Wie hat sich die parteiliche Mädchenarbeit historisch entwickelt?


Seminararbeit, 2022

13 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung: „Schein“ der Gleichberechtigung der Geschlechter

2. Mädchenarbeit als Teil der Jugendhilfe - Gesetzliche Grundlagen
2.1. Trägerlandschaft und Angebotsformen
2.2. Prinzipien der Mädchenarbeit

3. Parteiliche Mädchenarbeit im Wandel der Zeit
3.1. Die Entstehung in den 1970er/80er Jahre
3.2. 1990er und 2000er Jahren

4. Parteilichkeit in der Mädchenarbeit Heute

5. Ausblick: Reflexive Mädchenarbeit

III. Literaturverzeichnis III

II. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung: „Schein“ der Gleichberechtigung der Geschlechter

In einer Umfrage von Statista (2008) wird die Teilnahme an Maßnahmen der Jugendarbeit in Deutschland abgefragt. Hierbei wird keine Trennung zwischen den Geschlechtern oder zwischen geschlechtsspezifischen Angeboten vorgenommen. Auch in einer Statistik des Statistischen Bun­desamts (2019, S.17) wird die Teilnahme an Angeboten der Jugendarbeit abgefragt. Hierbei wird zwischen Angeboten für männliche, überwiegend männliche, gleich viel männliche und weibliche, überwiegend weibliche und weibliche Teilnehmer unterschieden. Vor allem Angebote mit ungefähr gleich viel Teilnehmern der beiden Geschlechter oder überwiegend männlich bzw. weiblich wurden genutzt. Angebote nur für Klienten männlichen oder weiblichen Geschlechts verzeichneten im Ver­gleich fast keine Teilnehmer. Dies könnte ein Hinweis für mangelnde Verfügbarkeit von geschlechts­bewussten Angeboten sein.

Im Jahr 2020 lebten in der BRD 42,1 Millionen Frauen und Mädchen, wobei 7,45 Millionen unter 20 Jahre alt waren (Statista, 2020b). 2020 lebten rund 41 Millionen Personen männlichen Geschlechts in der BRD. Insgesamt macht dies eine Bevölkerungszahl von rund 83,1 Millionen. Der Anteil mit weiblichem Geschlecht betrug somit rund 51%. Weiblich unter 20 Jahren waren rund 9% der Bevöl­kerung. 2021 wohnen aktuell 82,3 Millionen Menschen in Deutschland, davon sind 42,2 Millionen weiblich (Statista, 2021). Die Gruppe der Frauen hat 2021 einen Anteil von ca. 51% der Bevölkerung. Die Hälfte der Bevölkerung ist also weiblich und circa 9% der Bevölkerung stellen dabei die Ziel­gruppe der Mädchenarbeit in Deutschland dar.

Um die Entstehung und momentane Entwicklung der (parteilichen) Mädchenarbeit besser zu verste­hen, soll in dieser Arbeit auf die Frage „Wie hat sich die parteiliche Mädchenarbeit historisch entwi­ckelt?“ näher eingegangen werden.

Anfangs wird ein Einblick in die Mädchenarbeit als Teil der Kinder- und Jugendhilfe gegeben, indem gesetzliche Grundlagen, die Trägerlandschaft, Angebotsformen und Prinzipien erörtert werden. Im weiteren Verlauf soll ein Überblick über die parteiliche Mädchenarbeit von 1970 bis heute gegeben werden. Abschließend wird ein Ausblick mit dem Gedanken der reflexiven Mädchenarbeit themati­siert.

2. Mädchenarbeit als Teil der Jugendhilfe - Gesetzliche Grundlagen

Die Kinder- und Jugendhilfe ist im KJHG bzw. im SGB VIII gesetzlich geregelt. „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, ei­genverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§ 1 Abs. 1 SGB VIII). Dies ist also eine Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe für Mädchen und Jungen bis zum 27. Lebensjahr. Die gesetzliche Regelung soll Benachteiligung vermeiden bzw. abbauen (§ 1 Abs. 3 Satz 1) und Gleich­berechtigung (§ 1 Abs. 3 Satz 2) jedes jungen Menschen ermöglichen.

