LRS im integrierten Deutschunterricht. Prävention, Intervention und sozialen Sensibilisierung mit dem Buch "Lisis total verrückte Woche mit Kalli dem Kobold" von Anja Stein

Beurteilung eines Materials zur Förderung bei LRS


Seminararbeit, 2022

24 Seiten, Note: 2,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 LRS - Eine Begriffsannaherung

2 Das Kinderbuch „Lisis total verruckte Woche mit Kalli dem Kobold“ von Anja Stein

2.1 Vorstellung des Buches
2.2 Differenzierungspotenzial

3 Prevention von LRS
3.1 Faktoren der Prevention
3.2 Eignung des Kinderbuches zur Prevention von LRS

4 Intervention und Forderung bei LRS
4.1 Eignung des Kinderbuches zur Forderung des basalen Lesens
4.2 Eignung des Kinderbuches zur Forderung der Leseflussigkeit
4.3 Eignung des Kinderbuches zur Forderung der Lesegeschwindigkeit und des Sichtwortschatzes
4.4 Eignung des Kinderbuches zur Forderung automatisierter Worterkennung
4.5 Eignung des Kinderbuches zur Forderung des Leseverstandnisses
4.6 Weitere Forderschwerpunkte

5 Soziale Sensibilisierung fur das Thema LRS mithilfe des Buches

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Funf bis zehn Prozent aller Kinder haben nachweislich gravierende Probleme beim Schrift- spracherwerb, wobei vier bis sechs Prozent der Erwachsenen nicht das Niveau von Viert- klasslern im Lesen und Schreiben erreichen (Bielefelder Institut fur fruhkindliche Ent­wicklung (Hrsg.), 2022). Personen mit derartigen Defiziten leiden unter LRS. Das Krank- heitsbild LRS umfasst ein breites Spektrum an Begrifflichkeiten, Definitionen, Symptomen, Ursachen, Spezifikationen und Auspragungen. Dementsprechend existiert eine Vielzahl an Forder- und Interventionsmoglichkeiten, welche individuell auf verschiedenartige Aus- pragungen von LRS angepasst sind. LRS ist bei jedem betroffenen Menschen anders aus- gepragt und verursacht unterschiedlichste Folgen. Aus diesem Grund sollte die Forderung von Person mit einer einsprechenden Schwache im Lesen und Schreiben auch individuell angepasst erfolgen.

Besonders wichtig fur die Arbeit mit Kindern mit Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten ist der psychische Faktor. Diese Kinder durfen nicht das Gefuhl entwickeln, anders oder nicht normal zu sein. Aus dem Grund wird in der vorliegenden Arbeit die Intervention und Pravention bei LRS besonders im Hinblick auf die integrative Forderung im Klassen- unterricht untersucht.

Diese Arbeit widmet sich dem Kinderbuch „Lisis total verruckte Woche mit Kalli dem Kobold“ von Anja Stein. Es wird gepruft, ob und in welchem MaBe sich dieses Buch als Material zur Pravention, Intervention/Forderung und zur sozialen Sensibilisierung bei LRS speziell im Deutschunterricht eignet. Dazu werden verschiedene Teilleistungen, welche fur den Schriftspracherwerb bzw. das Lesen und (Recht-)Schreiben notig sind, aufgegriffen und gepruft, ob sich diese mit dem Einsatz besagten Kinderbuches im Deutschunterricht fordern lassen. AuBerdem wird untersucht, inwiefern das Buch sich eignet, betroffene Kinder mit LRS sowie deren Mitschuler fur das Thema LRS zu sensibilisieren, Mobbing vorzubeugen bzw. zu intervenieren und das Selbstwertgefuhl der Kinder mit entsprechenden Problemen zu starken.

