Subliminale Werbung: Mythos oder Realität


Seminararbeit, 2008

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Subliminale Reize und subliminale Wahrnehmung in der Psychologie
a. Begriffsbestimmungen
b. Wie wird die Wahrnehmung unterschwelliger Reize gesichert bzw. nachgewiesen

III. Empirische Untersuchungen zur subliminalen Wahrnehmung in Bezug auf Werbung
a. Aktivation von Bedürfnissen
b. Veränderung von Einstellungen und Bewertungen
c. Einflussnahme auf Entscheidungen und Handeln

IV. Schlussbetrachtung

I. Einleitung

Was man heutzutage mit dem Begriff „subliminale Werbung“ am häufigsten verbindet, ist das Experiment von James M. Vicary aus dem Jahr 1957, das zu den ersten und bekanntesten Stu- dien in diesem Bereich zählt. Vicary, ein US-amerikanischer Marktforscher und Werbeagenturbe- sitzer, behauptete eine neue Werbetechnik entwickelt zu haben und sie sogar in einem Kino in New Jersey erprobt zu haben. Mit Hilfe eines zweiten Spezialprojektors, hatte er im Laufe des Films Picnic (1955) alle 5 Sekunden die Botschaften „Eat Popcorn!“ und „Drink Cola“ auf die Leinwand projiziert. Die Botschaften wurden für ca. 1/300 bis 1/6000 der Sekunde eingeblendet und dauerten deshalb zu kurz, um von den Zuschauern bewusst wahrgenommen zu werden. Dieses Experiment hatte Vicary über einen Zeitraum von 6 Wochen hinweg mit insgesamt 45699 Kinobesuchern durchgeführt. Laut seiner Angaben sei in dieser Zeit der Umsatz vom Popcorn und Cola jeweils um 18% und 57% gestiegen. Vicarys Firma wollte das Vorgehen patentieren lassen und es vor allem „zum Zwecken der Werbung betreiben und nicht allein in Filmtheatern, sondern auch im Fernsehen, wo - nicht zuletzt zum Nutzen der Zuschauer- durch die Anwendung unterschwelliger Werbung die störenden Unterbrechungen des Hauptprogramms durch „com- mercials“ zukünftig hinfällig würden“ (Brand 1978, 169). Obwohl Vicarys Studie niemals in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht wurde und trotz der unglaubwürdigen Daten (die Vica- ry später zugab, selber erfunden zu haben) und Widersprüchlichkeiten beim Vorgehen, löste sich in der Öffentlichkeit eine heftige Diskussion über die Medienmacht und vor allem über die Fol- gen, die eine solche „persuasive Werbung“ nach sich ziehen könnte. Es folgten einerseits viele Codes und Mitteilungen seitens der amerikanischen Sender, die die unterschwellige Werbung untersagten, andererseits wurden in den verschiedenen Bundesstaaten Gesetze verabschiedet, die die Anwendung solcher Werbetechniken verboten (Brand 1978, 170 ff.).

Vicary war nicht der Einzige, der sich über die Möglichkeiten der unterschwelligen Beeinflussung Gedanken machte. Noch 1932 beschreibt Aldous Huxley in seinem Zukunftsroman „Schöne neue Welt“ die Folgen der technisch-unterstützten Anwendung solcher persuasiven Botschaften im Dienst der politischen und ideologischen Propaganda (Brand 1978, 10; Koeppler 1972, 7 ff.). In seinem bekannten Werk „Die geheimen Verführer“ (Orig.: The Hidden Persuaders, 1957) setzt sich Vance Packard mit dem Problem der manipulierten amerikanischen Bürger auseinander, deren „Gewohnheiten, Kaufentschlüsse und Denkvorgänge“ durch ständige Anstrengungen von außen gesteuert würden. Er behauptete folgendes: „Diese Anstrengungen gelten einer Schicht unterhalb unserer Bewusstseinsebene, so daß die Antriebe, die uns bewegen, oft gewisserma- ßen „verborgen“ sind“ (Packard 1957, 9 ff.). Zu seinen Verführern zählen Kaufleute, politische Führer, PR-Fachleute, Spendensammler, Publizisten, Arbeitgeber, Personalberater, Werbefach- leute usw., die Erkenntnisse der Massenpsychologie im Dienst „einer Multimillionen-Dollar- Industrie“ anwenden und deren Endziel die Suche nach „wirksameren Mitteln, um ihre Ware zu verkaufen“ ist (Packard 1957, 10 ff.).

