Kinder psychisch kranker Eltern. Interventionen zur Stärkung der Resilienz


Hausarbeit, 2021

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffserklärung und Relevanz
2.1 Definition „psychische Störung“
2.2 Familiäre Transmission psychischer Störungen
2.3 Definition Resilienz

3 Resilienzforschung
3.1 Allgemeine Schutzfaktoren
3.2 Spezifische Schutzfaktoren Kinder psychisch kranker Eltern

4 Interventionen zur Stärkung der Resilienz
4.1 Ressourcenaktivierung
4.1.1 Aktivierung personaler Ressourcen
4.1.2 Förderung und Entwicklung familiärer Ressourcen
4.1.3 Aktivierung sozialer Ressourcen
4.2 Psychoedukation und Bibliotherapie

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Psychische Erkrankungen der Eltern können die psychosoziale Entwicklung des Kindes nachhaltig beeinträchtigen. Auch wenn Kinder noch klein sind, nehmen sie bewusst wahr, wie sich ihre Eltern verhalten. Wenn diese ohne Grund wütend sind, weinen, sich streiten, nach Alkohol riechen oder Termine vergessen, kann das für Kinder sehr irritierend und verstörend wirken. Häufig sind Eltern mit psychischen Störungen aufgrund ihrer Erkrankung mit der Erziehung ihrer Kinder und dem Familien- bzw. Berufsalltag überfordert. Dies kann dazu führen, dass die emotionalen Grundbedürfnisse ihrer Kinder nach Nähe und Zuneigung nicht optimal erfüllt werden. Oftmals sind es auch Probleme wie Geldsorgen, Loyalitätskonflikte und Suizid- oder Trennungsängste, die Kinder psychisch kranker Eltern belasten und verängstigen.

Trotz widrigster Lebensumstände und schwerer Risikobelastung entwickeln sich jedoch viele Kinder psychisch kranker Eltern zu selbstsicheren, leistungsstarken und kompetenten Persönlichkeiten. Es sind resiliente Kinder, die über bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen, um solche Belastungen erfolgreich zu bewältigen. In dieser Arbeit soll deswegen der Fragestellung nachgegangen werden, auf welche Fähigkeiten und Ressourcen es hierbei genau ankommt, um mit solchen Belastungen bestmöglich umgehen zu können und welche Interventionen unternommen werden können, um die Resilienz von Kindern psychisch kranker Eltern zu stärken.

Zuallererst soll hierfür die Relevanz für die Psychologie dargestellt und die Begriffe der „psychischen Störung“ und der Resilienz definiert werden. Zum besseren Verständnis wird auch auf die familiäre Transmission psychischer Krankheiten eingegangen. Die Wichtigkeit der Resilienzforschung wird am Beispiel der Kauai-Längsschnittstudie hervorgehoben, die als die bekannteste, größte und längste systematische Untersuchung zum Phänomen der Resilienz angesehen wird. Mit Hilfe solcher Studien konnte bereits eine Reihe von schützenden Faktoren identifiziert werden. Die Kenntnis solcher Schutzfaktoren ist für die Entwicklung von Präventions- und Interventionsmaßnahmen von großer Bedeutung. Auf solche resilienzfördernden und ressourcenaktivierenden Interventionen wird im letzten Abschnitt eingegangen und ein abschließendes Fazit aus den zentralen Ergebnissen gezogen.

2 Begriffserklärung und Relevanz

Psychische Erkrankungen sind keine Seltenheit, sondern kommen in der Gesamtbevölkerung häufig vor. Die Metaanalyse von Steel und Kollegen (2014) ergab, dass weltweit im Schnitt 29,2% der erwachsenen Bevölkerung im Laufe des Lebens unter einer psychischen Störung leidet. Wie viele dieser Erkrankten Eltern sind, ist nur schwer abschätzbar, da repräsentative und zuverlässige Daten darüber rar sind (Schneider & Margraf, 2019, S. 889). Die „National Comorbidity Study“, die Daten von 5877 Bürgern der USA miteinbezog, ergab, dass 65% der weiblichen Befragten und 52% der männlichen Befragten mit psychischen Störungen Kinder haben (Nicholson, Larkin, Simon, & Banks, 2001). Dies gibt einen ungefähren Anhaltspunkt von welcher Größenordnung ausgegangen werden kann.

Einen Elternteil mit einer psychischen Erkrankung zu haben, ist ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung psychischer Probleme bei deren Kindern. Psychische Erkrankungen kommen in Familien oftmals gehäuft vor. Für die Risikoerhöhung spielen verschiedene Faktoren, wie der Erkrankungstyp, der Schweregrad der elterlichen Erkrankung sowie das Ersterkrankungsalter eine Rolle (Mattejat & Remschmidt, 2008, S. 414) In der Studie von Wiegand-Grefe und Kollegen (2009) wurden im Rahmen einer Elternbefragung psychopathologische Auffälligkeiten von Kindern psychisch kranker Eltern untersucht. Sie kamen zu dem Schluss, dass betroffene Kinder eine drei- bis zu siebenfach erhöhte Auffälligkeitsrate gegenüber der Allgemeinbevölkerung aufweisen. Etwa ein Drittel der untersuchten Kinder mit einem psychisch kranken Elternteil wurde als klinisch auffällig bewertet und 14% waren im klinischen Grenzbereich. Diese alarmierenden Zahlen rechtfertigen die Relevanz für die Psychologie und die vermehrte Forschungstätigkeit in den letzten Jahrzehnten.

