Das Augenmotiv und seine Bedeutung in E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann"


Hausarbeit, 2017

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Augen als Symbol in der Literatur
2.1 Allgemeine Bedeutung
2.2 Verwendung in der Romantik

3. Das Augenmotiv in E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“
3.1 „Der Sandmann“ - Titel der Erzählung
3.2 Das Ammenmärchen
3.3 Verzerrte Wahrnehmung - Coppelius wird zum Sandmann
3.4 Die Alchemie-Szene
3.5 Nathanaels Gedicht
3.6 Das Perspektiv und Olimpia
3.7 Der Wahnsinn zum Schluss
3.8 Blick und Seelenspiegel im Sandmann

4. Fazit

5. Quellen- und Literaturverzeichnis
5.1 Primärquelle
5.2 Sekundärliteratur

1. Einleitung

„,Ha! Sköne Oke - Sköne Oke“[4] (V.14). Ein einfacher Ausruf, welcher jedoch eine ungemeine Bedeutung für E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“ hat. Am Ende des Werkes ist es jener letzte Satz Nathanaels, bevor er vom Turm springt und Selbstmord begeht. Aber was haben die „schönen Augen“ mit dem Tod des Protagonisten zu tun? Bereits hier lässt sich erahnen, welche besondere Rolle die Augen im Sandmann spielen. Deshalb steht im Mittelpunkt der folgenden Hausarbeit die Frage, welche Bedeutung das Augenmotiv für Hoffmanns Sandmann hat. Die Relevanz der Frage­stellung zeigt sich bereits beim ersten Lesen des Textes. Immer wieder taucht das Motiv auf oder Hoffmann schreibt selbst über die Augen der Figuren sowie deren unter­schiedliche Wahrnehmungen. Bevor das Werk jedoch gründlich analysiert wird, soll zunächst der Begriff Augenmotiv genauer erläutert werden, indem die symbolische Verwendung der Augen in der Literatur, speziell in der Romantik, gezeigt wird. Anschließend werden die an das Augenmotiv gebundenen Textstellen in „Der Sand­mann“ untersucht und mögliche Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede herausgestellt. Der methodische Ansatz der Hausarbeit liegt folglich im textanalytischen Bereich, da das schrittweise und genaue Zerlegen dieser Passagen den Großteil der Arbeit aus­machen wird. Ziel des detaillierten Untersuchens ist es, die jeweilige Bedeutung der Szenen für Nathanael und die Handlung darzulegen, um im Fazit die Fragestellung beantworten zu können.

Bei der Stoffsammlung zum Thema haben sich des Weiteren zwei Thesen heraus­gebildet, die ebenfalls in der Arbeit beantwortet werden sollen. Zum einen geht es um die Behauptung, dass das Augenmotiv eine große Rolle in der Literatur spielt. Diese Ansicht wird im ersten Kapitel be- oder widerlegt werden. Im zweiten Abschnitt der Arbeit wird dann die Annahme „Das Augenmotiv prägt und beeinflusst die Handlung in ,Der Sandmann'“ näher beleuchtet.

2. Die Augen als Symbol in der Literatur

Das Auge ist eines der wichtigsten Körperteile und das sehende Organ des Menschen. Es ermöglicht, unsere Umgebung sowie uns selbst wahrzunehmen, uns zu orientieren1 2

und Kontakt zur Außenwelt herzustellen. Auch wenn es nicht überlebenswichtig ist, so ist es doch das faszinierendste Sinnesorgan. Im folgenden Kapitel soll daher kurz gezeigt werden, wie diese Faszination des menschlichen Auges in der Literatur verarbeitet wurde und welche grundlegenden literarischen Bedeutungen die Augen haben. Auch wird speziell auf deren Verwendung in der Romantik eingegangen, um das Aufgreifen des Augenmotivs durch Hoffmann besser verstehen zu können.

2.1 Allgemeine Bedeutung

„Das Auge hat wechselnden Stellenwert und übernimmt unterschiedliche Funktionen in Texten.“3 Es dient jedoch hauptsächlich als „Symbol des menschlichen Wesens, der Seele und der Schönheit, des Geistes und der Erkenntnis sowie des Göttlichen“4. Die oben beschriebene Wichtigkeit der Augen als sehendes Organ für den Menschen spiegelt sich in der „Häufigkeit des Augensymbols in der Literatur“5 wider. Durch seinen göttlichen Stellenwert erhielt es bereits seit der Antike Einzug in die Literatur, stand metaphorisch für die „Sonne als Auge des Himmels [und der Welt]“6. Trotz dem Bruch mit antiken literarischen Vorstellungen im Mittelalter hatten auch dort die Augen sinnbildliche Bedeutung, vor allem in der höfischen Welt als „die erwachende Liebe. Dem Auge enthüllt sich die Wahrheit verborgener Gefühle.“7 Eine weitere wichtige Rolle liegt in der Verwendung der Augen als Seelenspiegel. Dabei lassen sich durch sie bestimmte Charaktereigenschaften und das Befinden der Menschen ausmachen8. Für diese Arbeit ist außerdem die Deutung der rollenden Augen als „Wahnsinn im Wechsel mit verständigem Verhalten“9 und der stechende Blick, der Furcht und „Raserei“10 verursacht, von besonderem Stellenwert.

