Karlsmythen. Die Darstellung Karls des Großen in der "Kaiserchronik", Pfaffen Konrads "Rolandslied" und Strickers "Karl der Große"


Masterarbeit, 2022

88 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Karlsbild des deutschsprachigen Kulturraums im 12. und 13. Jahrhundert

3. Ursprung und Verbreitung der Texte: Überlieferungssituation

4. Vergleichende Untersuchung der Darstellung Karls des Großen in der Kaiserchronik, dem Rolandslied und Karl der Große
4.1 Die Bedeutung der Person Karls des Großen für das jeweilige Werk
4.1.1 Die Kaiserchronik
4.1.2 Das Rolandslied des Pfaffen Konrad
4.1.3 Strickers Karl der Große
4.2 Karls Verhältnis zu Gott
4.2.1 Das Erscheinen von Engeln als Zeichen der göttlichen Unterstützung
4.2.2 Die wundersame Erhörung der Gebete Karls
4.2.3 Karl als Kreuzritter und Märtyrer
4.2.4 Von gotes dienestman zu sante Karle – Die Darstellung der Heiligkeit Karls
4.3 Das Herrschermodell Karls: Im Spannungsfeld zwischen roi souffrant und miles Christi
4.3.1 Kaiserchronik
4.3.2 Rolandslied
4.3.3 Karl der Große

5. Referenzbeziehungen: Gegenseitige Beeinflussung und intertextuelle Bezüge
5.1 Die Möglichkeiten mittelalterlicher „Beeinflussung“: Intertextualität als Zugang zu Texten und ihren Vorgängern
5.2 Motivische Verschränkungen zwischen den Werken als Intertextualitäts-Marker

6. Fazit: Die Bedeutung der deutschsprachigen Karlsliteratur für die Etablierung des mittelalterlichen Karlsmythos

7. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Unter allen Herrschern des Mittelalters nimmt der Frankenkaiser Karl der Große aus dem Geschlecht der Karolinger eine besonders herausragende Stellung ein. Aufgrund seiner enormen Wirkungsgeschichte gehört er auch noch im 21. Jahrhundert „zu den wenigen historischen Gestalten des Mittelalters, die bis heute im kulturellen Gedächtnis der westlichen Welt präsent sind.“1 Diese Präsenz äußert sich bspw. durch die regelmäßig stattfindenden Karlsausstellungen und Feierlichkeiten anlässlich seines Todestags oder die alljährliche Verleihung des „Internationalen Karlspeises zu Aachen“, mit dem Personen geehrt werden, die sich in besonderer Weise um die europäische Einigung verdient gemacht haben.2 Doch die Wirkmächtigkeit Karls des Großen reicht viel weiter und sogar bis in den heutigen Alltag hinein: Straßen und Plätze sind nach ihm benannt, sein Name bezeichnet – in verschiedenen Sprachen – Institutionen, Organisationen und Gebäude, Städte können ihre Gründung auf Karl zurückführen und zahlreiche Kirchen berufen sich auf sein Patronat.3 Die Gründe für die faszinierende und bis heute anhaltende Nachwirkung des Frankenkaisers sind vielfältig:

Die kulturellen und religiösen Impulse, die während seiner langen Regierungszeit von ihm selbst und seiner Umgebung ausgingen, ebenso wie seine politischen und militärischen Erfolge; die prominente Stellung als erster weströmischer Kaiser des Mittelalters, auf den sich alle späteren römisch-deutschen Kaiser berufen konnten, genauso wie seine Bedeutung für das Verhältnis von Papsttum und Kaisertum und die damit zusammenhängende Durchsetzung des römisch-katholischen Ritus in weiten Teilen Europas.4

Dabei galt Karl bereits seinen Zeitgenossen als großer Herrscher und Vater Europas.5 Doch auch in den auf seinen Tod folgenden Jahrhunderten kam Karl die Stellung einer „Zentralfigur des Mittelalters“6 zu. Zwischen dem 8. und dem 10. Jahrhundert n. Chr.7 entstanden Facetten seines Erinnerungsbildes, die für das weitere Mittelalter prägend sein sollten.8 Charakteristisch für das sich in diesem Zeitraum konstituierende Erinnerungsbild ist das bewusste Ausblenden von Aspekten des historischen Karls einerseits und die legendenhafte Ausgestaltung des Karlsbildes andererseits.9 Diese Tendenz setzte sich mit dem beginnenden 11. Jahrhundert in einer dezidiert christlichen Prägung fort, die Karl den Großen als „Archetyp eines christlichen Herrschers“10 stilisierte, „an dessen Wirken sich die jeweils eigene Zeit und ihre Akteure messen lassen mußten [sic!].“11 Das Resultat war, dass die Persönlichkeit des historisch greifbaren Kaisers von einem „Karlsmythos“ abgelöst wurde, für den Vorstellungen ausschlaggebend waren, „die nicht viel mit der tatsächlichen Herrschaftsleistung des Karolingers zu tun hatten, aber umso mehr mit dem Bild, das sich nach seinem Tod entwickelt hatte.“12 Dieser Karlsmythos, der in seiner bereits aufgezeigten Wirkmächtigkeit in unterschiedlichen Ausprägungen immerhin bis heute Bestand hat, erreichte im Hoch- und Spätmittelalter seinen Höhepunkt: „Am Ende des Mittelalters war das Reich heilig und Karl der Große nicht nur die personale Verkörperung des Reiches, sondern durch die weite Verbreitung seines Kultes auch ein deutscher Reichsheiliger.“13 Auf dementsprechend große Resonanz stieß die Figur Karls des Großen auch in der mittelalterlichen Literatur.

Sowohl das Ausmaß der mittelalterlichen Karlsverehrung als auch die Verbreitung des Karlskultes werfen die Frage danach auf, wie ein derart ausgestalteter Karlsmythos eine solche Verbreitung erfahren konnte. In dieser Hinsicht müssen vor allem zwei Faktoren benannt werden: Die Darstellung Karls in der lateinischen Literatur und die mündliche Überlieferungstradition in den Jahrhunderten nach seinem Tod. Zum einen wäre die „Verankerung Karls im kulturellen Gedächtnis Europas“14 schwerlich ohne die schriftlichen Quellen in lateinischer Sprache möglich gewesen:

Den Anfang und den Hauptteil bildet hier zunächst das lateinische Schrifttum, das mit dem Aachener Karlsepos und den großen literarischen Zeugnissen des 9. Jahrhunderts – mit Einhard, mit Walahfrid Strabo und Notker von St. Gallen – einsetzt und über die hochmittelalterlichen Karlslegenden eines Pseudo-Turpin (nach 1140) zu jenen literarischen Deutungen von Karls Person und Persönlichkeit führt, die bis ins 15. Jahrhundert reichen und die auch liturgische Dichtungen, Hymnen und Sequenzen umfassen.15

