Entwicklung eines Instruments zur Analyse videografierten Unterrichts. Die Qualitätskriterien ‚Classroom Management‘ und ‚Klarheit und Strukturiertheit‘


Masterarbeit, 2020

203 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Videografierter Unterricht
2.1 Bedeutung für die Lehrer*innenbildung
2.2 Fremd- und Eigenvideos im Rahmen der Kompetenzentwicklung
2.3 Fallvignetten

3 Qualitätskriterien von Unterricht: Theoretische Fundierung und Begründung
3.1 Eine zusammenfassende Darstellung bisheriger Konzepte zur Unterrichtsqualität
3.2 Classroom Management
3.3 Klarheit und Strukturiertheit

4 Methodisches Vorgehen
4.1 Phasierung von Unterricht
4.2 Das Analyseinstrument für videografierten Unterricht
4.3 Vorstellung der videografierten Unterrichtseinheit
4.3.1 Rahmenbedingungen
4.3.2 Phaseneinteilung der Unterrichtseinheit und Schnitt der Fallvignetten
4.3.3 Planungsmaterial derUnterrichtseinheit
4.3.4 Transkription derUnterrichtseinheit

5 Testung des Analyseinstruments: Darstellung der Ergebnisse

6 Diskussion
6.1 Der Wert des Analyseinstruments
6.2 Einbindung des Analyseinstruments in die Ausbildung von Wirtschaftspädagog*innen an der Universität Göttingen: Ein Konzept

7 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Anhang

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Übersicht zu den erstellten Fallvignetten (eigene Darstellung)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Didaktisches Dreieck unter Berücksichtigung der tiefenstrukturellen Merkmale (eigene Darstellung, in Anlehnung an Reusser, 2009, S. 301).

Abbildung 2 Vereinfachtes Perspektivenschema zur Unterrichtsplanung (eigene DarstellunginAnlehnunganKlafki, 1997, S. 18)

Abbildung 3 Beispielhafte Darstellung ausgewählter Items zur Klassenführung aus dem Schüler*innenfragebogen zum Unterricht aus dem Projekt EMU - Evidenzbasierte Methoden derUnterrichtsdiagnostik (Helmke, 2017b)

Abbildung 4 Kriterium, Items und Indikatoren zur Klassenführung (entnommen aus AQS Rheinland-Pfalz & Helmke, 2012)

Abbildung 5 Grundstruktur des Erläuterungsbogens (eigene Darstellung)

Abbildung 6 Ausschnitt aus dem Analysebogen: Classroom Management, Organisatorischer Rahmen

Abbildung 7 Allgemeiner Aufbau der Transkripte (eigene Darstellung)

Abbildung 8 Ergebnis der Analyse der ersten Fallvignette: Ausschnitt aus dem Kriterium Classroom Management (eigene Darstellung)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Das PISA-Debakel aus dem Jahr 2001 war eine der Anschlussofferten für Reformen in der Bildungspolitik in Deutschland. Seit dieser „empirischen Wende“ (Helmke, 2017a, S. 14) wird statt des Inputs verstärkt der Output und der Outcome von Schule und Unter­richt, d.h. die tatsächlichen Wirkungen und der Ertrag auf die Schülerinnen, fokussiert (ebd., S. 14 f; Terhart, 2002, S. 104). Auch die Lehrerinnenrolle hat sich verändert. So sollen Lehrerinnen nicht nur als Instrukteurinnen, sondern vielmehr als Lernberaterin­nen agieren und den Schülerinnen einen selbstregulierten Unterricht ermöglichen (Gudjons, 2006, S. 63 ff.). Die von der Kultusministerkonferenz (KMK) im Jahr 2004 in diesem Zuge herausgegebenen Standards für die Lehrerbildung sind formulierte Anfor­derungen, welche Lehrerinnen erfüllen sollen. Sie beziehen sich auf angestrebte Kom­petenzen, welche innerhalb der zweiphasigen Ausbildung in den Kompetenzbereichen Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren zu erreichen sind (KMK, 2004, S. 3 f.). Im Kompetenzbereich Unterrichten heißt es „Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen“ (ebd., S. 7) und speziell unter Kompetenz 1 „Lehrerinnen und Lehrer planen Unterricht fach- und sachgerecht und führen ihn sachlich und fachlich kor­rekt durch.“ (ebd., S. 7) Die dazu formulierten Standards für den theoretischen Ausbil­dungsabschnitt, also die universitäre Lehrer*innenbildung, enthalten neben der Kenntnis von Bildungstheorien und allgemeinen sowie fachbezogenen Didaktiken, auch die Kennt­nis über „Verfahren für die Beurteilung von Lehrleistung und Unterrichtsqualität“ (ebd., S. 7). Angehende Lehrerinnen sollen in der Lage sein, fremden und eigenen Unterricht zu reflektieren und diesen im Hinblick auf Qualitätskriterien zu beurteilen. Bezogen auf die oben erwähnten angestrebten Kompetenzbereiche der KMK kann hier eine Verbin­dung zum Kompetenzbereich Beraten bzw. Diagnostizieren, als Kemaufgabe des Leh­rerinnenberufs, hergestellt werden (Helmke & Helmke, 2015, S. 242). Das Diagnosti­zieren bezieht sich nicht mehr wie früher nur auf die Prozess- bzw. Statusdiagnostik der Leistungsbeurteilung von Schülerinnen, sondern vielmehr auf die Unterrichtsgestaltung, die Steuerung des Lehr-Lern-Prozesses und die Unterrichtsentwicklung (Schrader, 2013, S. 154). Die Unterrichtsdiagnostik zielt auf eine „systematische, kriteriengeleitete Erfas­sung der Lehr-Lern-Situation mit Hilfe entsprechender Werkzeuge als Basis für die Un­terrichtsreflexion aus verschiedenen Perspektiven“ (Helmke & Helmke, 2015, S. 242), um auf diese Weise Informationen über die Lehr-Lern-Prozesse und die unterrichtlichen Wirkungen zu erhalten (ebd., S. 247). Die Reflexion über Unterricht, auch gemeinsam mit anderen, dient dabei neben der eigenen Entwicklung auch der Sicherung und Weiter­entwicklung der Unterrichtsqualität und sollte daher ein Anliegen jeder Lehrkraft sein (Helmke et al., 2012, S. 133). Schon während der Ausbildung der angehenden Lehrerin­nen und später in der Fort- und Weiterbildung, zählt es also zu den Aufgaben, ihnen eine selbstbewusste und selbstkritische Haltung gegenüber ihrer Unterrichtstätigkeit zu ver­mitteln und ihre Reflexionsfähigkeit zu verbessern (Mühlhausen & König, 2018, S. 14). Diese leistet nicht nur einen Beitrag zur Professionalisierung, sondern stellt auch den Schlüssel zu einer erfolgreichen Unterrichtsentwicklung dar (Helmke et al., 2012, S. 138).

Wie aber kann die Reflexionsfähigkeit vermittelt werden, wenn die erste Phase der Aus­bildung sehr theoriebasiert und mit nur wenigen Praxiseinsätzen gestaltet ist? Diese kon­zeptionelle Schwachstelle ermöglicht es den Studierenden kaum, den unterrichtlichen Alltag zu erleben und im Hinblick auf eine mögliche Unterrichtsentwicklung zu betrach­ten (Mühlhausen & König, 2018, S. 14). Eine Antwort auf die Frage ist in den Standards für die Lehrerbildung unter dem Ansatz der Fallorientierung zu finden. Durch die Arbeit mit Fällen können den Studierenden Einblicke in alltägliche Unterrichtssituationen gege­ben und auf diese Weise gleichzeitig ein möglicher Praxisschock verhindert werden. Die KMK formuliert weiter, dass durch die „Analyse simulierter, filmisch dargebotener oder tatsächlich beobachteter komplexer Schul- und Unterrichtssituationen und deren metho­disch geleitete Interpretation“, „den Einsatz von Videostudien“ sowie „die persönliche Erprobung und anschließende Reflexion eines theoretischen Konzepts in schriftlichen Übungen, im Rollenspiel, in simuliertem Unterricht oder in natürlichen Unterrichtssituationen oder an außerschulischen Lemorten“ (KMK, 2004, S.6) die geforderten Kompetenzen entwickelt werden können.

Ein Blick in die derzeitige Praxis zeigt, dass einige Universitäten (z.B. Kassel und Frank­furt) mit videografierten Fällen in der Lehrer*innenbildung arbeiten. Das Bundeministe- rium für Bildung und Forschung (BMBF) ermöglicht seit 2015, im Rahmen der ,Quali- tätsoffensive Lehrerbildung4, einigen Universitäten und Hochschulen eigene Ausbil­dungskonzepte mit dem Schwerpunkt Unterrichtsvideografie in der Lehrer*innenbildung zu erproben und zu evaluieren, um diese fest in der Ausbildung zu verankern (Mühlhau­sen & König, 2018, S. 48). An der Georg-August-Universität Göttingen, speziell an der Professur für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung, wird im Sommersemester 2020 erstmalig mit videografierten Unterrichtssituationen in der ersten Phase der Ausbil­dung der angehenden Wirtschaftspädagoginnen gearbeitet.

Wie wichtig eine qualitativ hochwertige Ausbildung von Lehrerinnen ist, zeigt sich bei­spielhaft an dem oft angeführten Zitat von John Hattie (2003): „Teachers make a diffe- rence.“ In seiner synthetischen Analyse ,Visible Learning4 im Jahr 2009 stellte er unter­schiedliche Faktoren heraus, welche erfolgreiches Lernen beeinflussen. Die zentralen Er­gebnisse zeigen, dass die Lehrkraft mit 30% einen erheblichen Einfluss auf den Lerner­folg der Schülerinnen hat (Lotz & Lipowsky, 2015, S. 100 f.). In Anlehnung an das Angebots-Nutzungs-Modell (Helmke, 2017a, S. 73), bietet die Lehrkraft den Schülerin­nen mit ihrem Unterricht ein Angebot. Wie dieses genutzt wird, ist nicht nur von den individuellen Schülerinnen, sondern auch von weiteren Kontextbedingungen abhängig. Wie aber muss ein Unterricht gestaltet sein, dass er als gut bezeichnet werden kann und der lemwirksam ist? Es gibt weder eine Antwort auf diese Frage noch ein Patentrezept für guten Unterricht. Lehrerinnen müssen ihren eigenen Weg finden (Mühlhausen & König, 2018, S. 13), wenngleich die Reflexion über ihren Unterricht als eine geeignete Grundlage dient, diesen mit Hilfe von Kriterien einzuschätzen und auf lange Sicht zu verbessern, um ihn gut und lemwirksam zu gestalten (Helmke et al., 2012, S. 134).

Die zahlreichen Ansätze, welche Qualitätskriterien von Unterricht darstellen und die Dis­kussionen über diese, erschweren jedoch erstens einen ganzheitlichen Überblick und zweitens eine Auswahljener, welche zur Analyse, Reflexion und Beurteilung der Qualität des Unterrichts herangezogen werden sollen. Wird verstärkt die Angebotsseite von Un­terricht und somit die Lehrkraft in den Blick genommen, gibt es Übereinkünfte mehrerer Autorinnen im Hinblick auf Kriterien wie das Classroom Management der Lehrkraft und die Klarheit und Strukturiertheit des Unterrichts. Diese beiden haben auch laut Hattie einen Einfluss auf den Lernerfolg der Schülerinnen (Lotz & Lipowsky, 2015, S. 103).

Die vorliegende Arbeit verfolgt daher zwei Ziele: Zum einen soll ein Analyseinstrument entwickelt werden, welches es den Studierenden im Masterstudiengang Wirtschaftspäda­gogik ermöglicht, videografierten Unterricht im Hinblick auf die unterrichtlichen Quali­tätskriterien ,Classroom Management4 und ,Klarheitund Strukturiertheit4 zu analysieren, um ihre diagnostische Kompetenz sowie ihre Analyse- und reflexive Handlungsfähigkeit zu verbessern. Zum anderen soll ein Konzept für die Einbindung eben dieses Analysein­struments in die didaktische Ausbildung der angehenden Wirtschaftspädagog*innen an der Georg-August-Universität Göttingen im Rahmen des Masterseminars ,Schul- und Unterrichtspraktische Studien und Schulpraktikum4 (SUPS) erstellt werden.

