Der Bewegungsgegenstand Badminton ist im Lehrplan unter der Sportspielkategorie der Rückschlagspiele eingeordnet und lässt sich aufgrund seiner Vielseitigkeit in Kombination mit verschiedenen Themenfeldern der Sozialwissenschaften im Sportunterricht thematisieren.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Emotionen in Drucksituationen in Zusammenhang mit der Sportart Badminton. Dabei werden insbesondere Strategien zur Stressbewältigung auf der Ebene der Lebenswelt der SchülerInnen vermittelt. Durch die Planung und Durchführung einer Unterrichtssequenz, in der Bewegungsgegenstand und sozialwissenschaftliche Perspektive zu einem Lerngegenstand zusammengefasst wurden, konnten empirische Daten hinsichtlich dessen Effektivität erhoben werden.
Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass künstlich erzeugte Drucksituationen schwer zu kreieren sind und dass das Thema der Copingstrategien über einen längeren Zeitraum behandelt werden müsste, um das Gelernte nachhaltig zu festigen. Es wurde festgestellt, dass beispielsweise die Zielsetzungsmethode und die Entspannungsmethode schon nach kurzer Zeit umgesetzt werden konnten und am Ende keine negativen Emotionen in der untersuchten Drucksituation nachgewiesen wurden.
Table of Contents
Abstract
1 Einleitung
2 Der Bewegungsgegenstand
2.1 Entwicklung des Bewegungsgegenstandes
2.2 Erweiterte Sachstrukturanalyse des Bewegungsgegenstands
2.2.1 Kategorische Einordnung des Bewegungsgegenstandes
2.3 Themen und Inhalte des Bewegungsgegenstands
2.3.1 Bewegungsdialog
2.3.2 Bewegungsbeziehungen
2.4 Welche Kompetenzen lassen sich am Bewegungsgegenstand erschließen?
3 Fachwissenschaftliche Perspektiven auf den Bewegungsgegenstand
3.1 Fachwissenschaftliche Bestimmung: Theorien, Begriffe, Definitionen
3.1.1 Drucksituationen
3.1.2 Stress
3.1.3 Coping
3.2 Bedeutsamkeit der fachwissenschaftlichen Perspektive für den Sportunterricht
3.3 Empirische Studien zum Thema
4 Lerngegenstand und fachdidaktische Gestaltung
4.1 Ableitung und Formulierung eines konkreten Lerngegenstands
4.2 Curriculare Verortung des Lerngegenstands/-inhalts
4.2.1 Verortung des Lerngegenstands im Kompetenzmodell
4.2.2 Verortung des Lerngegenstands im Lehrplan
4.3 Bedingungsanalyse
4.3.1 Institutionelle Voraussetzungen (räumliche, materielle, organisatorische Gegebenheiten)
4.3.2 Personale Voraussetzungen (allgemeine und spezielle Voraussetzungen der SuS/der LP)
4.4 Fachdidaktische Begründung des methodisch-didaktischen Zugangs
4.4.1 Didaktisches Vorgehen
4.4.2 Methodisches Vorgehen
4.4.3 Aufgabenformate
4.5 Sequenzplanung: Darlegung des lernzielorientierten „roten Fadens“
4.6 Verlaufsplanungen: Darlegung des lernzielorientierten „roten Fadens“
4.6.1 Unterrichtseinheit 1-2
4.6.2 Unterrichtseinheit 3-4
4.6.3 Unterrichtseinheit 5-6
5 Evaluation der Unterrichtssequenz
5.1 Allgemeine Überlegungen und Erkenntnisinteresse der Evaluation
5.2 Evaluationsleitende Fragestellungen und passende Evaluationsaufgaben
5.2.1 Microsoft Forms Evaluation 1
5.2.2 Zielwurfevaluation 1
5.2.3 Microsoft Forms Evaluation 2
5.2.4 Zielscheibenevaluation
5.2.5 Zielwurfevaluation 2
5.2.6 Abschlussfeedback
5.3 Zugang zur Evaluation
5.3.1 Materialien, Mittel und Quellen der Informationsgewinnung (Datenerhebung)
5.3.2 Vorgehen zur Datenaufbereitung und Auswertung der Informationen
6 Ergebnisdarstellung: Auswertung der Evaluation
6.1 Evaluation 1
6.2 Evaluation 2
6.3 Evaluation 3
6.4 Evaluation 4
6.5 Evaluation 5
6.6 Evaluation 6
7 Diskussion der Evaluationsergebnisse im Kontext der Unterrichtsplanung
7.1 Evaluation 1 und 3
7.2 Evaluation 2 und 5
7.3 Evaluation 4
7.4 Evaluation 6
8 Perspektiven und Ausblick
9 Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abstract
Der Bewegungsgegenstand Badminton ist im Lehrplan unter der Sportspielkategorie der Rückschlagspiele eingeordnet und lässt sich aufgrund seiner Vielseitigkeit in Kombination mit verschiedenen Themenfeldern der Sozialwissenschaften im Sportunterricht thematisieren. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Emotionen in Drucksituationen in Zusammenhang mit der Sportart Badminton. Dabei werden insbesondere Strategien zur Stressbewältigung auf der Ebene der Lebenswelt der SchülerInnen vermittelt. Durch die Planung und Durchführung einer Unterrichtssequenz, in der Bewegungsgegenstand und sozialwissenschaftliche Perspektive zu einem Lerngegenstand zusammengefasst wurden, konnten empirische Daten hinsichtlich dessen Effektivität erhoben werden.
Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass künstlich erzeugte Drucksituationen schwer zu kreieren sind und, dass das Thema der Copingstrategien über einen längeren Zeitraum behandelt werden müsste, um das Gelernte nachhaltig zu festigen. Es wurde festgestellt, dass beispielsweise die Zielsetzungsmethode und die Entspannungsmethode schon nach kurzer Zeit umgesetzt werden konnten und am Ende keine negativen Emotionen in der untersuchten Drucksituation nachgewiesen wurden.
1 Einleitung
Gerade der Sportunterricht ermöglicht die Auseinandersetzung mit verschiedensten fachlichen, methodischen und sozialen Problemstellungen, durch welche besonders durch den Bewegungskontext Kompetenzen aller Art entwickelt werden können. Die Relevanz des Bewegungsgegenstandes ist in seiner Vielseitigkeit und Beliebtheit im Schulsport begründet, durch welchen nicht nur sportartspezifische, sondern auch sportliche und allgemeinpädagogische Kompetenzen entwickelt und gefördert werden können. Darunter fällt vor allem der Umgang mit den eigenen sport- und schulbezogenen Emotionen. Durch den Lerngegenstand, welcher die Auseinandersetzung mit verschiedenen psychologischen Mechanismen zur Stressbewältigung in Drucksituationen, sogenannten Copingstrategien forciert, werden die SchülerInnen im Erkennen und Bewerten der eignen Emotionen sensibilisiert und im Umgang mit diesen geschult.