Gleichzeitig trug die stetige Modellierung des Karlsbildes in der lateinischen Literatur des Mittelalters, die verschiedenen Traditionssträngen folgend eine Instrumentalisierung und Idealisierung des Kaisers anstrebte,16 ihrerseits dazu bei, den Franken zum Typus des Idealherrschers zu stilisieren. Zum anderen ist die Annahme wahrscheinlich, dass es – in einer Welt, „in der Lesen und Schreiben nicht zur Elementarausbildung gehörten“17 und es sich bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung um Analphabeten handelte18 – eine lebendige mündliche Überlieferung gegeben haben muss. Durch diese mündliche Überlieferung wurden die anekdotischen und sagenhaften Aspekte, die sich – auch auf Grundlage der Überlieferung in der lateinischen Literatur – um Karl den Großen rankten, verdichtet. Dabei wurde scheinbar auch die mündliche Überlieferung „in den lateinischen Quellen schriftlich fixiert und mit den Nachrichten aus der Historiographie zu einem Karlsbild vermengt, das weite Verbreitung fand.“19 Die bisweilen in der Forschung vertretende Negation der Existenz einer oralen Tradition zu Karl dem Großen20 erscheint deswegen eher unwahrscheinlich. Immerhin wurde Karls Andenken bis zum Zeitpunkt seiner Heiligsprechung im Jahr 1165 über mehrere hundert Jahre aufrechterhalten, sodass die Erinnerung an den Frankenkaiser zumindest in Teilen der Bevölkerung durchaus präsent gewesen sein muss:

Dabei galt er nicht nur als Heiliger, sondern ebenso als Garant von Rechtsprechung und Gesetzgebung. Damit lebte er über seinen Tod hinaus in Bereichen weiter, die sich bis zum 12. Jahrhundert in einer weitgehend oralen Tradition abspielten, bedenkt man die erstmalige Verschriftlichung des Rechts an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert und die Erhebung von Heiligen vor allem auf dem Weg über die Verehrung im Volk.21

Neben dieser lateinischen Literatur über Karl den Großen entwickelte sich im europäischen Raum zudem eine vielfältige volkssprachliche Karlsliteratur. Diese existierte seit dem frühen 12. Jahrhundert neben der supranationalen Literatur, wobei sie zwar enorm vom lateinischen Schrifttum beeinflusst wurde, zugleich aber auch zumindest in Teilen unterschiedliche Karlsbilder zeichnete.22 Die volkssprachliche – und damit auch die deutschsprachige – Literatur des Mittelalters richtete sich zwar auch an Schriftkundige, hauptsächlich wurde sie aber als Vortrag laut vorgelesen, wodurch diese Stoffe erstmals auch einem weniger gebildeten, d.h. nicht lateinisch-sprachigen, Publikum zugänglich gemacht wurden.23 Aus dieser Tatsache ergibt sich auch das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit, welchen Beitrag die deutschsprachige Karlsliteratur zur Etablierung sowie Entwicklung des hochmittelalterlichen Karlsmythos24 im 12. und 13. Jahrhundert geleistet hat.

Zur Beantwortung dieser Frage sollen im Rahmen der nachfolgenden Untersuchungen drei bedeutsame mittelhochdeutsche Werke, in denen die Figur Karls des Großen eine zentrale Stellung einnimmt, exemplarisch untersucht und miteinander verglichen werden: Die Kaiserchronik,25 das Rolandslied26 sowie Karl der Große.27 Die notwendige Beschränkung auf diese drei Werke führt zwangsläufig dazu, dass die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse von vorneherein eingeschränkt werden muss, da neben weiteren zentralen Werken der deutschsprachigen Karlsliteratur ebenfalls weitere Faktoren ausgeklammert werden müssen, die einen Einfluss auf Entwicklung und Etablierung des mittelalterlichen Karlsmythos hatten; auf solche ist allerdings an geeigneter Stelle weiterführend hinzuweisen. Die Entscheidung für die Auswahl dieser Texte erfolgt zum einen, um den Entstehungszeitraum auf das 12. sowie das 13. Jahrhundert zu begrenzen und dabei verschiedene Gattungen berücksichtigen zu können; zum anderen spielt die Bedeutung der Texte eine entscheidende Rolle. So gilt die um die Mitte des 12. Jahrhunderts von einem oder mehreren Regensburger Geistlichen verfasste Kaiserchronik „als erstes Zeugnis für die Darstellung Karls des Großen in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters“28, sodass erstmalig mit diesem Text überprüft werden kann, welche Vorstellungen in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters überhaupt mit der Person des Frankenkaisers verbunden wurden.29 Im Gegensatz zur deutschsprachigen Literatur produzierte die französische Epik zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert eine enorme Menge an Texten, die ein schillerndes und vielfältiges Karlsbild zeichneten. Von all diesen Texten wurde „im 12./13. Jahrhundert nur ein einziger in die (ober)deutsche Literatur übertragen – das Rolandslied, eine relativ freie Adaptation der Chanson de Roland, der wohl ältesten französischen Chanson de geste überhaupt.“30 Der Autor des deutschen Rolandslieds, ein Geistlicher namens Konrad, verfasste seine Adaptation des Rolandsstoffes vermutlich zwischen 1170 und 1185. Bei Karl der Große handelt es sich wiederum um eine vermutlich im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts entstandene Neugestaltung des Rolandslieds durch einen Autor, der sich selbst der Stricker nennt, die aufgrund der Veränderungen im Vergleich zur Textvorlage als eigenständiges Werk der deutschsprachigen Karlsliteratur angesehen werden muss.31 Sowohl Kaiserchronik als auch Karl der Große waren für mittelalterliche Verhältnisse Texte von enormer Bekanntheit und Verbreitung (vgl. dazu Kap. 3).

Die zentrale These, die dieser Arbeit zugrunde liegt, ist die, dass sich die drei zu untersuchenden Werke – trotz unterschiedlicher Entstehungszeiträume und zum Teil auch Gattungen – in der Art ihrer Darstellung Karls des Großen gegenseitig beeinflusst und somit zur Entwicklung und Etablierung des zeitgenössischen (hoch-)mittelalterlichen Karlsmythos beigetragen haben. Dieser im Entstehungszeitraum der Werke vorherrschende Karlsmythos soll zunächst näher definiert werden, indem das Karlsbild des deutschsprachigen Kulturraums im 12. und 13. Jahrhundert in aller Kürze skizziert wird. Zudem gibt ein Überblick über die Überlieferungssituation der drei zu untersuchenden Texte Aufschluss über Ursprung und Verbreitung der Werke. Daran schließt sich ein kurzes kontextualisierendes Kapitel an, um die Bedeutung der Figur Karls des Großen für das jeweilige Werk herauszustellen. Im Hauptteil der Arbeit erfolgt ein Vergleich der drei Werke miteinander, um so die Facetten des jeweiligen Karlsbildes offenzulegen. Gegenstand dieser vergleichenden Untersuchung sind Motive, die den konstitutiven Zügen des Karlsbildes dieser Zeit entsprechen: Die Auserwählung Karls durch Gott, die sich in Engelserscheinungen, Wundern und Gebetserhörungen manifestiert sowie das Motiv des christlichen Idealherrschers als Kreuzfahrer und Märtyrer. Daraufhin wird beurteilt, ob die Darstellung Karls in den jeweiligen Werken der eines Heiligen entspricht, um darauf aufbauend die Modellierung seines Herrscherbildes einordnen zu können. Im Anschluss sollen ebenfalls die Referenzbeziehungen zwischen den Texten in den Blick genommen werden; dazu soll zunächst auf Basis der Annahmen der Intertextualitätsforschung theoretisch reflektiert werden, wie eine solche Beeinflussung zwischen den Autoren bzw. den Texten zu dieser Zeit grundsätzlich überhaupt möglich gewesen sein könnte. Um die in diesem Rahmen aufgestellten Vermutungen zu überprüfen, erfolgt eine erneute vergleichende Untersuchung der drei Werke, um weitere motivische Anspielungen bzw. Verschränkungen zwischen den Texten als Intertextualitäts-Marker deutlich erkennbar zu machen. Auf Grundlage dieser Untersuchungsergebnisse kann abschließend ein begründetes Urteil darüber gefällt werden, welche Bedeutung der deutschsprachigen Karlsliteratur für die Etablierung des mittelalterlichen Karlsmythos beizumessen ist.

