Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definition des Begriffs Digitalisierung
2.2 Digitale Unternehmenskultur
2.3 Einflüsse der Digitalisierung auf die psychologisch-emotionale Ebene
2.4 Digitale Führung
2.5 Zusammenfassung
3 Operationalisierung
3.1 Unternehmensvorstellung Bauernmühle
3.2 Veränderte Anforderungen an die Unternehmenskultur der Bauernmühle im Zuge der Digitalisierung
3.3 Einfluss der Digitalisierung auf der psychologisch-emotionalen Ebene
3.4 Anforderungen an die Führungskräfte von Bauernmühle
4 Diskussion
5 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kennzeichen und Merkmale einer digitalen Unternehmenskultur
Abbildung 2: Ebenen des Geschäftsmodellwandels
Abbildung 3: Kennzeichen und Merkmale digitaler Führung
Abbildung 4: Business Model Canvas der Firma Bauernmühle
Abbildung 5: Übersicht der Qualifikationen von Führungskräften der Organisation Bauernmühle
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Digitalisierung beeinflusst mehr und mehr das private wie auch berufliche Leben und stellt eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft und Organisationen in der heutigen Zeit dar. Dabei sorgen eine stetig zunehmende Vernetzung sowie neue digitale Technologien, wie z.B. Robotik, Big Data, 3D-Druck oder die künstliche Intelligenz für eine signifikante Beschleunigung der ökonomischen Entwicklung. Viele dieser digitalen Reformen sind disruptiv, sodass nicht nur sämtliche Branchen beeinflusst, sondern gleichzeitig dadurch auch grundlegend verändert werden (Brühl, 2015, S. 10–11; Matzler, Bailom, von den Eichen & Anschober, 2016, Kapitel 1). So ermöglichen bspw. digitale Kommunikationsnetze den Austausch von Informationen über große Entfernungen. Auch der Wegfall von zeitlichen und räumlichen Einschränkungen führt dank neuer digitaler Technologien zu veränderten Arbeitsmodellen, Wettbewerbsbedingungen sowie neuen Kundenerwartungen und Angeboten (Clement & Schreiber, 2016, S. 35; Hermanni, 2017, S. 13). Dabei ist ferner anzumerken, dass die Corona-Pandemie die digitale Transformation zusätzlich beschleunigt haben dürfte. Dies ist damit zu begründen, dass Digitalisierung in diesem Kontext bereits seit längerem einen positiven Beitrag zur Bewältigung diverser Herausforderungen leistet, indem z.B. mittels innovativer Technologien (z.B. die Corona Warn App zur Nachverfolgung von Kontakten) die Ansteckungsgefahren minimiert werden und auch insbesondere das Home Office während der Corona-Krise an Bedeutung hinzugewonnen hat (Goudz & Erdogan, 2021, S. 1). Dies zeigt, dass nicht nur die Herausforderungen des digitalen Wandels gesehen werde dürfen. Vielmehr müssen auch die Chancen betrachtet werden, die sich dank der Digitalisierung in diesem Kontext bieten. Nichtsdestotrotz lässt sich in Summe festhalten, dass der Wettbewerbsdruck auf die Organisationen stetig zunimmt (Clement & Schreiber, 2016, S. 101). Um nun langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen deshalb im Zuge der zahlreichen digitalen Veränderungen auch ihre Geschäftsmodelle grundlegend anpassen und überarbeiten (Mühlfelder, Mettig & Klein, 2017, S. 91). Dabei stellt sich jedoch grundsätzlich die Frage, welche veränderten und zusätzlichen Anforderungen im Zuge der Digitalisierung an die Unternehmenskultur wie auch an eine neue digitale Führung gestellt werden. Außerdem gilt es zu klären, welchen Einfluss die Digitalisierung auf die psychologisch-emotionale Ebene ausüben wird.