Einerseits liegt das Ziel dieser Arbeit die sportartbezogenen Grundlagen zu vermitteln und anderseits eine Einführung in das Thema der Stressbewältigung zu bieten. Aufgrund der zeitlichen Limitation der Unterrichtssequenz kann der Anspruch nicht in der vollendeten Vermittlung der Strategien liegen. Vielmehr soll durch kompakte Inputs eine Basis für eine selbständige vertiefende Auseinandersetzung mit der Materie geschaffen werden.
Um dies zu erreichen wurde eine fundierte Unterrichtssequenz zu drei Doppeleinheiten, aufbauend auf die sportartbezogene und sozialwissenschaftliche Literatur und dem aktuellen Forschungsstand, geschaffen. Die erfolgreiche Umsetzung dieser wird mithilfe umfangreicher empirischer Evaluationsinstrumente, analysiert und interpretiert. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und ein Ausblick auf mögliche anknüpfende Forschungsfragen.
2 Der Bewegungsgegenstand
Unter Badminton ist das Leistungssportäquivalent zum populären Hobbysport im eigenen Garten, Federball, zu verstehen. Während in mehreren asiatischen Ländern Badminton als Sportart spätestens seit der Einführung 1992 (Oehlert, 2015) als olympische Disziplin vergleichbare Popularitätswerte wie hierzulande Fußball genießt, fristet der Sport im deutschsprachigen Raum eher ein Dasein als Randsportart. Nichtsdestotrotz hat die Sportart seinen Einzug in den österreichischen Schulsport, insbesondere aufgrund seiner Vielseitigkeit, längst begonnen. Die folgenden Kapitel erläutern die Entwicklung der Sportart, Unterschiede zwischen der professionellen Leistungssportart Badminton und der Hobbyvariante Federball, beschreibt die Charakteristika des Spiels insbesondere der Lauf- und Schlagtechnik sowie das Regelwerk, um letztendlich die Gründe für die besonders im Schulsport hohe Popularität der Sportart zu analysieren.
2.1 Entwicklung des Bewegungsgegenstandes
Die Geschichte des Badmintons wurde in Adams‘ (1980) The Badminton Story umfangreich dokumentiert: die Ursprünge der Sportart liegen in verschiedensten Varianten des Federballspiels, damals auch bekannt unter Shuttlecock (heute der Name des Federballs selbst), Battledore oder Jeu de Volant. Bereits vor mehr als 2000 Jahren wurde in Südostasien, dem indischen Subkontinent oder auch Lateinamerika sowie Griechenland eine Spielform mit Schlägern und Bällen aus Federn zur Freizeitgestaltung genutzt. Auch im Mittelalter und der Neuzeit fanden frühe Formen des Badmintons an europäischen Adelshöfen statt. Im Unterschied zur heutigen Sportart war das Ziel der damaligen Freizeitbeschäftigung möglichst lange Ballwechsel zu kreieren. Es gab weder ein festgelegtes Spielfeld noch ein Netz, über welches gespielt wurde. Die heutige Form des Federballspiels ist nach wie vor so aufgebaut und hat dasselbe Ziel.
Die Bezeichnung „Badminton“ wurde von der Residenz des Herzoges von Beauford, dem „Badminton House“ übernommen. Dort wurden Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals Regeln für die Sportart entwickelt. Während Badminton abseits von Europa nach wie vor hauptsächlich als Freizeitbeschäftigung diente, entwickelte sich die Sportart besonders in England, mit der
Weiterentwicklung und Verschriftlichung des Regelwerks sowie der Gründung von eigenen BadmintonClubs rasant weiter. Da diese zu Beginn sehr unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich des Regelwerks hatten, gestalteten sich Wettbewerbe schwierig. Erst mit der Gründung der „Badminton Association“ 1893 in Southsea, Südengland und der Einigung auf einheitliche Regeln, begann der Siegeszug der Sportart in Europa und Nordamerika. 1934 wurde die International Badminton Federation (IBF) gegründet, 1949 fand der erste „Thomas Cup“ (internationales Turnier der Männer) und 1957 der erste „Uber Cup“ (internationales Turnier der Frauen) statt. Auch in Asien (besonders Malaysia, Indonesien und China) hatte sich die Sportart zu diesem Zeitpunkt bereits professionell entwickelt. 1979 fand das erste professionelle offene Turnier in London statt (Adams, 1980). Seit den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona ist Badminton eine olympische Disziplin (Oehlert, 2015), die aktuelle Form des Reglements besteht seit 2006 (Andrey, 2013).
2.2 Erweiterte Sachstrukturanalyse des Bewegungsgegenstands
Hales (1990, zitiert nach Welch & Ericson, 1991) verglich Badminton mit Tennis hinsichtlich verschiedener Parameter wie Spieldauer, Anzahl der Schläge pro Ballwechsel, zurückgelegter Distanz der Spieler oder der tatsächlichen Zeit, welche der Ball im Spiel war. Hales schlussfolgerte, dass Badminton wesentlich anspruchsvoller war als Tennis und zu Unrecht in dessen Schatten verweile. Die geringeren Popularitätswerte, sowohl in der Gesellschaft als auch im Sportunterricht sind mitunter darauf zurückzuführen, dass viele den Sport lediglich mit dem langsamen und unaufregenden Freizeitspiel Federball assoziieren und Badminton als Leistungssport gar nicht bekannt ist (Welch & Ericson, 1991). Insbesondere die Versatilität der Schlag- Laufbewegungen sowie das verhältnismäßig geringe Verletzungsrisiko (Rutledge, 1955) aufgrund des geringen Kontakts mit dem Gegner sowie dem leichten Equipment sprechen für den Sport (Welch & Ericson, 1991). Auch die Tatsache, dass ein immenser Lernfortschritt, im Gegensatz zu anderen Sportarten, bereits nach wenigen Lerneinheiten möglich ist (ebd.; Day, 1963; Rutledge, 1955) untermauert die Relevanz von Badminton.
