Interaktionen zwischen Personen scheinen sich immer nach bestimmten Bedingungen
zu richten und dieses Bedingungen betreffen nicht nur Gespräche auf der Strasse,
sondern sämtliche Interaktionen zwischen Menschen. Folgender Gedanke
schiebt sich ins Bewusstsein: Wenn bestimmte Bedingungen notwendig sind, damit
ein Gespräch zustande kommt, dann könnte man prinzipiell von einer Art Interaktionssystem
sprechen und dann könnte man solche Systeme analysieren und beschreiben.
Der benutzte Systembegriff deutet dabei fast von Selbst auf Niklas Luhmann.
Unter den zahlreichen Arbeiten Luhmanns findet sich auch eine Theorie der
einfachen Sozialsysteme. Spinnt man den Interaktionsfaden weiter und betrachtet
z.B. komplexere Systeme wie ein Geschäft oder Mannschaftsspiel, stellt sich die
Frage, ob solche Systeme ebenfalls Funktionsbedingungen ausbilden und inwiefern
das Handeln in diesen Systemen habitualisiert ist. Der Habitusbegriff verweist wiederum
auf die Ökopsychologie und ihrem Paradigma des Behavior Settings, insbesondere
das Behavior Setting nach Kaminski.
Somit erhält man nun zwei Theorien die in der Lage sind, Interaktionen zu beschreiben
und zu analysieren. An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, inwiefern diese
zwei Paradigmen Gemeinsamkeiten aufweisen und an welchen Stellen sie sich unterscheiden.
Damit wäre der Rahmen dieser Arbeit umrissen. Gefragt wird, wie bereits
erwähnt, nach den Gemeinsamkeiten und den Unterschieden. Um dieses Ziel
zu erreichen werden beide Theorien ( Einfache Systeme nach Luhmann und das
Behavior Setting nach Kaminski) vorgestellt (Kapitel 2 und 3) und danach in tabellarischer
Form miteinander verglichen (Kapitel 4).
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Einfache Sozialsysteme nach Luhmann
2.2. Wahrnehmung und verbale Kommunikation
2.3. Geschichte und Struktur
2.4. System und Umwelt
2.5 Soziale Kontrolle
2.6 Identität und Abstraktionsleistung
3. Behaviour Setting nach Kaminski
3.1 das Behavior Setting als handlungsdeterminierendes Primässystem
3.2 das Individuum im Behavior Setting und das Behavior Setting im Individuum
3.3 das individuelle Lebensgesamt im Querschnitt
3.4 Längsschnittliche Untersysteme im individuellen Lebensgesamt
3.5 das aktuelle individuelle Anforderungsbewältigungssystem-Gesamtsystem
4. Vergleich der zwei Paradigmen
5. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Eid
1. Einleitung
Interaktionen zwischen Personen scheinen sich immer nach bestimmten Bedingungen zu richten und dieses Bedingungen betreffen nicht nur Gespräche auf der Strasse, sondern sämtliche Interaktionen zwischen Menschen. Folgender Gedanke schiebt sich ins Bewusstsein: Wenn bestimmte Bedingungen notwendig sind, damit ein Gespräch zustande kommt, dann könnte man prinzipiell von einer Art Interaktionssystem sprechen und dann könnte man solche Systeme analysieren und beschreiben. Der benutzte Systembegriff deutet dabei fast von Selbst auf Niklas Luhmann. Unter den zahlreichen Arbeiten Luhmanns findet sich auch eine Theorie der einfachen Sozialsysteme. Spinnt man den Interaktionsfaden weiter und betrachtet z.B. komplexere Systeme wie ein Geschäft oder Mannschaftsspiel, stellt sich die Frage, ob solche Systeme ebenfalls Funktionsbedingungen ausbilden und inwiefern das Handeln in diesen Systemen habitualisiert ist. Der Habitusbegriff verweist wiederum auf die Ökopsychologie und ihrem Paradigma des Behavior Settings, insbesondere das Behavior Setting nach Kaminski.
Somit erhält man nun zwei Theorien die in der Lage sind, Interaktionen zu beschreiben und zu analysieren. An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, inwiefern diese zwei Paradigmen Gemeinsamkeiten aufweisen und an welchen Stellen sie sich unterscheiden. Damit wäre der Rahmen dieser Arbeit umrissen. Gefragt wird, wie bereits erwähnt, nach den Gemeinsamkeiten und den Unterschieden. Um dieses Ziel zu erreichen werden beide Theorien ( Einfache Systeme nach Luhmann und das Behavior Setting nach Kaminski) vorgestellt (Kapitel 2 und 3) und danach in tabellarischer Form miteinander verglichen (Kapitel 4).