Es stellen sich zwei Fragen: Erstens, ob und vor allem wie eine Darstellung der oben genannten Kriterien in einem Analysebogen auf Grund der Komplexität von Unterricht annähernd trennscharf möglich ist, um sie für die Studierenden händelbar zu machen. Zweitens, was alles benötigt wird und welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um ihnen im Rahmen der didaktischen Ausbildung die Analyse dieser Kriterien in videografiertem Unterricht zu ermöglichen, damit die Analysefähigkeit und das Verständnis von Unter­richt, insbesondere der Planungs- und Durchführungsaspekte, gesteigert werden kann.

Seit März dieses Jahres verändert die Corona-Pandemie das alltägliche Zusammenleben und die Arbeitjeglicher Art auf der ganzen Welt. So beeinflusst sie auch die Anfertigung der vorliegenden Arbeit. Zur Beantwortung der Fragen muss im ersten Schritt eine tiefer­gehende Auseinandersetzung mit Unterrichtsvideografie im Allgemeinen und mit Kon­zepten verschiedener Autorinnen zu Unterrichtsqualitätskriterien, insbesondere Class­room Management und Klarheit und Strukturiertheit erfolgen, welche durch die geschlos­senen Bibliotheken und dem fehlenden Zugang zu weiterer Literatur deutlich erschwert ist. Die Auseinandersetzung zielt dennoch auf die Ausarbeitung eines literarisch fundier­ten Analysebogen, welcher die Kriterien trennscharf abbildet und durch die Codierungen im Erläuterungsbogen für die Studierenden händelbar gemacht wird. Im zweiten Schritt wird dieser Bogen an Hand einer videografierten Unterrichtseinheit getestet und gegebe­nenfalls überarbeitet. Da auf Grund der Corona-Pandemie die Schulen geschlossen sind und kein normaler Unterricht stattfmdet, ist eine geplante Videografie des Unterrichts einer akquirierten Lehrerin nicht möglich. Daher wird die Testung des Bogens auf einen bereits vorliegenden videografierten Unterricht angewendet, welcher aus einem anderen Masterseminar vorliegt.

Als Ergebnis steht am Ende der Arbeit, neben analysierten Fallvignetten, ein Analy­seinstrument, bestehend aus Analyse- und Erläuterungsbogen, welches es den Studieren­den im Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik zukünftig ermöglicht, videografierten Unterricht im Hinblick auf die Qualitätskriterien ,Classroom Management4 und Klarheit und Strukturiertheit4 zu analysieren.

Die Arbeit gliedert sich wie folgt: Während Kapitel zwei und drei den theoretischen Hin­tergrund zur Videografie von Unterricht und unterrichtlichen Qualitätskriterien darstellen, beschreibt Kapitel vier das methodische Vorgehen. Hierzu zählt neben der Vorstellung des Analyseinstruments auch die Vorstellung der videografierten Unter­richtseinheit, welche im Rahmen der Testung des Instruments herangezogen wird. Das fünfte Kapitel zeigt die Ergebnisse der Testung und stellt diese zusammenfassend für alle Fallvignetten dar. In Kapitel sechs wird zum einen der Wert des Analyseinstruments re­flektiert und diskutiert, sowie andererseits die mögliche Einbindung dieser Analysearbeit in der Ausbildung der Wirtschaftspädagog*innen an der Universität Göttingen vorge­stellt. Im abschließenden siebten Kapitel erfolgt neben einer Rekapitulation und Schluss­betrachtung ein Ausblick für weitere Forschungsarbeiten.

2 Videografierter Unterricht

Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über die Videografie von Unterricht. Wie im einleitenden Kapitel erwähnt, erhält diese in der Lehrer*innenbildung zunehmend Bedeu­tung (KMK, 2004; BMBF, 2016). Warum dies so ist und welche Einsatzmöglichkeiten zum Kompetenzerwerb und der Professionalisierung existieren, wird an dieser Stelle er­örtert. Anschließend folgt eine Einführung in das Genre Fallvignette, da diese die Mög­lichkeit bieten, ausgewählte Filmausschnitte zu zeigen und eine Anfertigung solcher zur Testung des Analyseinstruments vorgenommen wird.

2.1 Bedeutung für die Lehrer*innenbildung

Die Ausbildung von Lehrerinnen umfasst, wie bereits erwähnt, zwei Phasen. Erstens die universitäre Ausbildung und zweitens den Vorbereitungsdienst bzw. das Referendariat. Als dritte Phase der Lehrer*innenbildung kommt das Lernen im Beruf, die Fort- und Weiterbildung und somit die Entfaltung professioneller Kompetenz hinzu. Insgesamt zie­len diese drei Phasen auf die Kompetenzentwicklung, also die Professionalisierung der Lehrerinnen. Diese gilt, laut Terhart (2005, S. 275), als berufsbiografischer Entwick­lungsprozess, welcher durch gezielte Interventionen beeinflussbar ist. Um die beruflichen Kernaufgaben und Anforderungen im Beruf bewältigen zu können, müssen Lehrerinnen sowohl über deklaratives als auch über prozedurales Wissen verfügen (Helmke, 2017a, S. 111). Bezugnehmend auf die Standards für die Lehrerbildung (KMK, 2004, S. 7) sollen Lehrerinnen „Fachleute für das Lehren und Lernen“ sein. Zur „Gestaltung eines lern­wirksamen Unterrichts“ bedarf es einer „situationsbezogene(n) Anwendung von fachli­chem, fachdidaktischem und pädagogisch-psychologischem Wissen und Können.“ (Krammer, 2014, S. 164) Die Mehrdimensionalität von Unterricht (Doyle, 2006, S. 98) macht diesen zu einem hochkomplexen Geschehen, welches durch die Unvorhersehbar­keit der Ereignisse ein situationsspezifisches Handeln erfordert. Während der Lehrerin­nenbildung, bereits in der ersten Ausbildungsphase, muss also damit begonnen werden, ein Handlungsrepertoires aufzubauen, welches theoretisch fundiert ist und flexibel ange­wendet werden kann (Krammer, 2014, S. 164). Auf Grund des geringeren Anteils an Pra­xis in dieser Phase, bietet das fallbasierte Lernen einen möglichen Ansatz, die notwendi­gen Kompetenzen zu entwickeln (KMK, 2004, S. 5).

„Das Lernen mit Fällen ermöglicht eine Veranschaulichung von Anforderungen des be­ruflichen Alltags und dient der Förderung der Fähigkeit, Praxissituationen hinsichtlich ihres Gelingens zu beurteilen, relevante Merkmale zu erkennen, theoretisch zu begrün­den und in Bezug auf ihre Wirkungen zu interpretieren, Optimierungsvorschläge zu ge­nerieren und daraus schließlich Schlussfolgerungen für das eigene Handeln zu ziehen.“ (Shulman, 1992 zitiertnach Krammer, 2014, S. 165)

Eine Möglichkeit fallbasiertes Lernen in der Lehrer*innenbildung zu integrieren, besteht in der Nutzung von Unterrichtsvideos. Videografte von Unterricht meint die Möglichkeit, Unterricht ganzheitlich und dauerhaft in seiner Komplexität zu erfassen (Helmke, 2017a, S. 342; Mühlhausen & König, 2018, S. 31). Die Unterrichtsvideos zeigen Unterrichtssi­tuationen und -prozesse und veranschaulichen die Anforderungen im beruflichen Alltag (Krammer, 2014, S. 165). Durch die zeitliche und räumliche Distanz können ohne Hand­lungsdruck verschiedene Perspektiven eingenommen werden, sodass eine authentische Auseinandersetzung mit diesen stattfmden kann (Krammer & Reusser, 2005, S. 36). Wei­tere Vorteile sind neben der Möglichkeit des Stoppens und Wiederholens einzelner Se­quenzen im Video, das Aufdecken von Beobachtungslücken, die ganzheitliche Abbildung (Mimik, Gestik, Sprache etc.), sowie die heutzutage verbesserte Handhabung und die technischen Möglichkeiten zur Aufnahme, Speicherung und Wiedergabe der Videos (Mühlhausen & König, 2018, S. 31 f.).

Weiterhin und wie im einleitenden Kapitel erwähnt, kommt der diagnostischen Kompe­tenz innerhalb der Unterrichtsdiagnostik und speziell der Unterrichtsentwicklung eine be­deutende Rolle im Lehrer*innenalltag zu. Unterrichtsvideos eignen sich hervorragend die Wahrnehmungsfähigkeit des Unterrichts zu verbessern, da der mehrfach mögliche wech­selseitige Austausch und die vielfältigen Rückmeldungen eine tiefergehende Auseinan­dersetzung mit den Unterrichtsprozessen, z.B. durch eine theoriebezogene Analyse inklu­sive Reflexion, erleichtern (Helmke et al., 2012, S. 138). Die mehrperspektivische Unterrichtsbeobachtung kombiniert dabei die Selbstwahmehmung mit der Fremdwahr­nehmung des Unterrichts und ermöglicht ein Aufdecken blinder Flecken, subjektiver Theorien und wiederkehrender Handlungsmuster. Dadurch wird neben der persönlichen Entwicklung, insbesondere der reflexiven Handlungsfähigkeit bzw. Reflexionskompe­tenz (Abels, 2011), auch die Professionalisierung der Lehrerinnen und eine Verbesse­rung des Unterrichts bzw. der Unterrichtsqualität forciert. Die didaktische Reflexions­kompetenz meint die Fähigkeit, das eigene didaktische Handeln und die eigenen Ent­scheidungen im Kontext einer pädagogischen Situation im Nachgang zu überdenken und zu begründen, um bewusst daraus zu lernen. Dabei wird auf eigene Erfahrungen und das Wissen aus der Theorie, sowie auf einen Austausch mit Dritten, z.B. Kommiliton*innen oder Betreuer*in, zurückgegriffen, um einen „persönlichkeitswirksamen Bildungspro­zess“ (ebd., S. 56) zu erzielen. Bereits während der theoretischen Ausbildung können und sollten die Studentinnen also mit Hilfe von videografiertem Unterricht für ihre spätere eigene Unterrichtsentwicklung sensibilisiert werden, indem sie bspw. bereits Ausprägun­gen unterrichtlicher Qualitätskriterien zu beobachten und zu analysieren lernen.

Weiterhin verlangt die Unvorhersehbarkeit und Unstetigkeit von Unterricht einen Ein­blick in diesen, weshalb die Auseinandersetzung mit Unterrichtsvideos in der Ausbildung eine Brücke zwischen Theorie und Praxis schlagen kann, um diese zu verbinden (Wyss, 2014, S. 33; Krammer & Reusser, 2005, S. 37). Somit weisen Unterrichtsvideos ein „gro­ßes Potenzial“ (Wyss, 2014, S. 32) für die Professionalisierung von Lehrerinnen auf, welches auch von anderen Autorinnen beschrieben wird (Helmke, 2017a, S. 344; Kra­mer, König, Kaiser, Ligtvoet & Blömeke, 2017, S. 144).