1.2 Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, den Einfluss von Digitalisierung auf die Unternehmenskultur und die Führung von Unternehmen zu untersuchen. Dabei wird basierend auf wissenschaftlichen Quellen der Fragestellung nachgegangen, welche zusätzlichen Anforderungen sich im Zuge einer zunehmenden Digitalisierung für die Unternehmenskultur und für die Führung von Organisationen ergeben. In diesem Kontext wird die Fragestellung anhand des fiktiven Beispielunternehmens Bauernmühle beleuchtet. Nicht zuletzt fokussiert sich die Arbeit auch darauf, Einflüsse der Digitalisierung auf der psychologisch-emotionalen Ebene zu untersuchen.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit beginnt mit der Erarbeitung der theoretischen Grundlagen, nachdem im ersten Teil auf die Relevanz des Themas hingewiesen wurde. Dabei wird zunächst der Begriff Digitalisierung definiert. Basierend auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft werden ferner Anforderungen an eine digitale Unternehmenskultur und an die digitale Führung erläutert sowie auf Einflüsse der Digitalisierung auf die psychologisch-emotionale Ebene eingegangen. Das Kapitel wird schließlich mit einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse abgerundet. Daran schließt sich das dritte Kapitel der Operationalisierung an, in welchem die erarbeiteten empirischen Grundlagen angewendet werden. Dazu wird zunächst das fiktive Beispielunternehmen „Bauernmühle“ vorgestellt, um im Anschluss die veränderten Anforderungen an die Unternehmenskultur der Organisation im Zuge der Digitalisierung herauszuarbeiten. Darüber hinaus werden Einflüsse auf die psychologisch-emotionale Ebene der Firma aufgezeigt und die notwendigen Qualifikationsprofile der Führungskräfte von Bauernmühle erläutert. Die kritische Diskussion in Kapitel 4 bewertet schließlich die Ergebnisse aus Kapitel 3. Die Arbeit endet mit einer kurzen Zusammenfassung und einem Ausblick.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definition des Begriffs Digitalisierung
In Abschnitt 1.1 wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Digitalisierung sämtliche Bereiche des privaten wie auch beruflichen Lebens beeinflusst. Infolgedessen hat der Begriff mehrere Bedeutungen, da es immer auf den Blickwinkel ankommt, aus dem der Terminus betrachtet wird. Aus diesem Grund erweist sich eine allgemeine, umfassende Definition als schwierig. Dennoch liefert das Gabler Wirtschaftslexikon einen ersten Definitionsansatz. Darin versteht Bendel Digitalisierung als „die digitale Umwandlung und Darstellung bzw. Durchführung von Information und Kommunikation oder die digitale Modifikation von Instrumenten, Geräten und Fahrzeugen“ (Bendel, 2021). Im Fokus der Digitalisierung stehen dabei nach Ansicht des Autors disruptive Technologien, innovative Geschäftsmodelle, Automatisierung, Flexibilisierung und Individualisierung, weshalb der Begriff oftmals mit dem Ausdruck der „vierten industriellen Revolution“ oder mit „Industrie 4.0“ gleichgesetzt wird (Bendel, 2021). Auch andere Definitionen greifen die eben genannten Aspekte auf, stellen jedoch zudem die Unternehmensprozesse und den Informationsgehalt in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. So beschreiben Schawel und Billing Digitalisierung bspw. als „die Umwandlung von manuellen Prozessen und physischen Objekten in digitale Varianten, unter Nutzung neuer bzw. leistungsfähiger Technologien, wie beispielsweise Social Media, Mobility Cloud Computing, Robotic Process/Communication Automation und Artificial Intelligence“ (Schawel & Billing, 2018). Dabei verfolgt Digitalisierung das Ziel, größere Datenmengen und Informationen auf einfache Weise digital zu verknüpfen, zu speichern und wiederzugeben sowie schnell zu verbreiten. Somit ergeben sich im Zuge der Digitalisierung völlig neue Möglichkeiten zur Vernetzung, Auswertung und Verwertung von Informationen (Mühlfelder et al., 2017, S. 90). Damit einher gehen schließlich ebenso neue Nutzenarten und Anwendungsgebiete für Organisationen. So lassen sich Prozesse effizienter gestalten und beschleunigen, Fehlerquellen im Unternehmen vermeiden, Kostenvorteile realisieren, Tätigkeiten professionalisieren (z.B. durch den Einsatz cloudbasierter, funktionsspezifischer Standardsoftware) sowie angebotene Produkte und Services erweitern oder erneuern (Goudz & Erdogan, 2021, S. 6–7; Schawel & Billing, 2018). Damit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass die neuen Informationstechnologien und die Digitalisierung im Allgemeinen zu einem zentralen Erfolgsfaktor von Unternehmen werden (Goudz & Erdogan, 2021, S. 6). Die Definitionen verdeutlichen jedoch auch, wie vielfältig Digitalisierung ist und dass sich sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Organisationen ergeben. Daher überrascht es abschließend auch nicht, dass die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens und darüber hinaus nahezu jeder Berufszweig von der Digitalisierung betroffen sind (Kruse Brandão & Wolfram, 2018, S. 25; Schallmo, Rusnjak, Anzengruber, Werani & Jünger, 2017, S. 5).