2.2.1 Kategorische Einordnung des Bewegungsgegenstandes
Um kompetenzorientiert unterrichten zu können ist es lt. Schröter (2016, zitiert nach Ratzmann & Amesberger, 2019) unabdingbar den curricularen Bewegungsgegenstand zu klären. Im Curriculum für das Unterrichtsfach Bewegung und Sport (RIS, 2021a) fällt Badminton in die Kategorie Rückschlagspiele. Auch in Döblers (1964) Unterteilung der bekanntesten Sportspiele: (a) Tor-, Mal- und Korbspiele (sämtliche Mannschafts- und Kampfspiele) mit und ohne Körperbehinderung, (b) Schlagballoder Abwurfspiele (weitere Mannschaftsspiele), (c) Ziel und Treibspiele und (d) Rückschlagspiele mit Einzel-, Doppel-, oder Mannschaftsmodus, fällt Badminton unter die Kategorie Rückschlagspiele (vgl. Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Systematik der bekanntesten Sportspiele (Döbler, 1964, S. 223)
Bei Mitchell, Oslin & Griffin (2006) nennt sich die Kategorie „Net/Wall“ Games wobei zwischen Spielen mit und ohne Schläger differenziert wird. Weyers, Müller & Lemke (2014) unterscheiden Rückschlagspiele ebenfalls als eigene Sportartengruppe von den großen Sportspielen, da diese einerseits das individuelle, eigenverantwortliche Tun fördern, aber auch die Kooperation mit dem Gegner (als Spielpartner) für ein funktionierendes Spiel notwendig ist. Aufgrund dessen wird in diesem Zusammenhang mittlerweile auch der Begriff Partnerspiele stellvertretend verwendet.
Die Schlüsselparameter für die Definition des Bewegungsgegenstandes setzen sich aus EinKontakt-Spiel mit Schläger über ein Netz und einem festgelegten Spielfeld mit räumlicher Trennung vom Gegenspieler, wahlweise im Einzel- oder Doppelmodus, zusammen. Das Ziel liegt darin, den Ball (Shuttlecock) über das Netz so in das gegnerische Feld zu spielen, dass dieser nicht mehr regelkonform zurückgespielt werden kann (Stöber, 2005, zitiert nach Oehlert, 2015).
Besonders gefordert sind beim Badminton koordinative Fähigkeiten, Auge-Hand-Koordination sowie die Wahrnehmungsfähigkeit (Weyers, Müller & Lemke, 2014). Um den vielfältigen Herausforderungen im Spiel gewachsen zu sein, sollte der Umgang mit den Koordinationsbausteinen nach Roth, Kröger & Memmert (2000, zitiert nach ebd.) gegeben sein: (a) Zeitdruck, (b) Präzisionsdruck, (c) Komplexitätsdruck (Bewältigung von Aufgaben sukzessiv), (d) Organisationsdruck (Bewältigung von Aufgaben simultan), (e) Variabilitätsdruck (wechselnde Bedingungen) und (f) Belastungsdruck (Psyche). Als besonders wichtig wird die „situationsadäquate Anwendung der taktischen Fähigkeiten sowie der technisch-taktischen Fertigkeiten in komplexen Spielhandlungen“ (ebd.), der Spielfähigkeit erachtet. Hinsichtlich der Wahrnehmungsfähigkeiten sind Timing, Orientierung im Raum oder peripheres Sehen besonders zentral beim Badminton. Laut curricularer Verordnung sind in Verbindung mit Rückschlagspielen vor allem die motorischen Fertigkeiten zu schulen (RIS, 2021).
2.3 Themen und Inhalte des Bewegungsgegenstands
2.3.1 Bewegungsdialog
Funke-Wienecke (2007, zitiert nach Ratzmann & Amesberger, 2019, S. 17) bezeichnet den Bewegungsdialog als „Sich-Bewegen im Zusammenspiel von Mensch und Umwelt“ und bezieht sich auf die Wirkungsmechanismen zwischen SchülerInnen und einem Bewegungsgegenstand. Darunter werden beispielsweise unmittelbare ästhetische Empfindungen, Wahrnehmungen und Erfahrungen, etwaige Bewegungsprobleme, spürbare und materiale Erfahrungen, Qualitäten des Bewegungserlebens, Gefühle oder Wert- bzw. Bedeutungszuschreibungen verstanden. Nach Funke-Wienecke (2010) kann der Bewegungsdialog zwischen Mensch und Umwelt auch als Frage - Antwort Beziehung verstanden werden, wodurch das Individuum mit einer Bewegung auf die Umwelt einwirkt und danach die
Auswirkungen dieser erfährt. Diese Beziehung ist jedoch nicht in sich abgeschlossen, da auf jede Antwort erneut eine Bewegung folgt, die wiederum Auswirkungen mit sich bringt. Betrachtet man nun diese Beziehung zwischen Mensch und Umwelt fällt auf, dass in der Realität ein komplexeres Beziehungsgefüge besteht, da mehrere Beziehungen in Wechselwirkung zueinanderstehen. Wie diese Parameter im Badmintonsport auf die SchülerInnen wirken, wird nun näher beschrieben.
Die SchülerInnen spüren beispielsweise, wie der Griff des Schlägers beschaffen ist, und wie sich der Schläger in der Hand bzw. bei verschiedenen Schlägen anfühlt. Sie nehmen die Beschaffenheit des Bodenbelags und die Reibung zwischen Schuh/Fuß bei schnellen Stop and Go Bewegungen wahr. Sie erfahren die unterschiedlichen Flugkurven des Shuttlecocks wenn dieser gut/schlecht, von oben/unten oder mit der Vorhand/Rückhand getroffen wird. Die SchülerInnen nehmen wahr, wie viel Kraft notwendig ist, um den Shuttlecock über das Netz zu spielen, sie lernen ihre koordinativen, konditionellen und mentalen Grenzen kennen und setzen sich mit ihren Gefühlen im Zusammenhang mit Sieg oder Niederlage auseinander. Hierbei bestehen Beziehungen beispielsweise zwischen der spielenden Person und dem Badmintonschläger, sowie dem Badmintonschläger und dem Badmintonball. Die Füße interagieren mit dem Belag des Hallenbodens. Insgesamt besteht auch eine Mensch - Mensch Beziehung zum Gegenspieler, da dieser als Teil der Umwelt maßgeblich an den Auswirkungen der Bewegungen beteiligt ist.
