Perikles. Sinnbild des demokratischen Staatsmannes oder doch Herrschaft eines Tyrannen?


Hausarbeit, 2021

20 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffserklärung und Bedeutungswandel „Tyrannos“ (Tyrann) und „Tyrannis“

3. Der Aufstieg des Perikies in die athenische Politik
3.1 Perikies als Tyrann in Bezug auf seine politischen Handlungen

4. Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Perikies, ein charismatischer Redner und Staatsmann, Schaffer der Demokratie und Repräsentant der Blütezeit des griechischen Athens im 5. Jahrhundert v. Chr. In der allgemeinen Auffassung gilt das „perikleische Zeitalter“ als Inbegriff der aufglänzenden klassisch-griechischen Kultur.1 Doch die spärlichen historischen Quellen und Zeitzeugen deuten ebenso daraufhin, Perikies hätte in seinerzeit als Stratege eine Tyrannis etabliert und ähnlich einem Monarchen regiert.

Perikies (geboren um 494/3 v. Chr., gestorben 429 v. Chr.), der Sohn der Agariste und des Xanthippos, sei nach dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot ein Geschenk eines geborenen ,,Löwen[s]2. Der Vergleich des Löwen ist nicht zuletzt auf Perikies beeinflussende Persönlichkeit und mächtige Politik zurückzuführen. „Es war dem Namen nach eine Volksherrschaft, in Wirklichkeit eine Herrschaft des ersten Mannes“3, heißt es von dem antiken Zeitzeugen und Historiker Thukydides, welcher sich in seiner Geschichtsschreibung noch um Objektivität bemühte und eine gewisse Begeisterung gegenüber dem Perikies zeigte.4

Die folgende Ausarbeitung setzt sich mit der Frage auseinander, ob der Vergleich des Perikies mit einem „Tyrannos“5 berechtigt sein könnte. Um das Jahr 430 v.Chr. glich das Bild eines Tyrannen dem Gegenteil eines demokratischen Herrschers. Eine Tyrannis „gewährt [...] weder Gleichheit und polit. Mitwirkung noch legt sie Rechenschaft ab. Der [Tyrann] ist gewalttätig, zugänglich für Schmeichler, ruhmsüchtig, habgierig und überheblich.“[6]

War die Person des Perikies mit seinen politischen Handlungen mit solch einer Begrifflichkeit gleichzusetzen oder glich seine Charakteristik doch eher einem demokratischen Staatsmann? Was hat es damit auf sich, dass der berühmt berüchtigte Perikies, der sonst als Schaffer der Demokratie, als Friedenspolitiker bezeichnet wird, doch so oft von Historikerinnen und Zeitgenossen als Tyrann in einen Zusammenhang gebracht wird?

Zur Begründung der Auswahl der Fragestellung ist zu betonen, dass die Begrifflichkeiten „Tyrann“ und „Demokratie“ in der Zeit der alten Geschichte auflebten und auch heute von großer Aktualität sind. Das Thema erscheint in der Geschichtsforschung als zeitlos und ist von der Vergangenheit bis in die Gegenwart von wichtiger Bedeutung.

Im Hinblick auf die Fragestellung soll diese Arbeit, nach einer kurzen Begriffserklärung des „Tyrannos“ und der „Tyrannis“, die Person und das Leben des Perikies sowie sein Einstieg in die athenische Politik kurz betrachten. Weiterhin bezieht sich die Arbeit auf einige Aspekte der Handlungen und Taten des Perikies, um Bezug auf seine vermeintlich demokratische Herrschaft zu nehmen und somit den Vorwürfen seiner Tyrannenherrschaft auf den Grund gehen. Hierbei ist zu erwähnen, dass der Bezug auf Perikies Außenpolitik sowie auf den peloponnesischen Krieg (431 - 404 v. Chr.) den Rahmen der Arbeit überschreiten würde und deshalb weniger Einfluss auf die Untersuchungen nimmt. Vielmehr geht es um die Person des Perikies und sein Wirken in Bezug auf seine politische Machtergreifung in Athen.