2.2 Digitale Unternehmenskultur
Die Unternehmenskultur stellt einen entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen dar, da diese die gewünschten Einstellungen, Werte und Verhaltensleitlinien einer Organisation definiert und vorgibt. Daher kann Digitalisierung in Firmen langfristig nur gelingen, wenn auch die Unternehmenskultur an die digitalen Merkmale und Herausforderungen angepasst wird. Dies ist v.a. damit zu begründen, dass die Kultur einer Organisation die Grundlage des täglichen Handelns darstellt und sich Werte und Einstellungen im Zuge der Digitalisierung verändern. Nicht zuletzt sorgt auch ein Generationenwechsel für veränderte Werte, von denen das menschliche Verhalten maßgeblich abhängt. Daher ist es an dieser Stelle auch nicht verwunderlich, dass die Mitarbeiter der mit wichtigste Bestandteil einer digitalen Unternehmenskultur sind (Creusen, Gall & Hackl, 2017, S. 113; Herget, 2021, S. 29; Ternès & Wilke, 2018, S. 191–194). In diesem Kontext weisen die Autoren Ternès und Wilke darauf hin, dass die Digitalisierung aufgrund der neuen technologischen Möglichkeiten und der neu entstandenen Arbeitsformen, wie z.B. das Home Office, u.a. eine größere Eigenverantwortung der Belegschaft erfordert. Deshalb ist es aus Sicht des Unternehmens und für die Kultur der Organisation von zentraler Bedeutung, dass die Kompetenzen, das Commitment und die Sinnhaftigkeit der Mitarbeiter optimal vereint werden (Creusen et al., 2017, S.112; Herget, 2021, S. 31; Ternès & Wilke, 2018, S. 192). In engem Zusammenhang damit steht schließlich die Empfänglichkeit für Visionen und ambitionierte Ziele, welche kennzeichnend für eine digitale Unternehmenskultur sind. Dies bedingt darüber hinaus auch die Entstehung einer neuen, eigenen Moral, die den Mitarbeitern als innerer Antrieb und Wegweiser dient. Daher kommt den Unternehmen die zentrale Aufgabe zu, die Lebensvisionen des Personals in Einklang mit den ambitionierten organisationalen Zielen zu bringen. So können die Motivation und die Leistungsbereitschaft innerhalb der Belegschaft sowie die Identifikation mit dem Unternehmen gesteigert werden. Darüber hinaus fördern derartige Maßnahmen das Teambuilding und den Teamspirit innerhalb des Unternehmens (Creusen et al., 2017, S. 114; Herget, 2021, S. 29). Ein weiterer Aspekt digitaler Unternehmenskulturen ist die Bereitschaft zu Offenheit und Veränderung. Digitale Organisationen zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass neue Ideen und Lösungsmöglichkeiten offen untereinander diskutiert werden. Dies hat den Vorteil, dass durch den sich immer schneller vollziehenden Wandel im Zuge der Digitalisierung das Risiko reduziert wird, bereits Vorhandenes neu zu erfinden. Gleichzeitig stellen Offenheit und der Mut zur Veränderung eine wichtige Voraussetzung für das digitale und agile Arbeiten dar (Creusen et al., 2017, S. 115; Perkin & Abraham, 2017, S. 171–202). In diesem Kontext ist auch Vertrauen eine wichtige Basis für eine erfolgreich agierende digitale Organisation. Dabei ist anzumerken, dass dies sowohl das Vertrauen in das Unternehmen seitens der Belegschaft als auch das Vertrauen zu den Vorgesetzten und Kollegen untereinander betrifft. Beide Aspekte können mit Hilfe einer offenen und ehrlichen Kommunikation unterstützt werden, wobei das Unternehmen v.a. durch die Führungskräfte vertreten wird. Daher kommt ihnen die zentrale Aufgabe zu, die Botschaften der gesamten Firma zu transportieren. Dies ist umso wichtiger in Zeiten des digitalen Wandels, da an