2.2 Fremd- und Eigenvideos im Rahmen der Kompetenzentwicklung

Der Einsatz von Unterrichtsvideos bzw. die Videografie von Unterricht ist sehr vielfältig. Grundlegend kann zwischen gestellten und authentischen Unterrichtssituationen und zwi­schen eigenem Unterricht (Eigenvideos) und fremden Unterricht (Fremdvideos) unter­schieden werden. Gestellte Unterrichtsvideos liegen dann vor, wenn diese bspw. im Rah­men einer universitären Lehrveranstaltung entstanden sind (auch: inszenierter, gespielter Demonstrationsunterricht). Dabei übernimmt ein/e Student*in für einen Moment die Leh- rer*inrolle, während die anderen Studentinnen in die Schülerinnenrolle schlüpfen. Diese videografierte Simulation kann anschließend besprochen werden. Sie ermöglicht es spielerisch, abseits vom Setting Schule, in der Lehrerinnenrolle zu agieren und diese zu erproben. Authentische Unterrichtsvideos sind solche, welche in tatsächlichen Unter­richtsversuchen, z.B. in Praktika der Studierenden oder im Berufsalltag von Lehrkräften, aufgenommen wurden. Diese entstehen im echten Unterricht, beinhalten dadurch eine gewisse Unvorhersehbarkeit des Prozesses und bieten einen Einblick in die Praxis, wodurch sie mehr Möglichkeiten zur Analyse und Reflexion bieten (Krammer, 2014, S. 166ff.).

Eigenvideos beinhalten den Unterricht von sich selbst. Durch das mehrmals mögliche Betrachten des Videos, auch unter verschiedenen Aspekten und mit anderen gemeinsam, können neue Erkenntnisse über den eigenen Unterricht, über Stärken und Schwächen und über persönliche Handlungsmuster getroffen werden (Mühlhausen & König, 2018, S. 15). Fremdvideos enthalten den Unterricht von fremden Lehrerinnen. Somit ist ein „offenes Gespräch [...] ohne strategische Rücksichtnahme möglich.“ (ebd., S. 15) Das Betrachten und Analysieren der authentischen Unterrichtssituationen und das Miterleben dieser, er­möglicht es den angehenden Lehrerinnen ihr didaktisches Repertoire zu erweitern und die gelernte Theorie zu hinterfragen, um eigene handlungsleitende Theorien zu explizie­ren. Während Eigenvideos eher in längeren Zyklen verwendet werden, können Fremdvi­deos auch im Rahmen von Veranstaltungen der universitären Lehrerinnenbildung von den Dozierenden, z.B. in Verbindung mit einem Analyseauftrag eingesetzt werden (ebd., S. 15;Helmke, 2017a, S. 349).

Wie oben beschrieben, bietet die Nutzung von Unterrichtsvideos im Rahmen der Ausbil­dung Möglichkeiten, Unterrichtssituationen und -prozesse zu beobachten, unter verschie­denen Aspekten zu analysieren und zu interpretieren. Dadurch kann eine „Veränderung der unterrichtsbezogenen Kognitionen [...] insbesondere [...] (der) Analyse- und Refle­xionsfähigkeit“ (ebd., S. 165) erreicht werden. Die Unterrichtsvideos dienen der „Rekonstruktion eigener und fremder Handlungsmuster, (ermöglichen) das Erkennen und Begründen von Merkmalen eines lemwirksamen Unterrichts und die Entwicklung von Handlungsaltemativen zur Steigerung der Unterrichtqualität.“ (ebd., S. 165)

Die Output- bzw. Outcome-Orientierung, welche im einleitenden Kapitel angesprochen wurde, kann hier als Begründungslinie herangezogen werden. Die angehenden Lehrerin­nen sollen ihre Fähigkeiten verbessern, relevante (Qualitäts-)Kriterien des Unterrichts zu analysieren, welche für das Lernen und den Lernerfolg der Schülerinnen bedeutsam sind (ebd., S. 165 f.). Die Kenntnis von unterrichtlichen Qualitätskriterien und ihren Ausprä­gungen, sowie das Erkennen dieser in verschiedenen Unterrichtssituationen, ist grundle­gend für die persönliche Weiterentwicklung sowie der des Unterrichts. Diese Kenntnis kann durch eine literarische Auseinandersetzung zwar erreichtjedoch erst durch die tat­sächliche Anwendung bzw. durch die Analyse von Praxissituationen vertieft werden. Der Verwendung von Unterrichtsvideos wird somit schon in der theoretischen Ausbildung der angehenden Lehrerinnen eine hohe Bedeutung für den Kompetenzzuwachs zuge­sprochen.

Nicht außer Acht zu lassen sind an dieser Stelle dennoch die möglichen Limitationen, die der Einsatz von Unterrichtsvideos mit sich bringt. Auch wenn ein Video die Unterrichts­situation wohl ganzheitlich erfasst, bleibt es ein Ausschnitt aus der Realität, welcher zu­gleich abhängig von der Kameraperspektive ist. Die Nutzung von Unterrichtsvideos be­schränkt sich auf das Beobachten, Analysieren und Interpretieren und lässt in der Regel keine Interaktion mit den Beteiligten zu. Begleitmaterialien sowie Informationen zum Unterrichtsrahmen können hier den Kontext erschließen. Brophy (2004) hat zudem her­ausgestellt, dass Unterrichtsvideos lediglich ein Werkzeug sind. Es kommt auf ihren Ein­satz sowie das geplante Setting und die Zielsetzung an. Werden die Unterrichtsvideos nur gezeigt, haben sie wohl kaum eine so große Wirkung auf die Kompetenzentwicklung, als wenn strukturierte Arbeits- bzw. Analyseaufträge sowie Diskussionen ermöglicht werden (Krammer & Reusser, 2005, S. 37 f.).

Bezugnehmend auf die derzeitige Empirie kann außerdem keine eindeutige Aussage zur Wirkung des Einsatzes von Unterrichtsvideos getroffen werden. Es herrscht Einigung mehrerer Autorinnen darüber, dass besonders fremde Unterrichtsvideos die Analysefä­higkeit von angehenden Lehrerinnen unterstützen und zur Kompetenzentwicklung bei­tragen (Hmelo-Silver, Derry, Bitterman & Hatrak, 2009; Santagato & Guarino, 2011; Star & Strickland, 2008; Stürmer, Könings & Seidel, 2013; Piwowar, Thiel & Ophardt, 2013; Gold, Förster & Holodynski, 2013 zitiert nach Krammer, 2014, S. 168). Krammer und Reusser schreiben der reflektierenden und analysierenden Arbeit mit Unterrichtsvideos ein „hohes Potenzial für die Erweiterung von professionellen Wissensbeständen und Handlungskompetenzen“ (2005, S. 47 f.) zu, solange diese angeleitet und begleitet wird.

Die videobasierte Unterrichtsforschung hat sich, ausgehend von den TIMSS-Videostu- dien in den 1990er Jahren, verbreitet. Autorinnen nehmen dabei unterschiedliche Schul­formen und Schulfächer in den Blick und untersuchen die Wirkungen von Unterrichts­merkmalen (Helmke, 2017a, S. 342 f.). An verschiedenen Universitäten, auch im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung des BMBF seit 2015, wird inzwischen verstärkt mit Unterrichtsvideos in der Lehrerinnenbildung gearbeitet. Dabei verfolgen die einzelnen Universitäten mit dem Einsatz der Videos unterschiedliche Ziele: Während an der Uni­versität Regensburg die Studentinnen auf den Umgang mit einer heterogenen Schü­lerinnenschaft vorbereitet werden sollen, steht an den Universitäten in Köln (Projekt ViLLA) und Hannover (Projekt HUB) die Wahrnehmung, Analyse und Interpretation von Unterrichtssituationen, inklusive der Begleitmaterialien des Unterrichts, im Vordergrund. In Frankfurt (Projekt LEVEL), Lüneburg (Projekt Multiview) und Berlin (Projekt K2teach) geht es um Einblicke in Unterricht aus verschiedenen Perspektiven sowie die Vorbereitung auf spätere Anforderungen ohne Handlungsdruck (Mühlhausen & König, 2018, S. 34f.).

Ob die einzelnen Projekte bzw. die Einsatzweisen der Unterrichtsvideos tatsächlich die Wirkungen hervorrufen, muss jedoch in Langzeitstudien, bestenfalls mit Kontrollgrup­pen, erforscht werden.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird ein Konzept entwickelt, welches den Einsatz von Unterrichtsvideos bzw. Video-Fallvignetten in der Ausbildung der Wirtschaftspäda- gog*innen an der Georg-August-Universität Göttingen aufgreift. Da derzeit kein eigenes Fallarchiv zur Nutzung vorliegt und das vorrangige Ziel des geplanten Seminars im ersten Schritt eine Sensibilisierung für unterrichtliche Qualitätskriterien und ihre Erscheinungs­formen ist, fällt die Wahl auf die Verwendung von Fremdvideos. Diese Wahl wird durch die oben beschriebenen Vorzüge und Möglichkeiten, welche diese bieten, bestärkt. Zu­sammenfassend dient eine theoretische Auseinandersetzung mit und spätere Analyse un­terrichtlicher Qualitätskriterien in Fremdvideos der Verbesserung der Reflexionsfähig­keit der Studentinnen, sowie der Entwicklung ihrer Analysefähigkeit und diagnostischen Kompetenz im Hinblick auf eine spätere Unterrichtsentwicklung.

2.3 Fallvignetten

Bezugnehmend auf die Einsatzmöglichkeiten von Unterrichtsvideos kann weiterhin zwi­schen ganzen Lektionen bzw. ganzen Unterrichtseinheiten und einzelnen Ausschnitten bzw. Unterrichtssequenzen unterschieden werden (Krammer & Reusser, 2005, S. 39). Im Rahmen der Fallorientierung gemäß der KMK (2004, S. 5) bieten sich neben ganzen Un­terrichtseinheiten auch einzelne Sequenzen bzw. spezifische Fälle an, um bestimmte Un­terrichtssituationen und -prozesse hervorzuheben, diese zu analysieren und so die Kom­petenzen zu erweitern. Was aber kennzeichnet einen Fall und wozu kann er dienen? Orientierend an Merseth (1996, S. 726) ist ein Fall in der Lehrer*innenbildung eine Do­kumentation einer realen Situation, deren Darstellung multidimensional und deren Kon- textualisierung durch Details ausgezeichnet ist. Ein solcher Fall kann zur Veranschauli­chung von Situationen, zur Rekonstruktion, zur Entscheidungsfindung, zur Schulung von Denkmustern, aber auch zur Analyse verwendet werden (Kiel, Kahlert & Haag, 2014, S. 22 f.). Ein guter Fall enthält „[...] a cognitive apprenticeship wherein one leams to think like a professional, a prac­tical apprenticeship where one leams to perform like a professional, and a moral appren­ticeship where one leams to think and act in a responsible and ethical manner that inte­grates across all three domains.” (Shulman, 2005, S. 3)

Demnach verfolgt die Arbeit mit Fällen in der Lehrer*innenbildung das Ziel, die ange­henden Lehrer*innen zu befähigen, „wie eine professionelle Lehrkraft zu denken, zu han­deln und sich professioneller Wertmaßstäbe zu bedienen.“ (Kiel et al., 2014, S. 23) Au­ßerdem wird ihnen, wie oben beschrieben, eine Veranschaulichung von unterrichtlichen Situationen und der beruflichen Praxis ermöglicht (Shulman, 1992 zitiert nach Krammer, 2014, S. 165).

Eine Video-Fallvignette ist in diesem Zusammenhang eine visualisierte Abbildung einer oder mehrerer Situationen bzw. Prozesse, welche als Ausgangssituation für eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesen dienen soll. Die Aufbereitung bzw. Zerlegung eines Un­terrichtsvideos in einzelne Fallvignetten ist abhängig von der Funktion, welche dessen Einsatz bewirken sollen. Es kann zwischen dem reinen Zeigen eines Videos, bspw. di­daktischer Grundmuster und Handlungsformen, und der Reflexion über das Video, bspw. zur verbesserten Wahrnehmung der Qualität von Unterricht mit Hilfe von Qualitätskrite­rien, unterschieden werden (Krammer & Reusser, 2005, S. 38). Sollen die angehenden Lehrerinnen im Hinblick auf Interaktionsprozesse zwischen Schülerinnen und Lehr­kraft sensibilisiert werden, empfehlen sich andere Videoausschnitte, als wenn es um Schülerinnenstörungen geht.