2. Einfache Sozialsysteme nach Luhmann
Luhmann beschreibt mit dem Begriff der einfachen Sozialsysteme soziale Interaktionen zwischen mindestens zwei Personen (Luhmann in Auwärter S. 5). Obwohl Luhmann den Einfachheitsbegriff für diese Interaktionen verwendet, sind diese Systeme äußerst komplex (Luhmann in Auwärter S. 4), sie schließen als Systemtypus, die am wenigsten komplexen Systeme mit ein (Luhmann in Auwärter S.4), wie z.B. Smalltalk. Luhmann legt den einfachen Systemen sechs wesentliche Kriterien zu Grunde:
1. Anwesenheit
2. Wahrnehmung & verbale Kommunikation
3. Geschichte & Struktur
4. System & Umwelt
5. soziale Kontrolle
6. Identität & Abstraktionsleistungen
Was Luhmann unter diesen Kriterien versteht soll im folgenden beschrieben und erklärt werden.
2.1 Anwesenheit
Ein definierendes Kriterium der einfachen Sozialsysteme bzw. der elementaren Interaktion ist die Anwesenheit von [mindestens zwei] Beteiligten (Luhmann in Auwärter S.5) im System. Anwesend bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Beteiligten sich gegenseitig wahr nehmen. Diese Beteiligten wiederum steuern ihr jeweiliges Erleben und Handeln bei und ermöglichen somit Selektivität (Luhmann in Auwärter S.5). Kurz gesagt: damit sich ein System bilden kann, müssen sich die Beteiligten wechselseitig wahrnehmen. Jedoch finden sich in einfachen Systemen auch Anwesende, die nicht wahrgenommen bzw. als nicht wahrnehmbar angesehen werden (Luhmann in Auwärter S.5). Damit sich ein einfaches System (als eine Möglichkeit von vielen) bilden kann, benötigt es die Selektivität und diese erhält das System durch die beschriebene Anwesenheitsbedingung (Luhmann in Auwärter S.5) und dem damit verbundenen wechselseitigen Erleben und Handeln der im System Agierenden.
2.2. Wahrnehmung und verbale Kommunikation
Das zweite Kriterium nach Luhmann ist die Wahrnehmung und die verbale Kommunikation. Auf Grund dieser Kriterien ist die Bildung von einfachen Sozialsystemen laut Luhmann unausweichlich (Luhmann in Auwärter S. 6), da es sich bei der Wahrnehmung um reziproke Prozesse handelt und somit Kommunikation statt findet1. Hierbei handelt es sich um allgemeine Bedingungen und einen beginnenden Informationsaustausch über selektive Prozesse (Luhmann in Auwärter S. 7). Diese Selektion der Wahrnehmungsprozesse führt automatisch zu einer Ausdifferenzierung. Wahrnehmen bzw. Wahrnehmungen gehören der nonverbalen Kommunikation an, also Kommunikation ohne Sprechakte. Dabei steht vor allem die gegenseitige Interpretation vom Verhalten, der Gesten und der Mimik des Gegenüber im Vordergrund. Luhmann bezeichnet diese nonverbale Kommunikation als reflexives Wahrnehmen (Luhmann in Auwärter S. 7), da sich die Kommunikationspartner gegenseitig steuern und beeinflussen. Wahrnehmungsleistungen gelten nicht als Handlungen (Luhmann in Auwärter S.8), ganz im Gegensatz zu den Sprechakten: Sprechakte sind intentionsgesteuert, zeitaufwendig, Aufmerksamkeitsfänger, besitzen trotz geringer Nachrichtenübermittlung einen hohen Informationswert und sind störanfälliger als Wahrnehmungen. Des weiteren nötigen Sprechakte zu einer Antwort und bedingen durch die Fülle an Antwortmöglichkeiten eine hohe Selektivität im Sozialsystem (Luhmann in Auwärter S. 8). Diese Selektivität verstärkt sich nochmals, wenn die Sprechakte thematisiert werden, um somit die Vielfalt von Wahrnehmungsprozessen (Luhmann in Auwärter S. 9) nochmals zu reduzieren.
Dies bedeutet, dass sich das System über die thematische Kommunikation in die Zeit ausdehnt und sich somit erhalten kann. Außerdem dienen die Sprechakte zur Systemkontrolle (Luhmann in Auwärter S. 9); kontrolliert werden z.B. die Beiträge im System oder der Rekrutierungsprozess neuer Teilnehmer (Luhmann in Auwärter S. 9). Somit ist das Thema in einem einfachen Sozialsystem eine Art Struktur des Systems. Diese ist jedoch sehr schwach und ein vermeintlicher Nachteil. Dennoch be gründet dieses Schwäche die Systemelastizität und ermöglicht z.B. einen Themenwechsel (Luhmann in Auwärter S. 9) ohne das das System zerstört wird2.