Für die Ausarbeitung werden vor allem die Quellenberichte aus Plutarchs „Fünf Doppelbiografien“ der Sammlung Tusclulum herangezogen. Aufgrund Plutarchs Einbezug von anderen zeitgenössischen Historikern erscheint die Biographie über den Perikies am aufschlussreichsten. Plutarch entwickelte diese „aus der Vielfalt der widersprüchlichen Nachrichten und Bewertungen“, welche somit den ,,einzige[n] zusammenhängende^] Text über Perikies“ darstelle.6

Hervorzuheben ist, dass von Perikies selbst kaum Zeugnisse überliefert sind. Neben den zeitgenössischen Komödien des 5. Jahrhunderts, die Auskunft über Perikies geben, gibt es lediglich zwei dokumentarische Inschriften, welche den Namen des Perikies erwähnen. Davon sei eine Liste über die „Strategen des Jahres 439/ 8 v. Chr.“ sowie eine weitere über einen Volksbeschluss, welcher ca. aus den Jahren 440-443 stammen soll und die „Renovierung von öffentlichen Brunnen und deren Finanzierung“ dokumentiere.7 Literarisch angelehnt wird diese Ausarbeitung größtenteils an die von Gustav Adolf Lehmanns Quellenkenntnis beruhende Biographie des Perikies „Perikies- Staatsmann und Stratege im klassischen Athen“ aus dem Jahr 2008 sowie an die von Wolfgang Will verfasste Monographie „Perikies“ von 1995.

Bezüglich des aktuellen Forschungsstandes kann erwähnt werden, dass die Untersuchungen der Geschichte des antiken Griechenlands weiterhin voranschreiten, so dass neue wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden können. Die Forschung um die attische Demokratie bleibt stets von historischem und gesellschaftlichem Interesse.

2. Begriffserklärung und Bedeutungswandel „Tyrannos“ (Tyrann) und „Tyrannis“

Der Begriff „Tyrannos“ stammt vermutlich weniger aus dem alten Griechisch, sondern ist vermutlich vom lydischen „türan“, also „Herr“ abzuleiten.8 Daraus entstand wohlmöglich der heute gängige Begriff„Tyrann“.

Zu betonen ist, dass der Begriff „Tyrannos“ keine „Selbstbezeichnung oder Titel“9 darstellt und nicht mit der Herrschaftsform „Tyrannis“ zu verwechseln ist.

Bereits ab Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. galt „Tyrannos“ als ein Kampfbegriff der Aristokraten gegen einen Standesgenossen, welcher aufgrund einer herrschenden „Tyrannis“, synonym zum Begriff„monarchia“, beneidenswert erscheinen kann.10 „[Ein Tyrann] [...] assoziiert Macht und Reichtum, [...] seine Selbstüberhebung (hybris) sprengt die Gemeinschaft, er ‘verknechtet’ die Stadt (Solon fr. 10 Diehl)“11.

Nach den Perserkriegen des 5. Jahrhunderts v. Chr. galt in der athenischen Demokratie die Bezeichnung „Tyrann“ fürjemanden, „der die Freiheit der Bürger bedroht“12.

Das nächste überlieferte Tyrannenbild, welches auch noch in der späteren Zeit in dem Sinne verwendet wird, ist aus dem Jahr 430, geprägt von Herodot.13 „Die Tyrannis gewährt anders als die Demokratie (demokratia) weder Gleichheit und politische Mitwirkung noch legt sie Rechenschaft ab. Der tyr. ist gewalttätig, zugänglich für Schmeichler, ruhmsüchtig, habgierig und überheblich. In dieser Form konnte Tyrannis dann auch für die Herrschaft des Volkes (Aristoph. Equ. 1114) oder der Polis (Thuk. 1,122) verwendet werden“14.

Ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. war die Tyrannis nun „negatives Gegenstück zur Monarchie“ geworden, „unterschieden danach, ob die Herrschaft gesetzlich sei, Zustimmung finde und sich am Glück der Beherrschten ausrichte oder nicht [.. ,]“15.

