurück­greifen. Dies ist auch als Friends and Family-Finanzierung bekannt (Hahn, 2014, S. 84). Zudem werden in der (Pre-)Seed-Phase häufig öffentliche Fördermittel genutzt, um die geringen initialen Betriebskosten zur Vorbereitung zu decken. Zu diesen Kosten zählen Aufwendungen im Rahmen der Ideenfindung, wie etwa die Re­cherche- oder Reisekosten der Gründenden.

Üblicherweise benötigen Startups in diesem Stadium vor allem Know-how im Be­reich der Technik und IT (Hahn, 2014, S. 28). Die Suche nach Förderprogrammen und hilfreichen Netzwerken ist ebenfalls Teil der Frühphase (Kollmann, 2019, S. 135).

In der Startup-Phase erfolgt nun die eigentliche Unternehmensgründung. Die zuvor ausgearbeiteten Ideen erfahren eine Umsetzung (Kollmann, 2019, S. 135). Dieser Abschnitt im Lebenszyklus „ dient somit der strategischen Ausrichtung des Unter­nehmens [...] für die Aufnahme der operativen Tätigkeit“ (Hahn, 2014, S. 29).

Auf Basis von Wettbewerbs-, Kunden- und Marktanalysen sowie des zuvor er­stellten Businessplans gilt es, die Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen voran zu treiben und auf ein marktreifes Niveau zu bringen (Kollmann, 2019, S. 135). Außerdem werden in dieser Entwicklungsphase dieProduktionsplanung und dasVertriebskonzeptes ausgearbeitet. Beim Vertriebskonzept isteine Kooperation mit Partnern außerhalb des Betriebs oder der Aufbau eines eigenen Netzwerks üblich. Eigene Strukturen erfordern einen höheren Ressourcenbedarf im Hinblick auf kundengruppenspezifisches Marketing. Ziel der Startup-Phase ist der Marktstart eines konkurrenzfähigenProdukts (Hahn, 2014, S. 129).

Um diedabei entstehenden hohen Anlaufkosten zu decken, müssen InvestorInnen gefunden werden, deren Suche somit eine bedeutende Rolle einnimmt.In der Start­up-Phase generiert das Unternehmen erste Umsatzerlöse, allerdings entstehen kaum Gewinne, sondern vor allem Verluste (Hahn,2014, S. 127).Aufgrund des steigenden Kapitalbedarfs ist es förderlich, wenn Inkubatoren, Business Angels3 und ganz besonders VC zur Finanzierung beitragen (Hahn, 2014, S. 29). Die besagten Institutionen erwerben im Gegenzug für ihre finanzielle Förderung Anteile an der Unternehmung. Ein entsprechender Beteiligungsvertrag regelt die daraus resultierenden Rechte sowie die Neuordnung der Eigentumsstrukturen (Hahn, 2014, S. 29).

Oftmals besteht für Gründende weiterhin der Bedarf an IT-und Technik-Know-how sowie Unterstützung im Bereich der Unternehmensorganisation, etwa im Hinblick auf rechtliche Gründungsformalien wie dem Aufsetzen eines Gesellschaftsvertrags oder der Eintragung in dasHandelsregister (Hahn, 2014, S. 129).

Die Wachstums- bzw. Expansionsphase wird mit dem Ende der Startup-Phase, also dem Marktstart des Produktes, erreicht. Nach Kollmann (2019) besteht dabei das oberste Ziel der Jungunternehmen in der Ideenintensivierung und weiteren Markteroberung (S. 136).