2.3.2 Bewegungsbeziehungen
Die Grundidee von Bewegungsbeziehungen im Zusammenhang mit sportlichem Handeln liegt im „gemeinsamen bewegen“ (Häusermann, 2018, zitiert nach Ratzmann & Amesberger, 2019). Demnach gehen SchülerInnen einen Dialog miteinander über Bewegungen ein (Weichert, 1997, zitiert nach ebd.), durch den ein gemeinsames Handeln ermöglicht wird. Dieser Dialog ist nicht von sprachlicher Natur, sondern bezieht sich rein auf die Beziehung zwischen den Bewegungen der Beteiligten. Häusermann (2018, zitiert nach ebd.) unterscheidet zwischen vier Formen von Bewegungsbeziehungen: (a) subsidiäre Bewegungsbeziehungen (Unterstützer- zu Unterstützender Beziehung), (b) koexistente Bewegungsbeziehungen (Bewegung nebeneinander, annähernd kontakt- und interaktionslos), (c) koaktive Bewegungsbeziehungen (Bewegung miteinander, Gestaltung eines gemeinsamen Bewegungsproduktes mit hohem Freiheitsgrad) und (d) kooperative Bewegungsbeziehungen (Bewegung miteinander, Gestaltung eines gemeinsamen Bewegungsproduktes mit hoher Verbindlichkeit und Abstimmung). Badminton könnte hier am ehesten in die Kategorie (c) eingeordnet werden, da ein Spiel nur mit gewisser Kooperation funktioniert und die Regeln des Spiels befolgt werden müssen. Jedoch ist der Grad der Abstimmung (zumindest im Einzel), da beide Beteiligten gegeneinander arbeiten, eher gering. Da jedoch diese Klassifizierung nur bedingt passend ist wird im Folgenden auch eine weitere Unterteilung (Sherborne, 1998; Welsche, 2018; in ebd.) genannt: (a) Bewegungsbeziehungen als Caring - Füreinander (Z.B. Hilfestellung beim Turnen, hohes Zustellen vor dem Volleyballangriffsschlag), (b) Bewegungsbeziehungen als Shared - Miteinander (Z.B. mannschaftsinterne Kooperation) und (c) Bewegungsbeziehungen als Against - Gegeneinander (Z.B. zwischen zwei konkurrierenden Mannschaften). Badminton fällt hier sowohl unter die Kategorie Shared - Miteinander (Zusammenarbeit im Team beim Doppel oder Mixed) aber auch unter Against - Gegeneinander, aufgrund des Ziels, den Gegner durch Punktegewinn zu besiegen.
Funke-Wienecke (1997, zitiert nach ebd.) nennt weitere Unterscheidungen von Beziehungsmustern, welche allesamt in einem Kontinuum zu betrachten sind: (a) dem Bewegungsmuster (Wie sind die Bewegungshandlungen zwischen kooperativ und konkurrierend einzustufen?), (b) der Form des Kontakts (von direkt bis indirekt) und (c) der Wirkungsrichtung des Bewegens (von gleichgerichtet wie etwa beim Tanz bis ursächlich auf den anderen bezogen wie bei Kampfsportarten). Da bei der Sportart Badminton durch das Netz eine Trennung der Spielhälften vorliegt und das Regelwerk eine Übertretung dieser während des Ballwechsels untersagt, kann Badminton eindeutig als Spielform mit indirektem Kontakt bezeichnet werden. Andererseits wird im Doppel- und Mixedmodus mit PartnerIn gespielt, wodurch Kontakt zwar nicht forciert wird aber durchaus passieren kann. Hinsichtlich der Wirkungsrichtung des Bewegens sind alle Ballkontakte ursächlich auf den vorhergehenden Kontakt des Gegners bezogen. Schwierig gestaltet sich die Einordung des Bewegungsmusters, da einerseits die Bewegungshandlungen in Konkurrenz zu denen des Gegners stehen, andererseits wird im Falle eines
Doppel- oder Mixedspiels mit dem/der PartnerIn kooperiert. In gewisser Weise ist ein erfolgreiches Spiel jedoch nur möglich, wenn sich beide Parteien regelkonform verhalten und aber gleichzeitig das Ziel haben zu gewinnen. Wenn Letzteres nicht zuträfe, könnte beispielsweise eine Partei mit Absicht Fehler herbeiführen und so den Spielfluss erheblich stören.
2.4 Welche Kompetenzen lassen sich am Bewegungsgegenstand erschließen?
Wie bereits in Kapitel 2.2.1 eingeleitet, fällt Badminton in die Sportspielkategorie Rückschlagspiele. Im Lehrplan der AHS (RIS, 2021a) wird Badminton auch unter dieser Kategorie geführt und im Lehrstoff des 5. Semesters unter Kompetenzmodul 5 erwähnt. Im Bereich Fachkompetenz - motorische Fähigkeiten besteht die Lehraufgabe für die SchülerInnen darin, an einem Rückschlagspiel erfolgreich teilzunehmen. Im Bereich Methodenkompetenz sollen die SchülerInnen „Aufgaben in der Spielleitung und in der Durchführung von Rückschlagspielen übernehmen und reflektieren“ bzw. „unterschiedliche Bewegungshandlungen (Sportarten/Trainingsmethoden/Übungen) hinsichtlich ihrer Gesundheitsrelevanz beurteilen“ und „das vorherrschende Risikopotential bei alternativen Formen des Boden- und Gerätturnens und bei Rückschlagspielen benennen, sowie Sicherheitsanforderungen erfüllen“ (ebd., S. 16). Unter dem Punkt Lehrstoff, wird im Bereich Fachkompetenz - motorische Fertigkeiten das Erlernen von „Service-, Verteidigungs- und Angriffstechniken; Spielsysteme; Regelkenntnis, Schiedsrichtertätigkeit“ (ebd., S. 17) eines Rückschlagspiels (z.B. Badminton) erwähnt. Im Bereich Methodenkompetenz sollen“ unterschiedliche Übungsformen; Variation[en] der Bewegungsausführung; Veränderung[en] der äußeren Bedingungen; Kombination[en] von Bewegungsfertigkeiten“ (ebd., S. 17) erlernt werden, bzw. „Aufgaben in der Spielleitung in der Durchführung von Rückschlagspielen; Schiedsrichtertätigkeit durch SchülerInnen; Zählweisen; Turnierformen; Turnierleitung; Auswertung“ (ebd., S.17) übernommen und erlernt werden. Besonders relevant sind auch folgende Punkte: „Gesundheitsorientiertes Ausführen von Sportarten und Bewegungsformen, Vermeidung von nicht funktionellen Übungen“ (ebd., S.17) hinsichtlich des Aspektes Gesundheit und im Bereich
Selbstkompetenz „[...] Beschreibung von Zielen; Anstrengungsbereitschaft; Zielüberprüfung; Umgang mit Erfolg und Misserfolg; Entwickeln von persönlichen Lernwegen zur Zielerreichung“ (ebd., S. 17).
