Das Investitionsverhalten deutscher Anleger am Aktienmarkt

Eine empirische Analyse


Bachelorarbeit, 2022

78 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Aktionärsquote in Deutschland
1.1 Einführung in die Thematik und Relevanz des Themas
1.2 Untersuchungsgegenstand und Problemstellung
1.3 Zielsetzung und Vorgehensweise

2. Grundlagen zur Datenerhebung
2.1 Definition ausgewählter Kapitalmarktinstrumente
2.2 Charakterisierung der Generation Y und Z
2.3 Anlegermentalität der Deutschen – aktueller Forschungsstand
2.3.1 Herleitung der Hypothese H1
2.3.2 Herleitung der Hypothese H2
2.3.3 Herleitung der Hypothese H3
2.3.4 Herleitung der Hypothese H4
2.3.5 Herleitung der Hypothese H5
2.3.6 Weitere Gründe
2.4 Fragebogendesign
2.4.1 Aufbau des Fragebogens
2.4.2 Methodik zur Datenerhebung

3. Auswertung der Empirie zum Aktieninvestitionsverhalten der Generation Y und Z
3.1 Hypothese 1 (H1): Demografische Faktoren
3.1.1 Ergebnisdarstellung und Einordnung
3.1.2 Interpretation der Ergebnisse
3.1.3 Handlungsempfehlung zur Erhöhung der Aktienquote
3.2 Hypothese 2 (H2): Verlustaversion und Risikoaversion
3.2.1 Ergebnisdarstellung und Einordnung
3.2.2 Interpretation der Ergebnisse
3.2.3 Handlungsempfehlung zur Erhöhung der Aktienquote
3.3 Hypothese 3 (H3): Finanzbildung
3.3.1 Ergebnisdarstellung und Einordnung
3.3.2 Interpretation der Ergebnisse
3.3.3 Handlungsempfehlung zur Erhöhung der Aktienquote
3.4 Hypothese 4 (H4): Einfluss positiver Informationen
3.4.1 Ergebnisdarstellung und Einordnung
3.4.2 Interpretation der Ergebnisse
3.4.3 Handlungsempfehlung zur Erhöhung der Aktienquote
3.5 Hypothese 5 (H5): Partizipationskosten
3.5.1 Ergebnisdarstellung und Einordnung
3.5.2 Interpretation der Ergebnisse
3.5.3 Handlungsempfehlung zur Erhöhung der Aktienquote

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Anhang 1: Fragebogen „Investitionsverhalten am Aktienmarkt“

Anhang 2: Auswertung der Empirie mit dem Tool Excel

Anhang 3: DAX-Rendite-Dreieck: 50 Jahre Aktien-Renditen

Abstract

Trotz des deutlichen Anstiegs der Neuaktionäre im Jahr 2020 bei den unter 30-Jährigen, reiht sich Deutschland mit einer Aktionärsquote von 17,5% im internationalen Ländervergleich am hinteren Ende ein. Vor dem Hintergrund der begrenzten Investitionsmöglichkeiten in der derzeitigen Niedrigzinsphase und die Erreichung der Zielgruppen der Zukunft, die sogenannte Generation Y und Z durch Finanzinstitute, lässt sich das wirtschaftliche Interesse an den Untersuchungen in der vorliegenden Bachelorarbeit ableiten. Durch einen quantitativ angelegten Fragebogen wurden die Gründe für eine Investition oder Nichtinvestition der Generationen identifiziert, auf die Untersuchung fünf zielgerichteter Hypothesen fokussiert und in den aktuellen Stand der Forschung eingegliedert. Durch dieses Vorgehen konnten neben der Beantwortung der Forschungsfrage nach den Gründen, die in der „Jungen Generation“ vorliegen und zu einem Aktienbesitz oder Nichtaktienbesitz führen, auch Anstöße zu Handlungsempfehlungen gegeben werden. Die Ergebnisse zeigen, dass zur Erhöhung der Aktienquote ein breiteres Bewusstsein über die Funktionsweise einer Investition am Aktienmarkt geschaffen werden muss. Als den bedeutendsten Faktor ist die Finanzbildung identifiziert worden, die viele Bereiche der übrigen Hypothesen abdeckt. Der Großteil der Nicht-Aktienbesitzer wünscht sich mehr Aufklärung auf diesem Gebiet. Die Ausweitung des Angebots, begonnen mit der festen Aufnahme in der Schulbildung, könnte dazu führen, dass scheinbar unüberwindbare Hürden durch die Vermittlung von banalen Risikominimierungsstrategien, den erforderlichen Investitionssummen und dem benötigten Wissen für eine Investition beseitigt werden. Ein transparentes Informationsangebot und die Schaffung von positiven Erfahrungen für (Neu)-aktionäre muss im Vordergrund der Bemühungen durch Finanzinstitute und die Politik zur Erhöhung der Aktiensparer stehen. Da menschliche Entscheidungen nicht vollständig rational erklärbar sind, halten die Forschungsbestrebungen auf dem Gebiet der Verhaltensökonomik an.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Auszug aus einer Frage im Format der fünfstufigen Likert-Skala

Abbildung 2: Zustimmung zu Aussagen rund um Risiken und Verluste

Abbildung 3: Zustimmung zu Aussagen zur Finanzbildung

Abbildung 4: Zustimmung zu Aussagen rund um den Erfahrungsaustausch

Abbildung 5: Zustimmung zu Aussagen rund um monetäre Kostenaspekte

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zustimmung zu Aussagen rund um die Wertentwicklung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Aktionärsquote in Deutschland

