Familie und Frauen in der Werbung von 1950 und 1960. Stereotypische Darstellung anhand der Beispiele Biovital, Dr. Oetker, Güldenring und Lenor


Studienarbeit, 2022

28 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Forschungsstand

3. Methodisches Vorgehen
3.1. Werbung Lenor
3.2. Werbung Güldenring
3.3. Biovital Werbung
3.4. Werbung von Dr. Oetker: „Wenn man's eilig hat“

4. Ergebnispräsentation
4.1. Gute Mutter/Ehefrau = gute Hausfrau
4.2. Geringe Wertschätzung
4.3. Liebes Kind
4.4. Familienbild

5. Transfer

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Kategorien

1. Einleitung

Die folgende Arbeit thematisiert die Darstellung von Familien in Werbe­filmen der 1950er und 1960er Jahre. Hierzu werden vier ausgewählte Werbefilme der 50er und 60er Jahre untersucht und mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse näher beleuchtet. In den Werbefilmen auftretende Gemeinsamkeiten werden in Kategorien zusammengefasst. Diese Methode erlaubt es, auftretende Stereotypen zu kategorisieren, um dann in einem zweiten Schritt die Forschungsfrage zu be­antworten, inwiefern ein gesellschaftliches Leitbild von Familie in der Werbung von 1950 bis 1970 deutlich wird. Die Arbeit konzentriert sich hierbei auf die Dar­stellung der Frau und möchte auf mögliche Stereotypen aufmerksam machen, die in der Werbung auftreten können. Der Grund für den thematischen Schwerpunkt liegt in der heute noch festgestellten stereotypischen und frauenfeindlichen Dar­stellung der Frau in Werbefilmen. So verabschiedete am 26.06.2007 die Parlamen­tarische Versammlung des Europarates eine Resolution mit dem Titel „The image of women in advertising“. Dieser Beschluss beklagt die Art und Weise, wie Frau­en dargestellt würden. Die Bilder der Frau stünden immer noch im krassen Gegen­teil zu ihrer tatsächlichen Rolle.1

Nach neueren Ansichten der Kommunikations- und Medientheorie trägt Werbung, als Teilsystem der Wirtschaft, einen Beitrag zur „Wirklichkeitskonstruk­tion“ bei. Demnach gebe es eine Wechselbeziehung zwischen Gesellschaft, Wirk­lichkeit und Werbung. Somit sei Werbung nicht nur ein Spiegel der Gesellschaft, sondern selbst „Trendsetter, Impulsgeber und Verstärker gesellschaftlicher Ent- wicklungen“2. Werbung kann nur erfolgreich sein, wenn sie rechtzeitig den „ge­sellschaftlichen und kulturellen Wandel“ aufnimmt. Das bedeutet, sie muss „Le­bensformen und Lebensstile, Gefühle und Werte, Erwartungen und Überzeugun­gen, Wünsche und Bedürfnisse, Selbstbilder und Sehnsüchte“ kongruent wider­spiegeln. Sie muss den Zeitgeist erfassen. Aus diesem Grund kann Werbung einen gesellschaftlichen Effekt hervorbringen, „der Persönlichkeit und Sozialverhalten der Konsumenten beeinflusst.“ Folglich kann sie als Mittel der Sozialisation ver­standen werden.3 Daraus folgt, dass Werbung auch zur Konstruktion von Ge- schlechterrollen beiträgt. Diese Tatsache macht die Analyse von Werbefilmen so interessant.

Die folgende Arbeit ist in sechs Kapiteln unterteilt. Im zweiten Kapitel dieser Arbeit wird der Forschungsstand vorgestellt. Im dritten Kapitel wird das methodische Vorgehen erläutert und die zu untersuchenden Werbefilme wiederge­geben. Im vierten Kapitel erfolgt die Analyse der Daten. Im Anschluss findet im fünften Kapitel ein Transfer zwischen den Ergebnissen der Untersuchung und den besuchten Vorlesungen statt. Die Arbeit wird mit einem zusammenfassenden Fazit enden.