dieser Stelle große Unsicherheit bei den Mitarbeitern entstehen kann. Aus diesem Grund darf deshalb ferner die gegenseitige Wertschätzung und Anerkennung von den Führungskräften wie auch von Kollegen und anderen Mitarbeitern nicht vernachlässigt werden, da hiermit das Vertrauen zusätzlich gestärkt wird (Herget, 2021, S. 29–30). Die Autoren Creusen, Gall und Hackl erwähnen in diesem Zusammenhang zudem den Aspekt, dass ein hohes Maß an Vertrauen innerhalb von Teams und Organisationen einen schnellen und unkomplizierten Austausch von Informationen ermöglicht. Dadurch kann wiederum nicht nur die Transparenz im Unternehmen erhöht, sondern gleichzeitig auch die Effizienz der Prozesse gesteigert werden (Creusen et al., 2017, S. 115–116). Außerdem kennzeichnen sich digitale Unternehmenskulturen schließlich dadurch, dass sich das Personal auf eine Aufgabe oder ein zentrales Problem fokussieren und konzentrieren kann, um so die zuvor erzeugte Motivation und Vision in Produktivität umzuwandeln. Dies erfordert jedoch auch einen starken Willen und die Bereitschaft, komplexe Themenstellungen vollständig zu durchdringen und nachrangige sowie private Herausforderungen auszublenden (Creusen et al., 2017, S. 116). Des Weiteren wurde in Abschnitt 2.1 bereits darauf hingewiesen, dass die Digitalisierung eine Vielzahl an technologischen Neuheiten hervorbringt. Für eine digitale Unternehmenskultur ist es aus diesem Grund wichtig, den Technikkult zu akzeptieren und in der Firma die Überzeugung zu verankern, dass sämtliche komplexe Probleme mit digitaler Technik gelöst werden können. Dies schließt das Vertrauen der Mitarbeiter in die Technik, digitale Entscheidungssysteme und Big Data mit ein. Zudem erfordert es Flexibilität, Agilität, Durchhaltevermögen, Belastbarkeit und Frustrationsresistenz, um bei technischen Herausforderungen oder Problemen die Vision nicht gleich aufzugeben. In diesem Zusammenhang kann eine ausgeprägte Teamfähigkeit als weiteres Kulturmerkmal unterstützen, da hiermit eine positive, richtungsweisende und motivierende Wirkung erzielt werden kann. Dazu gehört allerdings auch eine offene und vertrauensvolle Kommunikation, sodass ein guter Informationsaustausch sowie direktes und ehrliches Feedback im Team möglich sind. Ein weiteres positives Merkmal, welches damit einhergeht, ist schließlich nicht zuletzt die Etablierung einer Risiko- und Fehlerkultur in der Organisation. Insbesondere im Zuge der Digitalisierung werden die Entwicklungszyklen immer kürzer und gleichzeitig die technologischen Anforderungen immer mehr. Dadurch sind Fehler unvermeidbar, sodass in der Organisationskultur infolgedessen eine Abkehr vom Perfektionismus hin zum Akzeptieren von Fehlern geschaffen werden muss (Creusen et al., 2017, S. 116–118). Auf der anderen Seite gilt es jedoch ebenso darauf zu achten, dass die Komplexität und Intransparenz der Informationen reduziert werden, um so die Kreativität der Mitarbeiter insbesondere bei der Entwicklung neuer oder gar disruptiver digitaler Geschäftsmodelle zu fördern. Darüber hinaus gewährt diese Maßnahme der Belegschaft ebenso die Möglichkeit, persönlich zu wachsen und sich weiterzuentwickeln. So können neue Kompetenzen entstehen oder bestehende Kompetenzen sich erweitern. In Summe wirkt sich dies wiederum positiv auf die Motivation des Personals aus (Creusen et al., 2017, S. 118–119; Herget, 2021, S. 31). Die eben vorgestellten, wesentlichen Merkmale einer digitalen Unternehmenskultur sind abschließend nochmals in Abbildung 1 veranschaulicht.
