Entwicklungen auf dem Fleischmarkt. Wirtschaftssoziologische und ökonomische Konzepte


Seminararbeit, 2021

14 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitende Gedanken

2. Soziologische Einordnung

3. Ereignisse und Bewegungen auf dem Fleischmarkt

4. Wirtschaftssoziologische Perspektive: Jens Beckert

5. Anwendung: Wirtschaftssoziologische Perspektive

6. Eine ökonomische Perspektive: Das „Lemons-Modell“ nach Akerlof (1970)

7. Anwendung: Ökonomische Perspektive

8. Erkenntnisse

9. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitende Gedanken

Eine Meldung vom 10. Dezember 2020: „Lidl erhöht nach Protesten Preise für Schweinefleisch“ (Zeit 2020). Ein paar Wochen später, genau am 4. Februar 2021 wird vermeldet: „Lidl senkt Preise für Schweinefleischprodukte wieder“ (Zeit 2021). Was steckt hier dahinter?

Auf dem Markt für Fleischprodukte spielen sich interessante Vorgänge ab. Diese Produktkategorie ist in den letzten Monaten und Jahren immer Teil einer gesellschaftlichen und politischen Diskussion gewesen. Es geht dabei zum Beispiel um die gehandelten Preise, die Arbeitsbedingungen und -löhne, Massentierhaltung und Tierquälerei, die Rolle des Konsumenten oder um alternative Ernährungsweisen, wie der Umstieg auf Bio-Produkte oder (kompletter) Verzicht auf Fleischprodukte. Bei all der Diskussion drängen sich meist die gleichen Fragen in den Vordergrund. Wo liegt der faire Preis? Welche Verantwortung liegt beim Konsumenten, welche beim Produzenten? Wie kann der Staat versuchen, positiv Einfluss zu nehmen und wo liegen die Grenzen einer staatlichen Intervention? Ziel dieser Arbeit ist es, unter Anwendung ausgewählter Konzepte aus der Ökonomik und Wirtschaftssoziologie herauszufinden, inwieweit sich manche Fragen, Prozesse und Entwicklungen in der vorgestellten Thematik erfassen oder sogar erklären lassen. Wo liegen die Stärken und Schwächen in der Erklärkraft der Konzepte?

Nach den einführenden Gedanken soll im nächsten Abschnitt die Gliederung dieser Arbeit vorgestellt werden. Im Hauptteil sollen zu Beginn Entwicklungen und Prozesse auf dem Fleischmarkt dargelegt werden. Weiter wird dann mit Beckerts Konzept zum einen eine wirtschaftssoziologische Sichtweise, zum anderen mit dem Lemons-Modell ein rein ökonomischer Beitrag vorgestellt werden. Anschließend soll geprüft werden, inwiefern sich bestimmte Dynamiken und Prozesse erklären oder beschreiben lassen, also wie es um die Anwendbarkeit der Konzepte auf ein empirisches Phänomen steht. Bevor es aber an die thematische Darlegung geht, soll noch eine soziologische Einordnung des verwendeten Konzeptes erfolgen.

2. Soziologische Einordnung

Die Wirtschaftssoziologie ist ein Teilbereich der Soziologie, in dem es um wirtschaftliche Vorgänge geht. Hierbei ist etwa der Tausch, die Entstehung der Marktformen, die Bildung und Verteilung von Eigentum, Arbeitsteilung, Industrialisierung und wirtschaftliches Wachstum oder ökonomische Herrschaft gemeint. Teil der Wirtschaftssoziologie ist der Fokus auf wirtschaftliche Vorgänge und Strukturen als Teil gesellschaftlicher Prozesse. Konzepte aus der Wirtschaftssoziologie stehen meist in Konkurrenz zu ökonomischen Sichtweisen und Konzepten.

Beckerts Beitrag, der hier behandelt werden soll, lässt sich in der Marktsoziologie verordnen. Dies ist eine Teildisziplin der Wirtschaftssoziologie. Die Marktsoziologie ist eine „Bezeichnung für die soziologische Beschäftigung mit ökonomischen Sachverhalten, insbesondere den sozialen Bedingungen wirtschaftlicher Vorgänge (Marktmacht, Normen rationalen Verhaltens, Organisation von Märkten).“ (Wienold 2011, 424). Marktsoziologische Beiträge zeichnen sich durch ihre kritische Sicht auf die geltenden Modellannahmen in der ökonomischen Theorie aus.