Diese Mission ist geprägt von der Ausweitung der vorhandenen Produktionskapa­zitäten und weiteren Spezifikation des eigenen Produkts, um eine Differenzierung gegenüber MitbewerberInnen zu erreichen. Ein rentabler Markt zieht den Markt­eintritt von Konkurrenzunternehmen nach sich, die ebenso an der Profitabilität eines Produktsegmentes partizipieren wollen. Diesem Wettbewerb begegnen Startups neben der Differenzierung durch die Erweiterung des eigenen Wirkungsbereiches in Form eines starken (internationalen) Vertriebsapparats (Hahn, 2014, S. 201). Durch Vergrößerung der Kapazitäten soll eine kritische Masse zur hohen Markt­durchdringung erreicht werden (Fueglistaller et al., 2016, S. 220). Die Marktpositio­nierung ist Bestandteil dieses Prozesses (Braun, 2013, S. 9). Die Erschließung neuer Kundenpotenziale und Umsatzvolumina birgt nach Hahn (2014) jedoch auch die Gefahr, dass sich die Prozessinnovationen reduzieren (S. 199).

Das Gründungsteam sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, die neuen Aktivitäten der betrieblichen Expansion mit geeigneten Prozessen zu steuern und die Aufgaben in die Verantwortung von qualifiziertem Personal zu geben (Kollmann, 2019, S. 136). Häufig geht dies mit Anpassungen der Organisationsstruktur einher (Hahn, 2014, S. 200). In Abgrenzung zu den vorherigen Zeiträumen steigt in der Wachtumsphase auch der Bedarf nach erfahrenen nationalen wie internationalen Managementkräften, die oftmals extern beschafft werden müssen (Kollmann, 2019, S. 137).

Im Zuge dieses Wachstums werden weitere Umsatzerlöse realisiert und der Kapital­bedarf steigt sukzessive. Die Erzeugung kontinuierlicher Cash-Flows soll als Sicher­heit für neue Finanzierungsquellen dienen oder sogar für Wachstumsinvestitionen zur Verfügung stehen (Hahn, 2014, S. 29). Das Erreichen des Break-Even-Points und die Amortisierung der anfänglichen Verluste sind dezidierte Ziele dieser Entwicklungsphase. Dabei sollen erste Gewinne gesichert werden (Hahn, 2014, S. 30). Des Weiteren lassen sich zu diesem Zeitpunkt die Erfolgschancen der Unter­nehmung besser als in den vorausgegangenen Abschnitten des Lebenszyklus be­urteilen. Entsprechend lässt sich die Investitionsrentabilität der KapitalgeberInnen eindeutiger einschätzen, was den investierten Personen und Institutionen größere Sicherheit verschafft (Hahn, 2014, S. 202). Für die zusätzliche Versorgung mit Wagniskapital ist in der Expansionsphase auch die Umwandlung der Rechtsform mit Erhöhungen des entsprechenden Stammkapitals vorzufinden (Hahn,2014, S. 201). Hierbei sindstrategische InvestorInnen und VC-Gesellschaften die primären Finanzierungsinstrumente (Kollmann, 2019, S. 135).

In der letzten Phase des Gründungszyklus, der Spätphase ,steht die Vorbereitung eines Börsengangs, bzw. die Unternehmensübernahme durch externes oder inter­nes Management, im Mittelpunkt der Aktivität der Startups mit überdurchschnitt­lichem Wachstumspotenzial (Braun,2013, S. 9).

Die Fortführung der Ideen des ursprünglichen Marktkonzepts bzw. die Diversifika­tion treten nun in den Vordergrundund zielen darauf ab, im Wettbewerb langfristig konkurrenzfähig zu bleiben. Basierend auf einer großen Marktdurchdringung und validierten Alleinstellungsmerkmalender Produkte und Dienstleistungen ist die zu­künftige Entwicklung der Wirtschaftseinheit vorhersehbarer und Risiken können besser als zuvor kalkuliert werden (Kohlmann, 2019, S. 137).