Im Lehrplan der Mittelschulen (RIS, 2021b) werden die Rückschlagspiele namentlich nicht erwähnt, sondern zusammen mit den großen Sportspielen unter dem Begriff Sportspiele in einer Kategorie zusammengefasst. Beispielsweise sollen die SchülerInnen „Wettkämpfe (und deren Vorformen) in den verschiedensten Sportarten und Sportspielen bestreiten [.] leisten und Wettkämpfen [sic!] unter den Aspekten Leistungswille, Fairness und Umgang mit Sieg und Niederlage; Leistungsgrenzen erfahren, respektieren und durch eigenständiges Lernen und Üben verschieben“ (ebd., S.139). Der Lehrstoff im Kernbereich Grundlagen zum Bewegungshandeln sieht die Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten, Reaktionsfähigkeit, Differenzierungsfähigkeit, Raumwahrnehmung und Orientierung vor, ebenso die Ökonomisierung des eigenen Bewegungsverhaltens und der Bewegungsqualität. Im Bereich spielerische Bewegungshandlungen wird die Entwicklung und Verbesserung der Spielfähigkeit, eines Regelbewusstseins und sportartspezifischer Grundtechniken genannt.
All diese Bereiche beziehen sich entweder direkt auf die Sportspielkategorie Rückschlagspiele (AHS) oder auf die Sportspiele generell (MS). Darüber hinaus werden im Lehrplan (ebd.) mehrere Kompetenzen erwähnt, welche durch sehr viele Sportarten entwickelt werden können, jedoch nicht spezifisch durch die Rückschlagspiele (und damit Badminton) gelehrt werden müssen.
3 Fachwissenschaftliche Perspektiven auf den Bewegungsgegenstand
In diesem Kapitel werden die wichtigsten fachwissenschaftlichen Begriffe dieser Arbeit definiert und ihre Relevanz für das Thema beschrieben. Zuerst wird auf Drucksituationen und Stress im Allgemeinen eingegangen und im Anschluss werden Theorien und Konzepte zur Stressbewältigung (Coping) vorgestellt. Dazu wurden vier Methoden ausgewählt, welche sowohl zur kurzfristigen aber auch zur längerfristigen Stressreduktion beitragen sollen. Während dieses Kapitel den grundlegenden theoretischen Hintergrund behandelt, finden sich Informationen zur konkreten Durchführung der Copingstrategien im Kapitel 4.6.
Im zweiten Abschnitt wird die Relevanz dieses Themas für die Schule und den Alltag der SchülerInnen genauer erläutert. Dabei wird vor allem auf den Lehrplan der AHS (RIS, 2021a) Bezug genommen.
Abschließend werden bereits vorhandene Studien zum Thema vorgestellt und in Verbindung mit der Thematik gesetzt.
3.1 Fachwissenschaftliche Bestimmung: Theorien, Begriffe, Definitionen
Im Folgenden wird erläutert, wie es zu Drucksituationen aus Sicht einer sporttreibenden Person kommt und inwiefern dies mit Stress in Verbindung steht. Weiters wird beschrieben, warum es wichtig ist, Stress gezielt abbauen zu können und Strategien dazu vorgestellt. Konkret wird auf die Zielsetzungsmethode, das Embodiment, das Self-handicapping und Entspannungsmethoden in Form von Atementspannung eingegangen.
3.1.1 Drucksituationen
Es gibt verschiedene Faktoren warum SportlerInnen in gewissen Situationen mehr Druck empfinden als in anderen. Diese sind aber individuell und treffen nicht auf jede Person im gleichen Ausmaß zu (Mayer & Söhnlein, 2021).
Genauso ist es von Person zu Person unterschiedlich, wie sie sich in Drucksituationen verhält. Während manche zu ihrer Höchstform auflaufen können, scheinen andere die Grundlagen ihrer Sportart verlernt zu haben. Doch auch ein weniger auffallender Leistungsverlust kann durch mangelnde
Kompetenz im Umgang mit Drucksituationen erklärt werden. In diesem Fall könnte eine schlechte Tagesverfassung oder Pech als Grund für eine unzureichende Leistung genannt werden (Jekauc & Weng, 2011).
In der Literatur werden kaum konkrete Situationen genannt, in denen es zwangsläufig dazu kommt, dass eine Situation als Drucksituation empfunden. Der Grund dafür ist wohl wieder, dass dies stark vom Individuum abhängig ist. Dies wird jedoch unter dem Thema Stress (Kapitel 3.1.2) genauer erklärt. Allerdings gibt es sehr wohl Situationen, die tendenziell mehr Druck für SportlerInnen auslösen als andere.
Meistens kommt es in Wettkampfsituationen zu einem Druckempfinden. SportlerInnen verbringen sehr viel Zeit und Energie damit, sich sowohl physisch als auch psychisch auf diese Situationen vorzubereiten. Es bleiben dann je nach Sportart nur wenige Sekunden bis mehrere Stunden, um das Erlernte abzurufen. Oft gibt es auch im Nachhinein über einen längeren Zeitraum keine Möglichkeiten eine schlechte Leistung auszubessern. Das Abschneiden bei Wettkämpfen nimmt im Regelfall Einfluss auf die weiterführende sportliche Laufbahn und wird dadurch als wichtig erachtet. Dies führt grundsätzlich zu psychischem Druck, der allerdings wiederrum von verschiedenen AthletInnen unterschiedlich wahrgenommen wird (Mayer & Söhnlein, 2021).
Den Wettbewerb betreffende Stressauslöser (Stressoren) können unterschieden werden in jene, die unmittelbar mit dem Wettkampf in Verbindung stehen (Competitive Stressors) und jene die mit den organisatorischen Abläufen verbunden sind (Organizational Stressors). Competitive Stressors betreffen zum Beispiel die körperliche Vorbereitung (Training), die Stärke des Gegners oder die eigenen Leistungserwartungen an sich selbst. Organizational Stressors können zum Beispiel durch ein schlechtes Mannschaftsklima, eine mühsame Anreise zum Wettbewerb oder besondere Bedeutung eines Turniers intensiviert werden. Je näher der Wettkampf rückt, desto mehr stehen tendenziell die wettkampfbezogenen Stressoren im Vordergrund. Diese sind zwar auch von Person zu Person unterschiedlich, haben aber eine weniger hohe Diversität als organisatorische Stressoren (Fritsch & Latinjak, 2019).
