Die UN-Behindertenrechtskonvention als Teil deutscher Sozialpolitik


Hausarbeit, 2019

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historische Betrachtung des Umgangs mit Menschen mit Behinderung
2.1 Überblick
2.2 Die Disability History

3. Die UN-Behindertenrechtskonvention
3.1 Entstehungsgeschichte
3.2 Inhalt der Konvention
3.3 Innerstaatliche Umsetzung und Wirkung der Konvention
3.4 Ausblick

4. Inklusion als praktisches Problem

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Behindertenpolitik war noch nie so aktuell wie jetzt. Wenn man im 21. Jahrhundert von behinderten Menschen spricht, fallen häufig auch die Worte Teilhabe, Selbstbestimmung, Inklusion und Menschenwürde. Jedoch war das nicht immer so. Blickt man in die Vergangenheit wird deutlich, dass behinderte Menschen meist ausgegrenzt, verletzt und gedemütigt wurden. Aber auch der Wandel weg vom fremdbestimmten Objekt hin zum selbsthandelnden Subjekt kommt zum Vorschein.1

Ende des Jahres 2017 lebten circa 7,8 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung in Deutschland. Das sind insgesamt 9,4 % der gesamten deutschen Bevölkerung. Als schwerbehindert gilt man dann, wenn man einen Grad der Behinderung ab 50 anerkannt bekommen hat und einen gültigen Ausweis besitzt.2 Diese Zahl zeigt, dass fast jede zehnte Person in Deutschland schwerbehindert ist und trotz dessen nicht in seinem Alltag von Barrieren behindert und eingeschränkt werden will und darf. Mittlerweile ist der Begriff Inklusion in Aktionsplänen und Selbstbeschreibungen von Einrichtungen zu finden. Auch haben sich Fortschritte bei der Zugänglichkeit des öffentlichen Raums und von Informationen gezeigt. Auf politischer Ebene wurde erkannt, dass die Teilhabe behinderter Menschen eine menschenrechtliche Aufgabe ist, die alle politischen Ebenen betrifft.3 Die öffentliche Diskussion über die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft wurde in den letzten Jahren immer lauter. Ein wichtiger Aspekt war dabei die UN­Behindertenrechtskonvention, die neue Impulse verlieh.

In der vorliegenden Arbeit wird die Behindertenpolitik als Teil der Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland näher erläutert. Dabei werden die UN­Behindertenrechtskonvention, sozialpolitische Maßnahmen zur Gewährleistung der Teilhabe behinderter Menschen und die Inklusion in unserer Gesellschaft betrachtet. Ziel ist es, den Paradigmenwechsel durch die UN-Behindertenrechtskonvention, die in Deutschland im Jahre 2009 in Kraft trat und somit seit einer Dekade gilt, zu analysieren und zu begutachten, inwiefern Deutschland innerhalb der letzten zehn Jahre eine Sozialpolitik im Sinne der behinderten Menschen geschaffen hat. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: Was war der Weg zur jetzigen Behindertenpolitik? Welche Maßnahmen gibt es? Was sind die Inhalte der Konvention?

2. Historische Betrachtung des Umgangs mit Menschen mit Behinderung

2.1 Überblick

Behinderte Menschen haben einen langen Weg bis zur Selbstbestimmung hinter sich. Um die aktuelle Situation in Deutschland besser betrachten zu können, ist ein Blick in die Vergangenheit nötig.

Im 16. Jahrhundert wurden Kinder mit Behinderungen als sogenannte Wundergeburten bezeichnet und auf Flugblättern, die zu damaliger Zeit als Massenmedium galten, abgedruckt. Sie wurden als Hinweis auf die Apokalypse gedeutet und dienten der Sensationslust des Publikums. Magdalena Emohne wurde auch auf Flugblättern abgedruckt. Sie starb qualvoll als Rolle des Sündenbocks und dämonisiert als Hexe. Auf sie wurde der Zorn Gottes übertragen. Sie ist ein Exempel für den damaligen würdelosen Umgang mit behinderten Menschen.4

Mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurden Familienmitglieder mit einer Behinderung zur Belastung, da sich Arbeits- und Familienstrukturen änderten. Aufgrund dessen entstanden Heil- und Pflegeanstalten, in denen die Angehörigen untergebracht wurden und somit die Familie sich nicht mehr um sie kümmern musste. Sie mussten dabei zwei verschiedene Varianten des gesellschaftlichen Umgangs ertragen. Zum einen wurden sie in der Medizin als Objekt der Wissenschaft betrachtet, indem sie untersucht, vermessen und die Befunde daraufhin interpretiert wurden. Zum anderen dienten sie als Exoten in europäischen und nordamerikanischen Freakshows und Kolonialausstellungen als Unterhaltung der Massen. Behinderte Menschen erlebten also gleichzeitig Neugier und Abwehr seitens der Gesellschaft.5 Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Krüppelfürsorgegesetz (1920) eingeführt. Es sollte behinderten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen medizinische, schulische und berufliche Rehabilitation ermöglichen und ist weltweit die erste gesetzesmäßige Vorkehrung. Behinderte Jugendliche sollten auch die Möglichkeit haben, eine Ausbildung zu machen und einen Beruf auszuüben. Jedoch gab es auch Stimmen, die eine Auslese von guten, also nicht behinderten, und schlechten, also behinderten Menschen, forderten.6 Hier zeigt sich, dass Menschen mit Behinderung zwar Zustimmung und Unterstützung erhielten, aber trotzdem noch diskriminiert sowie nicht würdevoll behandelt wurden.

