Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Janusz Korczak
2.1 Anschauung
2.2 Rechte der Kinder
2.2.1 Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag
2.2.1 Das Recht des Kindes so zu sein, wie es ist
2.2.1 Das Recht des Kindes auf den eigenen Tod
2.3 Pädagogik der Liebe
2.4 Korczaks Waisenhäuser
3 Wohngruppen heute
4 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Wie keinem anderen, ist es Janusz Korczak gelungen, die wesentlichen Bedingungen einer guten Erziehung zu beschreiben und den Idealismus vieler anderer auf den Boden der kindlichen Realitäten zu holen - ohne Ideale in der Erziehung aufzugeben. Er fehlt zu Unrecht in den meisten Darstellungen zu Klassikern der Pädagogik.“ so Kuhlmann (2013, S.119) über Henryk Goldzmit alias Janusz Korczak und seinem Umgang mit Kindern und Jugendlichen.
Die vorliegende Arbeit behandelt die Frage, inwiefern Korczaks Partizipation in heutigen Wohngruppen für Kinder und Jugendliche realisierbar ist. Dass das Thema Partizipation in diesem Kontext ein höchst aktuelles ist, zeigen die Diskussionen des Bundeskabinetts, welches seit Jahren über die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz debattiert (Deutschlandfunk, 2021). Zu den besagten Kinderrechten gehört, abgesehen von den für die Mehrheit der Gesellschaft vermutlich selbstverständlich scheinenden Artikeln, wie dem Artikel 6, Recht auf Leben und Artikel 37, dem Verbot der Folter, der Todesstrafe, lebenslanger Freiheitsstrafe und Rechtsbeistandschaft, auch der Artikel 12 und 31. Mit diesem Artikel sichern die Vertragsstaaten dem Kind das Recht zu, seine eigene Meinung zu bilden und diese, entsprechend seines Alters und seiner Reife, zu berücksichtigen und die Beteiligung an Freizeit, kulturellem und künstlerischem Leben zu ermöglichen (www.kinder- rechte.de). Korczaks Pädagogik setzt genau dort an. In seinen zwei Waisenhäusern installierte er diverse Institutionen und Regeln, die Kindern die Teilhabe und Mitbestimmung ermöglichten (Kuhlmann, 2013, S.126). Er gilt laut Wyrobnik (2021) als Vorreiter der Artikel 3, 12 und 31 der Kinderrechtskonvention.
Das Ziel der Hausarbeit ist es, Korczaks Anschauungen darzustellen und das Konzept heutiger Wohngruppen zu erforschen, um so einzuschätzen, inwiefern seine Form der Partizipation auch heute noch Anwendung findet.
Zunächstwird die Person und das Leben des Janusz Korczak genauer beleuchtet, um den Kontext seiner Arbeit bestmöglich verstehen zu können. Darauf folgen seine Anschauung, die von ihm formulierten Rechte der Kinder, sowie sein Verständnis von der sogenannten Pädagogik der Liebe und der Blick auf die Waisenhäuser des Reformpädagogen. Anschließend daran wird die Wohngruppe für Kinder- und Jugendliche, eine stationäre Form der Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe genauer betrachtet. Die Arbeit endet mit einem Fazit, welches die Frage dieser Hausarbeit „Inwiefern ist Partizipation nach Korczak heutzutage in Wohngruppen mit Kindern und Jugendlichen realisierbar?“ erneut aufgreift und schlussendlich beantworten wird.
2 Janusz Korczak
Henryk Goldzmitwurde 1878 in Warschau, als Sohn des jüdischen Rechtsanwaltes JozefGoldzmit und dessen Frau, Cecylia, geboren. Nachdem sein Vater erst psychisch erkrankte und schließlich verstarb, verarmte die Familie Goldzmit. Daraufhin leistete Henryk Nachhilfestunden, um Geld für die Familie zu verdienen. Parallel dazu interessierte sich Henryk Goldzmit schon im frühen Alterfür Literatur. Im Jahre 1899 trat er schließlich erstmals bei einem Aufsatzwettbewerb an, bei welchem er das Pseudonym Janusz Korczak verwendete. Diesen Namen hatte er aus einer Märchengeschichte und nutzte ihn fortan. (Kuhlmann, 2013, S. 119)
1898 begann Korczak sein Medizinstudium. Bereits zu dieser Zeit besuchte er regelmäßig die Armenviertel der Stadt, um dort Kinder umsonst zu behandeln und zu beschenken. Hier lernte er erstmals die unbehütete Kindheit auf der Straße kennen (Kuhlmann, 2013, S.120). Während seiner Semesterferien engagierte Janusz Korczak sich in Freizeiten für arme und/oder kranke Kinder. Er beobachtete spielende Kinder, um Diagnosen zu stellen. Ziel war es hier zu erfahren, warum jedes Kind anders spielt (Kirchner, Andresen & Schierbaum, 2018, S.9).