3. Ereignisse und Bewegungen auf dem Fleischmarkt

Nun sollen vergangene und teils aktuelle Bewegungen des Fleischmarktes dargelegt werden. Wie zu Beginn angesprochen, spielt der gehandelte Preis eine sehr große Rolle. Preise für Fleisch (vor allem Schweinefleisch) werden hierzulande als sehr günstig angesehen. So sind es zum Beispiel Landwirte, welche höhere Preise fordern. Lidl‘s Begründungen, warum der Solidarzuschlag und damit die Erhöhung des Preises sehr kurzfristig wieder gekippt wurde, waren folgende: „Die Entwicklung der vergangenen Wochen hat gezeigt, dass der Markt unserem Preissignal nicht gefolgt ist“ und „Dadurch ist uns ein erheblicher Wettbewerbsnachteil entstanden.“ sowie „Ab sofort müssen wir uns im Schweinepreissegment wieder dem Marktniveau anpassen“ (Zeit 2021). Es entsteht die Frage, warum eine Preiserhöhung nicht greift und wie solche niedrigen Preise im Fall des Schweinefleisches überhaupt entstehen und bestehen können. Ein Grund für den kleineren Preis ist der gesunkene Arbeitsaufwand (oft durch günstige Leiharbeiter geleistet), was vor allem auf die fortgeschrittene Industrialisierung der Produktion zurückzuführen ist und der damit verbundenen Massenproduktion (FAZ 2020). Zudem wird der Preis durch das herrschende Überangebot gedrückt. So werden in Deutschland circa ein Fünftel mehr Schweine gemästet, als rechnerisch selbst verzehrt werden. Durch niedrige Preise können Discounter mehr Kunden in die Geschäfte locken (SWR 2017). Fest steht, dass Preise eine Art Signalwirkung für Käufer haben. Einer Studie von „foodwatch“ zufolge sind die Preise verzerrt. Die Preise in der Lebensmittelbranche würden oft nicht die Qualität und die Kosten des Produktes widerspiegeln (Foodwatch 2004). Doch wie würden höhere Preise für den Käufer angenommen werden? Durch diverse Umfragen entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass die Menschen durchaus bereit wären, höhere Preise zu akzeptieren, wenn sich dadurch Kriterien wie Qualität, Tierhaltung oder Arbeitsbedingungen verbessern. Dahingegen berichtet Aldi Süd gegenüber dem Handelsblatt aber: „In der Realität spüren wir eine andere Entwicklung. Wir bemerken, dass die Kunden in der Regel eher zu Fleisch von konventionell gehaltenen Tieren greifen.“ (Förster 2020). Inwieweit man also den Aussagen der Verbraucher hier trauen kann, ist fraglich. Wenn es um die angebotene und dann auch nachgefragte Menge an Fleisch geht, dann sieht man Fleisch aus konventioneller Haltung gegenüber Bio-Fleisch aus ökologischer Haltung klar im Vorteil.

Offensichtlich bietet dieses Thema viele Aspekte an, welche man einer ökonomischen oder wirtschaftssoziologischen Betrachtung unterziehen kann. Es folgt nun eine soziologische Blickweise mit einem Konzept vom Soziologen Jens Beckert und der Versuch, manche Prozesse und Phänomene mit diesem Konzept zu erfassen und zu erklären.

4. Wirtschaftssoziologische Perspektive: Jens Beckert

Jens Beckert ist einer der Vertreter der „neuen Wirtschaftssoziologie“. Diese neue Wirtschaftssoziologie versucht, ökonomische Strukturen und Prozesse unter soziologischer Betrachtung zu verstehen. Ein kennzeichnender Punkt ist zudem, dass diese Teilsoziologie die Kernelemente der Erklärung ökonomischer Phänomene in den Wirtschaftswissenschaften missbilligt (Beckert 1996, 125). Es besteht also eine gewisse Kritik an der erklärenden Kraft wirtschaftswissenschaftlicher Ansätze. Soziologen wie Beckert sehen diese Ansätze als unvollständig an und gehen deswegen der Frage nach, wo ein soziologischer Beitrag zum besseren Verständnis ökonomischer Phänomene liegen könnte. Aus soziologischer Sicht gibt es Gründe, sich gegen das handlungstheoretische Modell eines individualisierten homo oeconomicus zu stellen. In seinem Beitrag „Was ist soziologisch an der Wirtschaftssoziologie?“ aus der Zeitschrift für Soziologie möchte Beckert für eine weitere Sichtweise werben. Beckert sieht eine Unvollständigkeit wirtschaftswissenschaftlicher Ansätze darin, als dass die ökonomische Theorie nicht in der Lage ist, die Maximierungsannahme in Situationen aufrechtzuerhalten, die selbst durch Unsicherheiten charakterisiert sind (Beckert 1996, 126).

Unsicherheit definiert Beckert „als eine Situation, in der Akteure Handlungsresultate nicht vorhersagen und auch keine Wahrscheinlichkeitszurechnungen vornehmen können“ (Beckert 1996, 132). Beckert stellt also klar die Fähigkeit von Akteuren, Ressourcen immerzu nutzenmaximierend einsetzen zu können, infrage. Mit dieser Sichtweise ist es also fast unumgänglich, sich mit anderen Mechanismen (seien sie struktureller, kultureller oder kognitiver Art) zu beschäftigen, auf die Akteure bei der Entscheidungsfindung zurückgreifen und welche neben den Präferenzen als Entscheidungsgrundlage dienen können. Beckerts Darstellungen versehen die in ökonomischen Theorien geltende Optimierungsannahme mit einer gewissen Unsicherheit.

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Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Entwicklungen auf dem Fleischmarkt. Wirtschaftssoziologische und ökonomische Konzepte
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Max-Weber-Institut)
Note
2,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
14
Katalognummer
V1188847
ISBN (eBook)
9783346618900
ISBN (Buch)
9783346618917
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Soziologie, Wirtschaftssoziologie, Beckert, Lemons-Modell, Akerlof, Fleischkonsum, Fleischmarkt, Ökonomische Konzepte
Arbeit zitieren
Kevin Bulach (Autor:in), 2021, Entwicklungen auf dem Fleischmarkt. Wirtschaftssoziologische und ökonomische Konzepte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1188847

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