Die drei zu untersuchenden Werke wurden sowohl von der älteren als auch der neueren germanistischen Forschung ausführlich behandelt.32 Auch die Darstellung Karls in der europäischen Literatur des Mittelalters steht bereits seit längerem im Fokus des germanistischen und historischen Forschungsinteresses. Zu den ersten, die das Phänomen dieses literarischen Nachlebens Karls erforschten, gehörten der Philologe Gaston Paris33 und der Historiker Robert Folz.34 Einen ausführlichen Überblick über die Forschungsgeschichte zu Karl dem Großen bietet Pohl (2004).35 Bezüglich des Karlsbildes in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters veröffentlichte Karl-Ernst Geith in den 1970er Jahren im Rahmen seiner Habilitationsschrift eine erste umfassende und vergleichende Studie zu bedeutenden deutschsprachigen Werken des 12. und 13. Jahrhunderts, darunter auch die im Rahmen dieser Arbeit behandelten Werke.36 In der jüngeren Vergangenheit hat sich besonders Bernd Bastert hervorgetan, der neben umfangreichen Vergleichen zwischen den Werken ebenfalls die Darstellung Karls des Großen in den deutschen Weltchroniken des Mittelalters sowie der deutschen Chanson de geste -Adaptation untersucht und miteinander verglichen hat.37 Zur kontextualisierenden Darstellung des Karlsbildes im 12. und 13. Jahrhundert sowie der Kreuzzugsgeschichte werden die einschlägigen historiographischen Werke von Matthias Becher,38 Johannes Fried,39 Wilfried Hartmann40 und Eberhard Mayer41 herangezogen.

2. Das Karlsbild des deutschsprachigen Kulturraums im 12. und 13. Jahrhundert

Bevor der Versuch unternommen werden kann, die eingangs gestellte Frage nach der Bedeutung der untersuchten Werke zur Entwicklung und Etablierung des mittelalterlichen Karlsmythos beantworten zu können, soll zunächst das Karlsbild zur Zeit der Entstehung der Werke skizziert werden. Je nachdem, welche Datierung der Werke man zugrunde legt, ergibt sich somit ein Zeitraum von ca. 60-90 Jahren, von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Aufgrund Karls langer Regierungszeit sowie seiner enormen Erfolge, die sein Ansehen schon zu Lebzeiten ins Unermessliche steigerten, setzte seine Mythisierung bereits zu Lebzeiten ein.42 Die Folge war, dass sich über die Jahrhunderte ein historisch verzerrtes Karlsbild herausbildete, welches vor allem von Legenden und Mythen bestimmt war und kaum noch etwas mit dem tatsächlichen Leben des Franken gemein hatte: „Gebetsgedenken, Erinnerung, Bewunderung, Ablehnung, aktualisierende Reflexion, zeitbedingte Deutung und kaum verhohlene Zeitkritik überlagerten sich fortan im Gedächtnisbild Karls des Großen. Irdische Heroisierung überformte früh die Memoria.“43 Seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts wurde Karl dabei zunehmend zum Heiligen und Kreuzfahrer stilisiert, wodurch sein Ansehen auch in den folgenden Jahrhunderten maßgeblich geprägt wurde.44 In dieser Zeit des Hochmittelalters, in der „der Kreuzzug ein wesentliches Kennzeichen der europäischen Welt geworden war,“45 galt Karl mithin sogar als erster Kreuzfahrer überhaupt. Dabei hatte diese weit verbreitete Sichtweise sogar einen Bezug zur Realgeschichte des Frankenkaisers, die zumindest erklärende Anhaltspunkte liefert. Diesbezüglich ist zum einen Karls Spanienfeldzug gegen die heidnischen Sarazenen in den Jahren 777 und 778 zu nennen, der für die Franken allerdings wenig erfolgreich verlief. Zum anderen trugen die Beziehungen Karls zum Patriarchen Jerusalems und zum Kalifat von Bagdad zur Legendenbildung bei, dass Karl selbst ans Heilige Grab nach Jerusalem gepilgert sei bzw. sogar einen Kreuzzug dorthin unternommen habe.46

Unter dem Einfluss des Kreuzzugsgedankens verformte sich das Karlsbild dergestalt, dass der Frankenkaiser, der zu diesem Zeitpunkt bereits als Idealherrscher angesehen wurde,47 aufgrund der ihm zugeschriebenen Verdienste um die Verbreitung des christlichen Glaubens als Heiliger galt. Das in Bezug auf Karl zentrale Ereignis innerhalb des zu untersuchenden Zeitraums war dementsprechend auch die Kanonisation des Franken am 29. Dezember 1165 in Aachen. Als Begründung für die Elevation Karls führte Friedrich I. Barbarossa neben der Schaffung zahlreicher Kirchen, Abteien und Bischofssitze ebenfalls die Bekehrung vieler Heiden an, sodass durch Karls Verdienst neben den Westfalen, Vandalen, Sachsen und Friesen eben auch die Spanier von ihm zum Christentum geführt wurden – eine Behauptung, die sich auf das historisch unzuverlässige Erinnerungswissen stützt: „Weil die Zeitgenossen zwischen verbürgter Historizität und verformender Rezeption nicht unterscheiden konnten, erwähnte die Barbarossa-Urkunde diese späteren Karlsbilder wie historische Fakten.“48 Aufgrund seiner dabei gezeigten Bereitschaft, sein Leben bei der Bekehrung der Heiden bereitwillig zu opfern, galt Karl bei seiner Kanonisation zudem als Märtyrer.49

Dennoch handelte es sich bei Karl nie um einen „Volksheiligen“, dessen Verehrung zu einem ausgeprägten und gemeinhin verbreiteten Karlskult führte. Vielmehr bildeten sich lokale Zentren heraus, in denen der Karlskult dafür aber besonders dominant und vorherrschend war. Zu diesen lokalen Zentren des Kultes um den Frankenkaiser gehörten im deutschsprachigen Raum vor allem Aachen, Regensburg, Zürich oder Frankfurt am Main.50 Dies änderte sich auch nach seiner Kanonisation nicht, sodass Karl im deutschsprachigen Raum nie zu einem nationalen Heros aufstieg – anders als bspw. in Frankreich.51 Die Erinnerung an ihn wurde dafür vor allem vom Adel bzw. den Herrschenden immer wieder aufs Neue erweckt, da diese sich legitimierend auf ihn bezogen und behaupteten, von ihm abzustammen: „So spiegelten sich unterschiedliche soziale und politische Bedürfnisse in den Altersschichten von Karlssage und Legende.“52 Dass Karl seit dem 12. Jahrhundert zudem als bedeutender Gesetzgeber galt, lässt sich vor allem auf seinen – historisch begründeten sowie erfundenen – militärischen Nachruhm zurückführen. Als Kriegsheld und Bekehrer stand Karl demnach in der Gunst Gottes. Viele seine Nachfolger konnten an diese militärischen Erfolge Karls nicht anschließen. Gewissermaßen im „Umkehrschluss wurde dann Karl auch zum großen Gesetzgeber: weil er ein großer – und d.h. vor allem, ein erfolgreicher – Herrscher war, deshalb musste er auch ein bedeutender Gesetzgeber gewesen sein.“53 Dieses – zumindest im deutschsprachigen Raum – überwiegend positive Karlsbild des aufgrund seiner christlich-militärischen und gesetzgeberischen Leistungen heiligen Idealherrschers blieb während des gesamten Hochmittelalters und damit auch für die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts bestimmend. Erst im Verlauf des Spätmittelalters wurden ihm weitere wichtige Errungenschaften zugeschrieben und seine Person wurde immer mehr zum Gegenstand nationaler und identitätsstiftender Auseinandersetzungen zwischen den Deutschen und den Franzosen.54