2. Forschungsstand

Im Folgenden wird der Forschungsstand vorgestellt, der sowohl für die Beantwortung der Forschungsfrage als auch für die Analyse der Werbefilme fun­damental ist. Zunächst werden grundlegende Kenntnisse zum Thema Werbeindus­trie erläutert. Diese beschränken sich aufgrund der Kürze der Arbeit auf das Min­deste. Hierzu werden Überlegungen von verschiedenen Soziologen, Kommunika­tions- und Medienexperten vorgestellt. Da Werbung ein Spiegel der Gesellschaft sein soll, wird des Weiteren der historische Rahmen erläutert.

Möchte man Werbeinhalte untersuchen und analysieren, dann muss man sich der Doppelrolle von Werbung bewusst sein. In derzeitigen wissenschaftlichen Diskussionen werden zwei rivalisierende Typen von Metaphern deutlich. Zum ei­nen das bereits erwähnte „Werbung als Spiegel, Barometer oder Resonanzkörper der Gesellschaft“ und zum anderen, Werbung als „aktiver Interaktionszusammen­hang, der — Abbild und Vorbild zugleich — kollektives Lebensgefühl und Men­talitäten (in) einer Gesellschaft aktiv mitgestaltet.4 Werbung ist ein wichtiger „Kulturträger“, denn wie sie gestaltet wird und welche Strategien sie nutzt, um bei den Zuschauer*innen die gewünschte Wirkung auszulösen, ist „abhängig vom ge­sellschaftlichen Kontext, in dem sie steht“. Damit sich das Publikum angespro­chen fühlt, muss sich Werbung „den kulturellen Mustern, Werten und Ideen ihres Publikums anpassen [.,.|“.5 Aus diesem Grund könne man Werbung auch als „In­dikator [bezeichnen], an dem sich der kulturelle Wandel einer Gesellschaft able­sen lässt. So finden sich zahlreiche Studien von Soziologen, wie z.B. von Raphae­la Dreßler, die vermittelte Männer- oder auch Frauenbilder über mehrere Jahr­zehnte hinweg analysieren.6

Darüber hinaus erklärt die Kommunikationswissenschaftlerin Holtz- Bacha, dass Werbung auch Einfluss auf die Kultur ausübe und folglich an dessen Wandel mitarbeite. Werbung diene den Mitgliedern einer Gesellschaft als „Orien­tierung“ von Werten und Normen und biete Verhaltensvorbilder. Sie erklärt weiter, dass sich Werbung vom schlichten „Kauf mich“ abgewandt habe und vielmehr Hoffnungen, Wünsche und Träume verkaufe, die sich mit den beworbenen Pro­dukten verwirklichen ließen. Holtz-Bacha definiert weiter die Funktion von Wer­bung als ein Angebot für die soziale und individuelle Identitätsbildung.7 Laut „Statista“ betrug die durchschnittliche Fernsehdauer von Kinder und Jugendlichen 58 Minuten pro Tag.8 Demzufolge treten Kinder und Jugendliche Werbung ständig gegenüber. Lehrkräfte müssen sich der sozialen und individuellen Identitätsbil­dung von Kindern bewusst sein. Daraus ergibt sich ein pädagogisches Interesse, Werbefilme zu analysieren.

Untersucht man die Werbung der Nachkriegszeit, so wird deutlich, dass Werbung bis in den 60er Jahren Identifikation und Orientierung geboten habe. So hieß es auf einem Plakat von Persil: „Aber Tantchen, man wäscht doch mit Persil“. Darüber hinaus leben Köchinnen von Maggi und Co. vor, was die Familie zusammenhalte, Ehemänner glücklich mache und wie ihre Töchter in Haushalts- führungen unterrichtet würden. Diesbezüglich fasst Nicole Wilk treffend zusam­men, dass Werbung ihre Produkte gezielt in den Vordergrund stellt, „um Gemein­schaften zu stiften und Geselligkeit zu erzeugen“.9 Jedoch muss hinzugefügt wer­den, dass Werbung die „Identität, die Verhaltensweisen sowie die Selbst- und Fremdwahrnehmung beider Geschlechter beeinflusst“. Sie bildet Geschlechter nicht einfach ab, sondern vermittelt stereotypische Vorstellungen.10 Hierzu stellte Erwin Goffmann mithilfe seiner Studie fest, dass innerhalb der Werbung der 1960er Jahre eine „ritualisierte Kommunikation“ zu finden sei. Diese sei dadurch gekennzeichnet, dass Werbung die alltäglichen Rituale zwischen Männer und Frauen überzeichne. Goffmann weist das anhand der Analyse von Printwerbungen nach. Der Mann werde präsentiert als „Held, Retter in der Not, Reiseleiter, Sport­lehrer, Konstrukteur und kühler Planer, ohne den die Frau an seiner Seite aufge­schmissen wäre“. Die vermeintliche „Hilflosigkeit der Frau als Verführerin und Heimchen am Herd“ in der Wirtschaftswunderzeit stand im krassen Gegenteil zu ihrer Rolle während des Krieges.11

