Bis in die 80er Jahre war die nationalsozialistische Verfolgung und Vernichtung der Sinti und Roma ein Desiderat der Geschichtsforschung in Deutschland und im Ausland. Die Ursachen für diese fehlende Beachtung waren unter anderem das Pflichtgefühl der Forschung Themen wie die Judenverfolgung aufzuarbeiten, sowie ein von der Gesellschaft mit Vorurteilen behaftetes Bild gegenüber den Sinti und Roma. Ein weiterer Grund mag darin liegen, dass es im Vergleich zur Judenverfolgung nur wenige Dokumente über den Genozid an den Sinti und Roma gibt.
Ein wesentlicher Impuls in Deutschland zur Erforschung dieser Thematik wurde von der 1979 gegründeten Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma gegeben.1 Seitdem ist eine Reihe von Arbeiten, teilweise auch mit regionalem und lokalem Bezug, erschienen, letztere jedoch in geringer Anzahl.2
Das Ziel dieses Referates ist die Beschreibung der Verfolgung der Sinti und Roma in Baden und Württemberg durch die Nationalsozialisten. Um die Ausgangspunkte der nationalsozialistischen „Zigeunerverfolgung“ zu bestimmen, bedarf es zunächst einer Untersuchung der „Zigeunerpolitik“ in den Jahrzehnten vor 1933. Wie sah die Lage der Sinti und Roma in Bezug auf ihre Integration in Baden und Württemberg vor 1933 aus? Gab es gewisse Kontinuitäten nach 1933? Wie präsentierte sich der Nationalsozialismus auf lokaler Ebene und wer waren die Funktionsträger in der Verfolgung der badischen und württembergischen Sinti und Roma? Dies sind die Fragen, auf die das vorliegende Referat eine Antwort zu geben versucht. Die Verfolgung der Sinti und Roma im deutschen Reich ist gut dokumentiert.3 Leider fehlt es noch an Arbeiten mit regionalem Bezug. Über die Verfolgung der Sinti und Roma in Baden und Württemberg gibt es so gut wie keine explizite Literatur. Sowohl Literatur wie Dokumente sind außerordentlich ungünstig.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- II.1. Vorgeschichte der Sinti und Roma im Baden und Württemberg vor 1933
- II.1.1. Erste Verfolgungen
- II.1.2. Integrationsversuche
- II.1.3. Diskriminierung aus rassischen Gründen
- II.2. Die nationalsozialistische Verfolgung der badischen und württembergischen Sinti und Roma
- II.2.1. Erste Phase: 1933 bis Sommer 1939
- II.2.2. Zweite Phase: Oktober 1939 bis Sommer 1940
- II.2.3. Phase: Herbst 1940 bis Herbst 1942
- II.3. Die Endlösung der „Zigeunerfrage“
- II.3.1. Der Auschwitz-Erlass
- II.3.2. Die Kinder der St. Josefspflege in Mulfingen, Württemberg
- II.1. Vorgeschichte der Sinti und Roma im Baden und Württemberg vor 1933
- III. Schlussbetrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Ziel dieses Referates ist die Beschreibung der Verfolgung der Sinti und Roma in Baden und Württemberg durch die Nationalsozialisten. Hierfür wird die „Zigeunerpolitik“ in den Jahrzehnten vor 1933 beleuchtet, um die Ausgangspunkte der nationalsozialistischen Verfolgung zu verstehen. Die Analyse konzentriert sich auf die Integration der Sinti und Roma in Baden und Württemberg vor 1933, mögliche Kontinuitäten nach 1933 und die Rolle des Nationalsozialismus auf lokaler Ebene.
- Die Geschichte der Sinti und Roma in Baden und Württemberg vor 1933
- Die Verfolgung der Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten in Baden und Württemberg
- Die Rolle des Nationalsozialismus auf lokaler Ebene in der Verfolgung der Sinti und Roma
- Kontinuitäten und Veränderungen in der Diskriminierung und Verfolgung der Sinti und Roma
- Der Mangel an expliziter Literatur und Dokumenten über die Verfolgung der Sinti und Roma in Baden und Württemberg
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die fehlende Beachtung der nationalsozialistischen Verfolgung der Sinti und Roma in der Geschichtsforschung und betont die Bedeutung der Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma für die Erforschung dieser Thematik. Der Hauptteil untersucht zunächst die Vorgeschichte der Sinti und Roma in Baden und Württemberg vor 1933, einschließlich der ersten Verfolgungen, Integrationsversuche und Diskriminierung aus rassischen Gründen. Anschließend wird die nationalsozialistische Verfolgung der badischen und württembergischen Sinti und Roma in drei Phasen unterteilt, die jeweils mit den wichtigsten Ereignissen und Maßnahmen der Verfolgung beleuchtet werden. Der Abschnitt über die „Endlösung der „Zigeunerfrage“ behandelt den Auschwitz-Erlass und die Deportation der Sinti und Roma in Konzentrationslager. Die Schlussbetrachtungen bieten eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der Arbeit.
Schlüsselwörter
Sinti und Roma, nationalsozialistische Verfolgung, Baden-Württemberg, Zigeunerpolitik, Integration, Diskriminierung, Auschwitz-Erlass, Deportation, Konzentrationslager, Genozid, Geschichtsforschung, Bürgerrechtsbewegung.
- Quote paper
- Mila Francisco (Author), 2002, Die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma im Baden und Württemberg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11836