Diese Reifephase ist gekennzeichnet von einem sehr starken Umsatzanstieg und entsprechend hohem Kapitalbedarf, der durch einen Initial Public Offering (IPO) finanziert werden kann. Der Börsengang ermöglicht Raum für weitere Investitionen des Unternehmens und eröffnet sowohl den GründerInnen als auch InvestorInnen einen finanziell besonders lukrativen Verkauf der jeweiligen Geschäftsanteile (Hahn,2014, S. 29).In diesem Fall müssen Nachfolgeregelungen arrangiert werden (Fueglistaller et al., 2016, S. 220). Das Startup tritt somit in eine Phase ein, in der es sich neuformiert. Dies erfordert, die Unternehmensprozesse umzustrukturieren und auch die Ziele des Unternehmens neu zu definieren(Kohlmann, 2019, S. 137). Im Zuge dessen stellen sich in dieser Spätphaseauch einige Fragen. Es muss ge­klärt werden, welche Strategien zur zukünftigen Unternehmensentwicklunggewählt werden,welche die richtigen Instrumentesind, um den Unternehmenswertzu stei­gern, wie Mitarbeitendenbeteiligt werden können,wie eine geeignete Kommunika­tion mit Stakeholdern gefunden werden kann wie das Controlling von betrieblichen Prozessen optimal ausgestaltet werden können (Kohlmann, 2019, S. 137).

Im Deutschen Startup Monitor (DSM) stellen Kollmann et al. (2020) nach den hier beschriebenen Entwicklungsphasen zusätzlich eine weitere Phase an, die so­genannte Steady Stage, welche durch Stagnation und Abschwächung des starken Nutzungs- bzw. Umsatzwachstums des Startups charakterisiert wird (S. 21).

2.2 Startup-Ökosysteme

In diesem Unterkapitel soll die Terminologie des Startup-Ökosystems (SÖ) Be­schreibung erfahren, welche den Kern dieser Ausarbeitung darstellt. Daher werden zunächst die wissenschaftliche Historie (2.2.1) sowie der aktuelle Forschungsstand (2.2.2) aufgezeigt. Anschließend werden Bereiche (2.2.3) und Akteure (2.2.4) inner­halb des Konzepts erläutert, damit in Kapitel 3 die Startup-Landschaft in Nieder­sachsen im Hinblick der beschriebenen Kategorien eingeordnet werden kann.

2.2.1 Entwicklungslinien des Startup-Ökosystems

Es gibt verschiedene Erklärungsansätze für die Beschreibung von industrie­politischen Maßnahmen. Die zentralen Theorien sollen, auch in ihrer historischen Entwicklung, im Folgenden aufgezeigt werden.

Das Konzept der Industriedistrikte , geprägt durch Alfred Marshall (1890 und 1920), beschreibt Bezirke, in denen Arbeitskräfte und Unternehmen in intraregio­naler Interaktion existieren. In dieser sozio-territorialen Einheit herrscht eine Spe­zialisierung zwischen Haupt- und Hilfsindustrien, um als Produktionsnetzwerk erfolgreich auf gemeinsamen internationalen Absatzmärkten zu agieren. Dies führt zu regionaler wirtschaftlicher Entwicklung, insbesondere in Bezug auf Produktivität und Beschäftigung (Handlbauer et al., 1998, S 312).

Porter (1990) baut dieses Konzept weiter aus. In seiner Cluster-Theorie spezifiziert er „ geographic concentrations of interconnected companies, specialized suppliers, service providers, firms in related industries, and associated institutions [...] in particular fields that compete but also cooperate “ (Porter, 1998, S.197). Beispiele für diese assoziierten Institutionen sind etwa Universitäten oder Wirtschafts­verbände. Neben der gemeinsamen Ressourcennutzung sowie Kooperation ist es nach Porter (1998) vor allem auch der Wettbewerb, der sich motivierend auf Unter­nehmensgründerInnen auswirkt, die Stakeholder zur Entwicklung zwingt und somit im Ergebnis Innovationen vorantreibt. Unternehmen, die Teil eines solchen Clusters sind, haben demnach durch das entstandene Netzwerk einen verbesserten Zugang zu Mitarbeitenden, LieferantInnen sowie spezialisierten Informationen (S. 84 f.).