Weiters kann auch ein erhöhtes mediales Interesse zu einer Steigerung des Druckempfindens führen. Da die Medienaufmerksamkeit nicht nur während dem Wettkampf, sondern insbesondere davor und danach vorhanden ist, kann dadurch auch das Gefühl von Druck über einen längeren Zeitraum hinweg erhöht werden. Auch die Zuschauer vor Ort können zu einer Stresssituation für den Sportler führen. So können zum Beispiel gegnerische Fans durch abfällige Bemerkungen den Sportler von seiner eigentlichen Tätigkeit ablenken. Aber auch die Erwartungshaltung der eigenen Fans kann zu einer Angst, diese zu enttäuschen führen. Darüber hinaus kann ein verändertes Umfeld (z.B. ein Auswärtsspiel) beim Sportler bzw. bei der Sportlerin ein Grund für Verunsicherung sein (Mayer & Söhnlein, 2021).
3.1.2 Stress
Drucksituationen sind unmittelbar mit Stress verbunden. Insbesondere kann nach Fritsch & Latinjak (2019) der wahrgenommene Druck, gewinnen zu müssen, zu einer Stresssituation führen. Aus diesem Grund soll auch der Begriff Stress im Folgenden genauer erläutert werden. Es werden sowohl die Gründe vorgestellt, warum gewisse Situationen zu Stress führen können, aber auch wie Stressreaktionen ablaufen und warum es wichtig ist, sich aktiv mit Strategien zur Stressbewältigung zu befassen.
Im Alltag wird der Begriff Stress zumeist negativ assoziiert. Seine wissenschaftliche Verwendung ist hingegen neutraler und hat seine Wurzeln in den Naturwissenschaften. So bezeichneten Forscher alle Belastungsfaktoren, die auf einen lebenden Organismus einwirken können als Stress. Auch der im Alltag geläufige Stress wird durch äußere Faktoren (Stressoren), die auf unsere Psyche einwirken ausgelöst. Situationen, die eine Stressreaktion auslösen, nennt man Stresssituationen. Ob eine Situation als Stresssituation wahrgenommen wird, ist sehr individuell (Wollsching-Strobel & Sternecker, 2012).
Brand (2010) beschreibt nach Lazarus (1984) Stress als eine transaktionale Beziehung zwischen der betroffenen Person und ihrer Umwelt. Dabei spielen die subjektive Bewertung der Situation und die zur Verfügung stehenden Bewältigungsstrategien (Copingstrategien) eine zentrale Rolle. In einer primären Abschätzung wird beurteilt, ob die Situation einen selbstwertbedrohlichen Charakter haben kann. In der sekundären Abschätzung werden die eigenen Bewältigungsfähigkeiten eingeschätzt. Stress entsteht dann, wenn die wahrgenommene Anforderung so eingeschätzt wird, dass sie mit den eigenen
Fähigkeiten nicht bewältigt werden kann. Nach Wollsching-Strobel & Sternecker (2012) entsteht Stress „[...] im Zusammenspiel zwischen objektiven Anforderungen einer Situation und der individuellen Einschätzung von zur Verfügung stehenden Ressourcen und Bewältigungsmöglichkeiten. Nicht allein unsere Lebensumstände produzieren demnach unseren Stress, sondern auch wir selbst.“
Eine Stresssituation löst Stressreaktionen aus, diese sind genetisch bedingt und somit bei jedem Menschen gleich. Der ursprüngliche Sinn dieser physiologischen Veränderung war, angemessen auf Gefahren zu reagieren, um zum Beispiel eine Fluchtreaktion einzuleiten. Dieses ursprüngliche Notfallprogramm kann in 3 Phasen unterteilt werden:
1. Alarmreaktion im Moment des Auftretens eines Stressors
2. Anpassung auf die durchzuführende Aktivität
3. Erschöpfungsphase, nachdem die Stresssituation vorüber ist oder Erschöpfung eintritt. (ebd.)
Stress kann sowohl kurzfristige, aber auch, wenn dieser chronisch ist, längerfristige körperliche, kognitiv-emotionale und verhaltensbezogene Auswirkungen haben. Hier wird jedoch nur auf die akuten Anzeichen für Stress eingegangen.
- Körperliche Ebene: vermehrtes Schwitzen, zittrige Hände, erhöhter Puls und Blutdruck, unruhiger Atem, muskuläre Verspannung, Adrenalin, erhöhte Kortisolausschüttung, etc.
- Kognitiv - emotionale Ebene: Gereiztheit, Wut, Ungeduld, Konzentrationsprobleme, eingeengte Wahrnehmung, negatives Denken, Empfindlichkeit gegen Kritik, etc.
- Verhaltensbezogene Ebene: Überaktivität, Ticks (z.B. mit den Fingern trommeln oder mit den Beinen wippen), erhöhte Fehleranfälligkeit, etc. (ebd.; Gerber, 2020)
Jedoch ist Stress nicht automatisch etwas Schlechtes, sondern kann unter bestimmten Umständen auch dazu verhelfen, mehr Leistung als in einem entspannten Zustand abzurufen. Wichtig ist aber, dass man Strategien hat, um die positiven Effekte (Adrenalin, erhöhte Aktivität) zu nützen und negative so weit wie möglich zu vermeiden. Außerdem sollte man Stress gezielt abbauen können, da chronischer Stress negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann (ebd.).
3.1.3 Coping
Strategien, die zur Bewältigung von Stresssituationen helfen sollen, können mit dem Begriff Coping zusammengefasst werden. Copingstrategien können sowohl, kognitive, affektive oder auf das Verhalten bezogene Prozesse sein (Ehrlenspiel & Mesagno, 2020). Die persönliche Kompetenz im Umgang mit Copingstrategien ist unmittelbar damit verbunden, inwiefern Situationen als Stressoren aufgefasst werden. Aus diesem Grund ist es für das persönliche Wohlbefinden von Bedeutung, gewisse Copingstrategien situationsgerecht und effektiv anwenden zu können (Fritsch & Latinjak, 2019). Coping zielt nicht nur darauf ab, Stress zu reduzieren, sondern soll auch helfen Stressreaktionen produktiv zur Bewältigung von Aufgaben einzusetzen (Hanin, 2007).
Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Copingstrategien, wobei auch persönliche Präferenzen eine Rolle dabei spielen, welche davon tatsächlich angewandt werden (Fritsch & Latinjak, 2019). Nach Wollsching-Strobel & Sternecker (2012, zitiert nach Reschke, 2002, S. 90) ist es bis heute ... offen, welche dieser Strategien in welchen Situationen von welchen Personen am effektivsten zur Stressbewältigung eingesetzt werden können. Eine allgemein effektive Standardstrategie der Stressbewältigung wird es nicht geben, da die interindividuellen Unterschiede der Person und Anforderungen zu groß sind (S. 126).
Zumeist werden mit Coping bewusste Prozesse assoziiert allerding laufen Prozesse zur Stressbewältigung auch unbewusst ab. Die Abgrenzung dieser beiden Bereiche kann nicht eindeutig festgelegt werden (Fritsch & Latinjak, 2019).
Eine ursprüngliche Klassifizierung in problemorientierte und emotionsorientierte Copingstrategien geht auf Lazarus (1984, zitiert nach ebd.) zurück. Bei den problemorientierten Ansätzen wird in der Regel versucht, die Stresssituation zu verändern. Zum Beispiel könnte man Trainingsschwerpunkte auf die eigenen Schwächen legen, um gewisse Situationen im Wettkampf erfolgreicher zu bewältigen. Bei den emotionsorientierten Copingstrategien hingegen versucht man die eigene Psyche zu stärken, um negative Einflüsse von Stressoren zu reduzieren. Beispielsweise Entspannungsübungen aber auch andere Formen von Mentaltraining fallen in diese Kategorie (ebd.; Ehrlenspiel & Mesagno, 2020).
Problemorientiertes Coping soll vor allem dann hilfreich sein, wenn die Situation von der Person selbst kontrolliert werden kann. Ist dies jedoch nicht der Fall, so empfehlen Fritsch und Latinjak (2019) vermehrt auf emotionsorientiertes Coping zu setzen. Wichtiger als welche Art von Coping angewandt wird, ist aber wie gut eine Copingmethode beherrscht wird. Werden gewisse Strategien in speziellen Situationen automatisiert, so gilt dies als sehr erfolgsversprechend. Auch ein hohes Maß an Selbstvertrauen gilt als Indikator für gute Stressresistenz. Mentales Training und geplante Zielsetzungen können dies unterstützen (ebd.).
Roth und Cohen (1986) hingegen unterscheiden zwischen avoid (vermeiden) und approach (angehen) Strategien. Beim vermeidenden Zugang wird versucht Stresssituationen auszuweichen. Zum Beispiel könnten Wettkampfsituationen vermieden werden, jedoch ist dies nur bedingt zielführend. Bei der approach Strategie hingegen wird versucht sich der Stresssituation aktiv zu stellen und diese zu bewältigen (Nicholls, Taylor, Carroll & Perry, 2016). Beide Strategien können kurzfristig gleichermaßen wirksam sein. Längerfristig gibt es jedoch einen positiven Zusammenhang zwischen allgemeiner Zufriedenheit und aktiven Problemlöseansätzen und einen negativen Zusammenhang mit vermeidenden Strategien (Fritsch & Latinjak, 2019).
Da es bei beiden Einteilungen Überschneidungen gibt und Kritik geäußert wurde, hat Connor Smith (2000) versucht drei sportspezifische Kategorien aufzustellen: task - oriented, distraction - oriented und disengagement - oriented. Bei der ersten Methode wird versucht den Stressor zu beseitigen. Ein Beispiel wäre hier spezielles Training oder gute Vorbereitung (Zielsetzung). Die distraction oriented Methode versucht durch mentale Prozesse die Stressreaktion zu vermindern. Dies ist unter anderem mittels Entspannungsmethoden möglich. Bei der disengagement Methode wird das Handlungsziel herabgesetzt oder als unwichtig erklärt und nicht mehr verfolgt. Es können dafür auch andere Gründe vorgeschoben werden, zum Beispiel Müdigkeit vor einem Wettkampf, die aus einem schlechten Schlaf resultiert. Auch minderwertiges Material (schlechter Schläger) kann eine Denkweise wie „Ich kann heute sowieso keine gute Leistung bringen.“ unterstützen. Die Copingstrategie des Self - handicapping fällt in diese Kategorie (Nicholls et al., 2016; Ehrlenspiel & Messagno, 2020).
Für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Unterrichtssequenz wurden vier verschiedene Copingstrategien ausgewählt, welche vermittelt werden sollen. Der Grund, warum nicht nur eine Copingstrategie gewählt wurde ist, dass es, wie bereits erwähnt, individuell ist, welche Copingstrategien effektiv angewendet werden können.
Die Copingstrategien der Zielsetzungsmetode, des Embodiments, des Self-handicapping und die der Entspannungsmethode werden im Folgenden genauer erläutert. Es wurden diese vier Methoden ausgewählt, da sie unterschiedliche Herangehensweisen haben. Dadurch sollten möglichst alle Teilnehmer zumindest eine Methode als hilfreich ansehen. Die grundlegenden Dinge dieser Strategien können in wenigen Worten zusammengefasst werden, sodass eine schnelle Umsetzung möglich ist. Ziel dieser Unterrichtssequenz ist nicht, eine Copingstrategie zu perfektionieren, vielmehr soll eine Basis dafür geschaffen werden, dass sich interessierte SchülerInnen selbstständig in diesem Thema vertiefen können.
Embodiment
Es ist allgemein bekannt, dass sich die Stimmungslage auf die Körperhaltung auswirkt. So lässt zum Beispiel ein Fußballspieler nach einem Misserfolg die Schultern hängen und geht mit gesenktem Kopf vom Platz. Der Gewinner hingegen nimmt eine stolze Körperhaltung ein und hat einen fröhlichen Gesichtsausdruck. Meistens kann man nur anhand der Körperhaltung von Sportlern erkennen wer gewonnen und wer verloren hat, beziehungsweise wer mit seiner Leistung zufrieden ist und wer nicht. Es sei denn, es wird bewusst eine bestimmte Körperhaltung eingenommen, welche sich nicht zwangsläufig mit der aktuellen Gefühlslage decken muss. Das Ziel hinter einem solchen Handeln könnte die Umsetzung der Embodiment Methode sein. Diese besagt, dass sich körperliche Zustände wie Körperhaltung, Körperspannung und Ausdruck auf die Psyche auswirken. Ein bekanntes Beispiel ist das Anspannen der Gesichtsmuskulatur, welche beim Lachen aktiviert wird und die Mundwinkel nach oben zieht. Auch wenn kein erfreuliches Ereignis eintritt, verhilft dies zu einer positiveren Grundstimmung (Beckmann & Beckmann-Waldenmayer, 2020).