1.1 Einführung in die Thematik und Relevanz des Themas

Der Deutsche Aktienindex (DAX) fährt in den letzten Wochen immer wieder neue Rekorde ein. In Deutschland bleibt die Zahl der Aktionäre aber weiterhin auf einem moderaten Niveau, auch wenn im Jahr 2020 ein Trend nach oben spürbar wurde: Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) konnte einen kräftigen Anstieg um knapp 2,7 Millionen Neuaktionäre gegenüber dem Jahre 2019 verzeichnen. Somit partizipieren derzeit rund 12,4 Millionen Deutsche in Unternehmensanteilen, das entspricht einer Aktionärsquote von 17,5% der Bevölkerung ab 14 Jahren. Diese Investmentbereitschaft ist dennoch gering. Im internationalen Vergleich belegen die USA, Norwegen und die Schweiz mit einer Aktionärsquote in Höhe von 30-50% die vordersten Plätze, mit 15-20% reihen sich weitere EU-Länder ein. Vergleichsweise wächst das Geldvermögen in Deutschland zwar an, dies resultiert aber nicht aus Kapitalmarktrenditen, sondern aus dem Sparverhalten und Verzicht auf Konsum.1

Die Berechnungen des DAI zeigen eindrucksvoll, dass bei einer Investition der letzten 20 Jahre in Aktientitel des DAX eine durchschnittliche Rendite von 8,7% jährlich auf das investierte Kapital möglich gewesen wäre. Vor dem Hintergrund der Niedrigzinspolitik, Verwahrentgelten und der steigenden Inflation muss ein Umdenken in den Köpfen der deutschen Privatanleger stattfinden, welche ihr Vermögen immer noch auf unverzinsten Sparbüchern oder Girokonten parken und die Chancen am Aktienmarkt nicht wahrnehmen. Da die Niedrigzinsphase noch anhalten wird, ist es notwendig auf alternative Anlageformen umzusteigen, um die Kaufkraft des Vermögens zu erhalten. Der Begriff der Sicherheit bezüglich einer Anlage muss als Balance zwischen Chance und Kapitalerhalt neu definiert werden. Die Aktienkultur muss belebt werden.2

Primär kann bei langfristig angelegten Sparzielen, wie dem Aufbau der Altersvorsorge, von den Renditen am Aktienmarkt profitiert werden. In der Politik herrscht rege Diskussion über die Vorgehensweise zur Gewährleistung des Rentensystems. Als Vorreiter fordert die FDP mehr auf eine aktienbasierte Allokation zu setzen. Die Deutschen sind aber an ein komfortables Rentensystem gewohnt. 75% ihrer Einnahmen beziehen sie aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dagegen setzen Amerikaner zur Schließung der Lücke in 50% der Fälle eigenverantwortlich auf die Anlage in Aktien.3

Die beschriebenen Auswirkungen der Niedrigzinsphase auf Sparer, begrenzte Investitionsmöglichkeiten, sowie die Kundenbindung und Neukundengewinnung der Zielgruppen Y und Z für die Finanzinstitute in der Zukunft sind einige der Faktoren, die die Relevanz zum Thema der differierenden Aktienmarktteilnahme aufzeigen und eine wissenschaftliche Auseinandersetzung erfordern.

1.2 Untersuchungsgegenstand und Problemstellung

Aktuelle Auswertungen der Investmentgesellschaft Union Investment zeigen, dass junge Erwachsene Aktien und Investmentfonds zu den chancenreichsten Anlagen zählen, diese aber in paradoxer Weise nicht zu ihren häufig genannten Geldanlagen gehören.4 Derzeit stellt das DAI eine vermehrte Aktienteilnahme der unter 40-Jährigen fest. Diese Tatsache wird zur Eingrenzung der Zielgruppe und somit zur Erhöhung der Aussagekraft der durchzuführenden Empirie genommen: Gegenstand der Untersuchung bildet die junge Generation der zwischen 1981 und 2005 geborenen in Deutschland wohnhaften Anlegerinnen und Anleger. Es findet keine Einschränkung hinsichtlich der Sprache, der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes statt. Im allgemeinen Teil der Arbeit zur Untersuchung des Anlageverhaltens von deutschen Privatanlegern fand je nach vorliegender Studiendurchführung eine Differenzierung statt. Diese wurde im entsprechenden Kapitel geschildert. Unter Aktien wird das Investieren in Einzelaktien, Fonds mit einem Aktienanteil (z.B. Aktienfonds oder Mischfonds) oder Exchange Traded Funds verstanden.

1.3 Zielsetzung und Vorgehensweise

Ziel dieser Bachelorarbeit ist es Erkenntnisse darüber zu erlangen, warum die Bereitschaft deutscher Anleger, und speziell die der Generationen Y und Z, in Aktienanlagen zu investieren derzeit noch gering ist, um daraus Leitlinien zur Erhöhung abzuleiten. Es soll keine direkte Empfehlung zur Investition oder Nichtinvestition in Unternehmensanteile gegeben, sondern die Beweggründe und deren Wirkung gesammelt werden. Durch dieses Vorgehen soll ein Beitrag zur Lösung des Rätsels zur geringen Aktienmarktteilnahme in Deutschland, in der Literatur spricht man auch vom „stock market participation puzzle“, geleistet werden.5

Den Kern der Arbeit bildet ein speziell zur Datenerhebung unter jungen Erwachsenen konzipierter Fragebogen, welcher der dieser Arbeit zugrundeliegenden Forschungsfrage nachgeht: Welche Gründe liegen in der Generation Y und Z vor, die zu einem Aktienbesitz oder Nichtaktienbesitz führen?

