Erstmalig erschienen 1888. Im Originalwortlaut. Auszug: Ernst Ludwig von Leutsch wurde geboren am 16. august 1808 zu Frankfurt a. M., wo sein vater damals als kön. sächsischer gesandter beim fürsten Primas fungirte. Seine gymnasialbildung erhielt er, da seine familie schon vor der abdankung Dalberg’s vom „Grossherzogthum Frankfurt“ nach der sächsischen hauptstadt zurückgekehrt war, zuerst in Dresden, dann in Leipzig, zum schluss aber in Celle, nachdem sein vater als oberappellationsgerichtsrath in hannoversche Staatsdienste übergetreten war. Seine neigung zu den classischen Studien hatte sich schon auf dem gymnasium so entschieden entwickelt, dass er, im alter von 18½ jahren die Universität Göttingen beziehend, den festen entschluss sich als classischer philologe einst der akademischen laufbahn zu widmen dorthin mitbrachte. In seiner studienzeit stand er nicht weniger unter dem einflusse des ausgezeichneten lateiners Mitscherlich und des gelehrten und gründlichen Dissen wie des genialen Otfried Müller, welcher schon am ende der zwanziger jahre zu einem hellstrahlenden lichte der Georgia Augusta erblühte. Die beziehungen zu gleichstehenden freunden, welche das universitätsleben ihm zuführte, waren edler wissenschaftlicher art und zugleich von menschlicher, für das leben andauernder herzlichkeit; an die wissenschaftsfremden erscheinungen des studentischen lebens, in welchen die deutsche akademische jugendlichkeit sich auszuleben liebt, ging keine zeit verloren.
Ernst Ludwig von Leutsch wurde geboren am 16. august 1808 zu Frankfurt a. M., wo sein vater damals als kön. sächsischer gesandter beim fürsten Primas fungirte. Seine gymnasialbildung erhielt er, da seine familie schon vor der abdankung Dalberg’s vom „Grossherzogthum Frankfurt“ nach der sächsischen hauptstadt zurückgekehrt war, zuerst in Dresden, dann in Leipzig, zum schluss aber in Celle, nachdem sein vater als oberappellationsgerichtsrath in hannoversche Staatsdienste übergetreten war. Seine neigung zu den classischen Studien hatte sich schon auf dem gymnasium so entschieden entwickelt, dass er, im alter von 18½ jahren die Universität Göttingen beziehend, den festen entschluss sich als classischer philologe einst der akademischen laufbahn zu widmen dorthin mitbrachte. In seiner studienzeit stand er nicht weniger unter dem einflusse des ausgezeichneten lateiners Mitscherlich und des gelehrten und gründlichen Dissen wie des genialen Otfried Müller, welcher schon am ende der zwanziger jahre zu einem hellstrahlenden lichte der Georgia Augusta erblühte. Die beziehungen zu gleichstehenden freunden, welche das universitätsleben ihm zuführte, waren edler wissenschaftlicher art und zugleich von menschlicher, für das leben andauernder herzlichkeit; an die wissenschaftsfremden erscheinungen des studentischen lebens, in welchen die deutsche akademische jugendlichkeit sich auszuleben liebt, ging keine zeit verloren. Unter den damals angeknüpften wissenschaftlichen lebensfreundschaften sind namentlich hervorzuheben die mit L. Ahrens, C. L. Grotefend, namentlich aber mit F. W. Schneidewin und A. Geffers, welche letzteren beiden auch räumlich E. v. Leutsch bis zu ihrem, tode (1856 resp. 1863) nahe blieben, der erstere als professor, der letztere als gymnasialdirector in Göttingen. Die tiefe und den werth dieser beiden freundesverhältnisse habe ich als knabe und jüngling mit hoher achtung zu empfinden [2] die gelegenheit gehabt. Ein besonderes band des συμφιλολογεῖν zwischen den genannten und anderen begeisterten jüngern der alterthumswissenschaft war ihre „philologische gesellschaft“, in welcher lateinisch vorgetragen, disputirt und protokollirt wurde und die Studien sich namentlich die Fragmente der Cykliker und der Hesiodeischen gedichte als ein feld gründlicher durcharbeitung gewählt hatten; die öftere theilnahme Otfried Müllers an ihren sitzungen verlieh diesen erhöhten werth. Eine Verbindung mit der kritischen methode Gottfried Hermanns stellte sich 1828 durch den eintritt des trefflichen und für mathematik und Sprachwissenschaft gleich hoch begabten Adolf Emperius aus Braunschweig, eines Schülers des Leipziger altmeisters, her, ohne dass die sonstige antipolarität des Göttinger und des Leipziger schulhauptes in die bestrebungen der schüler ihren schatten warf. Eine frucht gerade der in der philol. gesellschaft gepflegten Studien war E. v. Leutsch’s erstlingsschrift „Thebaidos cyclicae reliquiae“, mit welcher er am 7. april 1830 promovierte; eine anknüpfung an sie war es auch noch, wenn Leutsch[1] noch in den siebenziger jahren den Orion Thebanus den Übungen des philol. Seminars zu grunde legte. Das Göttinger philol. Studium ergänzte Leutsch durch einen einjährigen aufenthalt in Berlin, 1830–1831, in dem er dem grossen A. Böckh, namentlich durch eifrige hingebung an dessen metrisches system, nahe trat. Wie Leutsch zeitlebens eine glühende Verehrung für die coryphäen der philologischen Wissenschaft in ihrer individuellen besonderheit empfand, so hat er noch in seinen letzten lebensjahren Immanuel Bekker und A. Böckh in zwei kürzeren, aber liebevollen monographieen ein schönes denkmal gesetzt. Am 2. mai 1831 habilitirte sich Leutsch als privatdocent der philologie in Göttingen. Die nicht weniger als 60 thesen, welche er am 6. juli 1833 verteidigte, nach welcher akademischen amtshandlung er zum „Assessor“ der philos. facultät aufstieg, zeigten einen grossen studienumfang des jungen gelehrten in den griech. und lat. Schriftstellern; sonst hatten sie mit zahlreichen solcher thesen den gleichen Charakter, dass nicht überall das bedürfniss der objectiven Wahrheit mit dem bestreben, in die Werkstatt der subjectiven forschungslust einen einblick zu gewähren, völlig ausgeglichen ist.