Ein weiterer Ansatz der 1990er Jahre stellt Wissen und intraregionales Lernen in sogenannten regionalen Innovationssystemen (RIS) in den Vordergrund. Ur­sprünglich untersuchte das durch Freeman (1987), Lundvall (1992) und Nelson (1993) ausgearbeitete Konzept diese Austauschbeziehungen auf nationaler Ebene. Alsbald wurde die Bezeichnung auch verwendet, um Wachstum und Leistung in 13 (High-Tech-)Agglomerationen auf lokaler Ebene zu betrachten. Unter RIS werden Netzwerke innerhalb einer Region verstanden, die wissenszentrierte Organisa­tionen, wie etwa Universitäten oder öffentliche Forschungsinstitute, mit innovativen Unternehmen verknüpfen. Diese Verbindung erzeugt sukzessiven Wissenstransfer (Cooke et al., 1997, S. 475 f.). Ein Innovationssystem beinhaltet alle Determinanten des Innovationsprozesses, etwa die relevanten sozialen, wirtschaftlichen, institutio­nellen und organisatorischen Faktoren, welche die Ausbildung und Nutzung von Innovation beeinflussen. Die zentralen Komponenten eines RIS bilden Akteure (mit formalen Strukturen sowie dezidierter Zielsetzung) und Institutionen. Letztere setzen sich etwa aus Gesetzen, etablierten Praktiken oder gemeinsamen kulturellen Traditionen zusammen, die Interaktionen zwischen Organisationen und Individuen innerhalb der Systeme beeinflussen. Das Zusammenspiel dieser Komponente er­möglicht kollektive Lernprozesse des RIS, bspw. in Bezug auf zusammenhängende technologische Bereiche (Sternberg, 2007, S. 653). Asheim & Gertler (2005, S. 299) definieren RIS als „ the institutional infrastructure supporting innovation within the production structure of a region “.

Allen drei Konzepten, dem der Industriedistrikte, der Cluster-Theorie und der RIS, ist der Fokus auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemein, etwa im Hinblick auf die Auswirkungen auf regionale Produktivität, Beschäftigung oder Innovationsfähigkeit (Acs et al., 2017, S. 2). Des Weiteren liegt der Schwerpunkt der Konzepte auf der Betrachtung des externen Unternehmensumfelds, also auf der Betrachtung von Faktoren jenseits der Grenzen einer betrieblichen Organisation und dennoch inner­halb der Grenzen einer geografischen Region, welche sich auf die Wettbewerbssituation der Unternehmen auswirkt. Keine der Theorien stellt Wachstumsunternehmen explizit in den Vordergrund. Vielmehr werden Jung­unternehmen lediglich als kleinere Variante von etablierten, internationalen Firmen verstanden (Stam & Spigel, 2016, S. 3).

Moore (1993) führte den Untersuchungsgegenstand des Entrepreneurship Eco­systems in die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion ein, welcher jedoch erst ein Jahrzehnt später an Bedeutung gewinnen sollte. Der Begriff des Ökosystems stammt aus der Ökologie und beschreibt nach Jaax (2016, S. 40) „ Organismen in einem bestimmten Raumausschnitt zusammen mit ihrer unbelebten Umwelt, ihrem 14

Lebensraum [und wird] meist als ein komplexes Netzwerk zwischen belebten und unbelebten Elementen verstanden “. Diese natürlichen Ökosysteme können von be­liebiger Größe sein, bestehen aber für gewöhnlich in einem begrenzten geo­grafischen Raum. Im Sinne der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung umfasst ein Ökosystem exogen gegebene Bestandteile, endogen handelnde Akteure und die Umwelt dieser Komponenten. Gemeinsam ergeben sie ein System, in dem sie in Wechselbeziehungen zu einander stehen und Nutzen aus eben diesen gegen­seitigen Verbindungen ziehen. Diese Akteure, etwa Unternehmen, Universitäten oder öffentliche Institutionen, entwickeln sich in ihrer Koexistenz im System gemein­sam weiter, analog zu Lebenswesen in einem Ökosystem (Audretsch et al., 2019, S. 314).

