Dieser Reader versammelt schriftliche Ausarbeitungen einiger Referate, die im Rahmen des Oberseminars Hexerei, Zauberei und Magie im Verlaufe des WS 2002/03 gehalten wurden. Die Beiträge befassen sich mit auf den ersten Blick sehr verschiedenartigen Erscheinungen in unterschiedlichen Teilen der Welt: Von magischen oder schamanistischen Praktiken in der tibetischen Volksreligion über Konzeptionen von Hexerei/ Magie/ Krankenheilung in afroamerikanischen Kulten bis hin zu Spiritismus, Satanismus und modernen Hexen in urbanen Zentren moderner westlicher Gesellschaften, vor allem Hamburg. Diese scheinbare thematische Heterogenität war nicht von Anfang an abzusehen. Vielmehr begann das Seminar ganz konventionell mit dem Versuch, aus der Diskussion klassischer religionsethnologischer Texte Begriffsbestimmungen und Fragestellungen zu entwickeln: Was ist „Hexerei“ im Unterschied zu „Magie“?
Welche Variablen solcher Vorstellungen und Praktiken, welche Merkmale ihrer gesellschaftlichen Einbettung sind bisher theoretisch herausgearbeitet worden? Inwieweit taugen sie als Bestandteile eines gemeinsamen Analyserahmens, der allen Beiträgen zugrunde liegen sollte? Erste Zweifel am Sinn eines solchen Vorgehens wurden durch zwei Gastvorträge geweckt, in denen uns über das Hamburger „Hexenarchiv“ und von der persönlichen Wahrnehmung einer bei den Mijikenda (Ostafrika) initiierten mganga berichtet wurde. Die Bedenken verdichteten sich im Verlauf einer Diskussion der beiden einleitenden Kapitel in Susan Greenwood's Magic, Witchcraft and the Otherworld, einer 2000 erschienenen Untersuchung „paganistischer“ Zirkel im Großraum London, wo die gewohnten Unterscheidungen zwischen Hexe(r)n, Magier(inne)n, Druid(inn)en oder Schaman(inn)en sehr zum Verdruss ordnungsliebender Wissenschaftler nicht gemacht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- „Traditioneller“ Hexenglaube in Deutschland und Frankreich im 20. Jahrhundert
- Magie in der kubanischen Santería
- Trance und Besessenheit in der kubanischen Santería
- Magie und Krankheitsbehandlung in der Umbanda
- Der Voodookult auf Haiti
- Magische und schamanistische Praktiken in der tibetischen Bön-Religion
- Anderswelten: Geister und Magie in Hamburg
- Kardecismus und die Konstruktion von Wirklichkeiten: Eine Dokumentation über Kardecisten in Hamburg
- Der Satanismus: Betrachtung eines vielgestaltigen Phänomens
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Seminar "Hexerei, Zauberei und Magie" zielte auf eine Bestandsaufnahme von Praktiken und Vorstellungen ab, die darauf abzielen, Kräfte einer "anderen" Welt ins Diesseits zu holen und für bestimmte Zwecke einzusetzen. Dabei wurde eine flexible Konzeption verfolgt, die den Sichtweisen der Akteure gerecht wird und verschiedene Phänomene wie Schamanismus, Voodoo oder Wicca einbezieht. Die Beiträge untersuchen die Faktizität der untersuchten Sachverhalte ohne vorschnelle Schlussfolgerungen.
- Alltagskulturell tradierte Vorstellungsmuster von Hexerei und Magie im 20. Jahrhundert
- Magie und Rituale in afroamerikanischen Kulten (Santería, Umbanda)
- Schamanistische und magische Praktiken in verschiedenen Kulturen (Tibet, Haiti)
- Moderne Praktiken in urbanen Zentren (Hamburg): Kardezismus, Satanismus
- Emische Perspektiven und die gesellschaftliche Einbettung magischer Praktiken
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Entstehung und Zielsetzung des Seminars "Hexerei, Zauberei und Magie". Sie erläutert die anfängliche Suche nach einer klaren Definition von Begriffen wie "Hexerei" und "Magie" und die zunehmend flexiblere Konzeption des Themas im Verlauf des Seminars. Die anfängliche Fokussierung auf klassische religionsethnologische Texte weicht einer pragmatischeren Herangehensweise, die emische Perspektiven und die Verschwimmung traditioneller Kategorien in den Vordergrund stellt. Das Seminar umfasste verschiedene Kulturen und Phänomene, von traditionellen Vorstellungen in Europa bis hin zu modernen Praktiken in Hamburg.
„Traditioneller“ Hexenglaube in Deutschland und Frankreich im 20. Jahrhundert: Zsuzsanna Riechers-Barrow untersucht alltagskulturell tradierte Vorstellungen über Hexerei und Magie in Deutschland und Frankreich im 20. Jahrhundert. Sie analysiert stereotype Hexenbilder und die Aktivitäten von Hexenbannern und versucht, die von Betroffenen erlebte Realität der Wirkungen magischer bzw. hexerischer Handlungen zu erklären. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der Wirkungsweise aus der Perspektive der Beteiligten.