Eine Möglichkeit Fallvignetten zu erstellen bietet sich orientierend an der didaktischen Sichtweise aufUnterricht. Der kasuistische (Kasuistik = die Lehre von Fällen) Ansatz in der Didaktik wurde von Scherler (2008) geprägt. Er beschreibt, dass dieser Ansatz es ermöglicht „die lebendige Unterrichtspraxis unterrichtsanalytisch anzugehen“, „die mik­rostrukturellen Gesichtspunkte von mehr oder weniger gelungenem Unterricht zu erfas­sen“ und „dem Prozesscharakter von Unterricht Rechnung zu tragen.“ (Scherler, 2008 zitiert nach Janik & Janikovâ, 2020, S. 54) Damit ermöglicht die Analyse solcher Fälle eine Verbindung der didaktischen Theorie mit der Unterrichtspraxis, welche wiederum eine Auseinandersetzung mitUnterrichtsqualitätskriterien ermöglicht (ebd., S. 54 f.). Orientierend an dem Vorhaben der vorliegenden Arbeit, ein Instrument zur Analyse der unterrichtlichen Qualitätskriterien ,Classroom Management4 und Klarheit und Struktu­riertheit4 zu erstellen, bietet sich aus didaktischer Perspektive eine Zerschneidung der Unterrichtseinheit im Hinblick auf die Unterrichtsphasen an. Auf diese Weise kann die Ganzheitlichkeit und der Prozesscharakter des Unterrichts erhalten bleiben und eine pha­senspezifische Analyse erfolgen.

3 Qualitätskriterien von Unterricht: Theoretische Fundierung und Begründung

Nachdem im voran gegangenen Kapitel die Videografie von Unterricht näher betrachtet wurde, folgt an dieser Stelle ein Einblick in den Diskurs über Qualitätskriterien von Un­terricht. Dazu werden erst bestehende Konzepte aus der Literatur dargestellt und anschlie­ßend dieKriterien ,ClassroomManagement‘ sowie ,Klarheitund Strukturiertheit4 erläu­tert und ihre Wahl für den Analysebogen begründet. Die theoretische Auseinandersetzung in diesem Kapitel bietet die Grundlage für den Analyse- bzw. Erläuterungsbogen (An­hang B, S. XVI ff.), auf welche in Kapitel 4.2 genauer eingegangen wird.

3.1 Eine zusammenfassende Darstellung bisheriger Konzepte zur Unter­richtsqualität

Bevor auf ausgewählte Konzepte zur Unterrichtsqualität eingegangen werden kann, steht vorab die Frage zum Ursprung solcher Arbeiten im Raum. Grundsätzlich kann hier zwi­schen der empirischen Unterrichtsforschung und der allgemeinen Didaktik unterschieden werden. Die empirische Unterrichtsforschung ist ein Forschungsbereich innerhalb der pä­dagogischen Psychologie und zielt auf eine theoriegeleitete Beschreibung, Erklärung so­wie Optimierung von Lehr-Lern-Prozessen. Zudem steht eine Charakterisierung von Un­terricht im Hinblick auf Qualitätsdimensionen, die eine Rolle für den Lernerfolg der Schülerinnen spielen, im Vordergrund. Im Fokus der Unterrichtsqualität stehen neben den messbaren Zielkriterien als Outcome von Unterricht, z.B. Leistungs- und Motivati­onsentwicklung der Schülerinnen, auch die Lehr-Lern- und Interaktionsprozesse im Un­terricht, da diese das Mittel zur Erreichung dieser darstellen. Sie werden dahingehend überprüft, inwieweit sie sachlichen Kriterien, bspw. Classroom Management sowie Klar­heit und Strukturiertheit, genügen (Helmke, 2007b, S. 3).

Die allgemeine Didaktik bietet Prinzipien und Regeln für die Planung, Gestaltung und Realisierung von Unterricht. Solche didaktischen Konzepte sind normativ orientiert, im Kontext der Lehrer*innenbildung entstanden und Empirie fern, d.h. nicht empirisch ge­prüft und lediglich Empfehlungen (Terhart, 2002, S. 80; Helmke & Schrader, 2008, S. 24 f.). Terhart (2002, S. 80) beschreibt die allgemeine Didaktik als Element des Aus­bildungsprozesses in der Lehrer*innenausbildung, welche die Gestaltung und Operatio­nalisierung von Lehren und Lernen theoretisiert.

Beide Bereiche gehen der gleichen Thematik, nämlich der Frage nach gutem bzw. wir­kungsvollen Unterricht, nach, wenngleich sie dies auf verschiedene Weisen tun. Während sich die Lehr-Lern-Forschung auf empirische Untersuchungen der Wirkungsweise von Merkmalen auf den Lernerfolg stützt, sind es in der allgemeinen Didaktik im Laufe der Zeit entstandene normative Empfehlungen zur Gestaltung von Unterricht, welche als grundlegend für die Professionalisierung von Lehrerinnen angesehen werden, jedoch nicht empirisch bestätigt sind. Terhart (ebd., S. 77) sieht die Beziehung beider Bereiche daher als gestört, da sie in den letzten fast 50 Jahren nur wenig Kenntnis voneinander genommen haben. Nur vereinzelt etabliert sich eine Verbindung der normativen und em­pirischen Perspektive, welche bspw. in das Konzept von Klieme, Lipowsky, Rakoczy und Ratzka (2006; siehe unten) aufgenommen wurde.

Dennoch bleibt an dieser Stelle zu sagen, dass das Verständnis von Unterrichtsqualität und erfolgreichem Unterricht, welcher im Rahmen der Outcome-Orientierung die Wir­kungen des Unterrichts und den Lernerfolg der Schülerinnen fokussiert, in Deutschland stark von der allgemeinen Didaktik geprägt ist und die empirische Unterrichtsforschung zu Qualitätskriterien, im Vergleich zu anderen Ländern, eine untergeordnete Rolle spielt (Helmke & Schrader, 2008, S. 23). Dajedoch die tatsächliche Wirkung der didaktischen Prinzipien unklar ist, bedarf es einer empirischen Unterrichtsforschung, um wissenschaft­liche Erkenntnisse und praktisch handhabbares Wissen zu erzeugen (Klieme & Rakoczy, 2008, S. 224 f.). Im besten Fall sollten sich die empirische Unterrichtsforschung und die allgemeine Didaktik ergänzen, um für die Zukunft nachvollziehbare und vor allem so­wohl theoretisch als auch empirisch fundierte Kriterien zu generieren.

Die folgende zusammenfassende Darstellung ausgewählter Konzepte zu unterrichtlichen Qualitätskriterien orientiert sich an den Ausführungen von Helmke und Schrader (2008, S.18 ff.). Die Autoren geben eine kompakte Übersicht, welche im Rahmen der vorlie­genden Arbeit ergänzt wird.

Die Frage nach speziellen Merkmalen, Kriterien bzw. Dimensionen der Unterrichtsqua­lität reicht fast 50 Jahre in die Vergangenheit zurück. Brunnhuber entwickelte in den 1970er Jahren erstmals „Prinzipien effektiver Unterrichtsgestaltung“, welche „allgemeine und wesentliche Grundsätze (darstellen), die für das Unterrichten und Lernen gleichermaßen Geltung be­anspruchen“ und die „zur Steuerung jener Bedingungsfaktoren für Lemleistungen [...] (dienen), um ein möglichst wirkungsvolles Zusammenwirken aller Faktoren zu errei- chen.“(1971, S. 14)

Zu diesen Prinzipien zählen neben der Strukturierung auch die Motivierung und Zielori­entierung, sowie die Aktivierung, Angemessenheit und Leistungssicherung. Diese Prin­zipien finden sich auch heute noch in Konzepten anderer Autorinnen wieder. Im eng­lischsprachigen Teil der USA ist besonders die Arbeit von Slavin (1997) bzw. das QuAIT-Modell (Quality zu dt. Unterrichtsqualität, Appropriatness zu dt. angemessene Lernniveaus, Incentives zu dt. Anreiz und Time zu dt. Zeit) verbreitet, auf welches Ditton (2000) weiter aufgebaut hat. Ditton beschreibt verschiedene bedeutsame Faktoren des Unterrichts, zu welchen die Qualität, hier insbesondere die Klarheit und Strukturiertheit des Unterrichts, die Angemessenheit, die Motivierung und die Unterrichtszeit, hier ins­besondere das Klassenmanagement und die Klassenführung, zählen. Im Jahr 2000 veröf­fentlichte auch Brophy eine Zusammenstellung von Merkmalen, welche von ihm als Schlüsselvariablen von Unterrichtsqualität bezeichnet wurden und heutzutage internatio­nal wohl die bekanntesten sind (Helmke & Schrader, 2008, S. 18). Die in Deutschland verbreitetsten Arbeiten zum Thema Unterrichtsqualität und ihrer Merkmale sind wohl die von Hilbert Meyer im Jahr 2004 und von Andreas Helmke im Jahr 2009. Während Meyer (2014, S. 16 ff.), orientierend an den zwölf Merkmalen von Brophy, eine didaktisch ori­entierte Sichtweise auf den Unterricht hat und seine zehn Merkmale guten Unterrichts, u.a. eine klare Strukturierung des Unterrichts, inhaltliche Klarheit und eine vorbereitete Umgebung, geeignet sind, den Unterricht kriterienorientiert zu planen und zu reflektieren, betrachtet Helmke stärker die Angebotsseite von Unterricht. Helmke beschreibt ebenfalls zehn Merkmale der Unterrichtsqualität, wozu neben der Klassenführung und der Klarheit und Strukturiertheit auch die Aktivierung und Motivierung, sowie ein lernförderliches Klima, Schülerorientierung, Umgang mit Heterogenität, Kompetenzorientierung und An­gebotsvariation zählen (2017a, S. 168 f.). Solche Merkmalslisten, wie sie von Meyer und Helmke vorgelegt werden, bieten eine Orientierungshilfe für die Unterrichtspraxis (Herr- man, Seidler & Niederkofler, 2016, S. 8). Die im einleitenden Kapitel erwähnte syntheti­sche Analyse von Hattie im Jahr 2009 ist ebenfalls eine Darstellung von Faktoren, welche einen Einfluss auf den Lernerfolg der Schülerinnen haben und somit, gemäß der Out- come-Orientierung, die Unterrichtsqualität beeinflussen. Diese sind in sechs Domänen zusammengefasst und umfassen unterschiedliche Merkmale. Wie oben angesprochen, wird der Lernerfolg der Schülerinnen zu etwa 30% von der Lehrkraft und dessen Unter­richt determiniert. Wiederzufmden sind hier auch die Klarheit der Lehrperson, die Klas­senführung und im Bereich Strukturierung das Concept Mapping und der Advance Orga­nizer. Auch wenn es noch viele weitere Konzepte gibt, z.B. von Walberg und Paik (2000) und Borich (2007), soll als letztes Konzept das von Klieme, Lipowsky, Racoczy und Ratzka (2006) beschrieben werden, da dieses als eine Art zusammenfassende Darstellung betrachtet werden kann und es „sich als die ,Big Three‘ in der Unterrichtsforschung etab­liert hat.“ (Trautwein, Göllner, Fauth & Stürmer, 2018, S. 10) Es enthält sowohl eine normative Perspektive, d.h. es bedient sich von Erkenntnissen der Lernpsychologie, als auch eine empirische Perspektive, da die Dimensionen ausgehend von den TIMSS-Vide- ostudien empirisch entwickelt wurden (Schlesinger, 2018, S. 5). Klieme und Mitautorin­nen (2006, S. 131) beschreiben drei Basisdimensionen der Unterrichtsqualität, welche einen Einfluss auf den Lernerfolg haben. Diese sind die Klassenführung, die konstruktive Unterstützung und die kognitive Aktivierung.