Die Verwendung der Metapher Ökosystem in diesem Zusammenhang erfährt in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung in der Management-, Wirtschafts- und Politikliteratur. Die steigenden Publikationszahlen, die diesen Begriff verwenden, werden durch die Auswertung von Audretsch et al. (2019) in der folgenden Ab­bildung 4 verdeutlicht. So betiteln politische EntscheidungsträgerInnen auf lokaler wie nationaler Ebene ihre Agglomerationen als dynamische Ökosysteme, während aus Managementsicht vermehrt die Steuerung von Inkubatoren oder Akzeleratoren in den Vordergrund gestellt wird (S. 315).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Anzahl von Studien mit Nennung des Begriffs „Ecosystems“

Quelle: Eigene Darstellung nach Audretsch et al., 2019, S. 315

Darüber hinaus erlangte das Konzept des Entrepreneurship Ecosystems verstärkt Popularität durch kommerziell erfolgreiche Management-Sachbücher wie Felds Startup Communities: Building an Entrepreneurial Ecosystem in Your City (2012)

oder Isenbergs vielzitierten Artikel The Big Idea: How to Start an Entrepreneurial Revolution (2010) in der Harvard Business Review (Stam & Spigel, 2016, S. 2).

Den zahlreichen Publikationen liegt keine einheitliche Definition zu Grunde, da Öko­systeme mit verschiedenen Bewertungsskalen, Forschungsdesigns und Daten­grundlagen untersucht werden (Stam, 2015, S. 1761). Doch die meisten Defi­nitionen unterstreichen die Verbindung und Interaktion von Akteuren in einem Netz­werk, das unternehmerische Aktivitäten und kulturelle Werte fördert (Malecki, 2017, S. 5). Für die folgenden Kapitel dieser Ausarbeitung wird die Definition nach Stam & Spigel (2016, S. 1) verwendet: „H/e define entrepreneurial ecosystems as a set of interdependent actors and factors coordinated in such a way that they enable productive entrepreneurship within a particular territory“. Außerdem wird der Begriff „Entrepreneurship Ecosystem“ als „Startup-Ökosystem“ ins Deutsche übersetzt und entsprechend konsequent in den nachfolgenden Kapiteln dieser Arbeit verwendet.

Zu den prägendsten Autorinnen in diesem Gebiet zählen Van de Ven (1993), Neck et al., (2004), Isenberg (2010 und 2011), Feld (2012), Mason & Brown (2014), Stam (2015) und Spigel (2017) (Malecki, 2017, S. 3f.) (s. Tabelle 1). Diese Unter­suchungen lassen sich vor allem den wissenschaftlichen Forschungsbereichen der Regionalentwicklung und Strategieliteratur zuordnen (Acts et al., 2017, S. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Zentrale Literatur zu Startup-Ökosystemen

Quelle: Eigene Darstellung nach Malecki, 2017, S. 3f.; Nicotra et al., 2017, S. 5f

Die wichtigsten Veröffentlichungen beschreiben eine Reihe an Eigenschaften, die im nachfolgenden Abschnitt behandelt werden.

2.2.2 Eigenschaften von Startup-Ökosystemen

Die Literatur zeigt vielzählige Gründe für die Etablierung von nachhaltigen SÖ auf.

Auf der einen Seite ist der Anstieg von Wohlstand und standortbezogenem Kapital zu nennen, der mit der Ausprägung wirtschaftlicher Strukturen entsteht. Die kon­stante Erhaltung der Netzwerkstrukturen zahlt in die langfristige Lebensfähigkeit und Lebendigkeit einer Region ein. Auf der anderen Seite bildet eine Agglomeration spezifische Standortfaktoren und Ressourcen aus, wodurch gegenseitige Übertragungseffekte und unternehmerischer Nutzen entstehen. Wachstumsunter­nehmen absorbieren notwendige Ressourcen aus dem Ökosystem und produzieren gleichzeitig ebenfalls kritische Ressourcen für andere Startups innerhalb des Netzwerks. Diese führen im Idealfall zur Entstehung oder Verbesserung von Wettbewerbsvorteilen für einzelne Branchen und Unternehmen (Audretsch et al., 2019, S. 317). In Summe steigert dies die regionale Innovationskraft (Cunningham et al., 2018, S. 136 f.), den Technologietransfer sowie die überregionale Reputation, wodurch für die Region wiederum ein erleichterter Zugang zu relevanten Res­sourcen wie Human- und Finanzkapital entsteht (Audretsch et al., 2019, S. 317).