Zur Zeit des Nationalsozialismus etablierte sich die sogenannte Euthanasie. Sie forderte straffreie Tötung der Leidenden auf Grund von Krankheit oder Behinderung. Die Betitelung von Menschen mit Behinderung als ,,Leidende“ zeigt, dass sie von außen als Opfer angesehen wurden, die erlöst werden sollen. Menschen mit Behinderung wurden als geistig Tote, Ballastexistenzen oder Defektmenschen bezeichnet. Circa 400 000 Menschen mit verschiedenen Behinderungen wurden zwangssterilisiert. Auf dieser Basis kam es dann 1939 zu den ersten Euthanasie-Aktionen. Die Menschen wurden in Kliniken getötet oder in Tötungsanstalten umgebracht. Die wilde Euthanasie begann 1941. Dabei wurden die Menschen mit Behinderungen, dazu zählten auch psychisch kranke Menschen, in den Heil- und Pflegeanstalten durch Hungerkost oder Injektionen getötet. Forschungen haben ergeben, dass dabei in 80 % der Fälle die Angehörigen eingestimmt hatten und bei den übrigen 20 % protestierten sie oder waren gleichgültig. Ziel der Euthanasie war die Erhaltung der wertvollen Deutschen.7

Später in der DDR gab es zum einen Inklusion und Exklusion. Es wurden zwar Bedingungen für die Teilhabe an der Gesellschaft festgelegt, jedoch wurden behinderte Kinder aus dem Erziehungssystem ausgeschlossen und in psychiatrischen Einrichtungen untergebracht. Somit waren sie nicht mehr Teil der Gesellschaft. Behinderten Erwachsenen wurde außerdem ermöglicht eine Arbeit, welche an ihr Leistungsvermögen angepasst ist, auszuüben.8

Der Umschwung in der Geschichte der Behindertenpolitik gelang in den 1970er-Jahren. Mit der Krüppel-Zeitung wurde gewollt provoziert, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Zuvor war es ohne Frage, dass in Initiativen mit Behinderten und Nicht-Behinderten die Nicht-Behinderten die Entscheidungen trafen. Außerdem wurden Demonstrationen und Straßenblockaden organisiert, um unter anderem gegen die Behindertenfeindlichkeit im öffentlichen Nahverkehr zu kämpfen. Ein weiterer Schritt in Richtung Inklusion war 1994 das Einfügen des Satzes ,,Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“9 in Artikel 3 des Grundgesetztes. Dies feierten alle etablierten Behindertenorganisationen als großen politischen Erfolg. Im Jahre 2008 wurde dann nochmals neue Hoffnung durch die UNBehindertenrechtskonvention geweckt, die allgemein gültige Rechte für behinderte Menschen festlegt.10

[...]


1 Vgl. Mürner/ Sierck, 2015, S. 25

2 Vgl. Statistisches Bundesamt (Destatis), 2017, Zugriff v. 18.07.2019

3 Vgl. Friedel, 2019, Zugriff v. 18.07.2019

4 Vgl. Mürner/ Sierck, 2015, S. 26 f.

5 Vgl. Mürner/ Sierck, 2015, S. 27 f.

6 Vgl. Mürner/ Sierck, 2015, S. 28 f.

7 Vgl. Mürner/ Sierck, 2015, S. 29 ff.

8 Vgl. Mürner/ Sierch, 2015, S. 31 f.

9 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 3, Zugriff v. 19.07.2019

10 Vgl. Mürner/ Sierck, 2015, S. 32 ff.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die UN-Behindertenrechtskonvention als Teil deutscher Sozialpolitik
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Veranstaltung
Herausforderungen der Sozialpolitik
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
16
Katalognummer
V1189915
ISBN (eBook)
9783346624680
ISBN (Buch)
9783346624697
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Politik, Sozialpolitik, UN, UN-Behindertenrechtskonvention, Herausforderungen, BRD, Politikwissenschaft, Sozialwissenschaft, Disability History
Arbeit zitieren
Leonie Staudenecker (Autor:in), 2019, Die UN-Behindertenrechtskonvention als Teil deutscher Sozialpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1189915

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