Mensch-Computer-Dialoge sind in erster Linie symbolische, das heißt zeichen-vermittelte, Interaktionen. Neben graphischen Zeichen, z.B. Icons oder Layout-Gestaltung, sind es sprachliche Zeichen, die den Verlauf der Mensch-Maschine-Interaktion beeinflussen, so daß es naheliegt, neben den psychologischen Erklärungsansätzen auch linguistische bzw. zeichentheoretische heranzuziehen.
Da es sich auch bei Mensch-Maschine-Interaktionen um Formen von Kommunikation handelt, stellt sich außerdem die Frage, inwieweit die Interpretationsmuster, die natürlicher Kommunikation zugrunde liegen, übertragbar sind auf Mensch-Maschine-Dialoge. Zumindest, so meine erste These, können die Interpretationsschemata, die Rezipienten wie Produzenten (Software-Designern) zur Verfügung stehen, nur das Ergebnis vorangegangener Interaktion sein, d.h. erworben durch natürliche oder technisch vermittelte (z.B. Telephongespräch) Kommunikation. Es sind also in erster Linie sprachliche Handlungsmuster, die den Hintergrund für das Verstehen von Mensch-Computer-Dialogen (zumindest aus Sicht des Nutzers) bilden. Bleibt zu klären, inwieweit funktionale Entsprechungen in natürlicher und Mensch-Maschine-Kommunikation zu finden sind. Des weiteren ist zu fragen, welche Aspekte natürlicher Kommunikation wie übertragen werden. Zu diesem Zweck werde ich in Kapitel 2 Sprachhandlungsmuster natürlicher Kommunikation mit denen der MCI vergleichen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Mensch-Computer-Interaktionen eine neue Kommunikationsform ausmachen. Es kann weder von Mehrwegkommunikation (face-to-face Interaktion) gesprochen werden noch von Einwegkommunikation (Fernsehkommunikation), sondern in diesem Fall wird versucht, Mehrwegkommunikation zu simulieren.
Analog dem Erwerb einer Zweitsprache, wird das Erlernen von Mensch-Maschine-Dialogen erleichtert, wenn sowohl "the degree of consistency between new and native language" als auch "the degree of consistency within the new language itself" relativ hoch ist. Diese Forderung nach Konsistenz, die sich in erster Linie auf strukturelle Ähnlichkeiten der syntaktischen Ebene (= interne Strukturierung) bezieht, läßt sich aber ebenso auf die Struktur des Kommunikationsprozesses (= externe Strukturierung) als solchen übertragen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Interne vs. externe Strukturierung
- Externe Strukturierung von Kommunikationseröffnungen
- Fazit
- Sprachhandlungsmuster in der M-C-I
- Textsortenmuster
- Beziehungsmuster
- Organisationsmuster
- Regelung des Sprecherwechsels
- Sprecherwechsel nach Lösungsalgorithmen
- Kennzeichnung der transition relevance places
- Gliederung und Strukturierung
- Graphische Strukturierung
- Sprachliche Strukturierung
- Strukturierung von Hypertexten
- Themenbehandlung
- Themenbehandlung mittels graphischer Oberflächen
- BESCHREIBEN indem AUFZÄHLEN / VISUALISIEREN
- Ableitungen
- Bildzeichen vs. Sprachzeichen
- Themenbehandlung in 'Zwischenmeldungen'
- Themenbehandlung in Hypertexten
- Verständnissicherung
- Feedback als Form der Verständnissicherung
- Diskussion
- Schlußfolgerungen
- Die Analyse von Sprachhandlungsmustern in Mensch-Computer-Interaktionen
- Die Untersuchung der Übertragbarkeit von Interpretationsschemata aus der natürlichen Kommunikation
- Die Erforschung der strukturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen natürlicher und technischer Kommunikation
- Die Bedeutung von Konsistenz in Mensch-Maschine-Dialogen für die Benutzerfreundlichkeit
- Die Rolle von Wissen und Schemata im Erlernen von Mensch-Maschine-Dialogen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Relevanz natürlich-sprachlicher Handlungsmuster in der Mensch-Computer-Interaktion. Sie beleuchtet die Übertragbarkeit von Interpretationsschemata aus der natürlichen Kommunikation auf Mensch-Maschine-Dialoge und analysiert die strukturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Formen der Kommunikation.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einführung
Die Einführung erläutert die Bedeutung von sprachlichen Zeichen für die Mensch-Maschine-Interaktion und stellt die These auf, dass Interpretationsschemata aus der natürlichen Kommunikation für das Verstehen von Mensch-Computer-Dialogen relevant sind. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit sich funktionale Entsprechungen zwischen natürlicher und technischer Kommunikation finden lassen und welche Aspekte der natürlichen Kommunikation auf die Mensch-Maschine-Interaktion übertragen werden können.
Kapitel 2: Sprachhandlungsmuster in der M-C-I
Dieses Kapitel analysiert verschiedene Sprachhandlungsmuster in der Mensch-Computer-Interaktion und vergleicht sie mit Mustern aus der natürlichen Kommunikation. Es untersucht Textsortenmuster, Beziehungsmuster und Organisationsmuster, wobei letztere die Regelung des Sprecherwechsels, die Gliederung und Strukturierung sowie die Themenbehandlung umfassen. Das Kapitel beleuchtet auch die Bedeutung der Verständnissicherung in der Mensch-Computer-Kommunikation.
Schlüsselwörter
Mensch-Computer-Interaktion, natürlich-sprachliche Handlungsmuster, Kommunikation, Interpretationsschemata, Textsortenmuster, Organisationsmuster, Konsistenz, Benutzerfreundlichkeit, Wissen, Schemata.
- Arbeit zitieren
- Jana Kullick (Autor:in), 1997, Mensch-Computer-Kommunikation? Zur Relevanz natürlich-sprachlicher Handlungsmuster in der Mensch-Computer-Interaktion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11849