Zur Beantwortung werden zu Beginn die definitorischen Grundlagen gelegt. Danach folgt eine Einordnung zum Anlegerverhalten und der aktuell zu beobachtenden Entwicklungen, um die Anlagepräferenzen der Deutschen, aber auch die der jungen Generation, besser zu erfassen. Daraufhin werden die zu untersuchenden Hypothesen abgeleitet und in den Kontext bereits bestehender empirischer Analysen gesetzt. Examinierte Gründe für eine Investition werden zusammengetragen. Das Theoriekapitel wird abgerundet von den Überlegungen zur Methodik und Konzeption eines quantitativen Fragebogens. In Kapitel drei findet die Analyse der Umfrage und eine Beurteilung der Konsistenz der zu Beginn aufgestellten Zusammenhänge statt. Die Auswertung liegt zum einen in der Sammlung der Gründe des Investitionsverhaltens zum anderen in einem Versuch dieses Verhalten wissenschaftlich zu erklären, in ihren Kontext einzuordnen und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Die Erkenntnisse richten sich in erster Linie an Finanzinstitute, die ihre Kunden bei der Anlageentscheidung unterstützen möchten, um durch geeignete Maßnahmen die Zielgruppen der Generationen Y und Z in Zukunft an sich zu binden. Ein Fazit rundet die Erkenntnisse ab.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Bachelorarbeit verallgemeinernd das generische Maskulinum verwendet. Die Formulierungen umfassen gleichermaßen weibliche, männliche und diverse Personen.

2. Grundlagen zur Datenerhebung

2.1 Definition ausgewählter Kapitalmarktinstrumente

Die folgenden Definitionen sollen zum Grundverständnis der Untersuchungen beitragen: Aktien, Fonds und ETFs sind Wertpapiere, die grundsätzlich in Unternehmensanteile investieren. Dem Inhaber einer Aktie wird durch seine Einlage ein Anteil am Gesamtvermögen einer Aktiengesellschaft verbrieft. Der Aktionär wird zum Miteigentümer des Unternehmens und erlangt z.B. Auskunfts-/ Stimm- und Dividendenrechte. Der DAX ist einer der wichtigsten Indizes zur Repräsentation börsennotierter Gesellschaften am Markt. Er spiegelt die Performance der 40 umsatzstärksten und größten Unternehmen Deutschlands wider. Im Gegensatz zu Aktien, die direkt vom Unternehmen bezogen werden, bündeln Investmentgesellschaften in einem Fonds das Geld der Anleger durch das Investieren in verschiedene Werte am Finanzmarkt. Es gibt unterschiedliche Arten von Fonds, z.B. Aktienfonds und Mischfonds (mit Aktientitel und festverzinslichen Anteilen). Durch die Streuung wird eine Risikoreduzierung auf Anlageebene vorgenommen. ETFs sind von ihrem Wesen her vergleichbar mit den beschriebenen Investmentfonds. Sie zeichnen sich meist durch eine günstige Kostenstruktur und einen passiv gemanagten Investmentansatz aus. Häufig wird ein zugrundeliegender Index abgebildet. Die Aktionärsquote in % gibt an, wie viele Menschen eines Landes am Aktienmarkt investieren. Sie wird berechnet, indem die Zahl der in Deutschland wohnhaften Aktionäre ab 14 Jahren ins Verhältnis zu allen in Deutschland wohnhaften Staatsbürgern der gleichen Altersstufe gesetzt wird.6

2.2 Charakterisierung der Generation Y und Z

Um die Werte der jungen Generation besser zu verstehen und ihr Anlageverhalten dadurch greifbarer zu machen, soll eine Charakterisierung erfolgen. Die Gen Y (geboren zwischen 1981 und 1995) steht mitten im Berufsleben. Sie ist überwiegend mit digitalen Medien aufgewachsen und kann auf ein umfassend vernetztes Informations- und Kommunikationssystem zurückgreifen. Die daraus resultierende Informationsflut kann zur Überforderung in der Verarbeitung und Bewertung führen. Die Millennials kennzeichnet eine optimistische Lebenseinstellung und ein hohes Bedürfnis bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Diese Grenzen verschmelzen zunehmend, wenn die Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung im Job wahrgenommen werden. Sie sind geprägt von hoher Leistungsbereitschaft und Mobilität. Beeinflusst von vergangenen Wirtschaftskrisen, wie den Anschlägen 9/11, der Neuen Marktkrise, der Immobilienkrise, der weltweiten Finanzkrise und schließlich der Coronakrise, favorisiert diese Generation weniger langfristige Planungsperspektiven. Sie behalten sich vor situativ flexibel zu agieren und sehnen sich nach Sicherheit und Kontinuität.7

Die Digital Natives der Gen Z (zwischen 1996 und 2010 geboren) sind von Geburt auf mit digitalen Technologien aufgewachsen. Obwohl Ehrgeiz und Leistungsorientierung zu ihren Werten zählen, werden wieder klare Grenzen zwischen dem Beruf und Privatleben gezogen. Der Wunsch nach Selbstverwirklichung besteht ebenso wie bei der Gen Y. Kurzfristige Lebensziele werden verfolgt, ohne dabei zu hohe Risiken einzugehen oder beständig daran festzuhalten. Es findet eine zunehmende Verschmelzung von virtuellen und realen Wegen in der Interaktion statt. Aufgrund der Vielzahl an Bildungsmöglichkeiten sucht die Generation nach Orientierung und Sicherheit. Der Übergang vom Schulalltag in das Berufsleben wird beschleunigt. Als Reaktion darauf suchen viele einen Ausgleich. Weltreisen, längere Auslandsaufenthalte oder Sabbaticals sollen eine Entschleunigung von der Leistungserwartung im Alltag und Zeit zur Selbstorientierung darstellen.8

Beide Generationen haben eine große Schnittmenge in ihren Werten. Die Studie „Junge Deutsche 2019“ bündelt die Bedürfnisse: es herrscht ein großer Wunsch nach ökonomischer Sicherheit. Lediglich jeder Dritte der Gen Z und jeder zweite der Gen Y ist zufrieden mit seiner finanziellen Absicherung. Die finanziellen Kompetenzen schätzt beinahe die Hälfte beider Vertreter als unzureichend ein. Als Vorbilder fungieren bei beiden tendenziell die Eltern.9

2.3 Anlegermentalität der Deutschen – aktueller Forschungsstand

Die Basis für die fünf zu untersuchenden Hypothesen und der Konzeption der durchzuführenden Empirie bildet der aktuelle wissenschaftliche Forschungsstand zum Anlegerverhalten im Aktienbereich. Mithilfe bestehender Studien sollen die bis dato gewonnene Erkenntnisse, die zu einer Aktieninvestition oder Nichtinvestition unter der deutschen Bevölkerung führen, aufgeführt werden.