Die 50er bzw. 60er Jahre waren also von einer besonders hitzigen Diskussion über die Möglich- keit der subliminalen Werbung geprägt. Dieses Konzept wurde mehrmals in der Forschung ums- tritten, unterliegt deshalb einer ständigen Weiterentwicklung und ist auch in der Gegenwart von Interesse.

Es wird also in der vorliegenden Arbeit der Frage nachgegangen, ob und inwiefern sich sublimi- nale Botschaften in der Werbung auf die Konsumenten auswirken können. Dazu sollen zuerst einige Grundbegriffe und Definitionen in Bezug auf unterschwellige Wahrnehmung dargestellt werden und anschließend erklärt werden, wie die Perzeption subliminaler Reize geschieht und nachgewiesen werden kann. Im zweiten Teil der Arbeit werden einige empirische Belege für sub- liminale Wahrnehmung in Bezug auf Werbung angeführt, wobei sich die Studien auf die drei Komponenten, mit denen sich die Werbewirksamkeit charakterisiert, beziehen und zwar: Akti- vierung von Bedürfnissen, Veränderung von Einstellungen und Bewertungen und schließlich die Einflussnahme auf Entscheidungen und Handeln. Abschließend soll man einen zusammenfassen- den Überblick über herrschende Ansichten im Hinblick auf die Werbewirksamkeit von sublimina- len Stimuli als auch über die Möglichkeiten und Grenzen einer unterschwelligen Reizdarbietung geben.

II. Subliminale Reize und subliminale Wahrnehmung in der Psychologie

a. Begriffsbestimmungen

Um das Konzept der subliminalen Werbung vollständig darstellen und erklären zu können, muss man sich zuerst mit der Frage nach „der Existenz einer subliminalen Wahrnehmung (als der not- wendigen Voraussetzung für die subliminale Werbung)“ auseinandersetzen (Brand 1978, 10). In der Forschung ist umstritten, was genau unter dem Begriff der unterschwelligen Wahrnehmung zusammenzufassen ist. Wörtlich übersetzt heißt „sub-liminal“ – „unter der (Wahrnehmungs-) Schwelle“ und somit sind subliminale Reize nicht perzipierbar. Als Erster formuliert Fechner eine genauere Auffassung für den Schwellenbegriff, wobei er als Schwelle „den Punkt eines Reizkon- tinuums“, wo „die Merklichkeit eines Reizes oder eines Reizunterschiedes beginnt und schwindet […]„ bezeichnet (Fechner 1860a, 238; Koeppler 1972, 8 ff.). Er spricht noch über positive (be- wusste) und negative (unbewusste) Empfindungswerte, die sich entsprechend über bzw. unter der Schwelle befinden und „deren Größe dem Abstand von dem Punkt, wo eine Empfindung merkwürdig wird entspricht“ (Koeppler 1972, 9). Als problematisch erweist sich hier vor allem die Tatsache, dass es keinen festgelegten Punkt bei der Reizstärke existiert, bei dem ein Reiz unbewusst bleibt oder über dem jeder Reiz wahrgenommen wird. Allgemein wird die absolute Reizschwelle „als diejenige Reizstärke definiert, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ent- deckt wird.“ (Felser 2007, 236). Jedoch schwankt, wie schon erwähnt, diese Schwelle bei den verschiedenen Menschen und kann in Abhängigkeit von vielen Faktoren variieren.

Felser (2007) versucht die unterschiedlichen Auffassungen von „Unterschwelligkeit“ in der For- schung zusammenzufassen. Ich werde mich hier nur auf drei davon konzentrieren, die ich am beachtenswertesten finde und die es ermöglichen, den Begriff der Unterschwelligkeit etwa en- ger zu definieren.

Im engsten Sinne spricht man von Unterschwelligkeit, wenn eine Reizdarbietung unterhalb der absoluten Reizschwelle geschieht. Ein zweiter Verständnis nimmt an, dass auch solche Reize un- terschwellig sind, die sich zwar oberhalb der absoluten Reizschwelle befinden, deren bewussten Wahrnehmung aber von bestimmten Umständen verhindert wird- dabei wird eine Reizidentifika- tion völlig ausgeschlossen, die Reize werden unbewusst aufgenommen (s. Maskierte Reizkonfi- gurationen). Laut des dritten Verständnisses werden unterschwellige Reize ganz bewusst wahr- genommen, ihre Unterschwelligkeit liegt jedoch darin, dass sie nicht beachtet werden. Hier geht es also genauer um eine Wahrnehmung unterhalb der „Aufmerksamkeitsschwelle“ (Felser 2007, 230-231). Im Folgenden werde ich mich auf die ersten zwei Auffassungen beschränken, da es nur dann sinnvoll ist über eine subliminale Wahrnehmung zu sprechen, wenn diese unbewusst ge- schieht, d.h. wenn wenn man trotz erhöhter Aufmerksamkeit den subliminalen Reiz nicht erken- nen kann.