Nach § 11 Abs. 1 SGB VIII - Jugendarbeit, sind notwendige Angebote zur Förderung der Entwick­lung der jungen Menschen bereitzustellen. Diese sollen an die Interessen der jungen Erwachsenen Seite | 1 anknüpfen und Mit- und Selbstbestimmung ermöglichen. Auch die Jugendsozialarbeit soll durch so­zialpädagogische Hilfen die jungen Menschen fördern, um sie beispielsweise beim Abbau sozialer Benachteiligungen zu unterstützen (§ 13 Abs. 1 SGB VIII). Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit stellen Angebote und Hilfen für junge Menschen, für Mädchen und Jungen, zur Verfügung. Diese beiden Bereiche sind im SGB VIII geregelt und fallen somit in den Bereich der Kinder- und Jugend­hilfe.

Explizit wird im KJHG nicht auf Mädchen- oder Jungenarbeit eingegangen. Es findet keine Ge- schlechtertrennung statt. Mädchenarbeit kann also nicht in einem bestimmten oder eigenen Bereich der Kinder- und Jugendhilfe verortet werden, weshalb die gesetzlichen Grundlagen des KJHG auch in großen Anteilen für die Mädchenarbeit geltend gemacht werden können. Nach § 7 SGB VIII ist junger Mensch, wer noch nicht das 27. Lebensjahr erreicht hat. Welche Angebotsformen es für diese Altersgruppe in der Mädchenarbeit gibt und von welchen Trägern diese erbracht werden, wird im nächsten Punkt näher erläutert. Nach Daigler (2018) Welser (2017, S. 18) ist Mädchenarbeit eine die Jugendhilfe überschreitende Aufgabe, welche sowohl in geschlechtshomogenen als auch in ko­edukativen Angeboten praktiziert wird und nicht auf ein Handlungsfeld begrenzt werden kann.

Ein grober Überblick dieses umfangreichen und vielfältigen Arbeitsfeldes der SA soll im nächsten Punkt gegeben werden.

2.1. Trägerlandschaft und Angebotsformen

Wie zuvor erläutert wird die Mädchenarbeit in verschiedenen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe praktiziert. Das Statistische Bundesamt (2019, S. 5) veröffentlicht eine Statistik zu den öffentlich geförderten Angeboten der Jugendarbeit. Es wird zwischen öffentlichen und freien Trägern unter­schieden. Nach § 4 Abs 1 und 2 SGB VIII soll die öffentliche Jugendhilfe mit den freien Trägern partnerschaftlich zusammenarbeiten und das Subsidiaritätsprinzip achten. Die Leistungen werden, wenn möglich, von der freien Jugendhilfe erbracht. Die freien Träger haben bei der Erbringung Vor­rang vor den öffentlichen Trägern.

Das Statistische Bundesamt (2019, S. 5) nennt als öffentliche Träger: Jugendamt, Landesjugend­amt, Oberste Landesjugendbehörde, Gemeinde oder Gemeindeverband und andere Gebietskörper­schaften. Als freie Träger werden aufgezählt: Jugendverband, Jugendring, Jugendgruppe bzw. - Initiative, Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Di­akonisches Werk, Caritasverband, Zentralwohlfahrtsstelle der Jugend in Deutschland, andere Reli­gionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts und sonstige juristische Personen, sowie andere Ver­einigungen.

Die Gemeinde bzw. der Gemeindeverband hat mit 27.444 von insgesamt 49.447 Angeboten der öffentlichen Träger im Jahr 2019 die meisten Angebote zur Verfügung gestellt (ebd.). Dies ist ein Anteil von ca. 56 %. Von den freien Trägern haben die Jugendverbände ca. 44 %, also 47.549 von insgesamt 107.215 Angeboten zur Verfügung gestellt. Die Zielgruppe - hier 1 bis 30 Jahre - wurde Seite | 2 ebenfalls statistisch erfasst, wobei insgesamt die meisten Angebote von 11- bis 20-jährigen genutzt wurden (ebd., S.9, 11, 13).