1 LRS - Eine Begriffsannaherung

Die haufig gebrauchte Abkurzung LRS kann im Sinne einer Lese-Rechtschreib-Storung, einer Lese-Rechtschreib-Schwache oder Lese-Rechtschreib-Schwierigkeit verwendet werden. Ebenfalls gebrauchlich ist der Begriff Legasthenie und international wird der Begriff Dyslexie verwendet (Breitenbach & Weiland, 2010, S. 25). Unter all diesen Bezeich- nungen werden grundsatzlich „gravierende Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und (Recht-)Schreibens“ (Breitenbach & Weiland, 2010, S. 25) verstanden. Die verschiedenen Bezeichnungen unterscheiden sich jedoch im Hinblick auf „verschiedene Ursachenfaktoren“ (Huttemann, 2019, S. 3) und Spezifikationen.

Traditionell wurde bei Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb die Bezeichnung Legasthenie verwendet. Als Ursache fur Legasthenie gelten „biologische Reifungsprozesse des zentralen Nervensystems“ (Fischer, 2010, S. 20), welche den Schriftspracherwerb nicht in erwartetem Umfang zulassen. Die Folge dessen sind „signifikante sprachbasierte visuell- visuomotorische und auditorisch-artikulatorische Informationsverarbeitungsdefizite“ (Fischer, 2010, S. 20).

Heute wird im auBerschulischen, tendenziell psychologischen oder medizinischen Bereich groBtenteils die Bezeichnung Lese-Rechtschreib-Storung entsprechend dem ICD-10 ver­wendet. Demnach ist die Lese-Rechtschreib-Storung eine umschriebene Entwicklungs- storung und ist unter der Kategori si erung F81.0 ,Umschriebene Entwicklungsstorungen schulischer Fertigkeiten‘ zu finden (von Suchodoletz, 2009, S. 7 ff.). Diese Definition des ICD-10 ist eine „Diskrepanzdefinition“ (Scheerer-Neumann, 2018, S. 24) - die Storung wird als Diskrepanz zwischen Leistung und Intelligenz verstanden. Das heiBt, die Lese- und Rechtschreibleistung ist nennenswert unter dem erwarteten Niveau, welches auf Basis der Intelligenz der Person ermittelt wird (Breitenbach & Weiland, 2010, S. 25 f.). Ursache dieser Diskrepanz sind Auffalligkeiten der Hirnfunktion oder des Neurosystems (Schleider, 2009, S. 13 ff.). Es wird ausgeschlossen, dass die Storung des Lesens und Rechtschreibens Folge einer verminderten Intelligenz, negativer Lernbedingungen, korperlicher Defizite (zum Beispiel eines gestorten Hor- oder Sehvermogens) oder emotionaler oder psychischer Storungen ist (von Suchodoletz, 2009, S. 7 f.).

Im padagogischen bzw. schulischen Bereich wird die Verwendung der Begriffe Lese- Rechtschreib-Schwache oder Lese-Rechtschreib-Schwierigkeit favorisiert (Scheerer- Neumann, 2018, S. 18). Auch bei diesen beiden Bezeichnungen gibt es konnotative Unter- schiede. Wahrend bei Schwierigkeit die aktuelle Lage des Kindes hinsichtlich seiner Probleme im Lernprozess betrachtet wird, wird bei der Wortwahl Schwache das Problem als eine Eigenschaft des Kindes wahrgenommen (Scheerer-Neumann, 2018, S. 18). Aus diesem Grund pladierte die Kultusministerkonferenz 2003 sowie die Beratungsstelle LRS in Nordrhein-Westfahlen fur eine Verwendung des weniger vorbelasteten Begriffes Lese- Rechtschreib-Schwierigkeiten im schulischen/padagogischen Kontext (ebd., 1991, S. 1; KMK, 2003, S. 1). Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten konnen die Folge spezifischer Lern- probleme beim Erlangen kognitiver Fertigkeiten (wie dem Lesen oder Schreiben) sein (Scheerer-Neumann, 2018, S. 18). Diese Definition macht deutlich, dass das Phanomen nicht uberdauernd sein muss. Laut Scheerer-Neumann (2018) ist diese Lernstorung abhangig von Material und Aufgaben und kann eine Verbesserung durch andere Lernerfahrungen erlangen (ebd., S. 18 ff.). Darin besteht auch der direkte Unterschied zur Lese-Rechtschreib-Storung, in welcher derartige Einflussfaktoren keine Ursache darstellen. Diese konnen lediglich den Effekt der Storung verstarken - aber nicht verursachen (Fischer, 2010, S. 18).