3. Ursprung und Verbreitung der Texte: Überlieferungssituation

Als Indikator für die quantitative Verbreitung der untersuchten Werke kann die Überlieferungssituation herangezogen werden. Dadurch werden Rückschlüsse darüber ermöglicht, welchen Bekanntheitsgrad ein Werk sowie die darin überlieferten Inhalte und damit auch die Karlsbilder im Mittelalter gehabt haben könnten. Die Kaiserchronik als ältestes der untersuchten Werke besaß offenbar eine beträchtliche Wirkungsgeschichte, die bis in das 16. Jahrhundert hineinreichte.55 Dementsprechend zahlreich ist auch ihre Überlieferung mit aktuell fünfzig bekannten Handschriften, die aus dem 12.-16. Jahrhundert stammen.56 Aufgrund dieser Überlieferungssituation kann die Kaiserchronik als „einer der erfolgreichsten Texte des 12. Jahrhunderts bewertet werden“57, der um 1200 im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt gewesen sein dürfte und dessen Verbreitung den Großteil der volkssprachlichen mittelalterlichen Literatur übertraf.58 Die weite Verbreitung und Bekanntheit führte dazu, dass die Kaiserchronik bspw. von Verfassern lateinischer und deutscher Geschichtswerke als Vorlage benutzt wurde und sich ihre Rezeptionsspuren bis hinein in die erzählende mittelalterliche Literatur nachweisen lassen:59 „Benutzt wurde die Kaiserchronik vor allem in deutschen Chroniken, im Schwabenspiegel, im Rolandslied sowie bei Wolfram von Eschenbach.“60

Im Gegensatz dazu ist das Rolandslied des Pfaffen Konrad lediglich in einer einzigen vollständig erhaltenen Handschrift überliefert. Neben dieser um das Jahr 1200 zu datierenden Heidelberger Handschrift sind lediglich sechs weitere Bruchstücke überliefert.61 Diese bekannten Überlieferungsträger stammen aus der Zeit um 1200 sowie aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, wobei es sich hierbei laut Bastert für einen frühen volkssprachlichen Text um eine beachtliche Verbreitung gehandelt hat.62 Obwohl eine Rezeption des Rolandslieds im oberdeutschen Kulturraum zweifellos stattgefunden hat – wie bspw. Anspielungen in Wolfram von Eschenbachs Willehalm belegen –, legen die Überlieferungsbefunde den Schluss nahe, dass die Rezeption im niederdeutschen und mitteldeutschen Kulturraum deutlicher intensiver ausfiel.63 Dass dem Rolandslied aus Sicht der Zeitgenossen große Bedeutung beigemessen wurde, lässt sich anhand der Illustration ausmachen: Das Rolandslied war der erste volkssprachliche Text weltlichen Inhalts überhaupt, der als wichtig genug erachtet wurde, sein Erzählgeschehen zu illustrieren. Dieser Überlieferungsbefund legt den Schluss nahe, dass Konrads Adaptation des Rolandsstoffes primär als hagiographischer Text aufgefasst wurde: „So entsprechen z.B. Einrichtung, Ausstattung und Format der Heidelberger Rolandslied -Handschrift wie der erhaltenen Fragmente exakt dem Typus kontemporärer lateinischer hagiographischer Codices aus dem 12. Jahrhundert.“64 Somit findet die Hagiographisierung des Epischen (vgl. dazu Kap. 4.3) auf der Textebene, durch die eine Umkodierung des heldenepischen Stoffes zu hagiographischer Epik erfolgt, eine Entsprechung auf der ikonographischen Ebene, die besonders christlich bedeutsame Szenen wie bspw. die christlichen Sakramente darstellt.65 Über die Mitte des 13. Jahrhunderts hinaus sind keine Überlieferungszeugen des Rolandslieds erhalten; dies wird üblicherweise darauf zurückgeführt, dass zu diesem Zeitpunkt sowohl Tradierung als auch Rezeption von Strickers Karl der Große bereits eingesetzt haben.66

Noch größere Bekanntheit erhielt der Stoff des Rolandslieds – auch im oberdeutschen Kulturraum – wohl vor allem durch die Adaptation des Strickers. Sein Werk Karl der Große ist in über vierzig Handschriften überliefert und ist mit seinen „derzeit bekannten 22 (annähernd) vollständig und 21 fragmentarisch erhaltenen Handschriften eines der am häufigsten überlieferten Werke der volkssprachigen Erzählliteratur des Mittelalters.“67 Ähnlich wie beim Rolandslied scheinen sich die massiven hagiographischen Valenzen innerhalb des Textes auch auf die Überlieferung des Werkes ausgewirkt zu haben; es fällt bspw. auf, dass der Stoff der Rolandssage kaum – und wenn, dann in stark verkürzter oder abgewandelter Form – in deutschsprachigen Chroniken auftaucht, deren Ausrichtung eher weltlich ist.68 Strickers Heiligenvita über Karl den Großen wurde scheinbar eher als heilsgeschichtlicher Text aufgefasst, dem eine dementsprechend große Bedeutung beigemessen wurde, die sich ebenfalls auf die Illustrationen des Textes ausgewirkt hat. Als Beleg dafür kann die Überlieferungssymbiose von Strickers Karl der Große und der Weltchronik des Rudolf von Ems herangezogen werden, wobei Rudolfs Text ebenfalls eher heilsgeschichtlich ausgerichtet ist. Beide Texte sind in zwei Handschriften gemeinsam überliefert: „Daß [sic!] Rudolfs ‚Weltchronik‘ und Strickers ‚Karl‘ in beiden Handschriften kostbare Buchmalereien auf einem Niveau zieren, wie sie in Deutschland ansonsten nur lateinische Codices, insbesondere solche mit geistlich-hagiographischer Thematik, aufzuweisen haben“69, spricht für das bewusst wahrgenommene hagiographische Potenzial von Strickers Werk. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass Strickers Karl der Große, das bis zum 15. Jahrhundert eine bemerkenswerte Verbreitung fand, bereits vom zeitgenössischen Publikum als geistlich stark überformter Text wahrgenommen wurde.70

4. Vergleichende Untersuchung der Darstellung Karls des Großen in der Kaiserchronik, dem Rolandslied und Karl der Große

4.1 Die Bedeutung der Person Karls des Großen für das jeweilige Werk

4.1.1 Die Kaiserchronik

Innerhalb der Kaiserchronik, die über die Geschichte von insgesamt 36 römischen sowie 18 deutschen Kaisern berichtet, nimmt der Karl dem Großen gewidmete Teil eine besondere Stellung ein: „Die ausgewählte Taten Karls schildernde Partie ist dann auch der längste einem Herrscher gewidmete Einzelabschnitt im gesamten Text.“71 Im Prolog macht der Verfasser72 der Kaiserchronik deutlich, dass er sein Werk in der Tradition der lateinischen Chronisten verfasst hat, um die Reichsgeschichte des römischen Reiches in einem zuverlässigen Geschichtswerk zu präsentieren:73

Ein buoch ist ze diute getihtet,

daz uns Rômisces rîches wol berihtet,

gehaizzen ist iz crônicâ.