Abbildung 1: Kennzeichen und Merkmale einer digitalen Unternehmenskultur
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
2.3 Einflüsse der Digitalisierung auf die psychologisch-emotionale Ebene
Der digitale Wandel übt nicht nur Veränderungsdruck auf die Unternehmenskultur aus (vgl. hierzu Abschnitt 2.2). Vielmehr sorgt die digitale Transformation auch für grundlegende und umfassende Veränderungen der Geschäftsmodelle. Infolgedessen hat dies auch erhebliche Auswirkungen auf nahezu alle Unternehmensbereiche (Mühlfelder et al., 2017, S. 91–92; Voigt, Kiel & Arnold, 2019, S. 589). Dabei kann der Wandel von Geschäftsmodellen anhand der in Abbildung 2 dargestellten drei Ebenen beschrieben werden.
Abbildung 2: Ebenen des Geschäftsmodellwandels
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Mettig & Remmers, 2018, S. 11
Ebene 1 umfasst Änderungen in der realen Welt, wie z.B. Prozesse, Waren, Dienste und Technologien (vgl. Abbildung 2). Da die beiden letztgenannten Beispiele eng mit den Organisationsstrukturen verbunden sind, werden diese infolgedessen ebenfalls als Bestandteil der ersten Ebene betrachtet. Gleichzeitig wird damit jedoch auch deutlich, dass Veränderungen der Ebene 1 unmittelbar mit der Transformation von Geschäftsmodellen zusammenhängen, da diese Ebene mit der Handlungsdimension des Wandels korreliert (Mettig, 2016, S. 82). Aus diesem Grund sprechen die Autoren Berends et. al. in diesem Kontext auch von der Aktions-Dimension (Berends, Smits, Reymen & Podoynitsyna, 2016, S. 184–185). Demgegenüber steht die kognitive Dimension, welche Veränderungen auf der Ebene 2 hervorruft. Davon betroffen sind nicht die unmittelbaren Aktivitäten einer Organisation, sondern deren Repräsentation. Dies hat zur Folge, dass die Planungs- und Steuerungssysteme umgestaltet werden müssen, da sich die Logik des zugrundeliegenden Geschäftsmodells ändert (vgl. Abbildung 2). Darüber hinaus erfordern die Änderungen der Prozesse und Organisationsstrukturen auf Ebene 1 nun Anpassungen in den Prozessmodellen und Organigrammen, welche Elemente der Ebene 2 darstellen (Berends et al., 2016, S. 184–185; Mettig, 2016, S.82; Mettig & Remmers, 2018, S. 12). Zuletzt kann der digitale Wandel von Geschäftsmodellen noch Änderungen der Ebene 3 hervorrufen, welche auch als psychologisch-emotionale Domäne bezeichnet wird. Beeinflusst hierdurch werden aufgrund dessen insbesondere soziale Beziehungen der Organisationsmitglieder, einschließlich ihrer Emotionen und Macht. Als wichtige Bestandteile dieser Domäne können somit Routinen, Führungsstile des Unternehmens, dessen Kultur sowie (mikro)-politische Interaktionen zwischen den einzelnen Akteuren identifiziert werden (vgl. Abbildung 2). Dabei ist ferner anzumerken, dass diese Änderungen unterbewusst oder unbewusst ablaufen können. Abschließend ist außerdem festzuhalten, dass das hier vorgestellte Modell die Komplexität von Transformationsprozessen deutlich reduziert, obgleich die Unternehmenspraxis i.d.R. zeigt, dass sämtliche Ebenen bei einem stattfindenden digitalen Wandel betroffen sind (Mettig, 2016, S. 82–83; Mettig & Remmers, 2018, S. 12).
