Die DDR verstand sich als antifaschistischer Staat, wobei sie sich nicht als
Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches ansah1. Gab es in der DDR
Antisemitismus? Und wenn ja, wie kann ein antifaschistisches Land antisemitisch
sein?
Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung des Themas, fragte ich
verschiedene ehemalige DDR-Bürger, was sie dazu denken. Alle ohne Ausnahme
waren der Meinung, dass es in der DDR keinen Antisemitismus gab, da die DDR ja
als antifaschistisch galt.
Doch war dies wirklich so? Im Folgenden werde ich näher auf die verschiedenen
Formen des Antisemitismus eingehen, eng verbunden mit dem Phänomen des
Antizionismus.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges, wurde das ehemalige Deutsche Reich unter den
Siegermächten aufgeteilt. Aus der amerikanischen, britischen und französischen
Besatzungszone ging später die Bundesrepublik Deutschland hervor, während aus
der sowjetischen Besatzungszone die DDR gegründet wurde. Die DDR verstand sich
nicht als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches. Geschaffen werden sollte ein
antifaschistisches sozialistisches, totalitäres System, ganz nach dem Vorbild der
damaligen UdSSR. Durch die antifaschistische Staatsdoktrin sind viele im 2.
Weltkrieg geflüchtete Juden wieder in ihre ehemalige Heimat zurückgekehrt, in der
Hoffnung ein neues, ganz normales Leben ohne Verfolgung und Diskriminierung
aufbauen zu können. Doch scheinbar war dies nicht ganz so einfach, wie von vielen
erhofft.
Die Spitze der DDR war der Meinung, dass man durch die Abschaffung des
Kapitalismus und des Privateigentums alle Ursachen des Faschismus „ausgerottet“
habe. Die Verbrechen, welche an den Juden verübt wurden, waren „nur“
Ablenkungsversuche, um ein kapitalistisches System aufbauen zu können. Genauer
gesagt, richtete sich die Judenvernichtung im Dritten Reich zunächst gegen das
jüdische Proletariat. Später dann ab 1938 wurde die Vernichtung der Juden damit
erklärt, dass es dabei mehr um die monopolistischen Kreise innerhalb des deutschen
Kapitalismus ging, wobei die kapitalistischen Juden eine Art Blitzableiterfunktion
hatten. Die Vernichtung der Juden im Dritten Reich war für die SED nur ein Verbrechen unter vielen. Die Priorität lag nach ihren Aussagen bei der Verfolgung
und Ermordung der kommunistischen Widerstandkämpfer3.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Antizionismus in der DDR
- Antisemitismus in der DDR
- Der Fall Paul Merker
- Die Lage der jüdischen Gemeinden in der DDR
- Schlussbemerkung
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Präsenz von Antisemitismus und Antizionismus in der DDR. Sie befasst sich mit der Frage, wie ein Staat, der sich als antifaschistisch definierte, mit diesen Phänomenen umgehen konnte. Die Arbeit analysiert die Rolle des Antizionismus in der DDR-Politik und beleuchtet die spezifischen Formen des Antisemitismus, die in diesem Kontext auftraten.
- Die antifaschistische Staatsdoktrin der DDR und ihr Einfluss auf die Behandlung von Juden
- Antizionismus als Instrument der DDR-Außenpolitik
- Die Rolle des Antisemitismus im Fall Paul Merker
- Die Situation der jüdischen Gemeinden in der DDR
- Die Verbindung zwischen Antisemitismus und Antizionismus in der DDR
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz der Arbeit vor. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Perspektiven auf Antisemitismus in der DDR und die Bedeutung des Themas im Kontext der antifaschistischen Staatsdoktrin. Das zweite Kapitel analysiert den Antizionismus in der DDR. Es zeigt die Verbindung des Antizionismus zur sowjetischen Politik und die Rolle, die er in der DDR-Außenpolitik spielte. Das dritte Kapitel untersucht den Antisemitismus in der DDR. Es analysiert den Fall Paul Merker und beleuchtet die Lage der jüdischen Gemeinden in der DDR. Die Schlussbemerkung fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und diskutiert die Relevanz des Themas für die heutige Zeit.
Schlüsselwörter
Antisemitismus, Antizionismus, DDR, antifaschistische Staatsdoktrin, Paul Merker, jüdische Gemeinden, Außenpolitik, Sowjetunion.
- Arbeit zitieren
- Mathias Herbst (Autor:in), 2006, Antisemitismus und Antizionismus in der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118343