Pädagogische Autorität als Voraussetzung für Erziehung nach dem Erziehungsbegriff Werner Lochs


Hausarbeit, 2021

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitende Gedanken…

2. Problematiken einer Begriffsdefinition der (pädagogischen) Autorität..

3. Zum Begriff der Autorität…..
3.1 Historische Wurzeln des Autoritätsbegriffs…..…...
3.2 Definition von Autorität als soziales Phänomen nach Weber...
3.3 Erweiterung der Definition Webers mit einer neueren Betrachtung

4. Zum Begriff der pädagogischen Autorität.…
4.1 Grundstruktur der pädagogischen Autorität nach Erich Weber
4.2 Ergänzung der Definition mit aktuelleren Betrachtungen
4.3 Die Krise der pädagogischen Autorität..

5. Werner Lochs Erziehungsbegriff.
5.1 Gegenstandsproblematik und Einordnung des Erziehungsbegriffs
5.2 Der Erzieher als bedeutungsvoller Anderer…

6. Wie pädagogische Autorität Erziehung nach Loch ermöglicht...

7. Abschließend Gedanken…..

1. Einleitende Gedanken

Durchforscht man die aktuelle Literatur zum Thema Erziehung ist eine Art von Büchern kaum zu übersehen. Die Literatur des 21. Jahrhunderts ist voll mit Ratgebern für Eltern, professionelle Pädagogen und Lehrkräfte. Diese sollen dem Aufruf zur „‚Neue [n, B. S.] Autorität‘ in der Schule“ (Lemme; Körner 2016) oder dem Leitfaden „Raus aus der Ohnmacht“ (Omer; Haller 2019) folgen. „Das Geheimnis starker Eltern“ (Streit 2016) soll gelüftet werden. Geworben wird mit Bestseller-Listenplätzen und es werden Konzepte präsentiert, die beschreiben, wie Kindererziehung im 21. Jahrhundert abzulaufen hat. Das Motto heißt: „Leitwolf sein“ (Juul 2014) und dem Kind trotzdem genug Freiheit zur persönlichen Entfaltung geben. Schon an den Titeln ist zu erkennen, dass die richtige Auslegung des Begriffs Autorität in allen Büchern Thema zu sein scheint und dass die Thematik seit Beginn der 68er Bewegung bis heute nicht an Aktualität verloren hat. Auf der Suche nach der richtigen praktischen Auslegung der Autorität und dem korrekten Weg sie sich zu verschaffen, stellt der Begriff die Erziehungswissenschaft seit Beginn an vor viel diskutierte und teilweise ungeklärter Fragen. Dieser Text soll sich der Thematik sehr grundlegend nähern und der Fragestellung nach der grundsätzlichen Notwendigkeit der Autorität im Erziehungsprozess nachgehen. Über diese Überlegung soll in folgender Betrachtung in den wissenschaftlichen Diskurs gegangen und sich inhaltlich an folgender These orientieren werden: Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie sich pädagogische Autorität definieren lässt, was unter dem Erziehungsbegriff Lochs zu verstehen ist und wie die pädagogische Autorität nach dessen Definition Erziehung ermöglicht. Der Beantwortung der zentralen Frage nach der Notwendigkeit der pädagogischen Autorität sollen also vorerst die Begriffsdefinitionen der relevanten Begriffe vorausgehen. Um die pädagogische Autorität verstehen zu können wird anfangs der zweiteilige Begriff aufgeteilt und zuerst die Autorität alleinstehend definiert, worauf folgend auf eine gesamte Definition derer geschlossen wird. Primär wird sich hier an Literatur von Erich Weber und Roland Reichenbach orientiert, die einerseits eine historische und andererseits eine aktuelle Betrachtung der Thematik liefern. Nachdem sich auch der Krise der pädagogischen Autorität gewidmet wurde soll zu Klärung der These der Erziehungsbegriff Lochs, mithilfe seiner Ausführung über die allgemeine Pädagogik in phänomenologischer Hinsicht, betrachtet werden, um darauffolgend die Unverzichtbarkeit der pädagogischen Autorität für Erziehung zu erläutern. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Hausarbeit primär die Sprachform des generischen Maskulinums angewendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form Geschlechts-unabhängig verstanden werden und immer alle Geschlechter angesprochen sein sollen.

2. Problematiken einer Begriffsdefinition der (pädagogischen) Autorität

Roland Reichenbach leitet in sein, in dieser Arbeit als Primärliteratur verwendetes, Werk mit folgender Metapher ein:

„Mit dem Thema der pädagogischen Autorität begibt man sich in ein weites Feld und zweifelhaftes Gebiet, eine Art Sumpf, in welchem beißwütige Dämonen lauern, die nur eines im Sinn zu haben scheinen: den Eindringling zu verwirren und zu täuschen“ (Reichenbach 2011, S. 5).