Solche Risikokonstellationen führen jedoch nicht unmittelbar zu Entwicklungsrisiken oder psychischen Störungen, sondern interagieren mit der Vulnerabilität oder Resilienz des Kindes (Wiegand-Grefe, Geers, Plaß, Petermann, & Riedesser, 2009, S. 113). Die meisten psychischen Erkrankungen von Eltern wirken sich unspezifisch, also als Belastung, auf die kindliche Entwicklung aus, was darauf schließen lässt, dass auf den zugrundeliegenden schützenden Resilienzprozess förderlich eingegriffen werden kann. (Pretis, 2020, S. 206). Bevor auf die protektiven Faktoren von Kindern psychisch kranker Eltern und Interventionsmöglichkeiten zur Stärkung der Resilienz eingegangen werden kann, bedarf es noch einer genaueren Definition einiger Begriffe.

2.1 Definition „psychische Störung“

Eine psychische Krankheit ist wissenschaftlich nicht eindeutig definierbar. Das US-amerikanische DSM-5 Manual (Falkai & Wittchen, 2018, S. 26) definiert das Konstrukt der „psychischen Störung“ als ein Syndrom, welches durch klinisch bedeutsame Störungen in der Kognition, der Emotionsregulation oder des Verhaltens einer Person charakterisiert ist. Diese sind Ausdruck von dysfunktionalen psychologischen, biologischen oder entwicklungsbezogenen Prozessen, die psychischen und seelischen Funktionen zugrunde liegen. Psychische Störungen sind typischerweise verbunden mit bedeutsamen Leiden oder Behinderung hinsichtlich sozialer, berufsbezogener und anderer wichtiger Aktivitäten.

Lenz und Brockmann (2013) geben zum besseren Verständnis Beispiele und sprechen von einer psychischen Krankheit, wenn die Betroffenen unter psychischen Zuständen, wie beispielsweise Ängsten oder depressiven Gefühlen leiden, den Kontakt zur Realität verlieren, wie zum Beispiel durch Stimmenhören und Wahnvorstellungen, oder die Fähigkeit zur Selbstkontrolle, wie beispielsweise bei Essstörungen und Suchterkrankungen, andauernd verloren gegangen ist. Zur Einschätzung, ob eine psychische Störung vorliegt, wird die Stärke und Anzahl der Symptome, das Ausmaß der mit den Symptomen einhergehenden psychischen und sozialen Beeinträchtigungen, das Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung sowie die Dauer der Symptomatik und der Beeinträchtigungen herangezogen (Lenz & Brockmann, 2013, S. 13).

Die Grenze zwischen „krank“ und „gesund“ ist in vielen Bereichen jedoch fließend und nicht grundlagenwissenschaftlich eindeutig definierbar. Menschen, die es schaffen, sich den wechselnden Anforderungen und Herausforderungen anzupassen und den elementaren Funktionsaufgaben des Alltagslebens gerecht zu werden, werden gewöhnlich als „psychisch gesund“ angesehen. Wenn aber psychische Probleme die Fähigkeiten eines Menschen zu oft, zu lange oder zu massiv beeinträchtigen, sodass es bei alltäglichen Anforderungen zu Hause oder in der Arbeit zu Schwierigkeiten kommt, oder gesellschaftliche oder persönliche Ziele nicht erreicht werden können, wird unter Vorliegen bestimmter Kriterien von sogenannten „psychischen Störungen“ gesprochen (Wittchen & Hoyer, 2011, S. 8).

2.2 Familiäre Transmission psychischer Störungen

Bekannt ist, dass psychische Störungen innerhalb von Familien gehäuft vorkommen. Es wird davon ausgegangen, dass diese familiäre Transmission psychischer Krankheiten, sowohl risikomodulierende Gene als auch familiäre und individuumsspezifische Faktoren eine Rolle spielen (Wittchen & Hoyer, 2011, S. 93).

Eine interessante Studie zur Anlage-Umwelt-Interaktion für die Entstehung von Depressionen kommt von Caspi et al. (2003). Es wurde untersucht, warum stressvolle Lebensereignisse bei manchen Menschen zu Depressionen führen, bei anderen jedoch nicht. Ihre Analyse basiert auf den Daten einer der größten Kohortenstudien der Welt mit über 1000 Kindern, die von ihrer Geburt bis ins Erwachsenenalter beobachtet wurden. Die Forschung konnte nachweisen, dass die Auswirkungen von Lebensereignissen und Genotypausprägungen miteinander interagieren und in einem multiplikativen Verhältnis stehen.

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Details

Titel
Kinder psychisch kranker Eltern. Interventionen zur Stärkung der Resilienz
Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule
Note
2,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
17
Katalognummer
V1188817
ISBN (eBook)
9783346620033
ISBN (Buch)
9783346620040
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Resilienz, Kinder, psychisch kranke Eltern, Interventionen, familiäre Transmission, Schutzfaktoren, Ressourcenaktivierung, Risikofaktoren, Resilienzforschung, Bibliotherapie
Arbeit zitieren
Martina Süss (Autor:in), 2021, Kinder psychisch kranker Eltern. Interventionen zur Stärkung der Resilienz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1188817

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