Peter Handke gilt als einer der populärsten Autoren des letzten Jahrhunderts, gleichzeitig aber auch als einer der umstrittensten unserer Zeit. Es könnte hinter dem Wortkompositum „Kindergeschichte“ (1981), dem dritten Teil seiner Tetralogie, eine Geschichte, eine Art Märchen vermutet werden, das für Kinder geschrieben wurde. Tatsächlich aber handelt es sich bei diesem Werk um die Erzählung von einem Kind, die, inspiriert durch den Griechen Thukydides, dem Verfahren der Geschichtsschreibung nachempfunden ist. Genauer gesagt geht es um einen Erwachsenen, eine Reflektorfigur des Autors und dessen Zusammenleben mit seiner Tochter über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die Geschichte wird ausschließlich aus der Perspektive des Vaters geschildert, wobei er selbst sich nie als solchen bezeichnet. Nur durch ihn bekommt der Rezipient Zugang zu der Lebenswelt des Kindes.
Mit dieser Arbeit möchte ich den Versuch unternehmen, diese Konturen anhand der kindbezogenen Raumdarstellungen herauszuarbeiten, da diese hier auch Aussagen über die zwischenmenschlichen Beziehungen ermöglichen.
Da bei literarischen Texten stets von Zeichen mit dominant ästhetischem Objekt ausgegangen wird, soll die Analyse der Raumdarstellungen, die im Zusammenhang mit der Lebenswelt des Kindes stehen, die poetologischen Mittel aufzeigen, die der Autor diesbezüglich einsetzt. Um diese aufzuspüren, werde ich mich an dem Verfahren der Literatursemiotik sowie an der Rezeptionsästhetik orientieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Zur Bedeutung des „Raums“
- 3. Analyse der kindbezogenen Raumdarstellungen
- 3.1. Frühkindlicher Lebensraum
- 3.2. Außenräumliche Interaktion
- 3.3. Wohnraum als innerpsychische Projektionsfläche
- 3.4. Elternhaus als Kinderraum
- 3.5. Kulturstiftender Bildungsraum
- 3.6. Zwischenraumerfahrungen
- 3.7. Sprachräumlicher Identitätskonflikt
- 3.8. Räumliche Emanzipierung
- 4. Schluss
- 5. Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die kindbezogenen Raumdarstellungen in Peter Handkes „Kindergeschichte“ und untersucht, wie diese die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Vater und Tochter im Laufe des dargestellten Zeitraums von zehn Jahren widerspiegeln. Der Fokus liegt auf der poetologischen Funktion der Raumdarstellungen und deren Bedeutung für die Gestaltung der Lebenswelt des Kindes.
- Raum als Spiegel der Beziehungen zwischen Vater und Kind
- Räumliche Strukturen als Ausdruck der kindlichen Entwicklung
- Die Rolle des öffentlichen Raums im Zusammenleben
- Das Verhältnis von Innen- und Außenräumen in der kindlichen Erfahrung
- Der Einfluss von Ortswechseln auf die Beziehungen der Familie
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung stellt Peter Handke als einen der populärsten, aber auch umstrittensten Autoren des 20. Jahrhunderts vor. Sie erläutert den Kontext von „Kindergeschichte“ innerhalb Handkes Tetralogie „Langsame Heimkehr“ und stellt den Fokus auf die Erzählung eines Erwachsenen über sein Leben mit seiner Tochter dar. Die Einleitung betont die Perspektive des Vaters und den Fokus auf die Lebenswelt des Kindes.
2. Zur Bedeutung des „Raums“
Dieser Abschnitt beleuchtet die verschiedenen Bedeutungen und Konzepte des „Raums“ in der Literatur. Er zeigt die Entwicklung des Raumverständnisses in der Literaturgeschichte auf, von der Darstellung von Seelenlandschaften in der Romantik bis zum Realismus und Naturalismus. Der Text betont die Rolle des „Raums“ in Handkes Werk und die Bedeutung des Naturraums für seine Figuren.
3. Analyse der kindbezogenen Raumdarstellungen
Dieser Abschnitt analysiert die Raumdarstellungen in „Kindergeschichte“ im Zusammenhang mit der Lebenswelt des Kindes. Er untersucht verschiedene Aspekte des Raums, darunter den frühkindlichen Lebensraum, die Interaktion mit Außenräumen, den Wohnraum als Projektionsfläche, das Elternhaus als Kinderraum, den Bildungsraum, Zwischenraumerfahrungen, den sprachräumlichen Identitätskonflikt und die räumliche Emanzipierung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen der kindbezogenen Raumdarstellungen, der poetologischen Funktion von Räumen, der zwischenmenschlichen Beziehungen in der Familie, der Entwicklung des Kindes, dem Einfluss von Ortswechseln auf das Zusammenleben, sowie dem Verhältnis von Innen- und Außenräumen in der kindlichen Erfahrung.
- Arbeit zitieren
- Nadine Möhrle (Autor:in), 2020, Poetologie der Kindheitsräume in Peter Handkes "Kindergeschichte", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1189200