Um einen Überblick zu erhalten, wird primär auf folgende repräsentative Datenerhebungen zurückgegriffen: die Studie des DAI zu den Aktionärszahlen, den Umfragen der „Aktion pro Aktie“ zur Aktienkultur und auf die Analysen zum Rätsel der Aktienmarktteilnahme in Deutschland, durchgeführt von der Frankfurt School of Finance & Management. Die Untersuchungen unterscheiden sich partiell hinsichtlich ihrer Methodik und der Zielgruppe, die Definition einer Aktienanlage wird weitestgehend einheitlich verwendet. Somit werden als Aktiensparer all diejenigen Personen verstanden, die direkt in Aktien oder indirekt mittels Fonds bzw. ETFs per Einmalanlage oder monatlichem Wertpapiersparplan an der Partizipation des Aktienmarktes teilhaben. Als Grundgesamtheit definiert das DAI die deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren, somit auch diejenigen, die in Deutschland leben, aber möglicherweise keine deutschen Staatsbürger sind. Die Direktbanken („Aktion Pro Aktie“) ziehen in ähnlicher Form alle volljährigen, deutschsprachigen Personen mittels einer Befragung von N=2.000 Merkmalsträgern in den Jahren 2020 und 2021 zur Auswahl, während die Frankfurt School mit 2.700 Studienteilnehmern im Alter ab 18 Jahren und mit Wohnsitz in Deutschland Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit folgert. Bei der Erhebungsmethode wurden die Institute von Marktforschungsunternehmen unterstützt, die mittels Interviews oder Panels die Meinungen der Probanden festgehalten haben.10

Für die Deutschen scheinen konservative Sichteinlagen wie das Girokonto und Sparbuch nach wie vor eine große Rolle beim Thema Geldanlage zu spielen. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase und als Reaktion auf negative Realrenditen findet aber ein Umdenken im Anlageverhalten statt: Jeder Fünfte hat diese Form der Anlage bereits abgebaut, so die aktuellen Erkenntnisse der „Aktion pro Aktie“. Die Nullzinspolitik gibt den Anlegern aber auch zum Anlass, mehr von ihrem Vermögen zu konsumieren. Jeder Dritte zählt zudem mittel- und langfristige Anlagen wie einen Bausparvertrag, eine selbstgenutzte Immobilie oder Lösungen zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge zu seinem Portfolio. Der Einfluss von negativen wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Coronakrise hat in Bezug zum letzten Jahr abgenommen. Diese positiven Aussichten und die günstigen Einstiegskurse bei den Unternehmensbeteiligungen könnten die Einstellung der Befragten zu Aktien als Spar- und Geldanlage positiv beeinflusst haben. Vier von zehn Sparer haben im vorherigen Jahr über eine Teilnahme an der Börse nachgedacht, jeder sechste hat daraufhin auch investiert. Das DAI spricht im Jahr 2020 vom „Jugendboom an der Börse”, da vermehrt unter 30-jährige Neuaktionäre investierten.11

Zu Beginn der Darstellung zu Gründen für die unterschiedliche Aktienmarktteilnahme ist anzuführen, dass trotz der aktuellen Entwicklungen Vorbehalte gegenüber Aktien unter der Bevölkerung herrschen. Da das menschliche Handeln nicht immer auf objektive Beweggründe zurückzuführen ist, soll die Auflistung eine Auswahl möglicher Zusammenhänge darstellen. Das bedeutet nicht, dass es darüber hinaus keine weiteren Motive gibt. Insgesamt sollen fünf Grundannahmen, die zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen, untersucht werden.

2.3.1 Herleitung der Hypothese H1

Demografische Unterschiede in der Bevölkerung lassen eine Verbindung zur Aktieninvestition vermuten. Der Wohnort wurde bisher in keiner der genannten Studien ausreichend untersucht. Der Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Merkmalsträgern und deren Bildungsstand führt zur Aussage: Das Geschlecht, der Wohnort und der Bildungsweg haben Einfluss auf das Tätigen einer Aktieninvestition (H1).

Das DAI beobachtete, dass im Jahr 2020 fast dreimal mehr Männer als Frauen in Aktien investiert haben. In Zahlen ausgedrückt gibt es insgesamt 4,5 Millionen Aktionärinnen im Vergleich zu 7,9 Millionen Aktionären. Frauen bevorzugen bei einer Aktienanlage meist breit aufgestellte Investmentfonds oder ETFs, Männer hingegen die Anlage in Einzelaktien.12

Regional bedingt herrscht weiterhin ein sogenanntes Ost-West-Gefälle. In Westdeutschland besitzt jeder fünfte Aktien, im Osten nur jeder achte. Hierfür werden mehrere Ursachen aufgeführt: zum einen gab es historisch bedingt in der damaligen DDR keine Aktiengesellschaften, die Bevölkerung kam demnach auch nicht mit Aktieninvestitionen in Berührung, zum anderen ist die differierende Quote auf die unterschiedliche Wirtschaftsleistung zurückzuführen. Diese hat bis heute Auswirkung auf das abweichende Einkommensniveau und die Vermögensverteilung in der Population. Von der Politik in der DDR geprägt, empfindet die dort lebende Bevölkerung eine Aktienanlage im Vergleich häufiger als unmoralisch.13

Das Haushaltseinkommen und der Bildungsstand wirken sich signifikant auf die Investmententscheidung aus. „Typische Aktienbesitzer” beziehen ein überdurchschnittliches Nettoeinkommen und weisen einen höheren Bildungsgrad auf. Sie investieren vermehrt breit diversifiziert in verschiedene Aktienanlageformen. Leute mit niedrigerem Einkommen und daraus resultierend möglicherweise weniger finanziellem Spielraum, kombiniert mit einem Bildungsniveau auf niedrigerem Standard, haben unterproportional Erfahrung auf dem Gebiet.14