Die Metapher des Ökosystems wird in der Literatur häufig als alternativer Zugang zu dem klassischen Begriff der Märkte verwendet. Die Ausprägung des Wett­bewerbs und der gegenseitigen Rivalität unterscheiden sich in Ökosystemen gegenüber traditionellen Märkten. Ökosysteme sind vor allem durch Kooperation geprägt. Die Koexistenz von Startups, tradierten Unternehmen und Forschungs­einrichtungen sowie Universitäten muss innerhalb der Systeme gesteuert und orga­nisiert werden (Audretsch et al., 2019, S. 317). Nur so können effiziente

Wertschöpfungsprozesse und Wissenstransfer gewährleistet werden. Die neu ent­stehenden Produkte und Dienstleistungen der Startups können für die Gesellschaft von Nutzen sein und somit die kollektive gesellschaftliche Wertschöpfung positiv beeinflussen (Cunningham et al., 2018, S. 136 f.). Außerdem fördern SÖ den Abbau von sozialen Grenzen zwischen den Akteuren des unternehmerischen Ökosystems (Audretsch et al., 2019, S. 318). Sie führen somit zu einer gesteigerten Lebensquali­tät und einer Wahrnehmung des Standorts als attraktiv und lebenswert (Pechlaner et al., 2018, S. 485).

SÖ spiegeln regionale Kulturen des Entrepreneurships wider, welche von Ort zu Ort variieren. Diese Kulturen sind nicht statisch und werden durch das Einwirken von institutionellen Akteuren wie Unternehmen und Politik geebnet. Sie sind sowohl das Ergebnis als auch die Voraussetzung für Standort- und Regionalentwicklung (Isen­berg, 2011, S.1). Diese Form der Public-Private-Governance ist ein typisches Merk­mal der Ökosysteme (Acs et al., 2017, S. 7). Nach Feld (2012) sind SÖ außerdem durch ein Gefühl der regionalen Zugehörigkeit sowie Mentoring und Unterstützung gekennzeichnet (S. 25). Diese Zugehörigkeit kann auf städtischer, regionaler oder sogar nationaler Ebene vorliegen und ermöglicht die Existenz von mehreren Sub­Ökosystemen innerhalb eines übergeordneten Systems, etwa mehrerer regionaler SÖ in einem übergeordneten nationalen Ökosystem. Ein solches Subsystem kann Interaktionen zu anderen räumlichen Ebenen aufweisen (Brown & Mason, 2017, S. 15f.). Darüber hinaus kann eine Unterscheidung in Sub-Ökosysteme auch auf Basis von unterschiedlichen Branchen oder Technologien vorgenommen werden (Ma- lecki, 2018, S. 13). Die Regionen, Länder bzw. Städte verfolgen das Ziel des Auf­baus eines dynamischen Ökosystems für Startups, in dem sie Initiativen wie z.B. Gründungsfonds oder Co-Working-Spaces aktiv politisch fördern. Daher können SÖ vor allem als regionale Netzwerke begriffen werden (Pechlaner et al., 2018, S. 484). Diese „ bedienen sich aus einem latenten Netzwerkpool, also einem aufgrund räum­licher Nähe vorhandenen Beziehungspotenzial unterschiedlicher Stakeholder und bringen diese zielgerichtet zum Einsatz “ (Pechlaner et al., 2018, S. 484).