Iz chundet uns dâ

von den bâbesen unt von den chunigen,

baidiu guoten unt ubelen,

die vor uns wâren

unt Rômisces rîches phlâgen

unze an disen hiutegen tac. Kchr V. 15-23

In Bezug auf den Anspruch des Verfassers, eine seriöse Chronik vorzulegen, konnte bereits Friedrich Ohly nachweisen, dass die Übernahme von Wunderberichten und Legenden sowie die häufige Nichteinhaltung der chronologischen Abfolge die Kaiserchronik für die Geschichtswissenschaft als historisch belastbare Quelle unbrauchbar machen.74 Obwohl es sich bei der Kaiserchronik demnach nicht um eine „spezifische Karlsdichtung“75 handelt, muss der Person Karls des Großen bei dem herausgestellten Vorhaben des Verfassers zwangsläufig große Bedeutung zukommen: Schließlich handelt es sich bei dem Franken Karl um denjenigen, durch den nach mittelalterlichen Vorstellungen eine Übertragung des Kaisertums stattfand. Im Rahmen dieser translatio imperii ad Francos ging das ursprünglich im Besitz der Römer befindliche Kaisertum auf die Franken und damit auch auf die Deutschen über.76 Somit entsprechen Umfang und Gewicht der Karlsgeschichte innerhalb der Kaiserchronik der „Bedeutung des großen Herrschers in der geschichtlichen und legendären Überlieferung.“77

4.1.2 Das Rolandslied des Pfaffen Konrad

Sowohl das Vorkommen als auch die Bedeutung der Person Karls des Großen im Rolandslied des Pfaffen Konrad ergeben sich grundsätzlich aus der Adaptation der französischen Chanson de Roland, über die der Verfasser im Epilog berichtet:

Diu matteria, diu ist scoene,

die süeze wir von im haben.

Daz buoch hiez er vor tragen,

gescriben ze den Karlingen. RL V. 9020-9023

Alsô ez an dem buoche gescrien stât

in franzischer zungen,

sô hân ich ez in die latîne betwungen,

danne in die tiutische gekêret. RL V. 9080-9083

Im Vergleich zur französischen Vorlage konnte Konrads Rolandslied in der Forschung eine Tendenz zur „Vergeistlichung“ nachgewiesen werden.78 Betrachtet man hingegen das gesamte Werk, entspricht der Handlungsverlauf dennoch weitestgehend der Chanson de Roland.79 Auch, wenn im Zentrum des Rolandslieds die Rolandssage um den Spanienfeldzug Karls des Großen (778 n. Chr.) und die Schlacht von Roncesvalles steht,80 handelt es sich bei dem Rolandslied zugleich um ein „Karlslied“81. Die Bedeutung der Person Kaiser Karls für das gesamte Werk zeigt sich bereits im Prolog, in dem Konrad deutlich macht, dass der Frankenkaiser nachfolgend im Zentrum der Erzählung stehen wird:

Dû sende mir ze munde

dîn heilege urkunde,

daz ich die lüge vermîde,

die wârheit scrîbe

von eineme tiurlîchem man,

wie er daz gotes rîche gewan.

Daz ist Karl, der keiser. RL V. 5-11

Diese Dominanz Karls innerhalb des gesamten Rolandslieds begründet Konrad vorrangig mit dessen Verdiensten im Einsatz gegen die Heiden:

Vor gote ist er,

want er mit gote überwant

vil manige heideniske lant,

dâ er die cristen hât mit gêret. RL V. 12-15

Entsprechend der Kreuzzugsthematik des Rolandslieds 82 kommt neben dem namensgebenden Helden Roland vor allem Karl dem Großen die zentrale Rolle in Konrads Rolandsstoff zu, da dieser als christlicher Kaiser den Feldzug gegen die Heiden in Spanien anführte.

4.1.3 Strickers Karl der Große

Ähnliches gilt für das Werk des Strickers, dessen Titel Karl der Große bereits auf die zentrale Bedeutung des Frankenkaisers innerhalb des Werks hinweist. Im Prolog umreißt der Stricker das Thema seiner Dichtung dann auch folgendermaßen:

nû wil ich mich niht verchunnen,

des ich hie han begunnen:

ich engenieze sin dar an

unde Karels des saeligen man,

des man vil (…) genozzen hat

unde nû aller erst ane gat,

daz man sin geniezzen sol. K V. 97-103

Als nachgewiesen gilt, dass sich der Stricker beim Verfassen seines Werkes im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts am Rolandslied des Pfaffen Konrad orientiert hat, um dieses zu „erneuern“:

Diz ist ein altez maere.

nu hât ez der Strichere

geniwet durch der werden gunst

di noch minnent höfesliche chunst. K V. 115-118

Diese „Erneuerung“ bezieht sich sowohl auf formale als auch auf inhaltliche Aspekte. Während sich die formalen Veränderungen vor allem auf eine zeitgenössische Anpassung der Reimtechnik und des Wortgebrauchs konzentrieren, lassen sich auf der inhaltlichen Ebene Umstellungen sowie Ergänzungen feststellen.83 Der grundlegende Erzählkern des Rolandslieds wird vom Stricker zwar überwiegend beibehalten, allerdings finden sich vor allem zu Beginn und gegen Ende des Werkes Variationen, die deutlich von Konrads Adaptation des Rolandslieds abweichen: „Bevor er sich dem aus Konrads ‚Rolandslied‘ bekannten Geschehen zuwendet, beschreibt der Stricker in einem rund 600 Verse umfassenden Zusatz Kindheit, Jugend und erste Taten Kaiser Karls.“84 Zwar steht auch in Strickers Karl der Große – gemäß seiner zentralen Quelle, dem Rolandslied85 der Kampf Kaiser Karls gegen die Heiden in Spanien im Vordergrund; allerdings weitet dieser seine Erzählung zu einer „regelrechten Heiligenvita [aus], die Karls gesamtes Leben – angefangen bei der Elternvorgeschichte, über Kindheit, Jugend und Reife bis zum Tod […] – umfaßt [sic!].“86