Die Goethe-Universität führt sogenannte Hintergrundrisiken als weitere Ursache an: Die Sorge um Einkommenseinbußen aufgrund möglicher Arbeitslosigkeit, abnehmender Wirtschaftskraft oder Gehaltsanstiegs begründet die Zurückhaltung. Die Erhaltung des gewohnten Lebensstandards beeinflusst die Entscheidung.15

2.3.2 Herleitung der Hypothese H2

Es wird angenommen, dass eine Aktienaversion stark vom Risiko- bzw. Verlustempfinden einer Person abhängt. Ein Investment mit hoher Renditeerwartung bei gleichzeitig überschaubarem Risiko würde bei der Mehrzahl Anklang finden. Da das Risiko-Renditeverhältnis im Aktienbereich besonders überbewertet zu sein scheint wird folgende Hypothese zur Untersuchung der Forschungsfrage aufgestellt: Je mehr Unsicherheits- und Risikofaktoren mit einem Aktieninvestment verbunden werden, desto weniger wird darin investiert (H2).

Die Forschung nennt als Hauptgrund für die Aversion die Angst mit einer Anlage in Aktien Geld zu verlieren. Das stellten sowohl die Studienergebnisse der „Aktion Pro Aktie“ als auch die der Frankfurt School in den Vordergrund. Letztere differenziert eine Facette dieser Verlustaversion als Folge einer ökonomischen Krise noch etwas genauer. Die Vorstellung vor geringen Verlusten löst Unbehagen bei den Befragten aus. Dafür spricht die Tatsache, dass die Mehrzahl an Nicht-Aktienbesitzern der Aussage zustimmen, die Anlage im Verlustfalle zu bereuen, für diese Gruppe aber ein entgangener Gewinn im Falle einer Nichtanlage nicht so stark ins Gewicht fällt. Beim letztgenannten Szenario ist unter den Aktienbesitzern eine deutliche Zustimmung feststellbar, was erklärt, dass diese Gruppe an der Börse zwangsläufig investiert.16 Die Sorge vor Vermögensnachteilen spiegelt sich in der Einstellung der Bevölkerung zu Aktien wider. Zwar hat sich diese im Vergleich zum Jahr 2020, in dem Aktien unter 40% der Bevölkerung mit einem Spekulationsobjekt, statt einer sicheren Geldanlage gleichgesetzt wurden, deutlich abgeschwächt, die negativ bewertete Sicherheit der Anlage stellt aber immer noch eine Hürde dar. Eine gute Geldanlage sehen unverändert 35% der Befragten beim Investieren in Aktien, wobei die Einstellung von Aktionären deutlich besser ausfällt: für fast 60% ist diese Art der Geldanlage positiv behaftet.17

2.3.3 Herleitung der Hypothese H3

In der Praxis lässt sich feststellen, dass Menschen mit ausgeprägter Finanzbildung eine konsistente Anlageentscheidung treffen können, um ihre Anlageziele zu erreichen. Fehlt es an Basiswissen reihen sich zeitliche, finanzielle und scheinbar bürokratische Faktoren ein, die gegen ein Investment sprechen. Ein denkbarer Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand und der Aktion könnte zudem das fehlende Wissen um Maßnahmen zur Risikoreduktion darstellen. Daraus lässt sich die nächste Hypothese ableiten: Eine bessere Finanzbildung führt zu einer erhöhten Aktieninvestition (H3).

Aktuelle Studien belegen, dass Nicht-Aktionären häufig die Erfahrungen und Zutrauen fehle, um den Schritt zur Wertpapieranlage zu gehen. Die selbstständige Verwaltung ihres Depots schreckt sie ab. Weiter zählt zu den Gründen, nicht (mehr als bisher) zu investieren, die Angst in die falschen Titel zu investieren und fehlende finanzielle Mittel. Diese Faktoren haben sich auch im Laufe der letzten Jahre von ihrer Gewichtung her kaum verändert. Diese Ängste gehen oft einher mit Unwissenheit: Fehlendes Finanzwissen wird besonders unter den Nicht-Aktionären als Entscheidung gegen eine Investition höhergewichtet.18

Der Zeitfaktor zur Auseinandersetzung mit einem Finanzthema und der hohe Aufwand zur regelmäßigen Prüfung der Anlagen wird gleichermaßen angeführt. Zwar konnte im Corona-Jahr fehlende Zeit nicht als Hauptargument angebracht werden, dennoch scheinen Unsicherheitsfaktoren über die Spekulation möglicher Kursrückgänge, Einkommenszugeständnisse während der Krise und die ungewissen Auswirkungen auf die Wirtschaft, weiche Faktoren darzustellen.19 Hürden finden sich auch in der Abwicklung einer Depoteröffnung wieder. Ein Teil sieht darin eine bürokratische und technische Herausforderung, während die unter 40-Jährigen die einfache Handhabung von der Online-Depoteröffnung bis hin zu komfortabler Ordereingabe per App wertschätzen.20

Häufig genannte Bedenken werden in der Langfristigkeit der Anlage geäußert. Primär über 55-Jährige wollen ihr Geld nicht binden. Diese Tatsache wird ergänzt durch die Scheu vor hohen Anlagesummen. Zum einen stehen nicht jedem die finanziellen Mittel zur Verfügung, um eine Investition vorzunehmen, zum anderen würden v.a. Jüngere die Möglichkeit nutzen, Beträge unter 100€ zu investieren.21

Die höchste Rendite versprechen sich die Deutschen mit durchschnittlich 5% p.a. von Immobilien, 4,4% p.a. von der Anlage in Edelmetallen, 3,8% durchschnittlicher Jahresrendite von Aktienfonds und lediglich 3,6% p.a. von Einzelaktien. Bei dieser Einschätzung ist auffällig, dass Aktienbesitzer den zu erwartenden Ertrag ihrer Anteilsscheine deutlich gewinnbringender valutieren. Aufgrund der Schilderungen ist davon auszugehen, dass die Gründe für eine unterschiedliche Investitionsquote in Unternehmensanteile auch der unterschiedlichen Ertragsaussichten bei Anlagealternativen geschuldet sind.22