Eine solche Einteilung, wie sie von Klieme und Mitautorinnen vorgenommen wurde, macht zudem eine ganz andere Ordnungsweise von Unterrichtsmerkmalen sichtbar. Es kann zwischen Sicht- bzw. Oberflächenstrukturen und Tiefenstrukturen von Unterricht unterschieden werden. Während die Sichtstrukturen den Rahmen der Unterrichtsgestal­tung, also die Organisationsformen, die Methoden und die Sozialformen, vorgeben, sind die Tiefenstrukturen nicht direkt zugänglich. Hiermit sind die Lehr-Lern-Prozesse ge­meint, welche von Merkmalen, z.B. dem Classroom Management, der Klarheit und Strukturiertheit aber auch von der kognitiven Aktivierung und konstruktiven Unterstüt­zung, determiniert werden. Diese Merkmale werden auch als Dimensionen der Unter­richtsqualität bezeichnet und haben einen nachweislichen Einfluss auf den Lernerfolg der Schülerinnen (Kunter& Trautwein, 2018, S. 63).

An Hand der obigen Darstellung werden drei Tatsachen ersichtlich: Erstens, dass sich viele, auch deutsche, Autorinnen in den letzten Jahren mit der Thematik auf empirischer und/oder didaktischer Grundlage befasst, aber nahezu alle eine andere Bezeichnung (zur Erinnerung: Prinzipien, Variablen, Merkmale oder Faktoren) und eine unterschiedliche Anzahl dieser verwendet haben. Für den Gebrauch in der Arbeit bzw. für die Entwicklung des Analyseinstruments, fiel daher die Entscheidung für die Bezeichnung von ,Classroom Management4 sowie Klarheit und Strukturiertheit4 als Qualitätskriterien von Unterricht. Ein Kriterium ist ein „unterscheidendes Merkmal als Bedingung für einen Sachverhalt“ (Bibliografisches Institut, 2020b), während ein Merkmal ein „charakteristisches, unter­scheidendes Zeichen, an dem eine bestimmte [...] Sache [...] erkennbar wird“ (Bibliogra­fisches Institut, 2020a) ist. Da durch diese Definition eine Singularität und Homogenität eines Merkmals unterstellt werden könnte, auch wenn sonst die Bezeichnung als „relativ voraussetzungslos“ (Helmke & Schrader, 2008, S. 28) gilt, empfiehlt sich eine Integration dieser Definition und im Analyse- und Erläuterungsbogen, ein Gebrauch der Bezeich­nung Kriterium4. Dieses wird für die vorliegende Arbeit verstanden als Etwas, das einen Sachverhalt bzw. eine Sache mittels verschiedener Ausprägungen charakterisiert sowie erkennen lässt und eine Abgrenzung zu anderen Sachverhalten möglich macht. Für die Bezeichnung aus bisherigen Konzepten wird einheitlich ,Merkmal‘ verwendet, da dieser Begriff in der Definition des Kriteriums enthalten ist und die Mehrheit der Autorinnen von Merkmalen der Unterrichtsqualität spricht.

Zweitens, dass Überschneidungen innerhalb dieser Arbeiten und der genannten Merk­male zu erkennen sind und dadurch inhaltliche Überlappungen entstehen. Diese Tatsache macht eine Systematisierung und eindeutige Darstellung ausgewählter Kriterien zur Ab­grenzung von anderen nötig. Drittens haben die eben vorgestellten tiefenstrukturellen Merkmale eine größere Erklärungsmacht für den Lernerfolg der Schülerinnen, als die Sichtstrukturen. Diese Tatsache geht aus verschiedenen empirischen Erhebungen und Studien hervor (Hattie, 2009; Helmke, 2017a; Klieme et al., 2006 etc.).

Welche Bedeutung kommt den beschriebenen Merkmalen der Unterrichtsqualität also zu und welche Schlussfolgerungen können hieraus, auch mit Blick auf die vorliegende Ar­beit, gezogen werden? Das Ziel der Outcome-Orientierung ist es, einen lernwirksamen Unterricht für die Schülerinnen zu gestalten. Wird das didaktische Dreieck nach Reusser (2009, S. 301 f.) in die Betrachtung einbezogen zeigt sich, dass die Dimensionen der Unterrichtsqualität, also die tiefenstrukturellen Merkmale, dort verortet werden können:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Didaktisches Dreieck unter Berücksichtigung der tiefenstrukturellen Merkmale (eigene Dar­stellung, in Anlehnung anReusser, 2009, S. 301)

Während die Lehrkraft für die Klarheit und Strukturiertheit des Lemgegenstandes sorgen muss, sollte dieser gleichzeitig durch seine Aufbereitung kognitiv aktivierend auf die Schülerinnen wirken. Die Schülerinnen finden bei der Lehrkraft konstruktive Unter­stützung, welche einen individuellen Kompetenzerwerb ermöglicht. Darüber hinaus de­terminiert die Klassenführung bzw. das Classroom Management der Lehrkraft alle drei Ebenen und kann als notwendige Voraussetzung für guten Unterricht angesehen werden (Helmke & Schrader, 2008, S. 37).

Neben den didaktischen Prinzipien über Unterricht, welche eine theoretisch fundierte Pla­nung und Gestaltung von Unterricht ermöglichen sollen, kann das Wissen über verschie­dene Qualitätskriterien und ihre, mehr oder weniger, empirisch belegte Wirkungsweise als Steuerungswissen angesehen werden, welches eine Analyse von und Reflexion über Unterricht ermöglicht. Beide sind notwendig, um das hochkomplexe Geschehen des Un­terrichts zu bewältigen und Handlungsroutinen aufzubauen (ebd., S. 27; S. 34) sowie die forcierte Unterrichtsentwicklung im späteren Lehrer*innenalltag zu ermöglichen. Die Ausbildung und Erweiterung der Reflexionsfähigkeit über die Qualität und Wirkungs­weise von Unterricht und seinen Prozessen bildet, wie bereits in Kapitel zwei erwähnt, den Kern der Professionalisierung (ebd., S. 43). Wichtig ist dabei, dass zwar die einzelnen Merkmale für sich betrachtet werden können, am Ende jedoch das Zusammenwirken mehrerer Merkmale bzw. die Orchestrierung entscheidend für die Qualität des Unterrichts ist. So kann eine starke Ausprägung eines Merkmals in gewisser Weise eine Schwäche an anderer Stelle kompensieren. Die Zerlegung in einzelne Merkmale ist jedoch notwendig, um ein differenziertes Bild der Unterrichtseinheit zu erhalten sowie die Be­obachtung und Analyse der einzelnen Merkmale zu erlernen (ebd., S. 37 f.).

Da keine eindeutige Anzahl fächerübergreifender Merkmale vorhanden ist und diese auch nicht einfach beobachtbar, sondern gedankliche Ordnungsleistungen sind, ist es unab­dingbar eigene Grenzen und Regeln festzulegen. Nur so können interessierende Kriterien der Unterrichtsqualität eingegrenzt, von anderen abgegrenzt und sichtbar gemacht wer­den (ebd., S. 36). Die voran gegangenen Ausführungen zeigen nicht nur die Fülle von Merkmalen, sondern auch wie umfangreich und heterogen die Literatur, sowie die empi­rische Forschung zu diesen ist. Es ist wohl unabdingbar, Studierenden diese in der ersten Phase der Ausbildung näher zu bringen, um sie im Rahmen ihrer Professionalisierung, vor allem im Aufbau einer Analyse- und reflexiven Handlungsfähigkeit, zu unterstützen. Wie erwähnt, ist die Kenntnis und das Wissen über Qualitätskriterien von Unterricht not­wendig und als Basis anzusehen, um im späteren Berufsalltag die eigene Unterrichtsent­wicklung voran zu treiben.

Da eine Auseinandersetzung mit mehr als zwei Qualitätskriterien den Rahmen der vor­liegenden Arbeit sprengen würde, werden lediglich das ,Classroom Management sowie die ,Klarheit und Strukturiertheit des Unterrichts im Folgenden näher betrachtet und für diese ein Analyse- inkl. Erläuterungsbogen für videografierten Unterricht erstellt. Die Wahl lässt sich zweifach begründen: Sie sind einerseits in nahezu allen oben beschriebe­nen Konzepten, wenn auch in unterschiedlichem Umfang, enthalten und andererseits wer­den sie spätestens seit der SCHOLASTIK Studie (Weinert & Helmke, 1997) als beson­ders bedeutsam für die Unterrichtsqualität angesehen.

3.2 Classroom Management

Das Unterricht ein überaus komplexes Geschehen ist, wurde bereits erwähnt. Doyle (1986) beschreibt dazu sechs Merkmale, welche die Komplexität charakterisieren. Dazu zählen die Multidimensionalität, Simultaneität, Unmittelbarkeit, Unvorhersehbarkeit, Öf­fentlichkeit und Historizität. Vor allem die ersten vier Merkmale sind gerade für Leh­rerinnen in Ausbildung eine große Herausforderung. Herzog (2002, zitiert nach Syring, 2017, S. 12 f.) ergänzt Doyles Merkmale um zwei weitere: Intransparenz und Informali­tät. Auch diese beiden spielen eine besondere Rolle. Dadurch, dass das Interaktions- und Kommunikationsgeschehen nicht durchschaubar und Unterricht auf Grund der situativen Bedingungen nur bedingt standardisierbar und reglementierbar ist, stellt er vor allem No­vizinnen, welche noch nicht über ein breites Handlungsrepertoire verfügen, vor Heraus­forderungen.

Um die Komplexität des Unterrichts zu bewältigen, sollten Lehrerinnen über die Kom­petenz der Klassenführung verfügen. Der Begriff der Klassenführung ist in Deutschland weit verbreitet, wenngleich dieser nicht ganz dem entspricht, was er heute bedeutet. Grundsätzlich können vier Denkrichtungen bzw. Ansätze der Klassenführung beschrie­ben werden. Diese sind, orientierend an Helmke (2017a, S. 172 f.), das .Klassenlehrer sein‘, ,Klassenführung als Inbegriff erfolgreichen Unterrichtens und Führens4, Klassen­führung als Reaktion auf Störungen4 und der ,integrative Ansatz4, welcher präventive Maßnahmen der Lehrkraft in den Mittelpunkt stellt. Vor allem die letzten beiden sind weit verbreitet und finden sich in verschiedenen Arbeiten wieder, da sie eine Unterschei­dung zwischen reaktivem und präventivem Handeln verdeutlichen.

Bevor auf einzelne Ansätze genauer eingegangen wird, erfolgt eine schrittweise Annähe­rung an die Begriffsbestimmung, welche gleichzeitig die Verwendung der Bezeichnung ,Classroom Management4 statt Klassenführung in dieser Arbeit, verdeutlicht.