In der frühesten Nachkriegszeit fehlte es an männlichen Arbeitskräften, da viele Soldaten im Krieg gefallen waren oder gefangen gehalten wurden, so dass Frauen gezwungen waren, in verschiedenen Lebens- und Arbeitsbereiche Verant­wortung zu übernehmen. Nach der schrittweisen Rückkehr der Soldaten gaben viele Frauen ihre Erwerbstätigkeit auf. Jedoch stellten sich nur teilweise alte Fa­milienstrukturen wieder her. Auch wenn die konservative Arbeitsteilung anfang der 50er Jahre noch nicht in Frage gestellt wurde, emanzipierte sich die Frau schrittweise.12 Die Kommunikationswissenschaftler Siegfried Schmidt und Brigit­te Spieß stellen in ihren Analysen ebenfalls fest, dass Werbung in den 60er Jahren bestimmte Rollenbilder propagierte. Die damalige Werbung sei an der Wiederher­stellung einer „Männergesellschaft“ beteiligt gewesen, welche durch den verlore­nen Krieg in den ersten Nachkriegsjahren an Ansehen verloren hätte. Hierzu musste das Selbstbewusstsein der Männer gestärkt werden.13 Die Werbung entwi­ckelte Ende der 50er Jahre einen verbindlichen Männertypen. Ein „coole[r] Typ mit [...] Wellaform-gepflegtem Kurzhaarschnitt, systemkonform gestylt mit An­zug und Krawatte [...]“. Dies galt sowohl für das männliche Kind als auch den Vater. Des Weiteren sei die soziale „Oben-Unten-Abgrenzung“, also das „Festhal­ten an traditionellen sozialen Schichtungen“, in Werbefilmen dieser Zeit offen- sichtlich.14

Gebildete und berufstätige Frauen wurden hingegen als unweiblich diffa­miert. In Werbungen putzten sie Küchenfußböden und laufende Kindernasen und waren für die Harmonisierung der Familie zuständig. In Werbefilmen wurden sie lediglich als „Dekoration“ eingesetzt. Die Kommunikationswissenschaftler erklä­ren weiter, dass der Konsum das Verlangen nach „Heile-Welt-Phantasien“ befrie­digte. In dieser Welt hätten Frauen nur zwei Sorgen: „Was soll ich anziehen und was soll ich kochen“. Schmidt und Spieß werten diese Idealisierung in der Wer­bung als eine Art der Vergangenheitsverdrängung.15

Das Frauenbild in Werbefilmen war Untersuchungsgegenstand einer Stu­die von Joachim Kotelmann und Lothar Mikos, welche in der Monographie „Frühjahrsputz und Südseezauber“ im Jahr 1981 veröffentlicht wurde. Die Auto­ren analysierten mehrere Werbefilme und untersuchten die Art und Weise, wie Frauen mit diesen Bildern umgingen. Die Ergebnisse zeigten, dass Werbung wei­terhin „veraltete Frauenleitbilder“ pflegten. So erklärte eine Rezipientin:„die las­sen immer noch das dumme, einfache ,Hausputtelchen‘ vorherrschen, dessen gan­zes Sinnen und Trachten auf weiche Wäsche ausgerichtet ist und auf die Vermei­dung von Putzstreifen, und die junge Frau, deren Aufgabe es ist, in der Werbung als ,Sexualobjekt‘ gleichrangig neben dem Produkt zu stehen“.16

3. Methodisches Vorgehen

Im Folgenden wird das methodisches Vorgehen dieser Arbeit erläutert. Hierzu wird zunächst das Vorgehen vorgestellt sowie die Begründung für die Auswahl der gewählten Clips genannt. Anschließend werden die ausgewählten Werbefilme vorgestellt und beschrieben.

Um die verschiedenen Werbefilme zu untersuchen und miteinander in Be­ziehung zu setzen, wird die qualitative Inhaltsanalyse angewandt. Mithilfe eines induktiven Vorgehens ergeben sich Hauptkategorien, die im Forschungsteil vorge­stellt werden.