2.3.4 Herleitung der Hypothese H4

Ein signifikanter Zusammenhang wird beim Einfluss positiver Informationen auf das Anlegerverhalten vermutet. Das können gute Erfahrungen sein, die man selbst durch Gewinnrealisierung bei einer Aktienanlage gemacht hat, oder die Freunde und Bekannte gemacht haben. Auch wenn Anleger eher skeptisch bezüglich Aktien eingestellt sind, kommt es eher zur Investition, wenn Vertrauenspersonen wie die Eltern oder Freunde dabei ein gutes Gefühl vermitteln. H4 wird somit definiert: Positive Informationen über Aktienanlagen führen zu einer Investition (H4).

Die Studien der „Aktion Pro Aktie“ und der Frankfurt School stellen übereinstimmend fest, dass eigene positive und negative Erfahrungen die Aktieninvestition gleichermaßen beeinflussen wie die geteilten Erfahrungen im Familien- und Bekanntenkreis. Der Austausch im persönlichen Umfeld ist bedeutend für das Investitionsverhalten. Historische Krisen, wie die Finanzkrise 2008, wirken sich weiterhin spürbar negativ auf den Begriff der Aktie aus. Schlechte Erfahrungen, die am Kapitalmarkt gemacht wurden, weil z.B. in risikoreiche Finanzprodukte (häufig Schifffonds, geschlossene Immobilienfonds) investiert wurde, prägen die Anleger anhaltend voreingenommen. Kurzfristige Schwankungen führen schneller zur Verunsicherung als langfristige Wertsteigerungen. Neben dem Rat der Familie, den insbesondere die unter 25-Jährigen schätzen, nimmt der Bankberater eine Vertrauensposition für die Entscheidungsfindung für oder gegen Aktien ein. Im nahezu Gleichen Maße ist den Aktionären und Nichtaktionären eine professionelle Beratung bei der Entscheidung für den Handel an der Börse wichtig.23

Während die Hälfte der Deutschen ihren Kenntnisstand beim Thema Geldanlagen als gut empfindet, beklagen sich 1/3 der Aktionäre nicht im gewünschten Umfang aufgeklärt zu sein. Zur Informationsgewinnung außerhalb des Bekanntenkreises wird auf Fachzeitschriften zurückgegriffen. Die Jugend folgt bevorzugt Kanälen auf sozialen Netzwerken (Finanz-Influencer). Wünsche nach kostenlosen Auskünften, audiogestütztem Material für die junge Zielgruppe und für die Älteren Broschüren, die auch ohne Vorkenntnisse gut verständlich geschrieben sind, werden geäußert. Diese Aufzählung macht deutlich, dass etliche potenzielle Anleger gar nicht wissen, wo sie aus der Vielzahl an Informationsquellen diejenige mit vertrauenswürdigen Inhalten beziehen soll, bestimmte Informationen gar nicht vorhanden sind oder die Ansprache der unterschiedlichen Anleger unpassend gewählt ist. Fehlendes Vertrauen in den Aktienmarkt, die Angst vor Betrug und die Skepsis gegenüber Finanzinstituten, die der Meinung folgend die Wertpapieranlagen des Profits wegen empfehlen, führen zu einer Nichtinvestition.24

Neben den nicht-monetären Partizipationskosten wie den bereits beschriebenen Gründen des erforderlichen Zeitaufwands und der Informationsgewinnung, fehlt den Investoren häufig das richtige Einschätzungsvermögen des Rendite-Risikoverhältnisses einer solchen Anlage. Sie partizipieren unter der Voraussetzung, dass die monetären und nicht-monetären Kosten durch den erwirtschafteten Ertrag übertroffen werden (Kosten-Nutzen-Prinzip). Häufig geht dieser Gedanke mit der Ungeduld für eine Aktieninvestition einher: Anleger möchten mit möglichst kurzem Anlagehorizont, bei hoher Sicherheit und maximaler Liquidierbarkeit der Vermögensanlage die größtmögliche Rendite erzielen. Vermeintlich sind die Möglichkeiten der Risikoreduzierung bei Aktienanlagen und die Risikoeinschätzung an sich nicht allen bekannt.

2.3.5 Herleitung der Hypothese H5

Erschwerend wirken monetäre Kosten, die bei einer aktienähnlichen Anlage anfallen und für die Anleger eine Hürde darstellen. Dies sind z.B. Kosten für das Depot, in dem die Wertpapiere verwahrt werden, Orderkosten für den Kauf und Verkauf, die Transaktionskosten auf Fondsebene, sowie die Abführung der Steuer auf den Kapitalertrag.25 Sie wirken sich direkt und sichtbar auf den Anleger und dessen Rendite aus und es wird vermutet, dass eine Korrelation zwischen den Gebühren und der Investmentbereitschaft besteht. Daraus ergibt sich die Annahme: Je mehr Gebühren auf ein Aktieninvestment anfallen, desto weniger wird darin investiert (H5).

2.3.6 Weitere Gründe

In einer Podcast Folge der Bildungsplattform Finanzfluss werden noch einige über die bisherigen Hypothesen hinausgehenden Aspekte ergänzt. Als psychologischer Grund wird angeführt, dass die Deutschen sehr verhalten sind, wenn es um das Thema Geld geht. Sie sprechen nicht gerne über ihre Finanzen und tauschen sich über diese persönlichen Themen nicht aus. Sie fürchten eine Vergleichbarkeit mit anderen.