Zusammenfassend lässt sich grundlegend festhalten, dass „das Motiv [der Augen] bis ins 20. Jahrhundert die Funktion bei[behält], im Schnittpunkt der Achse zwischen Innen und Außen die tiefe Problematik im Erkennen der Welt aufzurollen.“11 Das Innere meint dabei den Seelenspiegel, die Gefühle und Eigenschaften von Menschen, das Äußere die Wahrnehmung und das Sehen der Menschen.

2.2 Verwendung in der Romantik

Novalis: „Alle Sinne sollten Augen werden.“12 Auch für die romantischen Dichter ist das Auge von großer Relevanz. Es galt als das „höchste[] ästhetische[] Organ“13 und wird „zu einem zentralen Motiv [...], weil in ihm der Initialpunkt einer aufbrechenden Identitätskrise darstellbar wird.“14 Der Blick, die Sehkraft der Augen, ihre Funktion als Seelenspiegel und die damit einhergehende Verknüpfung von Innen- und Außenwelt sind ebenso essenziell in der Romantik wie bei Hoffmann. Durch diesen vielfältigen Gebrauch des Augenmotivs und die zumeist bestimmende Bedeutung für die Prota­gonisten romantischer Erzählungen, kommt Katharina Weisrock zu folgendem Schluss:

„Die Romantik akzeptiert die grundsätzliche Subjektivität optischer Wahrnehmung. Auge, Blick und Sehen erwachen in der romantischen Literatur zu neuer poetischer Vielfalt. Im Blick des romantischen Protagonisten auf seine Welt verweben sich Wahrnehmung, Reflexion und Erotik zu einer Einheit von Sehen, Denken und Fühlen. Der ästhetische Blick der Romantik synthe­tisiert mythische, magische, literarische, naturwissenschaftliche, psychologische u.a. Seh- weisen.“15

Insgesamt zeigte sich im ersten Kapitel, dass das Motiv der Augen auf verschiedenste Art und Weise als charakterisierendes Merkmal in Texten vorkommen kann und dabei besonders das Sehen und Wahrnehmen des Äußeren sowie das subjektive Verarbeiten im Inneren thematisiert wird. Außerdem konnte die in der Einleitung aufgeworfene These „Das Augenmotiv spielt eine große Rolle in der Literatur“ belegt werden. Die Augensymbolik in der Literatur seit der Antike sowie die vielen verschiedenen Facetten und Bedeutungen des Augenmotivs sind dabei zwei grundlegende Beweise. Da Hoffmanns Werke diese Merkmale exemplarisch aufweisen, spricht André Vieregge sogar von einer eigenen „literarische[n] Tradition des Hoffmannschen Augenmotivs“16.

[...]


1 E.T.A.Hoffmann. Der Sandmann. Hrsg. von Rudolf Drux. Stuttgart: Reclam 2003. S.42.

Da „Der Sandmann“ die Primärquelle der Hausarbeit ist, werden die Vers- und Seitenangaben bei folgenden Zitaten mit runden Klammern in den Fließtext aufgenommen und sind nicht mehr im Fußnotenapparat einzusehen. Auf die Titelangabe wird ebenfalls verzichtet.

2

3 [Art.] Augen. In: Themen und Motive in der Literatur. Ein Handbuch. Hrsg. von Horst S. Daemmrich u. Ingrid G. Daemmrich. 2. Aufl.. Tübingen, Basel: Francke 1995. S.62-63.

4 [Art.] Auge. In: Metzler Lexikon literarischer Symbole. Hrsg. von Günter Butzer u. Joachim Jacob. Stuttgart, Weimar: Verlag J.B. Metzler 2008. S.29-30.

5 Ebd.

6 Ebd.

7 Themen und Motive in der Literatur. Hrsg. von Horst S. Daemmrich u. Ingrid G. Daemmrich. S.62-63.

8 vgl. Metzler Lexikon literarischer Symbole. Hrsg. von Günter Butzer u. Joachim Jacob. S.29-30.

9 Ebd.

10 Themen und Motive in der Literatur. Hrsg. von Horst S. Daemmrich u. Ingrid G. Daemmrich. S.62-63.

11 Themen und Motive in der Literatur. Hrsg. von Horst S. Daemmrich u. Ingrid G. Daemmrich. S.62-63.

12 Schmidt-Burkhardt, Astrit: Sehende Bilder. Die Geschichte des Augenmotivs seit dem 19. Jahrhundert. Berlin: Akademie Verlag 1992. S.47.

13 Weisrock, Katharina: Götterblick und Zaubermacht. Auge, Blick und Wahrnehmung in Aufklärung und Romantik. Opladen: Westdeutscher Verlag 1990. S.20.

14 Ebd. S.20.

15 Ebd. S.34.

16 Vieregge, André: Nachtseiten. Die Literatur der Schwarzen Romantik. Frankfurt am Main: Lang 2008. S.247

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Augenmotiv und seine Bedeutung in E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann"
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Germanistische Literaturwissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
15
Katalognummer
V1184281
ISBN (eBook)
9783346608291
ISBN (Buch)
9783346608307
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schwarze Romantik, Augenmotiv, Der Sandmann, E.T.A. Hoffmann
Arbeit zitieren
Felix Hutschenreuter (Autor:in), 2017, Das Augenmotiv und seine Bedeutung in E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1184281

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