Im Mittelalter und in der Neuzeit wird der Begriff und die Bedeutung der „Tyrannis“ mit der ,,despotische[n] Herrschaft Absolutie“ gleichgesetzt und ab dem 20. Jahrhundert durch den Begriff der „Diktatur“ verdrängt.16

Nach Bayer brachte ein „Tyrannenregime“ oft „eine Hebung des Allgemeinen Wohlstands, eine Belebung des Handwerks und Handels und somit auch eine Stärkung der Position des Staates in der hellenischen Welt“ mit sich.17 Außerdem äußerte sich die Herrschaft durch eine „rege Baufreundlichkeit“ und „durch ihre Initiative bei der Ein- und Durchführung von Kulten und Festen“.18

Festzuhalten ist, dass sich die Begriffe im Laufe der Zeit gewandelt haben. Trotzdem sind die meisten Definitionen geprägt von einem negativen Unterton.

In den Geschichtsüberlieferungen wird Perikies nicht immer nur als der wohlwollende demokratische Staatsmann dargestellt. Weshalb Historikerinnen und Zeitgenossen den Perikies als Tyrannen bezichtigen könnten und ob dies gerechtfertigt ist, gilt es im Folgenden zu untersuchen.

3. Der Aufstieg des Perikies in die athenische Politik

„Als sie schwanger war, sah sie ein Traumgesicht. Es war ihr, als schenke sie einem Löwen das Leben. Nach wenigen Tagen gebar sie dem Xanthippos den Perikies.“19 Nach Lehmann sei Perikles‘ Geburt „mit einiger Wahrscheinlichkeit“ auf das Jahr 494/3 v. Chr. zu datieren.20 Trotzdem kann die Plausibilität dieser Datierung angezweifelt werden, denn für die Allgemeinheit ist das Geburtsjahr des Perikies umstritten. „Die Forschung läßt ihn einmal um 500, ein andermal «490 oder doch nur wenig früher» das Licht der Welt erblicken“21. Perikies entstammte dem „Demos Cholargos“22, der innerhalb der griechischen Polis zur „Phyle Akamantis“23 gehörte. Seine Mutter Agariste, Tochter des Hippokrates und Nichte des „großen athenischen Gesetzgebers“24 Kleisthenes stammt aus dem Geschlecht der Alkmeoniden, einer einflussreichen, aristokratischen Familie der archaischen Zeit.25 Perikles‘ Vater Xanthippos, Sohn des Ariphron, ist ebenfalls von adligem Geschlecht.26 Für die politische Karriere des Perikies war die Abstammung des Adelsgeschlechts der Alkmeoniden im 5. Jahrhundert v. Chr. ein erheblicher Vorteil.

[...]


1 Vgl. Will 1995, S.7.

2 Hdt.6. 130,2-133,3.

3 Thuk. 2. 65.

4 Vgl. Will 1995, S.12.

5 J. Cobet, s.v. Tyrannis/ Tyrannos, in: DNP.

6 Günther2010, S.28.

7 Vgl. Ebd., S.29.

8 Vgl. J. Cobet, s.v. Tyrannis/ Tyrannos, in: DNP.

9 Ebd.

10 Vgl.Ebd.

11 Ebd.

12 Ebd.

13 Vgl. Ebd.

14 Ebd.

15 Ebd.

16 Vgl. Ebd.

17 Vgl. Bayer 1987, S.72.

18 Ebd.

19 Hdt. 6, 130,2-133,3.

20 Vgl. Lehmann2008, S. 30.

21 Will 1995, S.23.

22 Ebd.

23 Plut. Per. 3.

24 Lehmann 2008, S.30.

25 Vgl. Stein-Hölkeskamp, s.v. Alkmaionidai, in: DNP.

26 Vgl. Lehmann2008, S.30.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Perikles. Sinnbild des demokratischen Staatsmannes oder doch Herrschaft eines Tyrannen?
Hochschule
Universität Kassel
Veranstaltung
Perikles
Note
2,3
Jahr
2021
Seiten
20
Katalognummer
V1190403
ISBN (eBook)
9783346625625
ISBN (Buch)
9783346625632
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Perikles, Alte Geschichte, Antike, Tyrann, Demokrat, PeriklesHerrschaft, Tyrannei, Griechenland, Griechische Geschichte, TyrannosPerikles
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Perikles. Sinnbild des demokratischen Staatsmannes oder doch Herrschaft eines Tyrannen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1190403

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