Bachinger (2014) verwendet den Begriff des aktivierten Netzwerks für einen Ko­operationszusammenschluss von Stakeholdern, welche sich eine einheitliche Ziel­setzung auferlegen. Teil dieses Ziels ist das Definieren der Aufgabenverteilung so­wie gemeinsamer Regeln der Zusammenarbeit (S. 36 f.). Sowohl die Bereitschaft zur Kooperation als auch die räumliche Nähe sowie die Integration verschiedener

Akteure sind kritische Erfolgsfaktoren für die Etablierung eines regionalen SÖ (Pechlaner et al., 2018, S. 484).

Motoyama & Knowlton (2016) zeigen in ihrer Fallstudie des Ökosystems in St. Louis zudem die Wichtigkeit von Interaktionen zwischen den Akteuren und deren ganz­heitlicher Ausrichtung über das SÖ hinweg auf. Den Autoren zufolge wird die Art und Weise, wie Startups interagieren und gegenseitige Beziehungen aufbauen, die zu Unterstützung, Lerneffekten und Wachstum führen, wesentlich von der Art und Weise beeinflusst wird, wie Förderungsakteure interagieren und wie deren ange­botene Unterstützung strukturiert ist. Dies gilt sowohl für sich genommen als auch im Verhältnis zu anderen Förderungsangeboten in der Region (S. 27). Die Schaf­fung einer geeigneten Struktur kann durch öffentliche Institutionen und Initiativen ausgelöst werden, welche in steuernder Funktion tätig sind (Pechlaner et al., 2018, S. 485). Auch der Netzwerkkommunikation wird eine tragende Rolle zugeschrieben (Müller et al., 2002, S. 19 f.). Oftmals existieren bereits Institutionen für die Kooperationsbestrebungen innerhalb einer Region. Besonderer Fokus des SÖ-An- satzes ist es daher, die Perspektive des Ökosystems in ein vorhandenes Netzwerk aus Kompetenzen und Zuständigkeiten einzufügen (Pechlaner et al., 2018, S. 485).

Wie zuvor beschrieben, durchlaufen Startups verschiedene Entwicklungsphasen, von der initialen Idee über die Wachstumsphase bis zur fortgeschrittenen Spätphase und benötigen entsprechend der Phase ein sich ebenso verändertes Unterstützungsangebot. Daher ist ein SÖ auch als eine dynamische, sich im Laufe der Zeit entwickelnde Struktur anzusehen. “ Entrepreneurial ecosystems focus on the cultures, institutions, and networks that build up within a region over time ” (Stam & Spigel, 2016, S. 2). Ein substanzielles Ziel eines unternehmerischen Ökosystems ist die stetige eigene Erneuerung. Elementar sind daher die Bereitschaft und Befähi­gung, kontinuierlich neue Akteure zu involvieren und die Gründung neuer Startups durch die Förderung bestehender wie früherer Unternehmen voranzutreiben. Auf diese Weise können Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit der Netzwerk­strukturen sichergestellt werden. Andererseits liegt der Erfolg und die Existenz be­reits erfolgreicher Unternehmen außerhalb des adressierten Geltungsbereichs eines SÖ (Malecki, 2017, S. 11).

Zusammenfassend verdeutlicht Tabelle 2 auf Basis dieser Abhandlung die gra­vierenden Unterschiede zwischen SÖ und den drei wichtigsten Theorien des 19 vorausgegangenen Kapitels (s. 2.2.1). Das Konzept des SO bedient sich vieler Er­kenntnisse der elementaren drei Theorien, stellt jedoch explizit die Startups in den Mittelpunkt des Konzepts (Stam & Spigel, 2016, S. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Unterschiede & Gemeinsamkeiten von SÖ & ähnlichen Konzepten

Eigene Darstellung nach Stam & Spigel, 2016, S. 5

Das Fundament für die Ökosysteme setzen eine Reihe von standortbasierten Rahmenbedingungen bzw. Faktoren. Stam (2015) synthetisiert in seinem vielzi­tierten Rahmenmodell die hier benannten Eigenschaften von SÖ und zeigt ba­sierend darauf die Austauschbeziehungen zwischen den fundamentalen Elementen von Ökosystemen, unternehmerischen Aktivitäten und der daraus entstehenden Wertschöpfung auf (S. 1765). Die hier vorliegende Ausarbeitung und Analyse nutzt dieses Modell der Entstehung von (regionaler) Wertschöpfung und verknüpft es mit rahmengebenden Standortfaktoren nach Isenberg (2011, S. 5), um die SÖ-Ele- mente des Modells genauer zu spezifizieren, als es das Modell von Stam vorsieht.