Als Angebote werden hier unter anderem das Jugendzentrum, der Jugendtreff, die Jugendfarm, das Jugendkulturzentrum, sonstige einrichtungsbezogene Angebote, Einrichtungen mobiler Jugendar­beit und sonstige aufsuchende Angebote genannt (ebd., S. 6-7).

Die Internetseite „Maedchenarbeit.de Portal für die Soziale Arbeit mit Mädchen und jungen Frauen“ (https://www.maedchenarbeit.de/links.html) stellt eine Suchmaschine zur Verfügung. Mit Postleit­zahl kann nach Einrichtungen und Angeboten gesucht werden. Die Website stellt auch weitere Links zu Themen über Mädchenarbeit, Fördervereinen, Fachzeitschriften und weiteren Anlaufstellen. Im nächsten Abschnitt soll durch eine Einteilung eine bessere Übersicht der handlungsfeldübergreifen­den Mädchenarbeit gegeben werden.

2.2. Prinzipien der Mädchenarbeit

Verschiedene Studien und Lektüren zeigen ebenfalls auf, dass die Angebote und Erscheinungsfor­men der Mädchenarbeit weitläufig sind. Soziale Arbeit mit Mädchen findet in Angeboten aller Hand­lungsfelder der KJH statt (Welser, 2017, S. 25).

Die Träger verfolgen mit ihren Konzepten, Einstellungen und Zielen verschiedene Prinzipien. Schmitz (2015, S. 101) nennt als Prinzipien der Mädchenarbeit „Geschlechterhomogene Räume, Parteilichkeit, Um-, Neu- und Aufwertung weiblich konnotierter Eigenschaften, Gemeinsame Betrof­fenheit, Ganzheitlichkeit und Partizipation“. Lugstein (2008, S. 4) nennt drei Grundsätzliche Prinzi­pien: Identifikation, Parteilichkeit und Autonomie.

Um eine Einteilung vornehmen zu können unterteilt Welser die Mädchenarbeit in inhaltliche Schwer­punkte, Arbeitsansätze, Angebotsformen, zielgruppenspezifische Schwerpunkte und konzeptionelle Schwerpunkte. „Feministische, parteiliche, emanzipatorische, geschlechterreflektierende Mädchen­arbeit“ (ebd.) sind als Beispiele konzeptioneller Schwerpunkte genannt.

Als weitere Prinzipien nennt Welser die „Betroffenheit, Identifikation und Vorbildfunktion“, „Ganzheit­lichkeit, Partizipation und Mädchenräume“, „Freiwilligkeit, Lebensweltorientierung und Empower- ment“. Diese werden als beachtlich angesehen, aber auch diskutiert und kritisch hinterfragt. So wer­den Prinzipien wie Betroffenheit, Identifikation und Vorbildfunktion als nicht mehr kompatibel mit der aktuellen beruflichen Professionalität gesehen (ebd., S. 26). Viele dieser Prinzipien und Konzepte gelten auch heute noch. Dies gilt auch für die Parteilichkeit, welche im Wandel der Zeit „Ausdiffe­renzierung, Weiterentwicklung und Problematisierung erfahren hat“ (Lugstein, S. 25). Durch die Ver­änderung der Prinzipien und Konzepte und die kritische Hinterfragung im Laufe der Zeit, erscheint es auch angebracht im nächsten Abschnitt die historische Entwicklung der parteilichen Mädchenar­beit näher zu betrachten.

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Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Wie hat sich die parteiliche Mädchenarbeit historisch entwickelt?
Hochschule
IU Internationale Hochschule
Note
1,2
Autor
Jahr
2022
Seiten
13
Katalognummer
V1188887
ISBN (eBook)
9783346620583
ISBN (Buch)
9783346620590
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Parteilich, Mädchenarbeit, Jugendarbeit, historisch, reflexiv
Arbeit zitieren
Roswitha Biebl (Autor:in), 2022, Wie hat sich die parteiliche Mädchenarbeit historisch entwickelt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1188887

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