4.2 Karls Verhältnis zu Gott

Vor dem Hintergrund des historischen Karlsbildes im 12. und 13. Jahrhundert sowie der Kanonisation des Kaisers im Jahr 1165 und der Begründung derselben soll im nachfolgenden Textvergleich der drei Werke vor allem Karls Verhältnis zu Gott im Vordergrund stehen: Immerhin galt er als besonders frommer und – aus christlicher Sichtweise – idealer Herrscher. Darüber hinaus gedachte man seiner aber auch aufgrund seiner militärischen Erfolge, in deren Rahmen er als (vermeintlicher) Kreuzfahrer den christlichen Glauben verbreitete und somit zur Stärkung des Christentums beitrug. Die zu untersuchenden Motive ergeben sich dementsprechend zum einen aus dem bereits skizzierten historischen Karlsbild des 12. und 13. Jahrhunderts. Zum anderen handelt es sich bei ihnen um derart dominante Motive, dass sie in den Werken – unabhängig von ihrem Entstehungszeitraum – gleichermaßen präsent sind und diese prägen. Untersuchungsgegenstand dieses Textvergleiches sind von daher einseits Engelserscheinungen des Kaisers, die die besondere Unterstützung und die bevorzugte Stellung symbolisieren, die Karl von Gott aus zuteilwird. Diese Sonderstellung Karls lässt sich zudem daran nachvollziehen, dass die Gebete des Kaisers in entscheidenden bzw. ausweglos erscheinenden Situationen auf wundersame Weise erhört werden und in Erfüllung gehen. Darüber hinaus steht die Figur Karls als Kreuzfahrer und Märtyrer im Fokus der Untersuchung, da dieses Motiv im Jahr 1165 als ausschlaggebend für die Erhöhung Karls zum Heiligen angeführt wurde. Von besonderem Interesse ist hierbei auch, inwiefern Karl selbst aktiv in das Kampfgeschehen eingreift. Daran anschließend erfolgt eine Einschätzung, ob und inwiefern Karl der Große in den drei Werken als Heiliger dargestellt wird. Diese Untersuchungsergebnisse bilden die Grundlage dafür, das in den Werken jeweils dominante Herrschermodell Karls zu bestimmen.

4.2.1 Das Erscheinen von Engeln als Zeichen der göttlichen Unterstützung

In allen drei Werken wird davon berichtet, dass dem Kaiser Engel erscheinen. Dabei tauchen die Engel jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf und erfüllen ihrerseits wiederum unterschiedliche Funktionen innerhalb der Werke. Am häufigsten fällt ihnen dabei die Aufgabe zu, als göttliche Boten den Wunsch Gottes zu verkünden, um Karl somit zum Ausführer des göttlichen Willens zu machen. Besonders präsent ist diese Funktion der Engelserscheinung im Karlsteil der Kaiserchronik: Alle Auftritte von Engeln haben das Ziel, Karl zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Erstmalig zeigt sich dies zu Beginn des Karlsteils, in dem Karl als junger Mann noch nicht den Titel des Königs trägt:

Aines nahtes, dô Karl enslief,

ain stimme drîestunt zuo im rief:

‘wol ûf, Karl liebe!

ze Rôme var dû sciere!

dich vordert dîn pruoder Lêô.‘ Kchr V. 14316-14320

Als gottesfürchtiger und gehorsamer Christ kommt Karl diesem göttlichen Auftrag ohne zu zögern nach und reist zunächst als Pilger nach Rom zu Papst Leo, welcher im Rahmen der Kaiserchronik als Bruder Karls vorgestellt wird (vgl. dazu Kap. 5.2). In der Folge wird er in Rom auf Wunsch Leos, der Römer und auch Gottes zunächst zum König gekrönt:

Dô manet er got von himele,

ob er dar zuo niht frum newâre,

daz er dar niemer an kôme.

Do enphiench er diu rêgâlîâ.

Ûf sazten si im sâ

ain vil tiurlîche crône. Kchr V. 14373-14378

Dass Karl dem vom Engel überbrachten Auftrag gehorcht und sich direkt nach Rom begibt, wird auf diese Weise zur Voraussetzung für seine unerwartete Erhebung zum König. Zugleich offenbart sich hierin der Wille Gottes, der Karl für den Königstitel als würdig erachtet und ihn deswegen nach Rom – in das Zentrum des ehemaligen Römischen Reiches – schickt, sodass er dort die Königskrone aus der Hand der Römer verliehen bekommt. Nach seiner Krönung zum Kaiser (vgl. dazu Kap. 2.2.2) beginnt Karl, die politisch-kirchlichen Verhältnisse neu zu ordnen. Auch diese Neuordnung geschieht wiederum auf Anordnung Gottes, der Karl zu diesem Zweck einen Engel sendet, um ihm das fortan gültige Recht diktieren zu lassen:

Karl sazte dô die pfahte,

der engel si im vor tihte,

die wâren rede von gote.

Des half im der himeliske bote

vil dike tougenlîche.

Der kaiser alsô rîche

verliez uns manegiu reht guot,

diu im diu gotes deumuot

vor wîssagete,

want er diu rîche habete

mit michelen êren. Kchr V. 14757-14767

Das besondere Verhältnis zwischen Gott und Karl führt in dieser Episode dazu, dass Karl in einer „Moses ähnlichen Rolle“87 zwar in seiner kaiserlichen Funktion als oberster weltlicher Gesetzgeber auftritt, dabei allerdings an die Weisungen Gottes, die ihm in der Gestalt eines Engels kundgetan werden, gebunden ist: Auf diese Weise wird Karl „durch das direkte Eingreifen Gottes […] zum auserwählten Werkzeug des Himmels“88. Mit dieser außergewöhnlichen Stellung Karls geht neben der Pflicht zum Gehorsam gegenüber den göttlichen Weisungen allerdings auch das Privileg des göttlichen Beistandes einher. Nachdem es dem heidnischen König von Galizien gelungen war, das gesamte christliche Heer bis auf Karl selbst zu töten, beklagte Karl seine Sünden und verzweifelte aufgrund der eigenen aussichtslosen Lage. In diesem Moment spendet Gott dem Kaiser – erneut in Gestalt eines Engels – Trost und eröffnet ihm eine Möglichkeit, sich an den Heiden zu rächen:

Der engel getrôst in dô,

er sprach: ‘Karl got liebe,

dîn froude kumt dir sciere.

Haiz die boten îlen

nâch magetlîchen wîben –

di gehîten lâ dâ haime –:

got wil sîne tugent dar an rescainen.

Wil dû got vurhten unt minnen,

die megede suln dir dîn êre wider gewinnen.‘ Kchr V. 14930-14938

Karl, der den Worten des Engels Folge leistet und gegen die Heiden ein Heer aus Jungfrauen aufstellen lässt, wird in der Folge damit belohnt, dass sich der heidnische König kampflos ergibt und sich zum Christentum bekehrt (vgl. Kchr V. 14979ff.).

Im Rolandslied des Pfaffen Konrad treten Engel insgesamt wesentlich öfter in Erscheinung als im Karlsteil der Kaiserchronik. Dabei findet sich mit dem Verweis auf die von Gott diktierte Gesetzgebung Karls auch eine zentrale Funktion wieder, die das Erscheinen des Engels in der Kaiserchronik prägt:

Er was recht richtaere.

er lêrte uns die phachte,

der engel si imo vore tichte.

er konde elliu recht. RL V. 702-705

Dennoch zeigt sich im direkten Vergleich beider Werke, dass dem Erscheinen der Engel wesentlich vielfältigere Funktionen zu Grunde liegen. Deutlicher als noch in der Kaiserchronik wird im Rolandslied Karls gesamtes Kreuzzugsvorhaben gegen die (spanischen) Heiden (vgl. dazu Kap. 2.2.3) durch das Erscheinen des Engels göttlich legitimiert:

dô sach er mit flaisclîchen ougen

den engel von himele.

er sprach zuo dem küninge:

‘Karl, gotes dienestman,

île in Yspaniam!

got hât dich erhoeret,

daz liut wirdet bekêret.‘ RL V. 52-58

Zugleich verleiht der Engel den Kreuzfahrern eine göttliche Absolution von etwaigen Sünden wie bspw. Mord, da diejenigen Heiden, die sich nicht von Karl bekehren lassen wollen, des tiuveles kint […] unt allesamt verlorn [sint] (vgl. RL V. 59ff.). Karl selbst beruft sich dementsprechend im Verlauf des Rolandslieds darauf, dass die Engel Gottes mit den im göttlichen Auftrag handelnden Kreuzfahrern sind (vgl. RL V. 1531-1536) und jedem rechtschaffenen und gottesfürchtigen Christen beistehen werden (vgl. RL V. 3013-3019). Auch für die Feinde Karls scheint es keinen Anlass dafür zu geben, am göttlichen Auftrag des Kaisers zu zweifeln:

waenest dû, daz ez der kaiser tuo?

got vordert ez ime zuo.

sînen boten von himel

sendet er zuo deme künige,

der gebiutet ime die herevart. RL V. 1796-1800

[...]