Zur Operationalisierung des Begriffs Classroom Management, ist ein Blick in die Ver­gangenheit notwendig. Im behavioristischen Ansatz der 1960er Jahre stand mit der Klas­senführung die Erhaltung und Wiederherstellung von Disziplin durch Sanktionen und Belehrungen im Vordergrund, um Lernen zu ermöglichen. Dieser impliziert eine gewisse Verhaltenssteuerung durch die Lehrkraft und zählt zu den reaktiven Ansätzen. Davon ausgehend entwickelte sich gegen Ende der 1970er Jahre eine grundlegende Änderung. Die Lehrkraft soll vielmehr präventiv statt reaktiv agieren, um einen störungsarmen Un­terricht zu ermöglichen. Diesbezüglich prägend war und ist bis heute die Arbeit von Ko­unin (1976), auf die weiter unten näher eingegangen wird. Seit 1990 liegt der Fokus ver­mehrt auf der Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehung und auf deren gemeinsamen Inter­aktionen. Es handelt sich um eine ganzheitliche Betrachtungsweise, bei der die Lehrkraft den Schülerinnen eine Lemumgebung schaffen soll, die ihnen eigenverantwortliches und selbstreguliertes Lernen in kognitiven, sozialen und emotionalen Bereichen ermög­licht (Syring, 2017, S. 29 ff.). Resümierend hat sich die Klassenführung bzw. das Class­room Management also von einer lehrerinnenzentrierten zu einer schülerinnenzentrier­ten Sichtweise geändert. Diese war im Zuge der sich stets ändernden Lernkultur unab­dingbar, da sie neue Aufgaben für Lehrerinnen mit sich bringt. Heute wird Lernen „als ein aktiver, selbstgesteuerter und konstruktiver Prozess (verstanden), der in sozialen Zusammenhängen stattfmdetund situations- und kontextgebunden ist.“ (ebd., S. 40) Die Lehrkraft bietet den Schülerinnen mit ihrem Unterricht ein Angebot, welches von ihnen individuell genutzt werden kann. Dies sind die Gründe, weshalb für die vorliegende Ar­beit der Begriff Classroom Management bevorzugt wird. Classroom Management meint nicht lediglich die Führung der Klasse, die Sanktionierung von Fehlverhalten und Ver­haltensregulation. Vielmehr umfasst es die Gestaltung einer Lernumgebung, welche er­folgreiches und wirkungsvolles Lernen ermöglicht und dabei proaktives und präventives Handeln der Lehrkraft in den Mittelpunkt stellt.

Classroom Management (Helmke, 2007a, S. 47 f.) beeinflusst maßgeblich die Qualität des Unterrichts sowie die aktive Lernzeit und wird dabei durch die Kontextfaktoren der Klasse, z.B. das Klassenklima, sowie ebenfalls von der Qualität des Unterrichts und der Lehrer*innenpersönlichkeit bedingt. Der Lehrer*innenpersönlichkeit und ihrem Profes­sionswissen kommt an dieser Stelle eine besondere Bedeutung zu. Unterricht erfordert von der Lehrkraft ein Handeln und Reagieren in einem komplexen sozialen Raum, in dem unterschiedliche Handlungsoptionen abzuwägen sind. Diese und mögliche Störungen im Unterrichtsablauf müssen im Vorfeld, soweit möglich, in der Planung bedacht und der Unterricht vorausschauend vorbereitet und strukturiert werden (Trautwein et al., 2018, S. 9; Härle, 2018, S. 19 f.). Das Classroom Management stellt daher eine Basiskompetenz der Lehrkraft und gleichzeitig eine grundlegende Schlüsselfunktion von gutem Unterricht dar, welche für das gesamte Unterrichtsgeschehen von Bedeutung ist (Helmke, 2007a, S. 46 f; Trautwein et al., 2018, S. 9).

In Kapitel 3.1 wurden Konzepte zur Unterrichtsqualität benannt und teilweise beschrie­ben. In mehreren Konzepten wird die Klassenführung als explizites Merkmal der Unter­richtsqualität aufgeführt und wenn nicht, ist es in anderen Merkmalen enthalten. Zur wei­teren Operationalisierung des Classroom Managements für die vorliegende Arbeit wird an dieser Stelle nochmals auf einzelne Konzepte eingegangen.

Im Konzept von Klieme und Mitautor*innen wird die Klassenführung als Fähigkeit der Lehrkraft beschrieben, das „Unterrichtsgeschehen so zu steuern, dass Lernaktivitäten im Vordergrund stehen und Störungen minimiert werden.“ (Trautwein et al., 2018, S. 10) Klieme und Mitautor*innen (2006, S. 131 f.) beziehen die Regelklarheit und die Struktur des Unterrichts hier mit ein. Da neben dem Classroom Management auch das Kriterium Klarheit und Strukturiertheit des Unterrichts operationalisiert werden soll, wird an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen. Es zeigtjedoch, wie verbunden einzelne Merkmale miteinander sind. Als eine der drei Dimensionen der Unterrichtsqualität wird der Klas­senführung eine große Bedeutung zugesprochen, da sie als „Grundvoraussetzung für den Erfolg des Unterrichts“ (Trautwein et al., 2018, S. 9) angesehen wird. Dies rührt daher, dass das Ausmaß der Lernzeit maßgeblich die anderen beiden Dimensionen mitbestimmt (Klieme et al., 2006, S. 131 f.). Helmke (2007b, S. 9) beschreibt für eine effiziente Klas­senführung drei Aspekte. Erstens, eine frühzeitige Etablierung und „konsequent-konsis­tente Realisierung“ eines verbindlichen Regelsystems, um Störungen und Zeitverlust pro­aktiv zu begegnen. Zweitens, ein „erfolgreiches unterrichtsbezogenes Zeitmanagement“, welches auf die Maximierung der aktiven Lernzeit zielt und drittens, einen wirksamen Umgang mit bevorstehenden und eingetretenen Störungen. Er versteht unter Klassenfüh­rung also eine Optimierung der Lernbedingungen, durch sowohl proaktive als auch reak­tive und präventive Maßnahmen zur Organisation der Klasse. In den zehn Merkmalen guten Unterrichts nach Meyer (2014, S. 17 f.) wird die Klassenführung als Merkmal nicht direkt benannt. Mit den Hintergrundinformationen, welche durch die vorangegangenen Ausführungen jedoch vorhanden sind, können die Merkmale „Klare Strukturierung“, „Hoher Anteil echter Lernzeit“ und „Vorbereitete Umgebung“ zur Klassenführung ge­zählt werden. Vor allem die Absprache von Regeln und Ritualen innerhalb der klaren Struktur sind hier zur Klassenführung zu zählen. Ein hoher Anteil echter Lernzeit wird erreicht, indem ein gutes Zeitmanagement herrscht, ,Organisationskram‘ ausgelagert wird, alle Beteiligten pünktlich sind und eine Rhythmisierung des Ablaufs erfolgt. Auch eine vorbereitete Umgebung, durch gute Ordnung und die funktionale Einrichtung, stützt ebenfalls eine Nutzung der Zeit als echte Lernzeit. Auch Brophy (2000) benennt in seiner Arbeit nicht explizit das Classroom Management. Bei ihm könnenjedoch aus den Vari­ablen „Opportunity to leam“ und „Content covered“ (dt.: Schaffung von Lerngelegenhei­ten und Unterrichtszeit) Ausprägungen des Classroom Managements abgeleitet werden.

Die unterschiedlichen Beschreibungen des Classroom Managements führen zu dem Problem, dass es schwer ist, dessen Ausprägungen trennscharf zu bestimmen. Dies führt dazu, dass eine kompakte und vor allem allgemeingültige Operationalisierung des Classroom Managements und seiner Ausprägungen für den Analyse- und Erläuterungs­bogen weiterhin eine Orientierung an einem theoretischen Ansatz benötigt. Daher wird in einem letzten Schritt der Ansatz von Kounin aus dem Jahr 1976 vorgestellt. Dieser gilt als Klassiker und beeinflusst noch heute die Vorstellungen eines guten Classroom Mana­gements (Syring, 2017, S. 33). Kounin definiert erfolgreiche Klassenführung „als die Fä­higkeit (der Lehrkraft), eine hohe Mitarbeitsrate bei niedriger Fehlverhaltensrate im Unterricht zu erzielen.“ (1976, S. 75) Um diese zu erreichen, beschreibt er vier Techniken der Klassenführung (ebd., S. 93-142), welche, auch im Hinblick auf den Analyse- und Erläuterungsbogen, folglich erläutert werden.

Allgegenwärtigkeit und Überlappung

Die Allgegenwärtigkeit der Lehrkraft meint die Fähigkeit, den Schülerinnen das Gefühl geben zu können, als hätte sie Augen im Hinterkopf. Sie dient der Prävention von Stö­rungen, unterstützt das rechtzeitige Einschreiten und basiert auf dem nötigen Bescheid­wissen der Lehrkraft über die Dinge, die im Klassenraum geschehen. Verbunden mit der Allgegenwärtigkeit ist die Überlappung. Sie ist die Fähigkeit, sich simultan mehreren Si­tuationen und Problemen zuwenden zu können, ohne dabei den Blick für die Klasse zu verlieren. Die Komplexität von Unterricht erfordert daher die Fähigkeit zum Multitas­king.

Reibungslosigkeit und Schwung

Zu einer effizienten Klassenführung zählt nach Kounin die Steuerung des Unterrichtsab­laufs, um diesen reibungslos und schwungvoll, ohne unnötige Unterbrechungen und Ver­zögerungen sowie Hektik und Leerlauf, zu gestalten. Hierzu zählt auch die Verfolgung eines roten Fadens im Unterricht sowie die Vermeidung von Überproblematisierung und Fragmentierung. Voraussetzung hierfür ist unter anderem eine angemessene Unterrichts­planung (Helmke, 2017a, S. 178).

Aufrechterhaltung des Gruppenfokus und Gruppenaktivierung

Die Gruppenaktivierung meint, dass die Lehrkraft die gesamte Lerngruppe mobilisieren und somit die Aufmerksamkeit aller Schülerinnen erlangen und beibehalten muss. Hierzu zählt neben einem großen Beschäftigungsradius auch die Etablierung eines Re­chenschaftsprinzips. Der Umfang derjenigen Schülerinnen, welche Rechenschaft über ihre Leistung abgeben, soll maximiert und somit ein breiter Rückmelderadius erreicht werden. Zum Gruppenfokus zählt weiterhin, dass die Lehrkraft die anderen Schülerin­nen nicht aus dem Auge verliert, wenn sie mit einer/einem einzelnen Schülerin intera­giert.

Programmierte Überdrussvermeidung und Vermeidung vorgetäuschter Teilnahme

Durch die Passung der Unterrichtsmaterialien und -methoden zu der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen, kann die Lehrkraft ihnen Abwechslung und Herausforderung bieten und somit die Arbeitsbereitschaft und Neugierde wecken. Diese Technik zielt also auf die Eigenart der Aktivitäten, Materialien und Inhalte des Unterrichts, welche durch eine durchdachte Unterrichtsplanung berücksichtigt werden kann. Weiterhin benötigt die Lehrkraft die Fähigkeit, eine Schein-Aufmerksamkeit von Schülerinnen zu erkennen, um diese am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen.

In diesem Teilkapitel wurden verschiedene Ansätze zur Klassenführung bzw. zum Class­room Management aufgezeigt. Dies zeigt, dass auf Grund dieser Vielfalt Uneinigkeit über eine einheitliche Definition herrscht. Viele Autorinnen sind sich jedoch einig, dass es eine Grundvoraussetzung für erfolgreiches Lernen ist, da es die aktive Lernzeit maßgeb­lich determiniert (Trautwein et al., 2018, S. 9; Helmke, 2017a, S. 173). Auch Ergebnisse aus der Lehr-Lern-Forschung stützen die Wirkungen von Classroom Management.

In der vorliegenden Arbeit wird das unterrichtliche Qualitätskriterium Classroom Ma­nagement verstanden als „Ausmaß [...], in dem es den Lehrkräften gelingt, die Lernpro­zesse von Schülerinnen und Schülern optimal zu organisieren und zu steuern.“ (Traut­wein et al., 2018, S. 9) Dazu zählt neben der Gewährung einer störungsarmen Lernum­gebung eine bestmögliche Zeitnutzung. Zum Classroom Management zählen weiterhin die „gemeinsame Etablierung von Regeln, Routinen und Strukturen, die Herstellung eines reibungslosen Unterrichtsflusses, die Antizipation von Ablenkungen sowie der professi­onelle Umgang mit Unterrichtsstörungen.“ (ebd., S. 9)

Diese Operationalisierung macht deutlich, dass das Classroom Management sowohl pro­aktive als auch reaktive Komponenten enthält. Zu den proaktiven Komponenten zählen bspw. die Etablierung eines Regelsystems, der Aufbau von Routinen, die Unterrichtsvor­bereitung im allgemeinen, sowie die spezielle Vorbereitung des Raumes inklusive aller Materialien, aber auch die Allgegenwärtigkeit der Lehrkraft im Unterricht, sowie der rei­bungslose und schwungvolle Ablauf. Reaktive Komponenten sind vor allem dann gefor­dert, wenn Störungen auftreten. Dabei können und müssen unterschiedliche Wege zur Beseitigung dieser gewählt werden (z.B. stille Präsenz, Blickkontakt, direkte Ansprache) (Hess & Lipowsky, 2016, S. 155). Weiterhin wird deutlich, dass eine angemessene und durchdachte Unterrichtsplanung schon einen Teil des Classroom Managements ausmacht und, wie oben erwähnt, sie zu den proaktiven Komponenten zählt. Durch das voraus­schauende Planen von Unterrichtsphasen, den einzelnen Übergängen und den Schüler*in- nenaktivitäten, können im Vorfeld mögliche Störungen und/oder Komplikationen im Ab­laufbedacht und mögliche Handlungsmuster und -Optionen abgewägt werden.

