„Die Psychoanalyse ist eine wissenschaftliche Disziplin, die von Sigmund Freud begrün-det wurde und mit seinem Namen auch heute noch unlösbar verknüpft ist.“ (Brenner, 1972/1976, S. 14). Diese Aussage ist mit zwei Aufgaben verbunden: einerseits Erklärung der Wissenschaft Psychoanalyse und Betrachtung des Werdegangs des Arztes Freud, der die Wissenschaft ins Leben rief und sie als Therapieform nutzte; und andererseits Aufzeigen der Verbindung zwischen Freud und „seiner“ Wissenschaft. Dazu ist es notwendig, zunächst den Menschen Sigmund Freud und seine Forschungstätigkeit näher zu betrachten. Ordnet man seine Ergebnisse und Publikationen biografisch, wird man feststellen, dass sich gerade bezüglich der Untersuchung der Ursachen von Angst und ihrer Störungen ein Wandel vom Früh- zum Spätwerk des Psychoanalytikers vollzogen hat. Exemplarisch für diesen Wandel sind die beiden folgenden Zitate aus den Werken Freuds, die im Abstand von ungefähr fünfzehn Jahren entstanden (S. Freud, 1961, S. 4): „In manchen Zuständen von Aufregung kann man auch die Vermengung von Libido und Angst und die endliche Ersetzung der Libido durch die Angst direkt beobachten.“ (S. Freud, 1994, S. 384). „Niemals geht die Angst aus der verdrängten Libido hervor.“ (S. Freud, 2006, S. 55).
Die Angst stellt im Unterschied zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit der menschlichen Psyche beschäftigen, in der Psychoanalyse eines ihrer komplexesten Phänomene dar. Durch die Untersuchung sowohl physiologischer als auch pathologischer Angsterscheinungen entstanden in der Psychoanalyse eine Vielzahl von Konzepten und Schulen (Meyer, 2005, S. 2).
Dies sind jedoch nicht die einzigen Gründe, warum es interessant erscheint, sich mit den Angsttheorien Freuds zu beschäftigen. Psychoanalyse hat einen interdisziplinären Charakter: Sie ist nicht nur Wissenschaft, die sich mit der theoretischen Erforschung der Tiefen und Untiefen der Psyche beschäftigt. Sie ist auch eine Therapieform zur Behandlung psychischer Erkrankungen, die seit jeher polarisiert. Das Außergewöhnliche dabei ist, dass die Wissenschaft in ihrer Frühzeit aus der Behandlung heraus entstand, während auf der anderen Seite die Behandlung ohne den wissenschaftlichen Unterbau nicht möglich war. Außerdem kann die Psychoanalyse für sich in Anspruch nehmen, einzige Therapieform mit philosophischem Hintergrund zu sein (Possemeyer & Unruh, 2006, S. 162).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Biografisches, Hintergründe
- Die Entstehung der Psychoanalyse
- Die Angsttheorien Sigmund Freuds
- Angst aus Libido
- Revision des Verhältnisses von Angst und Libido
- Reaktionen
- Zeitgenössischer Umgang mit den psychoanalytischen Angsttheorien
- Die Angst in der Nachfolge Freuds
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Sigmund Freuds Angsttheorien und deren Entwicklung im Laufe seines Werks. Sie beleuchtet den biografischen Kontext, die Entstehung der Psychoanalyse und die Veränderung der Konzepte zur Angst im Verhältnis zur Libido. Der Fokus liegt auf der Darstellung des Wandels in Freuds Denken und der Bedeutung der Psychoanalyse als wissenschaftliche Disziplin und Therapieform.
- Biografischer Hintergrund und Einfluss auf Freuds psychoanalytische Theorien
- Entstehung und Entwicklung der Psychoanalyse als wissenschaftliche Disziplin und Therapieform
- Freuds Konzepte der Angst und deren Wandel im Laufe seiner Forschung
- Das Verhältnis von Angst und Libido in Freuds Werk
- Rezeption und Weiterentwicklung der Freudschen Angsttheorien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt die Psychoanalyse als wissenschaftliche Disziplin und Therapieform, die untrennbar mit Sigmund Freud verbunden ist. Das zweite Kapitel beleuchtet Freuds Biografie und die Hintergründe seiner Forschung. Das dritte Kapitel beschreibt die Entstehung der Psychoanalyse, ausgehend von Freuds Beschäftigung mit Hypnose und Hysterie unter dem Einfluss Charcots. Das vierte Kapitel skizziert Freuds Angsttheorien, insbesondere die Beziehung zwischen Angst und Libido und deren Revision im Verlauf seines Werkes.
Schlüsselwörter
Psychoanalyse, Sigmund Freud, Angst, Libido, Hysterie, Hypnose, Unbewusstes, Neurose, wissenschaftliche Disziplin, Therapieform.
- Arbeit zitieren
- Frank Bodesohn (Autor:in), 2008, Psychoanalytische Betrachtung der Angst, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119175