Dieses Thema kann durch die Systembeteiligten zum direkten Gegenstand der Kommunikation gemacht werden, z.B. wenn Störungen im System auftreten. Deshalb müssen neben der thematischen Kontrolle des Systems [durch Sprechakte (Anm. d. Verf.)] wiederum Wahrnehmungsleistungen eingesetzt werden (Luhmann in Auwärter S.10). Einfache Sozialsysteme beruhen demnach auf zwei differenzierbare Prozesse der Erlebnisverarbeitung (Luhmann in Auwärter S. 11). Hier liegen auch die Besonderheiten einfacher Systeme: Der Dualismus (Kommunikation und Wahrnehmung) im System betreibt eine Art Arbeitsteilung (Luhmann in Auwärter S. 11) und eine Problemverschiebung (Luhmann in Auwärter S. 11)3.
2.3. Geschichte und Struktur
Sobald sich ein einfaches Sozialsystem bildet und sich die Systembilder über ein Thema geeinigt haben, beginnt eine eigene von der Welt unabhängige Systemgeschichte (Luhmann in Auwärter S. 11). Diese Historie des einfachen Sozialsystems besitzt eine eigene Freiheit, die erst mal von der Geschichte der Beteiligten (Biographie etc.) unabhängig ist (Luhmann in Auwärter S. 11). Somit konstituiert sich das System zum einem im Wahrnehmungsraum und zum anderen im gegenwärtigen Geschichtsraum (Luhmann in Auwärter S. 12). Dies führt zu einer weiteren Ausdifferenzierung des Systems und verlangt besondere Bewusstseinsleistungen, die die Systemgeschichte zur Systemstruktur in der Zeit macht (Luhmann in Auwärter S. 12). Ihren Sinn erhält die Systemgeschichte durch ihre aufbewahrte Selektivität (Luhmann in Auwärter S. 13). Dies bedeutet, dass die Systemhistorie sämtliche Wahlmöglichkeiten des Systems beinhaltet: Die Genutzten wie die Negierten (Luhmann in Auwärter S. 12/13). Dem Thema des Sozialsystems kommt an dieser Stelle im Bezug auf die Geschichte eine besondere Bedeutung zu. Das Thema dient als Erzeugungsregel (ermöglicht Beiträge und zwingt sie in ein zeitliches Schema), es erzeugt die Erinnerbarkeit der Systemgeschichte (erfordert Rücksicht auf das vorhergesagte, verlangt Anknüpfungen an vorangegangene Sprechakte etc.) (Luhmann in Auwärter S.13). und konstituiert das Thema als Systemgedächtnis und sorgt somit für eine Grundlage auf dem sinnvolle Sprechakte möglich sind (Luhmann in Auwärter S.13/14).
In dieser Weise dient die Sozialsystemhistorie als Struktur und sorgt für selektive Prozesse in der Zeit. Der Typus dieser Systeme bedingt aber, dass ihre Genesis und ihre Geltung undifferenziert bleiben (Luhmann in Auwärter S. 14), da diese Systeme zeitlich begrenzt sind (z.B. Smalltalk, Gespräche unter Freunden, Seminare usw.). Dies bedingt, dass sich einfache Systeme auf die Gegenwart konzentrieren und Vergangenes, nicht mehr Aktualisierbares (Luhmann in Auwärter S.15) hinter sich lässt.
2.4. System und Umwelt
Einfache Sozialsysteme bilden (wie alle anderen Systeme auch) Grenzen aus. Diese Grenzen definieren sich durch die Differenz von Umwelt und System (Luhmann in Auwärter S. 15). Dabei weist die Umwelt eine stets höhere Komplexität auf als das System selbst. Damit die elementare Interaktion auf Unabsehbares absehbar rea gieren kann (Luhmann in Auwärter S. 15), sollte sie ihre geringere Komplexität entsprechend ordnen und von dieser Ordnung hängt die Komplexität der relevanten Umwelt für das reagierende System ab.
[...]
1 Vgl. P. Watzlawick u.a. Menschliche Kommunikation S. 51 ff. Berühmt ist vor allem Watzlawicks Axiom der Unmöglichkeit nicht zu kommunizieren, den er im Ausspruch Man kann nicht nicht kommunizieren (Watzlawick u.a. S. 53) auf den Punkt bringt.
2 Jedem sind sicherlich die peinlichen Pausen in einem Gespräch bekannt. An dieser Stelle stößt das System an seine Grenzen. Entweder es zerfällt und die Systemteilnehmer gehen ihrer Wege oder es findet sich ein neues Thema um das System zu erhalten.
3 Einfache Sozialsysteme beinhalten demnach immer Sprechakte und Wahrnehmungen. Allerdings existieren nach Luhmann Grenzfälle in denen entweder die Sprechakte (Diskussionen etc.) oder die Wahrnehmungen (Spielsportarten etc.) vorherrschend sind (Luhmann in Auwärter S. 11)
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