Nach seinem Studium praktizierte er zunächst als Arzt und engagierte sich als Autor sozialpolitisch. Zudem begleitete er im Sommer eine Kolonie mit insgesamt 2000 Kindern. Hier entstand die Idee einer Gleichberechtigung von Kindern und Erwachsenen. Korczak stellte hierzu erste Prinzipien und Notwendigkeiten eines Zusammenlebens auf. Die, während der Kolonie, gesammelten praktischen Erfahrungen ergänzte Korczak ab 1907 durch Auslandsreisen. Nach seiner Rückkehr übernahm er die Leitung des jüdischen Waisenhauses „Dom Sierot“ (Ehrenberg, 2015, S.95-97).
Ab 1919 übernahm Korczak gemeinsam mit Maryna Falska die Leitung eines nicht-jüdischen Waisenhauses. 1939, nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht, mussten die Kinder und Mitarbeiter des jüdischen Waisenhauses ins Warschauer Ghetto umsiedeln. Da er sich dagegen entschied, seine Kinder und Mitarbeiter zu verlassen, um sich auf die „arische“ Seite zu stellen, wurde Janusz Korczak gemeinsam mit ihnen im August 1942 deportiert und in Treblinka ermordet (Kuhlmann, 2013, S. 120-121).
2.1 Anschauung
Wie viele Reformpädagogen hatte auch Korczak kein positives Bild von Erwachsenen. Als einer der Ersten betrachtete er den Umgang im Alltag von erwachsenen Menschen mit Kindern. Hierbei kritisierte er die Umgangsweise mit Kindern. Er beobachtete die fehlende Achtung von Erwachsenen gegenüberderjeweiligen Persönlichkeit des Kindes, sowie teils überzogene Erwartungen an Kinder. Des Weiteren hielt er nur wenige erziehende Personen für unabhängig genug, um zu erziehen, da laut ihm viele erziehende Personen solche waren, die in ihren vorherigen Berufen gescheitert waren. Das fehlende Eingehen auf die unterschiedlichen Begabungen und Bedürfnisse der Kinder nannte 2
Korczak pädagogisches „Nicht-Wissen“. Schließlich kam erzu der Überzeugung, dass Erziehungsfehler Fehler der erziehenden Person waren. Trotz dessen vertrat er die Meinung, dass eine Erziehung ohne Fehler unvermeidlich ist und unter Umständen sogar relevant sein kann, damit die erziehende Person lernt. Laut Korczak istjedes Kind von Geburt an einzigartig und durch seine Anlagen geprägt, jedoch trotz dessen sowohl für positive als auch negative Einflüsse empfänglich. Da Kinder, anders als andere gesellschaftliche Gruppen, nicht in der Lage sind, für sich und ihre Rechte zu kämpfen, ist es die Aufgabe der Erwachsenen, aber auch der Pädagogik, sie darin zu unterstützen (Kuhlmann, 2013, S.121-123).
Um Kinder umfassend zu unterstützen, sind Pädagogik und Medizin für Korczak eine untrennbare Einheit. Korczak hat mit den Kindern in seiner Obhut gesprochen. Hierbei hörte er sich sowohl Kummer und Sorgen als auch Freude der Kinder an, und nahm die Themen der Kinder stets ernst. Kinder haben demnach unteranderem das Recht auf Achtung und Menschenwürde. Diese Begegnung auf Augenhöhe, welche auch Pädagogik der Achtung genannt wurde, war für Korczak einer der relevantesten Aspekte im Umgang mit Kindern. (Miller-Kipp, 2007, S.15).
2.2 Rechte der Kinder
Laut Miller-Kipp (2007) forderte Korczak 1918im Zuge der Forderung der Pädagogik derAchtung auch die sogenannte Magna Charta Libertatum (lateinisch für „Großer Freiheitsvertrag“). Er lässt sich hierbei offen, ob noch weitere Grundrechte für Kinder zu ergänzen sind, benennt zunächst folgende drei:
1. Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag.
2. Das Recht des Kindes so zu sein, wie es ist.
3. Das Recht des Kindes auf seinen Tod.
Aufgrund dieses Einsatzes für Kinderrechte wird Korczak auch als einer derwichtigsten Reformpädagogen und Pädagoginnen des 20. Jahrhunderts gesehen, dessen Bedeutung als Pionier der Kinderrechte noch immer unterschätzt wird. Zudem gab es zu Ehren Korczaks 2012 ein Symposium, welches verdeutlichen sollte, „dass Korczaks Verständnis von Kinderrechten eine eminent politische Dimension besitzt, und ein lebensweltliches Rechtsverständnis beinhaltet, das über legalistische und paternalistische Konstruktion von Kinderrechten hinausweist. Korczak hat damit dazu beigetragen, eine emanzipatorische Tradition von Kinderrechten als Menschenrechte zu begründen, die diese als subjektive Rechte oder Handlungsrechte der Kinder versteht und aufgesellschaftliche Verhältnisse zielt, in denen weitestmögliche Gleichheit besteht und insbesondere kein Mensch aufgrund seines geringen Alters anderen Menschen untergeordnet bleibt. (Liebelt, 2013, S.7)
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