Diese Arbeit befasst sich mit der Rechtfertigungslehre innerhalb einer der bedeutendsten Schriften des 16. Jahrhunderts und der Kirchengeschichte, der Confessio Augustana, der auf Seiten der protestantischen Reformation entstandenen Bekenntnisschrift. Um einen Einblick in den komplizierten Sachverhalt der Rechtfertigungslehre geben zu können, erachte ich es für notwendig, zunächst den geschichtlichen Kontext eingehender zu beleuchten. So soll zunächst die Entstehung der CA skizziert werden und folgend die Entwicklung der Rechtfertigungslehre bei Luther und Melanchthon dargestellt werden. An Hand des IV. Artikels der Confessio Augustana, der aus dem lateinischen in die deutsche Sprache übertragen wird, soll so dann auf theologie- und dogmengeschichtliche Belange im Kontext der Kirchengeschichte eingegangen. Dies wird an einer erstellten Feingliederung des Artikels geschehen, wobei alle Gliederungspunke und deren Inhalte näher beleuchtet werden sollen. Zum Abschluss der Arbeit soll ein kurzer Blick in den Rechtfertigungsartikel der Confutatio und der Apologie geworfen werden. Außerdem wird der Versuch unternommen, die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung des Rechtfertigungsartikels kurz zusammenzufassen.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkung
2. Die Entstehung der Confessio Augustana
3. Der reformatorische Durchbruch und Luthers Entdeckung der Glaubensgerechtigkeit
4. Die Rechtfertigungslehre bei Melanchthon
5. Feingliederung und Kommentar des Artikels CA IV
5.1 Ablehnung eigener Kräfte, Verdienste und Werke
5. 2 Rechtfertigung ohne menschliches Zutun
5. 3 Rechtfertigung durch den Glauben, allein aus Gnade um Christi willen
5.3.1 Per fidem
5.3.2 Sola gratia – allein aus Gnade
5.3.3 Propter Christum – um Christi willen
5.4 Der Glaube als Weg zur Gerechtigkeit vor Gott
5.5 Bibelstellen
6. Die Rechtfertigungslehre in der Confutatio
7. Die Apologie der Confessio Augustana und ihre Rechtfertigungslehre
8. Zusammenfassung
9. Literaturverzeichnis
1. Vorbemerkung
Diese Arbeit befasst sich mit der Rechtfertigungslehre innerhalb einer der bedeutendsten Schriften des 16. Jahrhunderts und der Kirchengeschichte, der Confessio Augustana , der auf Seiten der protestantischen Reformation entstandenen Bekenntnisschrift.
Um einen Einblick in den komplizierten Sachverhalt der Rechtfertigungslehre geben zu können, erachte ich es für notwendig, zunächst den geschichtlichen Kontext eingehender zu beleuchten. So soll zunächst die Entstehung der CA skizziert werden und folgend die Entwicklung der Rechtfertigungslehre bei Luther und Melanchthon dargestellt werden.
An Hand des IV. Artikels der Confessio Augustana, der aus dem lateinischen in die deutsche Sprache übertragen wird, soll so dann auf theologie- und dogmengeschichtliche Belange im Kontext der Kirchengeschichte eingegangen. Dies wird an einer erstellten Feingliederung des Artikels geschehen, wobei alle Gliederungspunke und deren Inhalte näher beleuchtet werden sollen.
Zum Abschluss der Arbeit soll ein kurzer Blick in den Rechtfertigungsartikel der Confutatio und der Apologie geworfen werden. Außerdem wird der Versuch unternommen, die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung des Rechtfertigungsartikels kurz zusammenzufassen.
2. Die Entstehung der Confessio Augustana
Auf Grund von Machtkämpfen zwischen Kaiser und Papst, wurde die Ausbreitung der Reformation bis zum Jahr 1530 von keinem von beiden verhindert.