Es lasst sich also festhalten, dass die haufig umgangssprachlich gebrauchte Abkurzung LRS fur eine Vielzahl von tatsachlichen Bezeichnungen und Definitionen reprasentativ gebraucht werden kann. Die Verwendung des Ausdrucks Storung ist vor allem in medizinisch- psychologischen Bereichen gelaufig und beschreibt eine Entwicklungsstorung, die durch eine beachtliche Diskrepanz zwischen Leistung und auf der Intelligenz basierendem erwartetem Niveau deutlich wird und unabhangig von auBeren Faktoren auftritt (Breitenbach & Weiland, 2010, S. 25 f.; von Suchodoletz, 2009, S. 7 f.). Eine Lese-Rechtschreib-Storung bezieht sich auf „schriftsprachimmanente Teillernprozesse mit neurobiologischem Korrelat“ (Fischer, 2010, S. 20). Im schulisch-padagogischen Kontext ist die Bezeichnung Lese- Rechtschreib-Schwierigkeit ublich, welche eine Lernstorung bezeichnet, die von „psychisch[en] und sozialraumlich[en] Faktoren“ (Fischer, 2010, S. 20) abhangig ist und durch geeignetere Lernerfahrungen verbessert werden kann (Scheerer-Neumann, 2018, S. 18). Die Verwendung des Begriffes Schwache wird vermieden, da dieser impliziert, dass das Problem eine Eigenschaft des Kindes ist (Beratungsstelle LRS in Nordrhein-Westfahlen, 1991, S. 1; Scheerer-Neumann, 2018, S. 18).

„LRS ist ein Sammelbegriff fur eine Vielzahl von Problemen, die [SchulerInnen] beim Erlernen des Lesens und Schreibens [...] haben konnen“ (Naegele, 2021, S. 27). Unter- schieden wird dabei nach verschiedenen Ursachen, Symptomen oder Spezifikationen.

Typische Symptome der Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten sind beispielsweise: Schwie- rigkeiten beim Lernen des Alphabetes und beim Benennen von Buchstaben, das Auslas- sen/Hinzufugen/Verdrehen von Buchstaben und Wortern, extrem langsames Lesen, das Verlieren der Position im Text beim Lesen, falsche Betonungen, ein eingeschranktes Verstand- nis uber den Inhalt des Textes und das Nichtbeachten von Rechtschreiberegeln (von Suchodoletz, 2009, S. 9). Diese Probleme treten zwar bei nahezu allen Kindern im Laufe des Schriftspracherwerbs auf, jedoch sind die genannten Probleme bei Kindern mit LRS besonders haufig und vor allem dauerhaft vorhanden (Breitenbach & Weiland, 2010, S. 30). Ein typisches Merkmal bei SchulerInnen mit LRS ist die „Inkonsistenz der Fehler“ (Breitenbach & Weiland, 2010, S. 30).

In dieser Arbeit wird im Folgenden aufgrund des schulischen Kontextes die Bezeichnung Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (mit der Abkurzung LRS) verwendet.

2 Das Kinderbuch „Lisis total verruckte Woche mit Kalli dem Kobold“ von Anja Stein

Im folgenden Abschnitt wird das Kinderbuch „Lisis total verruckte Woche mit Kalli dem Kobold“ von Anja Stein vorgestellt. Dabei wird kurz die Handlung sowie der Hintergrund erlautert. Im Weiteren wird das Differenzierungspotenzial des Buches auf Basis von Mayers Kriterien zur Differenzierung (2013) von Lesetexten gepruft (ebd., 2013, S. 126).