Er spricht eine Warnung für alle aus, die sich ebenfalls für das Thema der pädagogischen Autorität interessieren. Aufgrund der Aussage Reichenbachs soll sich vorerst der Frage gewidmet werden, was die Problematik einer Begriffsdefinition der (pädagogischen) Autorität ausmacht und worin sie besteht. Grundproblematik einer Betrachtung der pädagogischen Autorität in der Erziehungswissenschaft ist, dass keine Definition zu finden ist, welche die Wissenschaft im Kanon vertritt. Das Fehlen einer allgemeingültigen Definition ist ein die Wissenschaften allübergreifendes Problem dem sich nicht nur die Pädagogik, sondern auch andere Disziplinen wie die Soziologie, Politologie, Philosophie oder Theologie widmen (vgl. Weber 1974, S. 9). Warum die Frage so viele Fachrichtungen betrifft, zeigt eine Betrachtung der Bereiche, in denen die Autorität relevant ist. Für die Nationalsozialisten war sie ein Beweis der Notwenigkeit eines einzelnen Herrschers. Im Gegensatz hierzu ist sie für den Demokraten ein Ergebnis von Arbeitsteilung und politisch ein temporärerer Berechtigungsgrund für Macht, für die sich der Machtinhaber jedoch immer wieder zu verantworten hat. Für die katholische Kirche spiegelt sich in der menschlichen Autorität die göttliche Herrschaft wider, dem Lehrer gibt sie die Durchsetzungskraft in seinem Beruf und den Mann legitimierte sie lange Zeit in seiner leitenden Funktion als Familienvater. Für Kinder haben Erwachsene aufgrund des Altersgefälles Autorität, in ihrer Beziehung zu Peers ermöglicht sie ein alltägliches Zusammenleben (vgl. Roeder 1967 zit. n. Weber 1974, S. 343). Hier wird deutlich welch eine verwirrende Vielfalt an Verwendungen der Begriff zulässt, was eine Problematik für die Begriffsdefinition darstellt. In der für diese Arbeit relevanten Bedeutung der Erziehungsautorität gibt es ein weiteres Problem. Auf der Suche nach einer Definition verleitet der Begriff den Partizipant des Diskurses, sich entweder auf die Seite der Autorität zu schlagen oder sie abzulehnen (vgl. Reichenberg, 2011, S. 5). Befürworter sehen die Autorität als essenziell wichtig für soziale Interaktion und das darin enthaltene erzieherische Handeln. Man spricht von autoritärer Erziehung und bringt den Begriff mit positiv besetzten Worten wie »Tugend« in Verbindung (vgl. Dammer 1994, S. 6). Die Autorität sei „Sicherung, nicht Abschaffung der Freiheit“ (Leggewie, 1993). Die andere Seite lehnt jegliches Gedankengut, das mit dem Thema verknüpft ist, sogar als gefährlich ab. Hier wird die Autorität als „Lizenz zum Ungeheuerlichen“ (Blumenberg 1997 zit. n. Reichenbach 2011, S. 5) bezeichnet. Also als Legitimationsmöglichkeit Macht oder Gewalt auszuüben. Hier vertritt man einen anti-autoritären Erziehungsstil. So stehen sich zwei Extreme gegenüber, die versuchen sich gegenseitig zu diskreditieren, was wiederum einen sachlichen Diskurs erschwert. Nicht nur dieser Aspekt führt zu einer emotionalen Belastung des Themenbereichs Autorität. Auch unsere persönliche Bindung zu dieser Thematik stellt ein Problem in der Diskussion dar (vgl. Twardella 2012, S. 22). Ob eher herrschaftsfrei und ohne Zwang oder herrisch und streng, jeder Mensch hat eine gewisse Erziehung erfahren. Doch nicht nur in unserer persönlichen Erziehung zur handlungsfähigen Person sind wir mit der spezifischen Auslegung der Autorität konfrontiert. Auf soziokultureller Ebene verbinden wir Autoritäten „mit konservativem, ja, reaktionärem Denken“ (Twardella 2012, S. 23). Also mit einer nicht mehr zeitgemäßen Einstellung die als veraltet und überholt gilt. Genauer wird dies deutlich an einer Ausführung Adornos, der die Notwendigkeit sah die Erziehung nach dem Zweiten Weltkrieg komplett zu verändern, um ein Wiederholen der Ereignisse zu verhindern. Die „autoritäre Persönlichkeit“ konnotiert den Begriff, welcher wesentlich neuer ist als der Autoritätsbegriff selbst, eindeutig negativ und verbindet ihn mit Charaktermerkmalen für den nationalsozialistischen Typus. Für unsere moderne demokratische Ordnung sei dieser diktatorische und totalitäre Persönlichkeitstyp schändlich wogegen eher Autonomie und Mündigkeit als Leitsätze der Erziehung gelten sollten (vgl. Adorno 1966, S. 92f.). Obwohl autoritär nicht das Adjektiv von Autorität ist, sondern den unbedingten Gehorsam fordert, färbt sie die Bedeutung aufgrund der Ähnlichkeit zur Begrifflichkeit negativ ein (vgl. Dudenredaktion 2021). Adornos Definition von „autoritärer Persönlichkeit“ ist nur eines von mehreren Beispielen, weshalb der Begriff der Autorität negativ behaftet ist und es schwierig fällt eine Definition für das zu finden, was sie wirklich meint. Auch Leggewie und Hurrelmann sehen im „autoritären Charakter“ ein rechtsradikales Leitbild (vgl. Dammer 1994, S.7). Zusammenfassend gilt es festzuhalten, dass es leicht ist das Wort Autorität falsch zu verstehen. Vor allem für die erziehungswissenschaftliche Betrachtung kann dies sehr irreführend sein.