2.4 Digitale Führung
In den vorangegangenen Abschnitten wurde bereits eingehend erläutert, dass die Digitalisierung sowohl sämtliche Branchen als auch alle Ebenen innerhalb einer Organisation beeinflusst (siehe hierzu Abschnitt 2.2 und Abschnitt 2.3). Durch die aufgrund des digitalen Wandels immer flacher werdenden Hierarchiestrukturen im Unternehmen, ist es daher nicht verwunderlich, dass auch ein neues, digitales Führungsverständnis notwendig wird (Creusen et al., 2017, S. 123). Dabei ist schon zu Beginn anzumerken, dass sich viele notwendigen Fähigkeiten (z.B. Offenheit, Transparenz), die Führungskräfte zukünftig mitbringen müssen, als Kern in den digitalen Unternehmenskulturen wiederfinden (vgl. Abschnitt 2.2). Die Gründe hierfür liegen u.a. darin, dass Unternehmen in der heutigen Zeit vermehrt als soziale Systeme agieren, sodass der Faktor Mensch immer weiter in den Mittelpunkt rückt (Creusen et al., 2017, S. 107). Ein wichtiger Bestandteil von digitaler Führung in diesem Kontext ist die Tatsache, dass Vertrauen in die Mitarbeiter immer wichtiger wird. Dies ist allein dadurch zu begründen, dass aufgrund der Digitalisierung neue Arbeitsformen mit räumlicher Distanz entstehen und zudem von den Organisationen eine immer schnellere Reaktionsgeschwindigkeit gefordert wird. Dadurch sind Führungskräfte nicht mehr in der Lage, ihre Mitarbeiter zu kontrollieren und sämtliche Entscheidungen alleine zu treffen, sodass sie dem Personal mehr Entscheidungsfreiheit einräumen müssen (Creusen et al., 2017, S. 103–104). Langfristig kann dies nur gelingen, indem Führungskräfte ihren Mitarbeitern stärker vertrauen, sie wertschätzen und ihnen mehr Eigenverantwortung zugestehen (Creusen et al., 2017, S. 125). Eng damit verknüpft ist auch der Gedanke einer offenen Führung, wobei dies sowohl die individuelle Offenheit als auch die kollektive und organisationale Offenheit in Bezug auf konsequentes und organisationales Handeln miteinschließt. Infolgedessen muss das Führungspersonal die Fähigkeit besitzen, offen zu kommunizieren, offenes Feedback zu geben, aber auch selbst offen für Kritik zu sein (Hasenbein, 2020, S. 99). Mindestens ebenso essentiell ist in diesem Zusammenhang die Offenheit für lebenslange Lernbereitschaft und die Tatsache, offen mit komplexen Problemen umzugehen, indem bspw. gängige Sichtweisen infrage gestellt und gedankliche Grenzen übersprungen werden. Dies sorgt nicht nur für Transparenz innerhalb der Firma, sondern ermöglicht der Führung und der Belegschaft, sich über die eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden und sowohl systematisch als auch selbstreflektierend zu agieren (Ciesielski & Schutz, 2016, S.124–127; Creusen et al., 2017, S. 107–108). Als weiterer Kern digitaler Führung kann schließlich ein übergreifendes technologisches Verständnis und eine übergreifende IT-Kompetenz identifiziert werden. Das bedeutet, dass Führungskräfte einerseits Kenntnisse darüber haben müssen, welche Technologien, wie z.B. 3D-Druck oder Robotik, es gibt, welche Merkmale diese haben und wie diese im Arbeitsumfeld proaktiv eingesetzt werden können. Andererseits ist es jedoch auch notwendig, über breites Wissen der wichtigsten Hard- und Software zu verfügen sowie diverse Technologien miteinander zu verknüpfen und zielführend einzusetzen. Dies kann nicht zuletzt auch für eine zielgerichtete und wirksame Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine sorgen (Wagner, 2018, S. 69–70). Darüber hinaus führt Wagner als weitere wichtige Kompetenz den zielgerichteten Umgang mit Big Data und künstlicher Intelligenz an. Die korrekte Vorgehensweise mit Daten wird im digitalen Zeitalter immer wichtiger. Deshalb benötigen Führungskräfte das richtige Gespür dafür, diese Daten zu erfassen, zu analysieren, zu interpretieren und letztlich als Folge dessen