Da körperliche Zustände willkürlich eingenommen werden können, ist durch diese Methode eine gezielte Modifikation des mentalen Zustandes möglich. Embodiment gilt als Möglichkeit der Selbstregulation. Der Vorteil dieser Technik ist, dass sie einfach, schnell und in vielfältigen Situationen durchführbar ist (ebd.).
Eine auf den ersten Blick widersprüchliche Meinung findet sich in Meier und Storch (2010), wo von einer hohen Körpersensibilität als Grundvoraussetzung gesprochen wird. Es ist insbesondere eine gute Selbstwahrnehmung, Selbstbeschreibung und Selbstdarstellung notwendig. Weiters sind die Autoren der Meinung, dass diese Methode nicht für jede Person geeignet ist.
Aus diesen beiden Aussagen lässt sich jedoch ableiten, dass wenn eine Person die notwendigen Voraussetzungen besitzt, Embodiment eine effektive Methode der Selbstregulation ist. Ein konkretes Beispiel zur Anwendung wäre folgendes:
Beim Ballen der linken Hand wird während der Ausführung eine bilaterale Aktivierung des motorischen Kortex verursacht. Nach der Kontraktion tritt eine reduzierte globale kortikale Aktivität auf. In Folge soll es leichter sein, die für die zu bewältigende Aktivität notwendigen Regionen des Kortex zu aktivieren und störende zu hemmen. Dies wirkt sich in einem entspannteren Zustand aus, bei dem es leichter ist, störende Gedanken zu unterdrücken (Cross-Villasana, Gröpel, Doppelmayr & Beckmann, 2015). Für SchülerInnen kann dies zum Beispiel vor Schularbeiten oder Prüfungen eine wirkungsvolle Methode sein.
Beckmann und Weldenmayer-Beckmann (2013) besagen, dass durch diese Methode nachweislich Versagen in Drucksituationen in mehreren Sportarten vermieden werden kann. Sie verweisen dabei auf zwei Studien (ebd.; Gröpel und Beckmann 2017).
Zielsetzungsmethode
Zielsetzungen können langfristig helfen, Motivation und Anstrengung aufrechtzuerhalten, aber auch diese richtig zu dosieren (Vermeidung von Übertraining). Auch bei der Kontrolle über das auftretende Spannungsfeld zwischen verschiedenen Aufgabenbereichen (z.B. Schule - Sport) können sinnvoll formulierte Zielsetzungen helfen. Dies kann als Stressreduktion angesehen werden (Beckmann & Beckmann-Waldenmayer, 2020; Hänsel, Baumgärtner, Kornmann & Ennigkeit, 2016). Allerdings ist im Rahmen dieser Arbeit mehr die kurzfristige Stressreduktion in einer Drucksituation von Relevanz als jene von dauerhaften Stresszuständen. Die Behandlung dieser Strategie wird damit begründet, dass sie nicht nur langfristig, sondern auch kurzfristig zu einer verbesserten Leistung führen kann. Insbesondere in Drucksituationen soll das Maximum an Leistung hervorgerufen werden können.
Beckmann & Beckmann-Waldenmayer (2020) nennen hier ein anschauliches Beispiel aus der Physiotherapie: Patienten konnten nach einer Schulterverletzung eine um ca. 18% bessere Leistung der Beweglichkeit erbringen, nachdem sie eine ergebnisorientierte Zielsetzung erhalten haben. Die konkrete Handlungsaufforderung war in diesem Fall ein Buch aus einem Regal herunterzunehmen. Als Vergleichswert wurde die Aufgabe, bei geschlossenen Augen den Arm so hoch wie möglich zu heben angeführt. Bedeutsam war auch, dass die gestellte Aufgabe herausfordernd aber nicht überfordernd war. Die Faktoren für eine zielführende Zielsetzung werden in folgender Tabelle veranschaulicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: SMART Prinzip angelehnt an Engbert (2011, zitiert nach Wollsching-Strobel & Sternecker, 2012, S. 270)
Self-handicapping
Beim Self-handicapping werden sich selbst Hindernisse für die Ausführung von Aufgaben in den Weg gelegt. Diese können sowohl Folgen von Handlungen (z.B. zu viel trainiert und darum war man am Wettkampftag nicht leistungsfähig) oder von Inaktivität (z.B. für einen Test nicht lernen) sein. Es gilt zu unterscheiden, dass Self-handicapping eine proaktive Strategie ist und keine Entschuldigung im Nachhinein. Das Verhalten, dass zur Selbstbehinderung führt, findet vor oder während der als wichtig empfundenen Aktivität statt. Oft soll dadurch verhindert werden, dass man bei der Ausführung einer Tätigkeit inkompetent wirkt (Urdan & Midgley, 2001). Dabei ist nicht die Angst vor dem Versagen an sich, sondern die Angst darüber, dass andere Menschen einen schlechten Eindruck bekommen das Motiv des Self-handicappings. Bei Personen, die zur Anwendung dieser Methode neigen, steht die Fremdbewertung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Selbstwertgefühl. Self-handicapping gilt als manipulative Methode mit dem Ziel, die Wahrnehmung von anderen in Bezug auf die eigene Person zu verbessern. Insbesondere dann, wenn man das Gefühl hat, einer Herausforderung und den damit einhergehenden Erwartungen nicht gerecht werden zu können, wird diese Methode vermehrt eingesetzt. Ein weiteres Motiv kann auch die Vermeidung von Verantwortung sein. Wenn der Grund für eine schlechte Leistung beim Handicap liegt, ist man (in den Augen anderer) nicht selbst schuld. Tritt hingegen trotz des Handicaps ein Erfolg auf, so ist dies umso mehr als lobenswert zu erachten (Bangerl, 2017).
Dieses Verhalten kann sehr facettenreich sein, um einige Beispiele anzuführen: Prokrastination, Ausreden, Schüchternheit, übermäßiges Engagement in andere (ablenkende) Aktivitäten oder auch Konsum von Alkohol oder Drogen. Erhöhte Schüchternheit oder Gereiztheit können passive oder zum Teil auch unbewusste Formen sein, während Prokrastination als aktives Self-handicapping gilt (Urdan & Midgley, 2001).
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- Arbeit zitieren
- Axel Kolbeinsson (Autor:in), 2021, Emotionsregulation im Badminton. Copingstrategien in Drucksituationen anwenden können, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1191804
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