Forum Shopping

Der „fliegende“ Gerichtsstand bei internetbezogenen Sachverhalten


Seminararbeit, 2008

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Forum Shopping
a) Hintergründe des Forum Shoppings
b) Vorraussetzungen

3) Schranken des „Forum Shoppings“
a) Der Gerechtigkeitsgedanke der Gerichtsstandsregelung
b) Schaffung eines Wahlgerichtsstands
c) Bestimmungsgemäße Abrufbarkeit

4) Fazit

5) Literaturverzeichnis

1) Einleitung

Rechtsverletzungen im Internet, etwa im Bereich des Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrechts, spielen mittlerweile in der gerichtlichen Praxis eine zunehmend große Rolle. Dieser Anstieg von gerichtlichen Auseinandersetzungen hängt mit der Einfachheit, mit der Rechtsverstöße aufgespürt werden können, zusammen: Der Rechtsinhaber, Nutzungsberechtigte oder Mitbewerber, kann Verletzungen im Internet besonders leicht aufspüren.[1] In der Regel genügt es bereits prägnante Schlagwörter oder etwa den eigenen Markennamen in die Suchmaschine einzugeben, um auf die Internetseiten von Urheberrechts- und Markenverletzern zu gelangen oder die Internetauftritte von Konkurrenten nach Wettbewerbsverstößen zu durchsuchen.

Weiterhin wird eine Verfolgung durch den Rechtsinhaber durch die Tatsache erleichtert, dass eine Internetseite nahezu allgegenwärtig ist. Unabhängig vom Willen des Website-Betreibers ist der jeweilige Inhalt bundes- ja sogar weltweit abrufbar.[2]

Aus dieser Tatsache ergibt sich die Frage, welches Gericht örtlich zuständig ist, wenn ein Unternehmen oder eine Privatperson auf seiner Internetseite Immaterialgüterrechte Dritter verletzt.

Die Gerichte erleichtern den Rechtsinhabern die Rechtsverfolgung weiter, wenn sie dem Kläger ermöglichen „bei sich zuhause“, also an seinem Gerichtsstand zu klagen.[3] Die Gerichte berufen sich hierbei auf den Grundsatz des § 32 ZPO wonach der Begehungsort im Internet- unabhängig davon, ob der Verletzer ein regional, bundes- oder weltweit tätiges Unternehmen ist – überall dort sein kann, wo die Website abrufbar ist.[4] Das bedeutet, dass an jedem sachlich zuständigen Gericht geklagt werden kann. Kommt als Begehungsort das gesamte Verbreitungsgebiet in Frage, spricht man vom „fliegenden Gerichtsstand“.[5] Teilweise wird der fliegende Gerichtsstand auch als „Forum Shopping“ bezeichnet, was soviel wie „Gerichtseinkaufsbummel“ bedeutet.[6]

Ein solches Vorgehen könnte dem Grundsatz des deutschen Zivilprozessrechts widersprechen, wonach gerade nicht der Sitz des Klägers, sondern der des Beklagten den Gerichtsort bestimmen soll.[7] Zweifelhaft ist, ob dieser Grundsatz bei den Rechtsverletzungen im Internet immer gilt oder ob nicht allzu schnell von einem „fliegenden Gerichtsstand“ ausgegangen wird.

Im Rahmen dieser Seminararbeit soll dieser Frage auf den Grund gegangen werden und geprüft werden, welche Vorraussetzung, aber auch welche Schranken das „Forum Shopping“ hat.

Hierzu soll zunächst die Frage beantwortet werden, um was es sich beim sog. „Forum Shopping“ handelt und welche Vorraussetzungen es gibt, danach soll auf die Schranken des „Forum Shoppings“ eingegangen werden.

2) Forum Shopping

Um sich dem Thema zu nähern, soll mit einem Sachverhalt begonnen werden, mit dem sich das AG Charlottenburg zu befassen hatte:[8] Eine in Berlin ansässige Inhaberin von Nutzungsrechten an Stadtplänen, die im Internet gegen Lizenz zum Download stehen, machte allein im Jahr 2004 mehr als hundert Klagen auf Schadensersatz gegen unberechtigte Nutzer anhängig. Es handelte sich bei den unberechtigten Nutzern in der Regel um Gewerbetreibende, die mit Hilfe eines kopierten Stadtplanausschnitts etwa die Anfahrt zu ihren Standorten oder ihre Leistung im Einzelnen (im konkreten Fall die Angebote eines Immobilienmaklers) näher beschrieben hatten. Die Beklagten hatten ihren Sitz im gesamten Bundesgebiet. Zur Begründung der Zuständigkeit berief sich die Klägerin darauf, dass die Internetseite mit den unberechtigten Stadtplanausschnitten überall, also auch in Berlin, abrufbar sei.