So führte Karl V. 1521-26 und 1527-29 Krieg gegen Franz I. von Frankreich, wobei Franz mit Papst Clemens VII. (1523-34) verbündet war. Erst 1529 kam es zum Frieden von Cambrai, 1530 zur Kaiserkrönung Karls V. in Bologna.
Zu dieser Zeit hatte Karl mit der Abwehr der Türken im Osten zu kämpfen. Für ihn galt es nun in erster Linie, die Ruhe in seinem Reich wiederherzustellen, um angesichts der Türkengefahr die Reichseinheit nicht zu gefährden. Er schrieb am 21.1.1530 einen Reichstag nach Augsburg für den 8. April aus, mit dem Ziel, um "der Zwiespalten halben [...], eins jeglichen Gutbeduncken, Opinion und Meinung zwischen uns selbst in Lieb und Gutigkeit zu horen, zu verstehen, und zu erwägen [...]"[1].
Die Themen des Reichstags waren also die Überwindung der Glaubensstreitigkeiten sowie Abwendung der Türkengefahr.
Nach dem Erhalt des Schreibens am 11. März beauftragte Kurfürst Johann von Sachsen die Wittenberger Gelehrten Luther, Bugenhagen, Jonas und Melanchthon zur Erstellung eines Gutachtens, das die strittigen Glaubens- und Lehrsätze der Protestanten beinhalten und am 20. März am Torgauer Hof verlesen werden sollte.[2]
Die so genannten Torgauer Artikel enthielten jedoch nur die Kirchenbräuche, da man davon ausging, dass für die Darstellung der protestantischen Lehrinhalte die Schwabacher Artikel von 1529 ausreichten. Diese gelten als das erste offizielle Bekenntnis einer Gruppe lutherischer Fürsten (Kursachsen, Brandenburg-Ansbach, Reichsstadt Nürnberg).[3] Mit den Torgauer Artikeln wollte man auch die eingeführten Bräuche verteidigen. Hierher rührt auch die Bezeichnung Apologia (= Überzeugung, Verteidigung, Rechtfertigung einer Lehre). Von daher ging man von Uneinigkeiten aus, die "furnemlich vonn etlichen mißbreuchen, die durch menschen Leer unnd satzungen Ingefurt sindt"[4]. Während die übrigen Wittenberger am 3. April nach Augsburg zogen, blieb Luther als Geächteter auf der Veste Coburg zurück. Den ersten Entwurf zur Vorrede hat Melanchthon auf der Coburg, den zweiten nach der Ankunft in Augsburg am 2. Mai verfasst.
In Augsburg sahen sich die Protestanten Johann Ecks 404 Artikeln ausgesetzt, in denen dieser 380 ketzerische Sätze aus den Schriften der Reformatoren zusammengestellt und mit 24 eigenen Thesen verbunden hatte. Um der damit drohenden Häresieanklage auf dem Reichstag zu entgehen, musste das Konzept der Apologia in eine Confessio fidei, die auch die Glaubenssätze beinhaltete, umgewandelt werden.
Es ergab sich eine Zweiteilung der Schrift. Den Torgauer Artikeln und späteren Artikeln 22-28 wurden noch die Artikel 1-21 mit den Glaubensinhalten der Protestanten vorangestellt. Von besonderer Bedeutung für die Entstehung der Schrift war, "dass schon im Mai Bestrebungen einsetzten, aus der geplanten kursächsischen Verteidigungsschrift eine von möglichst vielen Protestanten getragene Vorlage zu machen"[5]. Es gab also für den Reichstag mehrere protestantische Schriften, die letztendlich in die endgültige CA mit einflossen. Daher lässt sich auch nicht Melanchthon als alleiniger Verfasser angeben. Die Schlussberatung über die CA fand am 23.6.1530 statt. Verlesen und überreicht wurde das Werk am 25.6.1530.[6]
Zum Text sollte noch gesagt werden, dass er in zwei Fassungen existiert, einmal in einer meist früher verfassten lateinischen Version und in einer deutschen. Mit Ausnahme der Vorrede handelt es sich um unterschiedliche Texte, auch wenn der Inhalt in großen Zügen übereinstimmt.