1 Bastert, Bernd: Einleitung. In: Karl der Große in den europäischen Literaturen des Mittelalters. Konstruktion eines Mythos, hg. von Bernd Bastert. Tübingen: Max Niemeyer 2004, S. IX-XVII, hier: S. IX.

2 Philipp, Marcel: Vorwort. In: Karl der Große/ Charlemagne: Orte der Macht. Essays, hg. von Frank Pohle. Dresden: Sandstein 2014, S. 12-13, hier: S. 12.

3 Vgl. ebd.

4 Bastert 2004: S. IX.

5 Vgl. Kerner, Max: Mythos Karl. Wie die Nachwelt Karl den Großen sieht. In: Karl der Große/ Charlemagne: Orte der Macht. Essays, hg. von Frank Pohle. Dresden: Sandstein 2014, S. 400-407, hier: S. 400.

6 Bastert 2004: S. X.

7 Da sich die Jahreszahlen innerhalb dieser Arbeit allesamt auf den Zeitraum nach Christi Geburt beziehen, wird im laufenden Text auf den Zusatz „n. Chr.“ verzichtet.

8 Vgl. Tischler, Matthias: Karl der Große in der Erinnerung des 8. bis 10. Jahrhunderts. In: Karl der Große/ Charlemagne: Orte der Macht. Essays, hg. von Frank Pohle. Dresden: Sandstein 2014, S. 408-417, hier: S. 408.

9 Vgl. ebd.: S. 416.

10 Görich, Knut: Die Heiligsprechung Karls des Großen. In: Karl der Große/ Charlemagne: Orte der Macht. Essays, hg. von Frank Pohle. Dresden: Sandstein 2014, S. 418-425, hier: S. 424.

11 Schütte, Bernd: Karl der Große in der Geschichtsschreibung des hohen Mittelalters. In: Karl der Große in den europäischen Literaturen des Mittelalters. Konstruktion eines Mythos, hg. von Bernd Bastert. Tübingen: Max Niemeyer 2004, S. 223-246, hier: S. 223.

12 Görich 2014: S. 418.

13 Ebd.

14 Bastert 2004: S. IX.

15 Kerner 2014: S. 403.

16 Vgl. Schütte 2004: S. 245.

17 Müller, Harald: Mittelalter. Berlin: Akademie 2008 (=Akademie Studienbücher Geschichte), S. 132.

18 Vgl. ebd.: S. 133.

19 Schütte 2004: S. 245.

20 Vgl. Geith, Karl-Ernst: Carolus Magnus. Studien zur Darstellung Karls des Großen in der deutschen Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts. München: Francke 1977 (= Bibliotheca Germanica 19), S. 58.

21 Pohl, Monika: Untersuchungen zur Darstellung mittelalterlicher Herrscher in der deutschen Kaiserchronik des 12. Jahrhunderts. Ein Werk im Umbruch von mündlicher und schriftlicher Tradition. München: Ludwigs-Maximilians-Universität 2004, S. 37.

22 Vgl. Bastert 2004: S. IX-X.

23 Green, Dennis: Terminologische Überlegungen zum Hören und Lesen im Mittelalter. In: Eine Epoche im Umbruch. Volkssprachliche Literalität 1200-1300, hg. von Christa Bertelsmeier-Kierst und Christopher Young. Tübingen: Niemeyer 2003, S. 1-22, hier: S. 7.

24 Dem Mythos-Begriff dieser Arbeit liegt die Definition nach Jan und Aleida Assmann zugrunde, nach der es sich bei einem Mythos um einen kulturellen Leistungswert handeln kann, der sich als legitimierende, fundierende und weltmodellierende Erzählung umschreiben lässt. Charakteristisch für diesen Typus ist die lebenspraktische Einbindung, da er für eine Gesellschaft im Allgemeinen oder einzelne Gruppen im Besonderen kulturell bedeutsam und identitätsstiftend ist, vgl. dazu Assmann, Aleida/ Assmann, Jan: Mythos. In: Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe, hg. von Hubert Cancik, Burkhard Gladigow und Karl-Heinz Kohl. Bd. IV: Kultbild – Rolle. Stuttgart/ Berlin/ Köln: Kohlhammer 1998, S. 179-200. Unter einem solchen Mythos-Begriff kann auch ein Großteil der jeweils unterschiedlichen Ausprägungen des mittelalterlichen Karl-Stoffes subsumiert werden, vgl. Bastert 2004: S. XV.

25 Schröder, Edward (Hg.): Kaiserchronik eines Regensburger Geistlichen. Hannover: 1892 (=MGH Deutsche Chroniken I), im Folgenden zitiert als ‚Kchr‘ mit entsprechender Versangabe.

26 Kartschoke, Dieter (Hg.): Das Rolandslied des Pfaffen Konrad. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam 2011, im Folgenden zitiert als ‚RL‘ mit entsprechender Versangabe.

27 Weber, Stefanie: Strickers Karl der Große. Analyse der Überlieferungsgeschichte und Edition des Textes auf Grundlage von C. Hamburg: Dr. Kovac 2010, im Folgenden zitiert als ‚K‘ mit entsprechender Versangabe.

28 Pohl 2004: S. 36.

29 Vgl. Bastert, Bernd: „der Cristenheyt als nücz als kein czelffbott“: Karl der Große in der deutschen erzählenden Literatur des Mittelalters. In: Karl der Große in den europäischen Literaturen des Mittelalters. Konstruktion eines Mythos, hg. von Bernd Bastert. Tübingen: Max Niemeyer 2004, S. 127-147, hier: S. 128.

30 Bastert, Bernd: Heros und Heiliger. Literarische Karlsbilder im mittelalterlichen Frankreich und Deutschland. In: Karl der Große und das Erbe der Kulturen, hg. von Franz-Reiner Erkens. Berlin: Akademie 2001, S. 197-220, hier: S. 201.

31 Vgl. Geith 1977: S. 164.

32 Einen Überblick zur Erforschung der Kaiserchronik bietet Pohl 2004: S. 12ff.; Bastert (2010) fasst den aktuellen Forschungsstand zum Rolandslied und Karl der Große sowie die gängigsten Thesen zu Genese, Lokalisierung und Datierung zusammen, vgl. dazu Bastert, Bernd: Helden als Heilige. Chanson de geste-Rezeption im deutschsprachigen Raum. Tübingen/ Basel: Francke 2010 (=Bibliotheca Germanica 54), S. 78ff.