Anhand dieses Beispiels soll im folgenden Abschnitt zunächst die Frage nach den Hintergründen des Forum Shoppings beantwortet werden.

a) Hintergründe des Forum Shoppings

Bei Distanz – und Streudelikten, bei denen Handlungs- und Erfolgsort auseinander fallen, sind – weil Handlung und Erfolg gleichwertige Bestandteile des Delikts darstellen – die Gerichte an allen Handlungsorten gleichberechtigt zuständig.[9] Wegen der Ubiquität des Internets können somit zahlreiche Gerichte in Betracht kommen. Dem Kläger kommt insofern ein Wahlrecht zu, woraus sich ein „fliegender Gerichtsstand“ ergibt, der dem Kläger die Möglichkeit eines „Forum Shoppings“ eröffnet.

Von „Forum Shopping“ spricht man bei der strategischen Wahl zwischen verschiedenen national oder auch international zuständigen Gerichten um seine Erfolgsaussichten zu verbessern bzw. ein Gericht oder Rechtssystem zu wählen, welches hohe Chancen auf einen Erfolg bietet.[10] Beim gezielten Einsatz des „Forum Shopping“ wird sich die Suche nach dem geeigneten Gerichtsstand daher nach der Anwendbarkeit eines für den Kläger möglichst günstigen Sach- und Prozessrechts richten, einschließlich der Frage, wann nach dem jeweils anwendbaren Recht eine nationale bzw. internationale Zuständigkeit der Gerichte angenommen wird und wo welche Einschränkungen gelten.[11]

Bereits in dem 1929 erstmals erschienen Kommentar zum Wettbewerbsrecht sprach sich Baumbach für eine Beschränkung der durch die Rechtsprechung zugelassen Wahlmöglichkeit des Verletzten gem. § 32 ZPO aus, räumte aber ein, dass die Auslegung der herrschenden Meinung den Anruf besonders sachkundiger Gerichte ermögliche.[12]

Aus dieser historischen Betrachtung ergibt sich, dass der „fliegenden Gerichtsstand“ für Streudelikte keine neue Erscheinung ist.[13] Besonders bei Streudelikten durch Massenmedien, also Presse- und Rundfunkdelikte ist er bekannt. Durch das Internet wird nunmehr eine internationale Streuung der Inhalte und damit der rechtsverletzenden Inhalte durch jedermann möglich.

Kann nun jeder der im Internet vermeintlich eine Verletzung des Rechts begangen hat überall auf der Welt verklagt werden? An dem o.g.[14] Beispiel orientiert, stellt sich die Frage, ob die Klägerin sämtliche Beklagte an ihrem Geschäftssitz verklagen kann. Hierzu soll im folgenden Abschnitt auf die Vorraussetzungen des „Forum Shopping“ eingegangen werden.

[...]


[1] Danckwerts, GRUR 2/2007, 104-107, S. 104

[2] Mühlberger, WRP 2008, 1419-1423, S. 1419

[3] Danckwerts, GRUR 2/2007, 104-107, S. 104

[4] Mühlberger, WRP 2008, 1419-1423, S. 1419

[5] BGH, GRUR 1978, 194, S. 195 – profil; Dittmer, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, S. 1476, Rn. 11

[6] Mühlberger, WRP 2008, 1419-1423, S. 1419

[7] Danckwerts, GRUR 2/2007, 104-107, S. 104

[8] Bsp. nach Danckwerts, GRUR 2/2007, 104-107, S. 104

[9] Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia- Recht, Rn. 293

[10] Puhr, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei unlauterem Wettbewerb im Internet, S. 396

[11] Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia- Recht, Rn. 295

[12] Puhr, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei unlauterem Wettbewerb im Internet, S. 396; Baumbach, UWG, S. 124

[13] Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia- Recht, Rn. 296

[14] siehe S. - 4 -

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Forum Shopping
Untertitel
Der „fliegende“ Gerichtsstand bei internetbezogenen Sachverhalten
Hochschule
Fachhochschule Trier - Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung
Veranstaltung
Seminar
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V118657
ISBN (eBook)
9783640228072
ISBN (Buch)
9783640229949
Dateigröße
437 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Forum, Shopping, Seminar, Gerichtsstand
Arbeit zitieren
Joachim Monßen (Autor:in), 2008, Forum Shopping, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118657

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Titel: Forum Shopping



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