Als Vorlagen für die CA wurden neben den Torgauer, Marburger und Schwabacher Artikeln auch der "Unterricht der Visitatoren" (Melanchthon, 1528) und Luthers Bekenntnis am Abschluss seiner Schrift "Vom Abendmahl Christi" (1528) verwendet.
3. Der reformatorische Durchbruch und Luthers Entdeckung der Glaubensgerechtigkeit
Der reformatorische Durchbruch Luthers ist nicht allein im Ringen einer angefochtenen Seele mit Gott in der Einsamkeit seiner Klosterzelle zu suchen, wo ihn nach seinem Eintritt in das Erfurter Augustinerkloster im Jahre 1505 immer stärker die Angst verfolgte, im Gericht Gottes verloren zu gehen und er somit immer wieder um die Frage rang, wie er einen gnädigen Gott erlangen könne.
Erst nach seiner Priesterweihe im Jahre 1507, mit der der Auftrag verbunden war, Theologie zu studieren, war es ihm möglich, die Fragen, die ihm existentiell zu schaffen machen, wissenschaftlich zu untersuchen.
Mit seinem endgültigen Wechsel in das Augustinerkloster in Wittenberg im Sommer 1511 und der Übernahme der biblischen Professur ab 1512 sollte die Forschung um die Glaubensgerechtigkeit schärfere Konturen gewinnen.
Die reformatorische Erkenntnis verdanken wir hauptsächlich Luthers so genannten frühen Vorlesungen aus den Jahren 1513 – 1518. So forschte Luther in dieser Zeit hauptsächlich über die Psalmen, den Römer-, Galater- und Hebräerbrief. In diese Zeit, des exegetischen Bemühens um den Psalter und die Paulusbriefe, fiel also jene Erkenntnis, die Luther zum Reformator werden ließ. Es war die Entdeckung der Glaubensgerechtigkeit im Römerbrief des Apostel Paulus.
So erkannte er bei seinen Studien im Römerbrief, in Kapitel 1, Vers 17, dass die Gerechtigkeit Gottes, von der Paulus sagt, dass sie im Evangelium offenbart werde, er bisher fälschlich als strafende Gerechtigkeit, nach der den Menschen gemäß ihrer Taten vergolten wird und den Sünder nach seinen Werken straft oder lohnt, aufgefasst hatte.
Es dauerte jedoch lange, bis Luther sich von der Vorstellung der strafenden Gerechtigkeit Gottes lösen konnte. Erst unablässiges Nachdenken brachte ihm die Erkenntnis des richtigen Verständnisses des Begriffes „Gerechtigkeit Gottes“. So stellte er fest, dass sich die Gerechtigkeit Gottes dem Glaubenden offenbart. Luther begann, den Sinn dieses Verses zu verstehen: durch das Evangelium wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart, nämlich eine passive Gerechtigkeit, durch die Gott gerecht macht durch den Glauben.
Also ist die Gerechtigkeit auf Seiten der Menschen keine Sache der Leistung, sondern des Glaubens und Vertrauens und folglich von Seiten Gottes keine Forderung, sondern ein Geschenk.
Das Ergebnis dieses theologischen Denkprozesses bildet so Luthers Rechtfertigungslehre. In ihr verbinden sich Gotteserkenntnis und Selbsterkenntnis zu einer Einheit.
Auf den Punkt gebracht, lässt sich Luthers Lehre mit einer Gleichung ausdrücken: Wer dem Urteil Gottes über sich zustimmt und sich vor ihm als Sünder bekennt, statt sich selbst zu rechtfertigen, der stimmt mit dem gerechten Urteil Gottes überein.