Magie in der kubanischen Santería: Anke Kayser beschreibt den alltäglichen Umgang mit Magie in der kubanischen Santería, basierend auf eigenen Beobachtungen. Sie analysiert übernatürliche Wesenheiten, ihre Wirkungsbereiche und materiellen Repräsentationen, sowie die Mobilisierung magischer Kräfte durch Spezialisten zur Lösung konkreter Probleme. Der Beitrag zeigt, wie das Verständnis von Heilung soziale Aspekte und die Beziehung zu jenseitigen Kräften einbezieht.
Trance und Besessenheit in der kubanischen Santería: Pirkko Remesch konzentriert sich auf die Kommunikation mit Gottheiten in der Santería im Rahmen von Besessenheitsritualen. Mittels des kommunikationstheoretischen Ansatzes von Umberto Eco und einem Phasenmodell zur Entstehung von Trance analysiert der Beitrag die kulturellen und biophysischen Ursachen dieser Erscheinungen. Die Fallstudie soll zeigen, wie rituelle Kommunikation durch Besessenheit analysiert werden kann.
Schlüsselwörter
Hexerei, Zauberei, Magie, Schamanismus, Voodoo, Santería, Umbanda, Bön-Religion, Kardezismus, Satanismus, ethnologische Perspektiven, emische Perspektiven, Rituale, Trance, Besessenheit, Jenseitskontakte, gesellschaftliche Konstruktionen, moderne Praktiken, Hamburg.
Häufig gestellte Fragen zum Seminar "Hexerei, Zauberei und Magie"
Was ist der Gegenstand des Seminars "Hexerei, Zauberei und Magie"?
Das Seminar befasst sich mit der Bestandsaufnahme von Praktiken und Vorstellungen, die darauf abzielen, Kräfte einer "anderen" Welt ins Diesseits zu holen und für bestimmte Zwecke einzusetzen. Es verfolgt dabei einen flexiblen Ansatz, der die Sichtweisen der Akteure berücksichtigt und verschiedene Phänomene wie Schamanismus, Voodoo oder Wicca einbezieht. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der Faktizität der Sachverhalte ohne vorschnelle Schlussfolgerungen.
Welche Themenschwerpunkte werden im Seminar behandelt?
Die Schwerpunkte liegen auf alltagskulturell tradierten Vorstellungsmustern von Hexerei und Magie im 20. Jahrhundert, Magie und Ritualen in afroamerikanischen Kulten (Santería, Umbanda), schamanistischen und magischen Praktiken in verschiedenen Kulturen (Tibet, Haiti), modernen Praktiken in urbanen Zentren (Hamburg: Kardezismus, Satanismus) und der Betrachtung emischer Perspektiven und der gesellschaftlichen Einbettung magischer Praktiken.
Welche Kulturen und Phänomene werden im Seminar untersucht?
Das Seminar behandelt "traditionellen" Hexenglauben in Deutschland und Frankreich im 20. Jahrhundert, Magie und Trancezustände in der kubanischen Santería, Magie und Krankheitsbehandlung in der Umbanda, den Voodookult auf Haiti, magische und schamanistische Praktiken in der tibetischen Bön-Religion, sowie moderne Praktiken in Hamburg wie Kardezismus und Satanismus.
Wie wird im Seminar mit den Begriffen "Hexerei" und "Magie" umgegangen?
Die anfängliche Suche nach einer klaren Definition dieser Begriffe weicht im Laufe des Seminars einer pragmatischeren Herangehensweise. Der Fokus verschiebt sich von klassischen religionsethnologischen Texten hin zu emischen Perspektiven und der Berücksichtigung der Verschwimmung traditioneller Kategorien.
Welche Methoden werden im Seminar angewendet?
Die Beiträge untersuchen die Faktizität der untersuchten Sachverhalte. Methodisch werden unter anderem kommunikationstheoretische Ansätze (z.B. Umberto Eco) und Fallstudien verwendet, um die Wirkungsweise magischer Handlungen aus der Perspektive der Beteiligten zu verstehen und rituelle Kommunikation im Kontext von Besessenheit zu analysieren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt des Seminars?
Schlüsselwörter sind: Hexerei, Zauberei, Magie, Schamanismus, Voodoo, Santería, Umbanda, Bön-Religion, Kardezismus, Satanismus, ethnologische Perspektiven, emische Perspektiven, Rituale, Trance, Besessenheit, Jenseitskontakte, gesellschaftliche Konstruktionen, moderne Praktiken, Hamburg.
Gibt es Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel?
Ja, die HTML-Datei enthält Kapitelzusammenfassungen, die die jeweiligen Themen und Forschungsansätze der einzelnen Beiträge detailliert beschreiben. Diese Zusammenfassungen geben einen Überblick über die behandelten Inhalte und die Ergebnisse der jeweiligen Analysen.
- Quote paper
- Sonja Norgall u.a. Hrsg. Prof. Dr. Roland Mischung (Author), 2005, Anderswelten. Ethnologische Perspektiven, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118272