2.1 Vorstellung des Buches

Das Buch „Lisis total verruckte Woche mit Kalli dem Kobold“ ist ein Kinderbuch fur LeserInnen ab sieben Jahren. Die Geschichte handelt von Elisabeth „Lisi“ Wolkenheimer, welche Probleme mit dem Lesen und Schreiben hat. Sie ist nicht dumm, liebt das Aufklaren von Ratseln und hat viele Interessen. Aber das Lesen und Schreiben fallt ihr schwer. Ihr negatives Gefuhl im Deutschunterricht aufgrund ihrer Defizite wird zusatzlich durch das Gelachter und die Hanseleien der MitschulerInnen und ein gemeines, benachteiligendes, herablassendes und einschuchterndes Verhalten der Deutschlehrerin, welche Lisis Probleme nicht verstehen will und ihr unterstellt, lediglich faul zu sein, verstarkt. Lisi ist verzweifelt und wunscht sich einen zauberhaften Helfer, der alles, was mit Deutsch zu tun hat, fur sie erledigt. Auf einem Dachboden lernt Lisi Kalli den Kobold kennen. Er kann einfach alles und erklart sich aufgrund chronischer Langeweile bereit, alle Aufgaben in Deutsch fur sie zu machen. Er schreibt nun Lisis Aufsatze und Diktate, flustert ihr im Unterricht, wenn sie laut vorlesen muss den Text ins Ohr und fuhrt ihre Hand beim Schreiben. Plotzlich ist Lisi die Klassenbeste in Deutsch. Nach ein paar Tagen merkt das Madchen aber, wie anstrengend es ist, wenn einem den ganzen Tag uber jemand etwas ins Ohr flustert und standig alles korrigiert oder vorsagt. Lisi beschlieBt, dass sie so nicht weitermachen kann und entbindet Kalli von seinen Aufgaben. Letztendlich erfahrt Lisi, dass es nicht schlimm ist, Schwachen zu haben - jeder hat Schwachen. Doch auch jeder hat seine Starken. Und die gilt es im Leben zu finden und zu nutzen. Lisi konzentriert sich nun auf die Dinge, die ihr SpaB machen und gibt sich auch im Deutschunterricht mehr Muhe. Sie wird wohl nie die Klassenbeste in diesem Fach sein, aber das macht ihr nichts mehr aus, weil sie weiB, dass sie dafur andere Starken hat (Stein, 2021, S. 4 ff.).

Die Autorin Anja Stein ist Diplom-Padagogin und freiberufliche Lerntherapeutin mit Spe- zialisierung auf Lese-Rechtschreib-Storungen/Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten/Legas- thenie (Stein, 2022).

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Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
LRS im integrierten Deutschunterricht. Prävention, Intervention und sozialen Sensibilisierung mit dem Buch "Lisis total verrückte Woche mit Kalli dem Kobold" von Anja Stein
Untertitel
Beurteilung eines Materials zur Förderung bei LRS
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Zentrum für Lehrerbildung)
Note
2,7
Jahr
2022
Seiten
24
Katalognummer
V1189927
ISBN (eBook)
9783346650634
ISBN (Buch)
9783346650641
Sprache
Deutsch
Schlagworte
LRS, Deutsch, Förderung, Prävention, Intervention, Soziale Sensibilisierung, Kinderbuch, Fördermaterial, Material, Anja Stein, Faktoren der Förderung, Differenzierung, Individualisierung, Heterogenität, Integrativer Deutschunterricht, Prüfung, Seminararbeit, Lehrerbildung, Studium
Arbeit zitieren
Anonym, 2022, LRS im integrierten Deutschunterricht. Prävention, Intervention und sozialen Sensibilisierung mit dem Buch "Lisis total verrückte Woche mit Kalli dem Kobold" von Anja Stein, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1189927

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