Kulturell unterscheidet sich Deutschland als egalitäre, also eine auf soziale Gleichstellung ausgelegte Gesellschaft, von individualistisch geprägten Gesellschaften. Historisch gesehen fand die erste Berührung in Deutschland mit Aktienmärkten zeitversetzt statt. In den Niederlanden wurde eine der ersten Börsen gegründet und hat sich von Beginn an in den Lebensstil verwurzelt. Daher herrscht in diesem Land auch eine höhere Aktienquote.26

Bis in die 90er Jahre gab es auf dem klassischen Sparbuch hohe Zinsen, Aktien waren beim Thema Geldanlage für die Deutschen uninteressant. Von der im Anschluss folgenden T-Krise und der Finanzkrise geprägt, herrschte ein großes Sicherheitsbedürfnis. Vergleichsweise spielt die Rendite bei den Amerikanern eine höhere Rolle. Über die zuvor genannten Gründe hinaus möchten manche Personen schlichtweg keine Zeit aufbringen, um über ihre Finanzen nachzudenken. Für sie ist der Aktienbegriff zu abstrakt.27

2.4 Fragebogendesign

Bei der Konstruktion des Fragebogens wurden die enthaltenen Parameter bewusst ausgewählt, um ein repräsentatives Ergebnis zu erreichen. Bei jeder Fragestellung ist auf die Einhaltung der Gütekriterien zur Beurteilung der Qualität der erhobenen Daten zu achten: Die zu messenden Ergebnisse sind unabhängig vom Durchführenden (Objektivität), das ausgewählte Messverfahren liefert unter gleichen Bedingungen wiederholt dieselben Ergebnisse (Reliabilität) und die verwendeten Messinstrumente messen das, was sie messen sollen und sind somit frei von systematischen Fehlern (Validität).28

2.4.1 Aufbau des Fragebogens

Den Studienaufbau empfiehlt es sich auf zuvor formulierte Hypothesen auszurichten, die mithilfe passender Items beantwortet werden sollen. Bei jeder Frage ist zu prüfen, ob diese im Hinblick auf die Forschungsfrage und der vorformulierten Annahmen eine Erkenntnis hervorbringen kann.29 Um eine möglichst hohe Rücklaufquote zu erreichen, sollte die Fragenstruktur in sich schlüssig und nachvollziehbar sein. Vorteilhaft wirkt sich der Einstieg mit trivialen Angaben zu dem befragten Personenkreis aus, die durch einfaches Ankreuzen beantwortet werden. Im ersten Teil wurde mit der Abfrage von Fakten (z.B. über das Geschlecht, das Alter, das Wissen über Aktien, den Wohnort) bewusst ein leichter Einstieg gewählt. Die Items sollen dabei helfen, den Einfluss demografischer Unterschiede auf die Aktieninvestition zu beleuchten. Darüber hinaus folgt mit der Frage nach dem Aktienbesitz die Einteilung der Probanden in die Gruppe der Aktienbesitzer und Nicht-Aktienbesitzer, die für die Auswertung maßgebend ist. Durch den direkten Vergleich der Aussagen beider Gruppen soll auf Gründe geschlossen und Empfehlungen besser abgeleitet werden.

Die darauffolgenden Abschnitte werden unter der Annahme der absteigenden Relevanz der Gründe für eine Investition aufgeführt, beginnend mit der Annahme, dass Unsicherheit und Risiken einen signifikanten Einfluss hierauf haben. Der Aufbau der Fragen zur Überprüfung der aufgestellten Hypothesen folgt einem Schema: zu Beginn wird die Zustimmung zu bestimmten Aussagen im gleichen Antwortformat abgefragt. Zum Ende hin werden bestimmte Teilaspekte durch tiefgehende Kontrollfragen nochmals auf Konsistenz geprüft. Diese Methode stützt auch die Literatur.30 Die Fragen im dritten Teil beschäftigen sich mit dem Zusammenhang von positiven Erfahrungen bezüglich Wertpapieranlagen und der Investitionsbereitschaft. In Teil vier des Fragebogens wird auf die Bedeutung der Finanzbildung eingegangen und dem Investitionsverhalten der Digital Natives während der Coronakrise. Im weiteren Verlauf werden Partizipationskosten mit der Bereitschaft der Aktienanlage in Verbindung gebracht. Zum Ende rundet die Frage nach den Maßnahmen zur Erhöhung der Aktionärsquote alle zuvor abgefragten Möglichkeiten ab. Abschließend wurde bewusst ein Freitextfeld beigefügt, um den verbleibenden Anregungen der Testpersonen Raum zu geben.

2.4.2 Methodik zur Datenerhebung

Der für diese Bachelorarbeit konzipierte Fragebogen verfolgt das Ziel, Gründe für den Aktienbesitz und Nichtaktienbesitz unter der Zielgruppe der Gen Y und Z, der Digital Natives, zu ermitteln, um daraus Handlungsempfehlungen zur Steigerung der Aktionärsquote zu formulieren. Darüber hinaus sollen durch gezielte Fragen fünf Hypothesen (Primärdaten) geprüft und mit den Ergebnissen aus den bestehenden Studien verglichen werden. Grundlage für die Auswahl der verschiedenen Items bildet die Analyse wissenschaftlicher Literatur zu diesem Themenkomplex, sowie die bereits erhobene Empirie (Sekundärdaten) verschiedener Marktforschungsinstitute, die zu Beginn des Kapitels 2.3 genannt wurden.

Als Untersuchungsgegenstand wurden Probanden der Jahrgänge 1981-1995 (Gen Y) und 1996-2005 (Gen Z) ausgewählt. Bei der letztgenannten Generation wurde bewusst eine Grenze bei den mindestens 16-Jährigen gezogen, da ab diesem Zeitpunkt davon ausgegangen werden kann, dass ein Großteil eine Ausbildung oder einen Beruf ausübt und ein regelmäßiges Einkommen zur Investition zur Verfügung steht. Aufgrund des vorhandenen Netzwerks zur zu befragenden Altersstruktur, mussten keine gesonderten Anreize gesetzt werden, um eine repräsentative Stichprobenanzahl zu erreichen. Es konnte davon ausgegangen werden, dass die erforderliche Rücklaufquote für die Aussagekraft erreicht wird.