Häufig gestellte Fragen
Wer war Ernst Ludwig von Leutsch?
Ernst Ludwig von Leutsch wurde am 16. August 1808 in Frankfurt am Main geboren. Er war ein klassischer Philologe, der eine akademische Laufbahn einschlug.
Wo erhielt Leutsch seine Ausbildung?
Seine Gymnasialbildung erhielt er in Dresden, Leipzig und Celle, nachdem seine Familie von Frankfurt nach Sachsen zurückgekehrt war und sein Vater eine Stelle in Hannover angetreten hatte.
Welchen Einfluss hatten seine Universitätslehrer auf ihn?
Er wurde stark von Mitscherlich (Latein), Dissen (Gelehrsamkeit) und Otfried Müller (Genialität) beeinflusst. Otfried Müller erblühte bereits Ende der zwanziger Jahre zu einem hellstrahlenden Licht der Georgia Augusta.
Welche Art von Beziehungen pflegte Leutsch während seiner Studienzeit?
Er pflegte edle, wissenschaftliche Freundschaften, die von Menschlichkeit und Herzlichkeit geprägt waren und lebenslang andauerten. Er vermied die wissenschaftsfremden Aspekte des studentischen Lebens.
Wer waren einige seiner wichtigen Freunde während seines Studiums?
Zu seinen wichtigsten Freunden gehörten L. Ahrens, C. L. Grotefend, F. W. Schneidewin und A. Geffers. Besonders zu Schneidewin und Geffers pflegte er bis zu deren Tod eine enge Beziehung.
Was war die "philologische Gesellschaft"?
Die "philologische Gesellschaft" war eine Vereinigung von begeisterten Jüngern der Altertumswissenschaft, in der lateinisch vorgetragen, diskutiert und protokolliert wurde. Sie befassten sich insbesondere mit den Fragmenten der Cykliker und der Hesiodeischen Gedichte.
Wie kam es zur Verbindung mit der kritischen Methode Gottfried Hermanns?
Durch den Beitritt von Adolf Emperius, einem Schüler Gottfried Hermanns, im Jahr 1828. Emperius war begabt in Mathematik und Sprachwissenschaft.
Was war Leutsch's Erstlingsschrift und wann promovierte er?
Seine Erstlingsschrift war "Thebaidos cyclicae reliquiae", mit der er am 7. April 1830 promovierte.
Wo verbrachte Leutsch ein weiteres Studienjahr?
Er verbrachte ein Jahr in Berlin (1830-1831), wo er sich intensiv mit dem metrischen System von A. Böckh beschäftigte.
Welche Denkmäler setzte Leutsch seinen philologischen Vorbildern?
Er setzte Immanuel Bekker und A. Böckh in zwei kürzeren, aber liebevollen Monographien ein schönes Denkmal.
Wann habilitierte sich Leutsch und welche Themen behandelte er in seinen Thesen?
Er habilitierte sich am 2. Mai 1831 als Privatdozent der Philologie in Göttingen. Seine 60 Thesen (verteidigt am 6. Juli 1833) zeigten einen großen Studienumfang in griechischen und lateinischen Schriftstellern.
Wann wurde Leutsch außerordentlicher Professor und Mitdirigent des philologischen Seminars?
Er wurde am 2. Mai 1837 außerordentlicher Professor und noch im selben Jahr (nach Dissen's Tod am 25. September) Mitdirigent des philologischen Seminars.
Welche politischen Ereignisse beeinflussten Leutsch's Karriere?
Die politischen Wirren unter der Herrschaft von Ernst August, dem König von Hannover, beeinträchtigten Leutsch's Karriere, da seine oppositionelle Haltung ihm die Gunst der hannoverschen Regierung versagte.
Welche Haltung nahm Leutsch in den politischen Wirren von 1837 ein?
Er gehörte nicht zu den "Göttinger Sieben", die gegen die Aufhebung des Staatsgrundgesetzes protestierten. Er und fünf andere distanzierten sich jedoch öffentlich von der Ergebenheitsadresse des akademischen Lehrkörpers an Ernst August.
Wie wurde Leutsch's politische Gesinnung nach 1866 bewertet?
Er war von Anfang an ein entschiedener Anhänger der 1866 geschaffenen Umwandlung der Dinge, obwohl er später auch die ideelle Konkurrenz durch andere Universitäten empfand.
Wie äußerte sich Leutsch's Patriotismus während des Krieges von 1870?
Der Krieg von 1870 erweckte in ihm einen hochflutigen Patriotismus, der sich in seinen Träumen von zukünftigen deutschen Reichsstädten wie Verdun, Toul, Lyon und Marseille äußerte.
- Arbeit zitieren
- Max Schneidewin (Autor:in), 2008, Ernst von Leutsch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118756