33 Vgl. Paris, Gaston: Histoire poétique de Charlemagne. Paris: 1865.

34 Folz, Robert: Le Souvenir et la Légende de Charlemagne dans l´Empire germanique médiéval. Études sur le culte liturgique de Charlemagne dans les églises de l´empire. Paris: 1950.

35 Vgl. Pohl 2004: S. 34ff.

36 Vgl. Geith 1977.

37 Vgl. Bastert 2001; Bastert 2003; Bastert 2004; Bastert 2010; Bastert 2015.

38 Becher, Matthias: Karl der Grosse. 6. Aufl. München: Beck 2014.

39 Fried, Johannes: Karl der Grosse – Gewalt und Glaube. Eine Biographie. München: Beck 2013.

40 Hartmann, Wilfried: Karl der Große. 2. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer 2015.

41 Mayer, Hans Eberhard: Geschichte der Kreuzzüge. 10. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer 2005.

42 Vgl. Becher 2014: S. 118.

43 Fried 2013: S. 597.

44 Vgl. Becher 2014: S. 119.

45 Hartmann 2015: S. 250.

46 So berichten Quellen bereits lange vor dem ersten Kreuzzug davon, dass Karl von seiner Pilgerfahrt wertvolle Reliquien aus dem Heiligen Land mitgebracht habe, vgl. dazu Hartmann 2015: S. 250f.

47 Vgl. Görich, Knut: Kanonisation als Mittel der Politik? Der heilige Karl und Friedrich Barbarossa. In: Karlsbilder in Kunst, Literatur und Wissenschaft. Akten eines interdisziplinären Symposi-ons anlässlich des 1200. Todestages Kaiser Karls des Großen, hg. von Franz Fuchs und Dorothea Klein. Bd. 1. Würzburg: Königshausen & Neumann 2015 (=Rezeptionskulturen in Literatur- und Mediengeschichte), S. 95-114, hier: S. 96.

48 Ebd.: S. 97.

49 Vgl. Hartmann 2015: S. 253f.

50 Vgl. Fried 2013: S. 614.

51 Vgl. Hartmann 2015: S. 254.

52 Fried 2013: S. 611.

53 Hartmann 2015: S. 260.

54 Vgl. Becher 2014: S. 120.

55 Vgl. Bastert 2004: S. 130.

56 Die folgenden Ausführungen sollen – und können – keine reinen Handschriftenbeschreibungen bieten. Konkrete Informationen zur Überlieferung aller drei Werke sowie weiterführender Spezialliteratur finden sich digital im Handschriftencensus (https://www.handschriftencensus.de/). Eine Übersicht über die überlieferten Handschriften und Fragmente der Texte (Stand: 31.12.2009) findet sich ebenfalls bei Bastert 2010: S. 458ff.

57 Pohl 2004: S. 7.

58 Vgl. dazu das gemeinschaftliche Kaiserchronik-Projekt der Universitäten Cambridge, Heidelberg und Marburg: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/de/kcd/kaiserchronik.html [zuletzt eingesehen am 20.12.2021].

59 Vgl. Bastert 2004: S. 130.

60 Pohl 2004: S. 7.

61 Vgl. Bastert 2004: S. 134.

62 Vgl. ebd.

63 Vgl. ebd.: S. 134f.

64 Bastert 2010: S. 288.

65 Vgl. ebd.: S. 289.

66 Vgl. Bastert, Bernd: Konrads „Rolandslied“ und Strickers „Karl der Große“: Unterschiede in Konzeption und Überlieferung. In: Eine Epoche im Umbruch. Volkssprachliche Literalität 1200-1300, hg. von Christa Bertelsmeier-Kierst und Christopher Young. Tübingen: Max Niemeyer 2003, S. 91-110, hier: S. 98.

67 Ebd.: S. 91f.

68 Vgl. Bastert 2004: S. 138.

69 Ebd.: S. 137f.

70 Vgl. Bastert 2010: S. 292.

71 Bastert 2004: S. 128.

72 Umstritten ist, ob es sich um einen einzigen oder mehrere Verfasser handelt. In der neueren Forschung hat sich die Meinung durchgesetzt, dass von einem Autorenteam geistlich Gebildeter ausgegangen werden kann, vgl. dazu Pohl 2004: S. 10ff.; Bastert 2004: S. 128.

73 Dadurch, dass die Kaiserchronik vorrangig die (römische) Reichsgeschichte betrachtet, weicht sie von der bis dahin gängigen Gliederung der Geschichte in Weltalter (aetates mundi) ab, vgl. dazu Rubel, Alexander: Caesar und Karl der Große in der Kaiserchronik. Typologische Struktur und die translatio imperii ad Francos. In: Antike und Abendland 47 (2001), H. 1, S. 146-163, hier: S. 146.

74 Darüber hinaus entspricht die Anzahl der genannten Kaiser ebenfalls nicht den historischen Tatsachen. Nach Ohly werden die Herrscherfiguren innerhalb der Kaiserchronik vor allem durch ein Netz typologischer Beziehungen zusammengehalten, vgl. Ohly, Friedrich: Sage und Legende in der Kaiserchronik. Untersuchungen über Quellen und Aufbau der Dichtung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1968, S. 17ff.

75 Geith 1977, S. 83.

76 Vgl. Rubel 2001, S. 156f.

77 Geith 1977, S. 83.

78 Vgl. Geith 1977, S. 90; Bastert 2004, S. 131ff.; Bastert 2010, S. 272ff.

79 Vgl. Bastert 2004, S. 130.

80 Zur Rolandssage vgl. Ohly, Friedrich: Die Legende von Karl und Roland. In: Studien zur frühmittelhochdeutschen Literatur, hg. von Leslie Peter Johnson, Hans-Hugo Steinhoff und Roy Albert Wisbey. Berlin: Erich Schmidt 1974, S. 292-343, hier: S. 292ff.

81 Bastert 2004, S. 131.

82 Vgl. Bastert 2004, S. 133.

83 Vgl. ebd.: S. 135.

84 Ebd.

85 Dass es sich bei Strickers Karl der Große nicht um eine bloße „Kopie“ des Rolandslieds handelt, zeigt sich daran, dass ebenfalls viele andere – Karl dem Großen gewidmete – Werke der europäischen Literatur Eingang in das Werk des Strickers gefunden haben. Dennoch kommt dem Rolandslied des Pfaffen Konrad die Bedeutung der zentralen und wichtigsten Quelle zu, vgl. dazu Bastert 2003: S. 94.

86 Bastert 2004: S. 137.

87 Bastert 2004: S. 129.

88 Geith 1977: S. 58.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Karlsmythen. Die Darstellung Karls des Großen in der "Kaiserchronik", Pfaffen Konrads "Rolandslied" und Strickers "Karl der Große"
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Note
1,0
Autor
Jahr
2022
Seiten
88
Katalognummer
V1188364
ISBN (eBook)
9783346627186
ISBN (eBook)
9783346627186
ISBN (eBook)
9783346627186
ISBN (Buch)
9783346627193
Sprache
Deutsch
Schlagworte
karlsmythen, darstellung, karls, großen, kaiserchronik, pfaffen, konrads, rolandslied, strickers, karl, große
Arbeit zitieren
Julian Kroth (Autor:in), 2022, Karlsmythen. Die Darstellung Karls des Großen in der "Kaiserchronik", Pfaffen Konrads "Rolandslied" und Strickers "Karl der Große", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1188364

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