Luther gelangt so zu seiner berühmten Formel: Simul iustus et peccator - der Christ ist gerecht und ein Sünder zugleich. Der Mensch ist also in ein- und derselben Person ein Gerechter und ein Sünder. Ein Gerechter, wenn er auf Gottes Verheißung blickt und ein Sünder, wenn er auf sich selbst schaut.
Die Entdeckung zeigt nun nicht nur die reformatorische Glaubensgerechtigkeit auf, sondern bringt auch für Luther die Antwort auf die Frage, die ihn hatte Mönch werden lassen: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?
Die Angst vor dem Gericht Gottes hatte ihn die mönchische Lebensform wählen lassen, um sich in stetiger Buße in Sicherheit zu wiegen, um der Hölle zu entgehen und im Gericht zu bestehen.
Die helfende Erkenntnis der Gerechtigkeit, die im Evangelium von Christus verkündigt wird, wird nun von Luther als recht machende Gabe Gottes gegenüber dem Menschen verstanden, die nichts zu tun übrig lässt, als allein im Glauben angenommen zu werden.[7]
4. Die Rechtfertigungslehre bei Melanchthon
Melanchthon nahm Luthers Rechtfertigungslehre auf, bemühte sich aber um eine systematisch ausgefeilte Fassung sowie um eine psychologisch – pneumatologische Begründung. Er reflektiert bereits Luthers Erkenntnisse, dieser in der Befreiung von den Anfechtungen erlitten hatte und entfaltet sie in philosophischer Hinsicht. Die reformatorische Bewegung verdankt Melanchthon die prägnanten Formulierungen in CA IV.[8]
Wegen seiner Unfähigkeit, vor Gott durch eigene Leistungen und Werke bestehen zu können, wird im Gesetz dem Sünder der Zorn Gottes offenbart. Damit muss der Sünder, der nicht die Macht hat, etwas Gerechtes vor Gott leisten zu können, sich in der Buße zum Evangelium wenden. Das Evangelium offenbart die Barmherzigkeit und dies sola gratia (allein aus Gnade), aufgrund der barmherzigen Zuwendung Gottes zum Sünder. Im Evangelium offenbart sich die Freiheit vermittelnde Botschaft von der Versöhnung Gottes mit dem Menschen, die propter Christum (um Christi willen) geschieht. Christus ist hier der Mittler zwischen Gott und Sünder und bewirkt durch seinen Sühnetod die Versöhnung.
Das Wort Gottes kann sola fide (allein durch Glauben) aufgenommen werden. Das Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit kommt durch das Wirken des Heiligen Geistes zustande und er stellt somit eine neue Gemeinschaft zwischen Gott und dem Sünder her.[9]
Die Rechtfertigung besteht allein im Glauben, durch die Annahme des Sünders von Gericht und Vergebung. Melanchthon versteht die Rechtfertigung forensisch: als Urteil Gottes, das dem Sünder aufgrund von Christi Versöhnung dem an Christus glaubende Menschen Vergebung, Versöhnung und ewiges Leben zuspricht.
Die Sündenvergebung wird sich also durch den Glauben angeeignet und durch das Wirken des Heiligen Geistes kommt es zu einer Existenzveränderung des Menschen.
[...]
[1] BSLK 44, 11ff.
[2] vgl. Hauschild: S. 116ff.
[3] vgl. Lohse, Bernhard: Art. Augsburger Bekenntnis I, in: TRE, Bd. 4, S. 616-628, 617.
[4] Förstemann, Eduard [Hrsg.]: Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichtages zu Augsburg im Jahre 1530. Nach Originalen und nach gleichzeitigen Handschriften, Bd. 1, Halle 1833.
[5] Lohse: Augsburger Bekenntnis I, in TRE Bd. 4, S. 618.
[6] vgl. zur Mühlen: S. 7ff.
[7] vgl. Wallmann: S. 10ff.
[8] vgl. Sauter: Art. Rechtfertigung IV, in TRE Bd. 28, S. 320ff.
[9] vgl. Hauschild: S. 320.
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