Die Ergebnisse setzen sich aus der Umfrage unter 218 Befragten im Erhebungszeitraum vom 07.11. – 28.11.2021 zusammen, die mit dem Tool Lime Survey erstellt wurde. Die Auswertung ergab unter den Studienteilnehmern evaluierbare Fragenformate von 144 Aktienbesitzern und 44 Nicht-Aktienbesitzern. Hierbei handelt es sich um eine Momentaufnahme. Als Aktienbesitzer wurden diejenigen Teilnehmer definiert, die in Einzelaktien, Investmentfonds (mit einem Aktienanteil, z.B. Aktienfonds oder Mischfonds) oder ETFs investieren.

In der Empirie wurde der Fokus auf das deskriptive Untersuchungsdesign gelegt. Der Vorteil bei diesem Studientyp ist die Komprimierung der zahlreichen subjektiven Beweggründe der unterschiedlichen Aktienmarktteilnahmen auf einige wichtige Hauptaussagen der untersuchten Zielgruppe.

[...]


1 Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 2021, S. 2, 5; AlleAktien, 2019 und Micheli, 2021, S. 1.

2 Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 2020, S. 2 und Micheli, 2021, S. 5.

3 Vgl. Groll, 2021; vgl. Bundschuh, Türk, 2018.

4 Vgl. Union Asset Management Holding, 2021, S. 10.

5 Vgl. Frankfurt School, 2019, S. 6.

6 Vgl. Handelsblatt, 2021 und Deutsches Aktieninstitut, 2021, S. 13.

In der Praxis wird größtenteils auf die Berechnungsmethode des DAI zurückgegriffen. Beim Vergleich der Aktionärszahlen muss immer auf die Erhebungsmethode geachtet werden.

Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 2021, S. 13.

7 Vgl. Pfeil, 2016, S. 69-71.

8 Vgl. Klaffke, 2014, S. 69-73.

9 Vgl. Schnetzer, 2019, S. 7f.

10 Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 2021, S. 13; Aktion pro Aktie, 2021, S. 4-12 und Frankfurt School, 2019, S. 8.

11 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 6-8.

12 Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 2021, S. 8-13.

13 Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 2021, S. 7 und Frankfurt School, 2019, S. 24.

14 Vgl. Aktion pro Aktie, 2020, S. 6.

15 Vgl. Frankfurt School, 2019, S. 20.

16 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 38 und Frankfurt School, 2019, S. 15-20.

17 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 6-8 und Aktion pro Aktie, 2020, S. 6-8.

18 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 38f. und Aktion pro Aktie, 2020, S. 20, 31.

19 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 38 und Frankfurt School, 2019, S. 15

20 Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 2021, S. 9 und Frankfurt School, 2019, S. 20.

21 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 8, 41 und Aktion pro Aktie, 2020, S. 7f.

22 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 31 und Aktion pro Aktie, 2020, S. 8.

23 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 8; Aktion pro Aktie, 2020, S. 31; Frankfurt School, 2019, S. 15-25 und Bilandzija, Kehl, 2020.

24 Vgl. Aktion pro Aktie, 2021, S. 8; Aktion pro Aktie, 2020, S. 31 und Frankfurt School, 2019, S. 15.

25 Vgl. Frankfurt School, 2019, S. 12.

26 Vgl. Bilandzija, Kehl, 2020.

27 Vgl. Frankfurt School, 2019, S. 7 und Bundschuh, Türk, 2018, S. 10.

28 Vgl. Homburg, 2017, S. 255-259.

29 Vgl. Steiner, Benesch, 2021, S. 64.

30 Vgl. Homburg, 2017, S. 310-316.

Ende der Leseprobe aus 78 Seiten

Details

Titel
Das Investitionsverhalten deutscher Anleger am Aktienmarkt
Untertitel
Eine empirische Analyse
Hochschule
Technische Hochschule Ingolstadt  (Institut für Akademische Weiterbildung)
Note
1,3
Autor
Jahr
2022
Seiten
78
Katalognummer
V1185975
ISBN (eBook)
9783346621610
ISBN (eBook)
9783346621610
ISBN (eBook)
9783346621610
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der in der BA enthaltene quantitative Fragebogen verfolgt das Ziel, Gründe für den Aktienbesitz und Nichtaktienbesitz unter der Zielgruppe der Gen Y und Z zu ermitteln, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Unter den Studienteilnehmern konnten 188 evaluierbare Fragenformate gewonnen werden. Der Fokus liegt auf einem deskriptiven Untersuchungsdesign. Die ausführlichen Auswertungen sind dem Anhang zu entnehmen. Es wurden fünf Hypothesen untersucht und mit dem Stand der aktuellen Forschung verglichen. Somit wurde ein Beitrag zur Erklärung der differierenden Aktienmarktteilnahme geleistet.
Schlagworte
Aktienmarkt, Generation Y, Generation Z, Aktionärsquote, Aktienquote, Investitionsverhalten, Risikoaversion, Verlustaversion, Deutsches Aktieninstitut, Digital Natives, DAX, prospect theory, Anlegermentalität, empirische Analyse, Frankfurt School, Aktion pro Aktie, Bevölkerungsbefragung, homo oeconomicus, Kapitalmarkt, Finanz-Influencer, Finanzbildung, Handlungsempfehlungen, Verhaltensökonomik, Forschungsfrage, Fragebogen, quantitative Methoden, Datenerhebung, Nullzinspolitik, Methodik, analytische Statistik, Likert-Skala, Aufbau Frageogen, Studien, Aktienbesitzer, Nicht-Aktienbesitzer, deskriptives Untersuchungsdesign
Arbeit zitieren
Sandra Widmann (Autor:in), 2022, Das Investitionsverhalten deutscher Anleger am Aktienmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1185975

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