die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Ferner betont der Autor in diesem Kontext, dass damit auch Kosteneinsparungen und Effizienzgewinne realisiert werden können (Wagner, 2018, S. 70–71). In engem Zusammenhang damit steht außerdem die Analysekompetenz. Insbesondere die zunehmend komplexer werdende Umwelt bei gleichzeitig schneller werdendem Wandel macht es notwendig, dass Führungskräfte aus einer Vielzahl unübersichtlicher Informationen eine strukturierte Übersicht erzeugen müssen, um so die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Dies kann nur gelingen, wenn die Führung über eine entsprechende Analysefähigkeit besitzt, sodass Zusammenhänge erkannt und Lösungen generiert werde können (Wagner, 2018, S.74). Des Weiteren kommt dem visionären und zukunftsorientierten Denken und Handeln sowie der damit verbundenen Kreativität und Innovationskompetenz eine exponierte Stellung zu. Dieser Aspekt wurde bereits als zentraler Bestandteil von digitalen Unternehmenskulturen identifiziert (siehe Abschnitt 2.2). Der digitalen Führung wird in diesem Kontext nun zusätzlich die Aufgabe zuteil, dass Führungskräfte die Fähigkeit besitzen müssen, neue Ideen und Visionen zu entwickeln, zu kommunizieren und die Mitarbeiter dafür zu gewinnen. Die Unternehmensführung muss zudem dafür sorgen, dass die Ideen umsetzbar sind und auf den Markt gebracht werden können. Somit haben sie eine Vorbildfunktion inne, indem sie eine Verknüpfung zwischen Kreativität und Durchsetzungsfähigkeit herstellen (Wagner, 2018, S. 75–77). Dadurch werden nicht zuletzt auch das strategische Denken und Handeln sowie das Verständnis für übergreifende Geschäftsprozesse beeinflusst. So muss das Führungspersonal den Überblick behalten, um im Zuge der Entwicklung und der Umsetzung der neuen digitalen Geschäftsmodelle die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen, die langfristige Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg haben. Gleichzeitig benötigt es jedoch ebenso ein übergreifendes Prozessverständnis über den eigenen Verantwortungsbereich hinaus. Dies ist damit zu begründen, dass nur mit Hilfe einer effizienten und effektiven Ausrichtung von Prozessen der abnehmenden Vorhersagbarkeit sowie der zunehmend instabilen Marktdynamik und dem steigenden Kostendruck begegnet werden kann. Somit müssen Führungskräfte Entscheidungen mit Fokus auf das gesamte Unternehmen treffen. Wagner bezeichnet diese Fähigkeit auch als holistisches Denken und Handeln (Creusen et al., 2017, S. 124; Wagner, 2018, S.75–77). Dennoch darf dabei der wachsende Veränderungsdruck nicht außer Acht gelassen werden. Aus diesem Grund ist insbesondere in Zeiten der digitalen Transformation die Kompetenz der Führungskräfte, Veränderungsbedarfe zu erkennen und die dazugehörigen Prozesse zu gestalten und umzusetzen ein wichtiger Schlüssel für den Erfolg der Organisation. Dabei können Empathie und eine offene Kommunikation sehr hilfreich sein (Hasenbein, 2020, S. 112–113; Wagner, 2018, S. 74). Zuletzt ist schließlich noch auf die wachsende Bedeutung der interkulturellen Zusammenarbeit hinzuweisen. Neue Arbeitsmodelle sorgen für eine stärker werdende Vernetzung einzelner Aktivitäten, die weit über die unternehmensinterne Teamarbeit hinausgeht. So nehmen durch die im Zuge der Digitalisierung sektor-, branchen- und länderübergreifende Kooperationen eine zentrale Stellung ein. Aufgrund dessen wird von digitaler Führung heutzutage Offenheit, Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie die Bereitschaft interdisziplinär zusammenzuarbeiten verlangt, um den verschiedenen Altersgruppen, Erfahrungen und Kulturen gerecht zu werden (Ciesielski & Schutz, 2016, S. 122; Creusen et al., 2017, S.124–125; Hasenbein, 2020, S. 101–113; Wagner, 2018, S. 74–75).
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