b. Wie wird die Wahrnehmung unterschwelliger Reize gesichert bzw. nachgewiesen

In der Forschungspraxis werden verschiedene Präsentationstechniken angewandt, um die Unter- schwelligkeit von Stimuli zu sichern. Eine in den 30er und 40er Jahren besonders häufig verwen- dete Methode ist die Präsentation von Stimuli auf einem sehr niedrigen Energieniveau (z.B. mit sehr schwacher Erleuchtung, mit geringem Kontrast), so dass die Reize unbemerkbar bleiben (Subthreshold Stimuli). Es gibt auch verschiedene Techniken, um visuelle Reize mit Hilfe eines Geräts (Tachistskop) zu maskieren (Masked Stimuli/ Maskierte Reizkonfigurationen). Dabei wird entweder ein heller Blitz (flash) vor und nach dem jeweiligen Stimulus eingeblendet, oder sofort nach dem kurz projizierten Stimulus zeigt man einen anderen Reiz (beispielweise ein Bild). Die beiden Maskierungstechniken führen dazu, dass der subliminal eingeblendete Reiz nicht bewusst aufgenommen wird. Noch zwei Vorgehensweisen sorgen für die subliminale Wahrnehmung von Stimuli: Bei den Unattended Stimuli, wird die Aufmerksamkeit des Probanden durch die gleich- zeitige Durchführung anderer Aktivitäten von dem präsentierten Reiz abgelenkt. Bei den Figural- ly Transformed Stimuli, werden visuelle oder auditive Reize v.a. mit technischer Unterstützung bearbeitet (z.B. gefiltert, umgeordnet …), so dass sie unentdeckt bleiben (Pratkanis/ Greenwald 1988, 339-341).

In den verschiedenen Experimenten werden diverse Methoden verwendet, um festzustellen, ob die Probanden einen Reiz wirklich unterschwellig wahrgenommen haben. Moore (1988) unter- scheidet dabei zwischen zwei Wege zum Nachweis einer sublimativen Wahrnehmung. Erstens kann man bei einem bloßen Ja/Nein- Verfahren die Probanden dazu bieten, zu berichten, ob sie ein Reiz bemerkt haben oder nicht. Als zweite Methode wurde „the forced choice task“ genannt, wobei die Testpersonen von mehreren gezeigten Alternativen diese auswählen müssen, die ihrer Meinung nach den versteckten Reiz enthält (Moore 1988, 298-300).

Eine der zur Zeit wichtigsten Methoden zur Feststellung unterschwelliger Reizverarbeitung ist folgende: Nach einem Experiment haben die Testpersonen die Möglichkeit, sich in Recall- und Recognitionstest an das ihnen präsentierte Material zu erinnern. Eine unbewusste Reizwahr- nehmung ist dann stattgefunden, wenn sich das Material nur durch einfaches Raten identifizie- ren lässt. Gleichzeitig müssen auch andere Maßen dafür sprechen, dass die Reize wirklich verar- beitet wurden. Solche Maße sind v.a. unwillkürliche Reaktionen (z.B. Hautwiderstand), bei denen überschwellig experimentell nachgewiesen wurde, sie werden von einem bestimmten Reiz bzw. Klasse von Reizen provoziert. Wenn eine solche Reaktion auch bei einer unterschwelligen Dar- bietung vorhanden ist, heißt das der Reiz wurde verarbeitet und hat zu einer Aktivation geführt (Felser 2007, 231-232; Koeppler 1972, 15-17).

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Subliminale Werbung: Mythos oder Realität
Hochschule
Universität Augsburg
Veranstaltung
Medien- und Kommunikationspsychologie
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V119115
ISBN (eBook)
9783640228133
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Subliminale, Werbung, Mythos, Realität, Medien-, Kommunikationspsychologie, unterschwellige Werbung, unterschwellige Wirkung, James M. Vicary, subliminal advertising, Iss-Popcorn-trink-Cola-Studie
Arbeit zitieren
Tanya Cherneva (Autor:in), 2008, Subliminale Werbung: Mythos oder Realität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119115

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