„Als ich darüber nachdachte, was ich etwa darbringen könnte, damit es Eurer Königlichen Majestät würdig, aber auch meinem Stande und der Pflicht meines Berufes angemessen sei, erschien es mir als das beste, einem König – über die Herrschaft der Könige zu schreiben.“
(Thomas von Aquin: Über die Herrschaft der Fürsten; Stuttgart 1981, S. 3.) Mit diesen Worten beginnt Thomas von Aquin im 13. Jahrhundert seinen Fürstenspiegel, den er an den König des Kreuzfahrerstaates Zypern richtet.
Thomas von Aquin, der um das Jahr 1225 in Süditalien geboren wird, ist ohne Zweifel einer der bedeutendsten Philosophen und Theologen des Mittelalters. Sein Werk, das neben den beiden theologischen Hauptschriften „Summa theologiae“ und „Summa contra gentiles“, vor allem auch Werke über die Schriften des Aristoteles enthält, zählt bis heute zu den
wichtigsten der mittelalterlichen Wissenschaft. Die Scholastik, die Thomas, genau wie sein Lehrer Albertus Magnus, maßgeblich mitprägen sollte, vollzieht durch ihre Methodik und ihre Betonung der Vernunft eine entscheidende Trennung: zum ersten Mal scheidet man systematisch und klar zwischen empirisch-rationaler Wissenschaft und religiösen Überzeugungen. Großen Einfluss auf diese Wissenschaft und ihre Repräsentanten nimmt die Rückkehr der Schriften des Aristoteles in die Lehre des Okzidents. Im Zentrum aller
wissenschaftlichen Analyse steht für Thomas von Aquin die Vernunft, so verfährt er auch in seinen theologischen Betrachtungen getreu der Prinzipien der ratio. Die Theologie wird durch ihn zu einer Wissenschaft. Aquins Gesamtwerk lässt sich laut Ulrich Matz nur als Einheit begreifen, die neben der Theologie auch weltliche Wissenschaften umfasst. „Dabei tritt das theologische Motiv stärker hervor, das Thomas zur wissenschaftlichen, an der aristotelischen
Philosophie orientierten Säkularisierung des Weltlichen führt und diese Säkularisierung zugleich in einer christlichen Synthese bindet.“ (Ulrich Matz: Nachwort; in: Thomas von Aquin: Über die Herrschaft der Fürsten; Stuttgart 1981, S. 78.) Diese erste Differenzierung des Weltlichen vom Religiösen, ermöglicht es Thomas von Aquin auch in seinen politischen
Analysen eine Trennung von weltlichen Belangen und Aufgaben, von den auf transzendente Ziele hin gerichteten Organen und Zielen, zu vollziehen.
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Inhaltsverzeichnis
- Die Rolle des Fürsten im Gefüge der mittelalterlichen Welt bei Thomas von Aquin und ihre Verbindung zur Moderne
- Grundlagen der Herrschaft
- Aristotelische Tradition
- Das Menschenbild des zoon politikón
- Die Notwendigkeit der Existenz eines Herrschers
- Aufgaben des Fürsten
- Frieden und Einheit der Gemeinschaft
- Das allgemeine Wohl der Gemeinschaft
- Die Ermöglichung eines „guten Lebens“
- Die Realisierung der Aufgaben des Fürsten
- Die Stellung des Fürsten im Gefüge der Welt
- Das Verhältnis zwischen dem Fürsten und seinem Volk
- Das Verhältnis zwischen dem Fürsten und der Kirche
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay analysiert die Rolle des Fürsten in der mittelalterlichen Welt, wie sie von Thomas von Aquin in seinem Werk „De regimine principum – Über die Herrschaft der Fürsten“ dargestellt wird. Dabei werden die Grundlagen der Herrschaft, die Aufgaben des Fürsten und seine Stellung im Gefüge der Welt betrachtet.
- Aristotelische Philosophie und Thomas von Aquins politische Philosophie
- Die Aufgaben und Pflichten des Fürsten im mittelalterlichen Staat
- Die Beziehung zwischen dem Fürsten, seinem Volk und der Kirche
- Die Bedeutung des „guten Lebens“ in der politischen Philosophie des Thomas von Aquin
- Die Relevanz der politischen Analysen Aquins für die Moderne
Zusammenfassung der Kapitel
Der Essay beginnt mit einer Einführung in die politische Philosophie des Thomas von Aquin und stellt seine zentrale These dar, dass die Monarchie die beste Regierungsform ist. Anschließend werden die aristotelischen Grundlagen der Herrschaft, wie das Menschenbild des zoon politikón und die Notwendigkeit der Existenz eines Herrschers, erläutert. Im weiteren Verlauf werden die Aufgaben des Fürsten, wie die Gewährleistung von Frieden, Einheit und allgemeinem Wohl der Gemeinschaft, sowie die Ermöglichung eines „guten Lebens“ für seine Untertanen, detailliert beschrieben. Abschließend wird die Stellung des Fürsten im Gefüge der Welt betrachtet, wobei das Verhältnis zwischen dem Fürsten und seinem Volk sowie das Verhältnis zwischen dem Fürsten und der Kirche im Vordergrund stehen.
Schlüsselwörter
Thomas von Aquin, Fürstenspiegel, De regimine principum, Mittelalter, Monarchie, Aristoteles, zoon politikón, Gemeinwohl, „gutes Leben“, Kirche, Volk, Tyrannis, Verfassung, Investiturstreit.
- Arbeit zitieren
- Andreas Ludwig (Autor:in), 2006, Die Rolle des Fürsten im Gefüge der mittelalterlichen Welt bei Thomas von Aquin und ihre Verbindung zur Moderne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119049