3. Zum Begriff Autorität

In Anbetracht der Schwierigkeiten, die eine Definition von Autorität mit sich bringt, soll im folgenden Kapitel trotzdem der Erklärungsversuch unternommen werden, um darauffolgend auf die Bedeutung der pädagogischen Autorität für die Erziehung zu schließen. Die Begriffsdefinition soll auf drei Ebenen aufgestellt werden. Als Erstes wird ein Blick auf die geschichtliche Entstehung des Wortes selbst geworfen. Anschließend wird, mithilfe Erich Webers, eine historischere Sichtweise auf die Autorität als Phänomen aufgezeigt. Darauffolgend soll diese Definition mit modernen Ansichten ergänzt und komplettiert werden.

3.1 Historische Wurzeln des Autoritätsbegriffs

Eine Voranstellung einer historischen Definition wird als sinnvoll erachtet, um den Ausgangspunkt des Wandels der Autorität verstehen zu können. Der Ursprung des Begriffs ist im antiken Rom zu verorten. Das Wort Autorität, so wie wir es heute kennen stammt vom lateinischen Wort auctor ab und geht der auctoritas, aus welcher sich dann später die Autorität entwickelte, voraus. Der später politisch geprägte Begriff, findet seinen Ursprung im Kulturellen. Da Worte im lateinischen selten nur eine konkrete Bedeutung haben zeigt Heinze zwei Beispiele auf, mit denen er die ursprüngliche Funktion des auctors beschreibt (vgl. 1925, S. 350). So hat ein auctor die Pflicht bei einem Eigentumsverkauf zu garantieren, dass es keine dritte Person gibt, die Anspruch auf den Gegenstand hat. Auch ist ein Rechtsgeschäft eines Minderjährigen erst gültig, wenn der auctor dem Geschäft seines Mündel zustimmt. So entwickelte sich die Bedeutung, dass derjenige auctor ist, der eine Handlung eines anderen Menschen für entscheidend gutheißt. Zusammenfassend: Einem auctor wurde eine gewisse Verantwortung zugesprochen, da man ihm Glauben in seiner Funktion schenkte. Anfangs benutzten die Römer den Begriff nur situativ, also als temporäre Eigenschaft eines Menschen. Später band sich die Eigenart eines glaubhaften Menschen dauerhaft an Personen. Diese „Eigenschaft“ wird nun auctoritas genannt und entwickelte sich im erweiterten Sinn zu den Bedeutungen Urheber, Veranlasser, Anstifter und Ratgeber. Diese Attribute wurden später vor allem den Herrschern zugeschrieben. Oliver Kohn fasst das Bild, das Heinze in seiner Abhandlung von Herrscherautorität zeichnet, treffend zusammen:

„Freiwillige Anerkennung einer herausragenden Persönlichkeit durch das ganze römische Volk statt einer abstrakten Herrschaft bürokratischer Strukturen, statt theatralischer Propaganda und statt einer Oktroyierung von Machtverhältnissen“ (Kohns 2016, S. 217).

[...]

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Details

Titel
Pädagogische Autorität als Voraussetzung für Erziehung nach dem Erziehungsbegriff Werner Lochs
Hochschule
Universität Augsburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
21
Katalognummer
V1190915
ISBN (eBook)
9783346629425
ISBN (Buch)
9783346629432
Sprache
Deutsch
Schlagworte
pädagogische, autorität, voraussetzung, erziehung, erziehungsbegriff, werner, lochs
Arbeit zitieren
Sebastian Baudrexl (Autor:in), 2021, Pädagogische Autorität als Voraussetzung für Erziehung nach dem Erziehungsbegriff Werner Lochs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1190915

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