Classroom Management als Kriterium für eine gute Unterrichtsqualität, welche gemäß der Output und Outcome Orientierung den Lernerfolg und die Wirkungen bei den Schülerinnen fokussiert, zielt zusammenfassend darauf ab, mit Hilfe verschiedener Ver­haltensweisen (proaktiv und reaktiv) das Ausmaß der aktiven und effektiven Lernzeit während des Unterrichtsprozesses zu maximieren. An dieser Stelle erfolgt ein Verweis auf eine Concept Map, welche dem Anhang (A 1, S. XIV) beigefügt ist. Diese bildet das Qualitätskriterium ,Classroom Management im Verständnis dieser Arbeit zusammenfas­send und übersichtlich ab.

Die Ausführungen in diesem Kapitel bilden, gemeinsam mit anderen Bögen (siehe dazu Kapitel 4.2), die Grundlage für den Analyse- und speziell den Erläuterungsbogen. Die oben stehenden Ausführungen sowie bestehende Beurteilungsbögen von Unterricht er­möglichen eine, nach bestem Wissen, trennscharfe Abbildung der Ausprägungen, welche dem Classroom Management zugeordnet werden können. Wie oben verdeutlicht, hat be­reits die Unterrichtsplanung im Vorfeld einen erheblichen Einfluss auf das Classroom Management, weshalb eine Unterteilung in Planungs- und Durchführungsaspekte im Analyse- und Erläuterungsbogen erfolgt.

3.3 Klarheit und Strukturiertheit

Während u.a. die Komplexität des Unterrichts nach einem angemessenen Classroom Ma­nagement der Lehrkraft verlangt, fordert ein lemförderlicher Unterricht allgemein die Vermittlung von Informationen, z.B. als Text, Aufgabe oder Präsentation, welche von den Schülerinnen als Ausgangspunkt für nachfolgende Lernprozesse genutzt werden können. Diese Informationen in jeglicher Art, verbal und schriftlich, müssen von der Lehrkraft (Angebotsseite) so klar und verständlich präsentiert und strukturiert werden, dass sie bei den Schülerinnen (Nachfrageseite) Lernprozesse anregen (Helmke, 2017a, S. 190). Vergleichend zum Classroom Management gibt es auch zur Klarheit und Struk­turiertheit des Unterrichts zahlreiche Arbeiten sowie empirische Untersuchungen, welche die Wirkungsweise dieses Kriteriums auf den Lernerfolg der Schülerinnen bestätigen, wenngleich diese nicht derart unüberschaubar und uneinheitlich sind.

Wie aus Kapitel 3.1 hervorgeht, spielt bereits bei Brunnhuber in den 1970er Jahren die Strukturiertheit des Unterrichts eine Rolle für eine effektive Unterrichtsgestaltung. Auch im QuAIT-Modell von Slavin (1997) sind unter anderem die Klarheit und Strukturiertheit die Leitkonzepte für qualitativ hochwertigen Unterricht. Ditton (2000) berücksichtigt un­ter den Faktoren des Unterrichts, welche die Qualität beeinflussen, neben der Struktur und Strukturiertheit auch die Klarheit, Verständlichkeit und Prägnanz (Helmke & Schra­der, 2008, S. 19 f.). Das Konzept von Klieme und Mitautor*innen (2006) wurde bereits oben beschrieben. Hier sind Klarheit und Struktur in der Dimension der Klassenführung enthalten. Die Verortung dieses Kriteriums im didaktischen Dreieck in Anlehnung an Reusser, welches in Abbildung 1 (S. 17) dargestellt ist, zeigt, dass sich die Klarheit und Strukturiertheit auf die Lehrstoff- und Aufgabenkultur beziehen und, im Verständnis die­ser Arbeit, lediglich das Unterrichtsangebot der Lehrkraft betrachtet wird. Die Lehrkraft muss, um den größtmöglichen Outcome bei den Schülerinnen zu erzielen, die Informa­tionen klar und strukturiert präsentieren. Doch was genau meint Klarheit und auf was bezieht sie sich? Was ist eine klare Struktur und woran ist diese zu erkennen? Um diese Fragen zu beantworten, werden folglich die Arbeiten von Hilbert Meyer und Andreas Helmke herangezogen.

In den Zehn Merkmalen guten Unterrichts stellt die klare Strukturierung das erste und die inhaltliche Klarheit das vierte Merkmal guten Unterrichts dar. Nach Meyer (2014, S. 26) ist „Unterricht dann klar strukturiert, wenn das Unterrichtsmanagement funktioniert und sich ein für Lehrer und Schüler gleichermaßen gut erkennbarer ,roter Faden‘ durch die Stunde zieht.“ Damit forciert Meyer die didaktisch-methodische Linienführung des Un­terrichts und meint die Stimmigkeit von Zielen, Inhalten und Methoden, die Folgerich­tigkeit des methodischen Gangs, einen erkennbaren methodischen Grundrhythmus (z.B. Einstieg, Erarbeitung, Sicherung) sowie die Aufgaben-, Regel- und Rollenklarheit. Für Meyer sind diese letzten drei ebenfalls maßgeblich für eine klare Struktur, da sie zum einen sicher stellen, das die Schülerinnen verstehen was zu tun ist und zum anderen eine Verlässlichkeit der Arbeitsbeziehung gewährleistet werden kann (ebd., S. 26 ff.). Unter inhaltlicher Klarheit versteht Meyer (ebd., S. 55), „wenn die Aufgabenstellung verständ­lich (und) der thematische Gang plausibel (sind) und die Ergebnissicherung klar und ver­bindlich gestaltet (wurde).“ Meyer konzentriert sich bei der Klarheit lediglich auf den inhaltlichen Aspekt der dargebotenen Informationen. So wird eine Verständlichkeit der Aufgabenstellung z.B. über eine Anpassung dieser an die Lemgruppe erreicht. Meyer beschreibt, dass durch die inhaltliche Klarheit des Unterrichts ein systematischer Wis­sensaufbau und der Transfer des Wissens für die Schülerinnen ermöglicht werden kann (ebd., S. 60). An den Ausführungen wird deutlich, dass Meyer bereits Ausprägungen von einem klaren und strukturierten Unterricht beschreibt. Diese sind jedoch nicht der Art differenziert und spezifisch genug, weshalb im Folgenden die Klarheit und Strukturiert­heit als Merkmal guten Unterrichts nach Helmke hinzugezogen wird.

Helmke (2017a, S. 191) unterscheidet innerhalb des Merkmals ,Klarheitund Strukturiert- heit‘, welches er beschreibt als akustisch und sprachlich wie auch inhaltlich und fachlich klare Darstellung relevanter Inhalte sowie sachlogische Strukturierung der Inhalte, zwi­schen der Klarheit, Verständlichkeit und Strukturiertheit. Helmke (ebd., S. 192) stellt her­aus, dass die Frage der Klarheit bzw. Verständlichkeit sowohl auf Schülerinnen- als auch auf Lehrerinnenäußerungen angewendet werden kann. Wie oben erwähnt, sind im Rah­men der Arbeitjedoch nur die Lehrerinnenäußerungen von Interesse.

Klarheit ist senderinbezogen und lässt sich in die Komponenten akustisch, sprachlich, inhaltlich und fachlich zerlegen. Die sprachliche Klarheit meint eine prägnante Aus­drucksweise, welche durch kurze und dennoch bedeutungsvolle Äußerungen erreicht wird. Zu einer klaren Ausdrucksweise zählen weiterhin die Vermeidung von Unsicher- heits- und Vagheitsausdrücken sowie Sprechverzögerungen und Füllwörtern, die Anwen­dung der korrekten Grammatik und Lexik sowie die Beibehaltung des fachlichen Unter­richtsflusses ohne Unterbrechungen. Neben der sprachlichen Klarheit der Lehrkraft ist, nach Helmke, auch die inhaltliche Klarheit bzw. die Kohärenz des Unterrichts von Be­deutung. Damit ist ein erkennbarer Zusammenhang zwischen Rede und Schrift sowie die Stimmigkeit des Inhalts im Unterrichtsverlauf gemeint. Helmke erwähnt die fachliche Klarheit und fokussiert damit die fachliche Korrektheit der Ausführungen (ebd., S. 191 ff.). Diese ist natürlich von hoher Bedeutung für den Lernerfolg der Schülerin­nen, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeitjedoch nicht tiefergehend thematisiert, da dem/der Analystin für die Analyse dieser Ausprägung die Ausarbeitung des Bedin­gungsfeldes Fachwissenschaft vorliegen muss und eine Konzentration auf andere Aus­prägungen, auch im Hinblick auf die eigene und spätere Unterrichtsentwicklung, sinnvol­ler scheint.

Die Verständlichkeit ist empfängerinbezogen und daher unmittelbar mit der Sprache des Senders bzw. der Senderin, sowohl gesprochen als auch geschrieben, verbunden. Sie ist u.a. abhängig von der Akustik, also der Lautstärke, der Tonhöhe, der Sprechgeschwin­digkeit und -pausen, aber auch von der Unterstützung durch Mimik und Gestik, dem Sprechen von Standardsprache oder Dialekt. Weiterhin wird die sprachliche Verständ­lichkeit durch drei Aspekte gefördert: Erstens, durch einfach gehaltene Aussagen, etwa mit Hilfe von kurzen, einfachen Satzstrukturen, in denen bekannte Wörter verwendet und Fachwörter erklärt werden. Zweitens durch die Konzentration auf das Wesentliche durch eine knappe, prägnante Darstellung und drittens, durch Ordnung und Gliederung der Äußerungen zur folgerichtigen Darstellung und zur Erkennung eines roten Fadens (ebd., S. 196).

Die Bedeutung von Klarheit, insbesondere der sprachlichen Klarheit und Verständlich­keit, konnte Hattie (2009, S. 126) in den Ergebnissen seiner Analyse eindeutig darstellen. Mit einer Effektstärke von d = 0,75 hat diese einen erheblichen Einfluss auf den Lerner­folg der Schülerinnen.

Strukturiertheit betrachtet Helmke aus zwei verschiedenen Perspektiven. Die gedächtnis­psychologische Sichtweise zielt auf den Aufbau einer „gut organisierten Wissensbasis“ (2017, S. 191) und umfasst sämtliche Merkmale des Informationsangebots, welche diesen unterstützen. Damit fokussiert sie in gewisser Weise den eigentlichen Lernprozess bei den Schülerinnen. Hier geht es um die Frage, wie das Informationsangebot gestaltet sein muss und wie die Lernenden durch die vorgenommene didaktische Struktur geführt wer­den können, um Lernen zu ermöglichen und zu optimieren. Gemäß der didaktischen Sichtweise ist ein Unterricht dann strukturiert, wenn er so „geplant und sequenziert ist, dass er [...] (dieUnterrichtsziele) erreicht.“ (ebd., S. 191)Die didaktische Sequenzierung und dessen Nachvollziehbarkeit auf Seiten der Schülerinnen ist maßgebend für einen erfolgreichen Lernprozess, da diese die Rahmenbedingungen für den Unterricht festlegt.

