Das Regietheater, dessen Tradition sich heute über mehr als hundert Jahre zurückverfolgen lässt,2 hat sich als Methode der Anpassung eines dramatischen Werks an das Regieinteresse weltweit, in Deutschland jedoch besonders entwickelt. Die Regie, die den dramatischen Text als altes künstlerisches Zentrum der Inszenierung ablöste und sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts institutionieren konnte, hat sich inzwischen weiter entwickelt und verselbständigt. Im Anschluss an eine erste Phase der Politisierung und Radikalisierung in den Zwanziger Jahren durch Brecht, Piscator und andere hat das Regietheater seine wohl radikalste Entfaltung in den 60er und 70er Jahren erfahren. In Anlehnung an das Brecht’sche Konzept der Umfunktionierung eines Textes3, deuteten Regisseure wie Claus Peymann, Fritz Kortner und Peter Zadek die Originalvorlage stets vor dem Hintergrund aktueller Begebenheiten. Autor und Schauspieler wurden dabei den autoritären Ansprüchen des Regisseurs als Führungsfigur der Inszenierung untergeordnet.
Das Regietheater Peter Zadeks, das zu untersuchen Ziel dieser Arbeit ist, war zweifellos etwas besonderes. Unter den Regisseuren, die in den sechziger und siebziger Jahren die deutsche Theaterlandschaft in Aufruhr versetzten, war er mit Abstand der Älteste.4 Der Tagesspiegel erinnert an ihn als den vehementesten Stücke-Zertrümmerer aller Zeiten5, Hensel spricht von einem Genie, das „viel Phantasie und Können, Vitalität und Vielseitigkeit, Gegenwartsbewusstsein und Zukunftskühnheit“6 in einer bisher nie gekannten Art und Weise in einer Person vereint. Zadek, der aus seiner Vorliebe für Shakespeare keinen Hehl machte, wollte dem Publikum einen zeitgemäßen Shakespeare bieten, der in der schauspielerischen Ausgestaltung an das Theater des englischen Dichters erinnern sollte. Wenngleich Zadek durchaus auch Werke von Henrik Ibsen, Anton Tschechow und vielen zeitgenössischen Dichtern zur Aufführung brachte, werde ich mich im Folgenden auf eine kleine Auswahl seiner Shakespeare- Inszenierungen beschränken. Dabei soll der Versuch unternommen werden, anhand eines Vergleichs der Inszenierungen aus den sechziger Jahren und denen der Neunziger Erkenntnisse über seinen Wandel als Regisseur zu gewinnen. Darüber hinaus soll ausgehend von einer Definition des Regietheaters in knapper Form erläutert werden, welche Mittel Zadek einsetzte,[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Regietheater der 60er und 70er Jahre
- Definition
- Die Vorläufer des deutschen Regietheaters
- Regietheater in der Kritik
- Peter Zadek - Regierebell, Provokateur und Erneuerer…
- Leben und Wirken
- Der Stil Peter Zadeks
- Die Arbeit Peter Zadeks dargestellt an ausgewählten Inszenierungen
- Der, Bremer Stil'
- Held Henry
- Maß für Maß 1967
- Inszenierungen der Neunziger Jahre
- Maß für Maß 1991
- Hamlet 1999
- Der, Bremer Stil'
- Zusammenfassung
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Regietheater von Peter Zadek und untersucht dessen Einfluss auf die deutsche Theaterlandschaft in den 1960er und 1970er Jahren. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Analyse von ausgewählten Shakespeare-Inszenierungen und deren Interpretationen im Kontext der Zeit. Die Arbeit zielt darauf ab, Zadeks Wandel als Regisseur zu beleuchten, die Mittel zu erforschen, die er zur Inszenierung von Shakespeare-Stücken einsetzte, und den Widerstand, auf den er in der Öffentlichkeit und bei seinen Kollegen traf.
- Die Entwicklung des Regietheaters in den 1960er und 1970er Jahren
- Peter Zadeks Einfluss auf das deutsche Theater
- Die Interpretation von Shakespeare-Stücken durch Zadek
- Die Rolle des Regisseurs als Interpret und Autorität
- Die Auseinandersetzung mit Zadeks Inszenierungen in der Kritik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Entwicklung des Regietheaters im 20. Jahrhundert und führt den Leser in die Thematik der Arbeit ein. Das erste Kapitel analysiert das Regietheater der 1960er und 1970er Jahre und untersucht seine Definition, seine Vorläufer und die Kritik, die es erfahren hat. Das zweite Kapitel widmet sich Peter Zadek, seiner Biographie und seinem einzigartigen Stil als Regisseur. Das dritte Kapitel analysiert Zadeks Arbeit anhand ausgewählter Inszenierungen aus den 1960er und 1990er Jahren und ermöglicht einen Vergleich seiner Inszenierungstechniken und Interpretationen.
Schlüsselwörter
Regietheater, Peter Zadek, Shakespeare, Theatergeschichte, Inszenierung, Interpretation, Kritik, 1960er Jahre, 1970er Jahre, 1990er Jahre.
- Arbeit zitieren
- Franziska Hillmer (Autor:in), 2003, Peter Zadek und das Regietheater, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11851