Ziel dieser Arbeit ist, wie bereits erwähnt, die Analyse von Werbefilmen aus den 50er und 60er Jahren. Da eine relativ große Zeitspanne untersucht wird, stand vermeintlich eine große Zahl an Werbefilmen zur Verfügung. In der Aus­wahl der Filme wurde jedoch schnell deutlich, dass dem nicht so ist, da keine ge­förderte, öffentliche Datenbank für Werbefilme existiert. Lediglich die Plattform „YouTube“ ermöglichte es, nach Werbeclips zu recherchieren. Hier ergibt sich je­doch das Problem, das keine näheren Informationen zu den Filmen zur Verfügung stehen. Die ausgewählten Clips sind das Resultat einer langen Recherche, die zum einen stereotypische Vorstellungen deutlich macht sowie ein Mindestmaß an wis­senschaftlichem Arbeiten ermöglicht.

Wie bereits erwähnt, ist das Ziel der vorliegenden Arbeit das gesellschaft­liche Leitbild von Familien in der Nachkriegszeit zu verdeutlichen. Der Autor ver­suchte dies in der Auswahl von Filmen zu berücksichtigen. Lediglich ein Werbe­film zeigte die Interaktion innerhalb einer Familie. Dieser Werbefilm wurde für die Untersuchung genutzt. Die anderen Filme bilden kein Familiengeschehen ab, sondern konzentrieren sich auf die Handlung der Mutter, Ehefrau oder des Kindes. Dennoch eignen sich die ausgewählten Filme, um die Fragestellung zu beantwor­ten, da die einzelnen vermittelten Leitbilder zu einem großen Leitbild zusammen­gefügt werden können.

[...]


1 Vgl. Holtz-Bacha, Christina: Köcheln auf kleiner Flamme. Frauen und Männer in der Werbung, S. 5.

2 Janich, Nina: Dahinter steckt immer ein kluger Kopf. Das Bild der Wissenschaft in der Gesellschaft im Spiegel der Wirtschaftswerbung, S. 753.

3 Dreßler, Raphaela: Vom Patriarchat zum androgynen Lustobjekt - 50 Jahre Män­ner im Stern, S. 124.

4 Vgl. Holtz-Bacha, Christina: Köcheln auf kleiner Flamme. Frauen und Männer in der Werbung, S. 9

5 Ebd.

6 Vgl. Dreßler, Raphaela: Vom Patriarchat zum androgynen Lustobjekt - 50 Jahre Männer im Stern.

7 Holtz-Bacha, Christina: Köcheln auf kleiner Flamme. Frauen und Männer in der Werbung, S. 9.

8 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/186040/umfrage/sehdauer-bei-der- fernsehnutzung-von-kindern-in-deutschland/, aufgerufen am 07.02.2022.

9 Wilk, Nicole M.: Die ges(ch)ichtslose Frau, S. 57.

10 Dreßler, Raphaela: Vom Patriarchat zum androgynen Lustobjekt - 50 Jahre Männer im Stern, S. 125.

11 Wilk, Nicole M.: Die ges(ch)ichtslose Frau, S. 66.

12 Vgl. Schmidt, Siegfried; Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommu­nikation, S. 111.

13 Vgl. Ebd. S. 171.

14 Vgl. Ebd. S. 172.

15 Vgl. Ebd. S. 158.

16 Kotelmann, Joachim; Mikos, Lothar: Frühjahrsputz und Südseezauber, S. 230.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Familie und Frauen in der Werbung von 1950 und 1960. Stereotypische Darstellung anhand der Beispiele Biovital, Dr. Oetker, Güldenring und Lenor
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Fakultät für Bildungswissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2022
Seiten
28
Katalognummer
V1188201
ISBN (eBook)
9783346618801
ISBN (Buch)
9783346618818
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frauendarstellung, Männerdarstellung, Stereotype, stereotypische Darstellung, Werbung, Dr. Oetker, Nachkriegszeit, 50er, 60er
Arbeit zitieren
Alessio Cirnigliaro (Autor:in), 2022, Familie und Frauen in der Werbung von 1950 und 1960. Stereotypische Darstellung anhand der Beispiele Biovital, Dr. Oetker, Güldenring und Lenor, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1188201

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