In der Lehr-Lern-Forschung wird mit Strukturiertheit die Schlüssigkeit und Ver­knüpfung der Unterrichtsphasen gleichgesetzt. Auch die Sequenzierung des Inhalts und eine zusammenhängende Darstellung dessen, bspw. durch die stimmige Visualisierung mit verschiedenen Medien, spielen eine Rolle für die Strukturiertheit. Weiterhin umfasst sie die Mitteilung der Unterrichtsziele, transparente Leistungserwartungen, eine Ver­knüpfung und Integration von Wissen sowie die Verwendung von Lern- und Strukturie­rungshilfen, wie z.B. eine Vorausschau und Zwischenzusammenfassungen (ebd., S. 198). Hattie konnte auch im Bereich der Strukturierung, etwa durch transparente Verhaltens­ziele und Strukturierungshilfen, wie z.B. das Concept Mapping (d = 0,57) und die Nut­zung eines Advance Organizer (d = 0,41), einen wahrnehmbaren Effekt feststellen (2009, S. 126).

An dieser Stelle werden zwei Dinge deutlich: Erstens, dass eine Aufschlüsselung des Kri­teriums in zwei Dimensionen bzw. zwei Teilkriterien, nämlich ,Klarheit‘ und ,Struktu- riertheif, für den Analysebogen sinnvoll ist, da sie teilweise unterschiedliche Bereiche des Unterrichtsangebots (sprachliche Äußerungen der Lehrkraft vs. Phasenablauf) an­sprechen, wenngleich sie dennoch miteinander verknüpft und für den Lernerfolg der Schülerinnen maßgebend sind. Somit wird eine Verbindung von Meyers und Helmkes Ausführungen unabdingbar, da nur eine Integration beider Ausführungen in den Bogen neben bereits bestehenden Bögen (siehe Kap. 4.2) eine ganzheitliche Abdeckung des Kri­teriums und dessen Ausprägungen ermöglicht. Daher erfolgt auch hier der Verweis auf den Anhang, dem eine Concept Map (Anhang A 2, S. XV) beigefügt ist. Diese bildet das Qualitätskriterium ,Klarheit und Strukturiertheif im Verständnis dieser Arbeit zusam­menfassend und übersichtlich ab. Zweitens wird auch bei diesem Kriterium deutlich, dass bereits durch die Unterrichtsplanung, etwa eine gezielte Sequenzierung des Unterrichts sowie eine durchdachte Gestaltung der Arbeitsmaterialien, eine klare Struktur der Unter­richtseinheit aufgebaut und der rote Faden ersichtlich gemacht werden kann. Daher wer­den im Analyse- und Erläuterungsbogen, konvergierend zum Kriterium Classroom Ma­nagement, sowohl Planungs- als auch Durchführungsaspekte beachtet. In Kapitel 3.2 wurde erläutert, dass die Unterrichtsplanung ein proaktiver Teil des Classroom Manage­ments darstellt. Daher ist nicht auszuschließen, dass es Überschneidungen innerhalb der Kriterien gibt. Eine nach bestem Wissen trennscharfe Darstellung beider Kriterien im Analysebogen wirdjedoch angestrebt.

4 Methodisches Vorgehen

Im Anschluss an die Ausführungen zur Unterrichtsvideografie und der theoretischen Fun­dierung der ausgewählten Qualitätskriterien, folgt in diesem Kapitel die Darstellung des methodischen Vorgehens, welches dem weiteren Verlauf der Arbeit zu Grunde liegt. Zu­erst wird die Phasierung von Unterricht innerhalb der Unterrichtsplanung im Hinblick auf eine Zerschneidung des vorliegenden Unterrichtsvideos für die Testung des Analysebo­gens dargestellt. Anschließend folgt die Darstellung der Entwicklung des Analyseinstru­ments, sowie die Beschreibung des inhaltsanalystischen Vorgehens bei der Analyse der Video-Fallvignetten. Zuletzt wird die videografierte Unterrichtseinheit, welche zur Tes­tung des Bogens herangezogen wird, vorgestellt. Dazu zählen neben den Rahmenbedin­gungen und Planungsmaterialien, auch die einzelnen Unterrichtsvideos bzw. Fallvignet­ten und Transkripte, welche für die Analyse erstellt wurden.

4.1 Phasierung von Unterricht

Wie in Kapitel 3.2 zum Classroom Management und Kapitel 3.3 zur Klarheit und Struk- turiertheit von Unterricht erwähnt, spielt bereits die Unterrichtsplanung eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung eines lernförderlichen und -wirksamen Unterrichts. Sandfuchs (2006, S. 684) versteht unter Unterrichtsplanung alle Maßnahmen und Entscheidungen im Vorfeld der Unterrichtsdurchführung, die zur Optimierung des Lernens und Lehrens im Unterricht beitragen. Meyer (2002, S. 17 f.) schreibt der Unterrichtsplanung drei Funk­tionen zu. Neben der Steuerungsfunktion, welche auf eine zielstrebige und konsequente Umsetzung der Planung zielt, kommt der Unterrichtsplanung eine Legitimierungsfunk­tion und eine Ausbildungsfunktion zu. Vor allem letztere ist im Bereich der Lehrer*in- nenausbildung bzw. bei Noviz*innen von Bedeutung. Durch die Unterrichtsplanung kann die Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit, sowie im Nachgang bei der Auswertung die Reflexionsfähigkeit verbessert werden (ebd., S. 18). Weiterhin und in Bezug auf die Komplexität von Unterricht (Doyle, 2006), kann die vorausgehende Unterrichtsplanung die Komplexität eindämmen, indem der Unterrichtsablauf nach Phasen strukturiert, d.h. phasiert, sowie die Übergänge zwischen ihnen und verschiedene Szenarien im Unter­richtsverlauf bedacht werden. Angehende Lehrerinnen nutzen bei der Unterrichtspla­nung didaktische Modelle[I] als Orientierungshilfe, da sie das vielschichtige Lehr-Lern­Geschehen in seiner vollen Komplexität vereinfacht und überschaubar abbilden (Riedl, 2010, S. 77ff).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Vereinfachtes Perspektivenschema zur Unterrichtsplanung (eigene Darstellung in Anlehnung anKlafki, 1997, S. 18).

Orientierend am Perspektivenschema von Klafki (ebd., S. 18) folgt auf die Bedingungs­analyse und die Erörterung des Begründungszusammenhangs die thematische Strukturie­rung. Diese umfasst einerseits die Erschließung der Sachstruktur und andererseits Mög­lichkeiten zur Überprüfung der Lernprozesse. Auf die thematische Strukturierung folgt die Bestimmung von Zugangs- und Darstellungsmöglichkeiten im Unterricht sowie, als letzten Schritt, die methodische Strukturierung, welche die Lehr-Lern-Prozessstruktur fo­kussiert. Hier ist die Verwendung von stimmigen und aufeinander aufbauenden Unterrichtsphasen unabdingbar, da die Phasierung des Unterrichts die Lehrkraft dabei unterstützt den Unterricht so zu gestalten, dass die Schülerinnen im Verlauf des Unter­richts die (Teil-)Lemziele erreichen. Unterrichtsphasen „strukturieren den Ablauf, erleichtern die Übersicht, bringen Abwechslung und Tempo in den Unterricht, bieten Halte- und Ruhepunkte und damit Gelegenheit zu besserer Ori­entierung und neuer Aufmerksamkeit. Eine genaue Planung einzelner Phasen erleichtert es dem Lehrer (bzw. der Lehrerin), für methodische Vielfalt im Unterricht zu sorgen und den thematischen roten Faden der Stunde nicht aus den Augen zu verlieren.“ (Petersen & Unruh, 2006, S. 35)

Weiterhin sorgen erkennbare Unterrichtsphasen für Transparenz im Unterrichtsgesche­hen, wodurch langfristig auch die Planungskompetenz bei den Schülerinnen gesteigert werden kann. Petersen und Unruh (ebd., S. 35 ff.) unterscheiden zwischen Einstieg bzw. Warming Up, in der bspw. das Vorwissen aktiviert wird, um die Schülerinnen abzuho­len, Information und Unterrichtsgespräch, Erarbeitungsphase, Verarbeitungsphase, hier u.a. die Sicherung, gegebenenfalls einer Transferphase sowie den Stundenschluss bzw. Ausstieg. Dabei ist eine deutliche Trennung der Phasen, z.B. durch eine Änderung der Sozialform oder der Sitzordnung, bei dennoch bestehender Verbundenheit im Unter­richtsgeschehen, etwa durch verbale Verknüpfungen, wichtig. Auf diese Weise kann ein progressiver Lemzuwachs ermöglicht und ein Mitnehmen der Schülerinnen, auch beim Übergang in eine neue Phase, erreicht werden.

Meyer (2014, S. 27 f.) beschreibt mit der Folgerichtigkeit des methodischen Gangs sowie dem methodischen Grundrhythmus die Ausgestaltung der Phasierung des Unterrichts. Der Dreischritt Einstieg - Erarbeitung - Ergebnissicherung ist nach Meyer für die meis­ten Fälle am sinnvollsten. Dabei dient die Einstiegsphase neben der Informationsgabe durch die Lehrkraft über den Ablauf bzw. den Lerngegenstand, auch der Aktivierung der Schülerinnen und deren Vorwissen. In der Erarbeitungsphase sollen die Schülerinnen möglichst selbstständig arbeiten, während die Lehrkraft nur als Lernberaterin fungiert. Die Phase der Ergebnissicherung dient der Kontrolle und Sicherung der erarbeiteten Lö­sungswege und Lösungen für alle Schülerinnen und sollte schriftlich fixiert werden. Ab­schließend folgt ein Rückblick auf die aktuelle bzw. ein Ausblick auf die nächste Unter­richtsstunde sowie eine Verabschiedung der Schülerinnen (Schmidt, 2007). An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass nicht jede Unterrichtseinheit aus nur diesen drei Phasen be­steht. Neben dem Unterrichtseinstieg und dem -abschluss, können mehrere Erarbeitungs­phasen und daran anschließende Sicherungsphasen im Unterrichtsverlauf, sowie Transferphasen, in der die neuen Erkenntnisse auf andere Fragestellungen oder Probleme angewendet werden, stattfinden.

Wie in Kapitel 2.3 beschrieben, orientieren sich die einzelnen Fallvignetten der videogra­fierten Unterrichtseinheit an den erkennbaren Unterrichtsphasen. Diese Zerschneidung wird gewählt, da so die Ganzheitlichkeit des Unterrichts erhalten bleibt und somit die Prozessstruktur ersichtlich wird. Auf diese Weise können die unterrichtlichen Qualitäts­kriterien ,Classroom Management und ,Klarheit und Strukturiertheit‘ in den einzelnen Unterrichtsphasen spezifisch analysiert und die Bedeutung der Kriterien in den unter­schiedlichen Unterrichtsphasen und der Planung reflektiert werden. In Kapitel 4.3.2 wird die Phaseneinteilung der videografierten Unterrichtseinheit für die Fallvignetten ausführ­lich dargestellt.

[...]


1 Auf eine verstärkte Auseinandersetzung mit didaktischen Modellen wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit verzichtet.

Ende der Leseprobe aus 203 Seiten

Details

Titel
Entwicklung eines Instruments zur Analyse videografierten Unterrichts. Die Qualitätskriterien ‚Classroom Management‘ und ‚Klarheit und Strukturiertheit‘
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
203
Katalognummer
V1191326
ISBN (eBook)
9783346637468
ISBN (Buch)
9783346637475
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entwicklung, instruments, analyse, unterrichts, qualitätskriterien, management‘, strukturiertheit‘
Arbeit zitieren
Lea Strycharczyk (Autor:in), 2020, Entwicklung eines Instruments zur Analyse videografierten Unterrichts. Die Qualitätskriterien ‚Classroom Management‘ und ‚Klarheit und Strukturiertheit‘, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1191326

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