Inhaltlich sind die Faktoren bzw. Elemente in beiden Modellen identisch, die Zu­ordnung und Aggregationsebene der Elemente unterscheidet sich jedoch gering­fügig. Aufgrund der detaillierteren Zuordnung von SÖ-Akteuren zu den von Isenberg kategorisierten Bereichen, verwendet diese Arbeit jene sechs Bereiche. Eine ge­naue Betrachtung dieser sechs Faktoren nach Isenberg erfolgt im nächsten Kapitel. Durch die Ausprägung der relevanten Standortfaktoren wird ein Output an Gründungsaktivität innerhalb desSÖ erzeugt. Diese Aktivität mündet in aggregierter (regionalwirtschaftlicher) Wertschöpfung und Innovationskraft. Sowohl diese Wert­schöpfung als auch die Entrepreneurship-Aktivität wirken sich zudem reflexiv auf die Steigerung der Standortfaktoren aus, wodurch erneut Aufwärtskausalität der Wertschöpfung beeinflusst wird (s. Abb. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Basierend auf der Entwicklungshistorie sowie den Eigenschaften von SÖ stellt sich die Frage nach geeigneten Mechanismen zur Steuerung, Koordination und stra­tegischen Ausgestaltung der regionalen Netzwerke. Der nächste Abschnitt setzt daher eine Rahmenstruktur und Zuordnungslogik von Akteuren des SÖ für die wissenschaftliche Analyse der Annäherung an die Forschungsfragen dieser Arbeit fest.

2.2.3 Bereiche des Ökosystems nach Isenberg

Jedes erfolgreiche SÖ setzt sich aus einer Reihe an Faktoren zusammen, deren Ausprägung für die Etablierung und den Ausbau eines beständigen Systems essen­ziell sind. “The systemic conditions are the heart of the ecosystem [...]. The presence of these elements and the interaction between them predominantly determine the success of the ecosystem ” (Stam, 2015, S. 1766). Für die Darstellung

[...]


1 Diese Arbeit verwendet bei personenbezogenen Beschreibungen die gendergerechten Wortendungen „In/Innen“. Ausnahmen bilden Institutionen, welche keinem Geschlecht zuzuordnen sind, bspw. „Akteure der Wirtschaft“.

2 Venture Capital (dt. Risiko- oder Wagniskapital) beschreibt nicht zurückzahlungsfälliges, risikotragendes Beteiligungskapital, von dem sich InvestorInnen langfristige Kapitalrendite erhoffen (Brettel et al., 2005, S. 79 f.). Wagniskapital wird als Finanzierungsinstrument zahlreicher Akteure der Startup-Förderung eingesetzt. Diese werden in Kapital 2.2.4 detailliert erläutert.

3 Finanzierung- und Förderungseigenschaften von Inkubatoren und Business Angels erfahren in Kapitel 2.2.2 eine detaillierte Betrachtung.

Ende der Leseprobe aus 106 Seiten

Details

Titel
Das Startup-Ökosystem in Niedersachsen. Eine empirische Analyse zur Ausprägung von Determinanten der Standortwahl
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Note
1,3
Jahr
2021
Seiten
106
Katalognummer
V1182181
ISBN (eBook)
9783346615558
Sprache
Deutsch
Schlagworte
startup-ökosystem, niedersachsen, eine, analyse, ausprägung, determinanten, standortwahl
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Das Startup-Ökosystem in Niedersachsen. Eine empirische Analyse zur Ausprägung von Determinanten der Standortwahl, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1182181

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Startup-Ökosystem in Niedersachsen. Eine empirische Analyse zur Ausprägung von Determinanten der Standortwahl



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden