Das Problem der Normsetzung in der Pädagogik diversitätsbewusst betrachtet


Hausarbeit, 2020

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Problem der Normsetzung in der Pädagogik

3 Die diversitätsbewusste Perspektive

4 Das Problem der Normsetzung in der Pädagogik diversitätsbewusst betrachtet
4.1 Der Othering Prozess – ein Schatten von Normsetzungen?
4.2 Othering vermeiden – die Konstruktion des „Anderen“ professionell gestaltet

5 Fazit

1 Einleitung

Die Mutter, die ihr fünf Jahre altes Kind in der Straßenbahn stillt, der Junge, der verträumt seine rot lackierten Fingernägel betrachtet und die Person in Anzug, die barfuß unterwegs zum Arbeitsplatz ist. Sie alle haben nicht nur gemeinsam, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit verständnislose, missbilligende oder gar diskriminierende Blicke durch die Öffentlichkeit ernten, sie alle erfahren auch die Bezeichnung als Normbrecher*innen. Wie bunt die Welt und unser Leben sein könnte, wären da nicht die Normen, die einem Vorschriften darüber machen welches Handeln noch im Rahmen, oder besser gesagt in der Norm liegt, und welches nicht, könnte man sich nun denken. Tatsächlich haben Normen die Eigenschaft bzw. Funktion, die individuelle Erlebnisvielfalt auf typisierte Handlungen bzw. Situationen runter zu brechen und somit zu reduzieren. (vgl. Popitz, 2006, S. 65) Normen bzw. Normsetzungen können also in gewissem Sinne als konkurrierend oder gar kontradiktorisch zu Vielfalt oder Diversität gesehen werden, denn sie engen diese gewissermaßen ein.

Doch wo werden diese einengenden Normsetzungen zum Thema bzw. zum Problem? Die Pädagogik als Disziplin scheint dabei eine der vordersten Plätze zu belegen, denn die Pädagogik kommt wie wir sehen werden schlichtweg nicht ohne Normsetzungen aus. Und das nicht nur weil manche Erziehungsziele Normen sind, die tradiert werden sollen. Doch allein diese Tatsache kann schon zur Herausforderung werden: Welche Erziehungsziele sollen gelten und welche Normen sind insofern tradierungswürdig?

„Das Problem der Normsetzung in der Pädagogik“, auch bezeichnet als „das Normativitätsproblem in der Sozialen Arbeit“ ist dementsprechend eine Tatsache die auf ihre langjährige Erforschung zurückblicken kann. So wird die Thematisierung des Normativitätsproblems in der Pädagogik als mal mehr mal weniger präsent beschrieben, das insgesamt jedoch eine Vernachlässigung erfahre. Während die Forschung sich über die Dimensionen des Normativitätsproblems einig zu sein scheint, so wird noch offen diskutiert, „welcher Art eine Wissenschaft Sozialer Arbeit sein muss, um das Normativitätsproblem bearbeiten zu können“. (Oelkers & Feldhaus, 2011, S. 70)

Genau an diese, bis hierhin noch offene Stelle der bisherigen Erkenntnisse über das Problem der Normsetzung in der Pädagogik, soll nun diese Arbeit anschließen, indem danach gefragt wird, inwiefern eine diversitätsbewusste Perspektive für die Bearbeitung des Normativitätsproblems in der Sozialen Arbeit wertvoll sein könnte. Gerade auch im Hinblick auf das bereits erwähnte Konfliktpotenzial zwischen Normen bzw. Normsetzungen und Diversität, scheint eine Auseinandersetzung mit der diversitätsbewussten Perspektive fruchtbares Potenzial aufweisen zu können. Vor diesem Hintergrund soll nun daher folgende Forschungsfrage bearbeitet werden: Wie kann das Problem der Normsetzung in der Pädagogik aus diversitätsbewusster Perspektive bewertet werden, und welche Lösungswege können aus dieser Sicht formuliert werden? Es geht also darum zunächst das Normativitätsproblem der Sozialen Arbeit aus einer ganz bestimmten Perspektive, nämlich der diversitätsbewussten Perspektive zu analysieren, und zwar nicht zuletzt auch deswegen, da meiner Meinung nach die Pädagogik als Profession und Disziplin nicht nur was die Aktualität von Normsetzungen und Normen angeht ganz vorne mit dabei ist, sondern auch im Hinblick auf die Relevanz des Themas Diversität eine Spitzenreiterposition einnimmt. Kaum eine andere Profession bzw. Disziplin scheint derart im Zwiespalt zwischen einerseits einer kaum anderswo in der Gesellschaft zu übertreffenden Heterogenität und Diversität (sowohl im Hinblick auf ihre Aufgabenbereiche als auch auf ihre Adressat*innen), und andererseits der Konfrontation mit dem Anspruch sich an (verallgemeinernden) Normsetzungen zu orientieren bzw. diese aufrecht zu erhalten. Wie dieser Balanceakt überhaupt gelingt, ob er gelingt bzw. wie er (besser) gelingen könnte sind die Fragen, die uns durch die folgende Ausarbeitung führen sollen.

Dabei soll zu Beginn ein solides theoretisches Grundgerüst gelegt werden, das dann anschließend aufeinander angewendet werden kann, sprich die diversitätsbewusste Perspektive als auch das Normativitätsproblem in der Sozialen Arbeit werden zunächst separat voneinander behandelt. Es wird mit der Erläuterung des Problems der Normsetzung in der Pädagogik begonnen. In dem Kapitel soll klar werden, was genau unter der Normsetzung in der Pädagogik verstanden wird, was dabei problematisch ist und über welche verschiedenen Dimensionen sich dieses Problem der Normsetzung innerhalb der Profession und Disziplin der Pädagogik erstreckt. Im darauf folgenden dritten Kapitel der Hausarbeit soll dann die diversitätsbewusste Persepktive anschaulich erläutert werden, sodass diese dann in Kapitel vier, das gewissermaßen das Herzstück dieser Hausarbeit bildet, praktisch angewendet werden kann. Kapitel vier das das Problem der Normsetzung in der Pädagogik nun also aus einem diversitätsbewussten Blickwinkel heraus analysiert, gliedert sich in zwei Unterkapitel. Diese stellen jeweils einen besonders bedeutsamen Schnittpunkt dar, der sich zwischen Normen und Diversität aufzeigt und so für das Problem der Normsetzung aus einer diversitätsbewussten Perspektive eine ganz zentrale Rolle spielen. Ein Fazit in dem die wichtigsten Erkenntnisse nochmals deutlich hervorgehoben werden und somit die Beantwortung der richtungsweisenden Forschungsfrage bestrebt wird, rundet diese Hausarbeit zum Thema „Das Problem der Normsetzung in der Pädagogik diversitätsbewusst betrachtet“ ab.

2 Das Problem der Normsetzung in der Pädagogik

Bevor verständlich gemacht werden kann, was genau in der Pädagogik das Problem mit der Normsetzung ist, erscheint es sinnvoll zunächst ein klares Verständnis über den Normbegriff zu schaffen.

Auch wenn es zweifelsohne eine ganze Fülle verschiedenartigster Normen gibt, von technischen Normen bis hin zu Rechtsnormen, so können doch einige übergreifende Merkmale von Normen benannt werden. Im Allgemeinen können Normen als eine Handlungsorientierung verstanden werden, die den Charakter einer verbindlichen Vorschrift aufweisen. (vgl. Beutler, 1995, S. 268) Dies ist insofern relevant, als dass es uns erlaubt eine mehr oder weniger klare Trennung zwischen einer Norm und einem Brauch zu ermöglichen. Der verbindliche Charakter einer Norm führt demnach dazu, dass eine Abweichung von einer verbindlichen Vorschrift, also einer Norm, Sanktionen durch die Gruppenöffentlichkeit nach sich zieht. Die Gruppenöffentlichkeit kann beschrieben werden als das kollektive Auge der Gesellschaft welche auch ihre Autoritäten oder Instanzen einschließt, die Sanktionen in Form von Missbilligung über Diskriminierung bis hin zu Gewalt anwendet um einen Normbruch anzuzeigen. Handelt es sich hingegen lediglich um einen Brauch, so ist trotz einer Nichtbefolgung eines Brauchs nicht zwingend mit einer Sanktion durch die Gruppenöffentlichkeit zu rechnen. (vgl. Popitz, 2006, S.69 f.) Zugegebenermaßen ist die Trennlinie die hier versucht wird zwischen einer Norm und einem Brauch zu ziehen dennoch alles andere als eindeutig, da die Reaktion bzw. Sanktion der Gruppenöffentlichkeit auf eine Aktion, nämlich den Normbruch, zur Identifikation dafür gebraucht wird, Normen und Bräuche bzw. Handlungsorientierungen die keinen normativen Charakter haben, zu unterscheiden. Doch gerade diese Reaktion der Gruppenöffentlichkeit auf einen Normbruch bildet den ersten Schritt einer Veränderung, wenn es darum geht, dass Normen ihren normativen Status verlieren. Dies wird damit begründet, dass die Verpflichtung einen Normbruch anzuzeigen, weniger zwingend ist als die Verpflichtung eine Norm einzuhalten. (vgl. Popitz, 2006, S. 70 ff.) Zum veranschaulichenden Beispiel kann hier die Cisnormativität angeführt werden. Es ist meiner Einschätzung nach eine sehr dominante Norm, dass Menschen die als weiblich gelesen werden auch damit einverstanden zu sein haben, selbstverständlich mit dem Pronomen „sie/ihr“ adressiert zu werden.

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Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das Problem der Normsetzung in der Pädagogik diversitätsbewusst betrachtet
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Pädagogik)
Veranstaltung
päd021 Geschichte und Theorien der Pädagogik
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
17
Katalognummer
V1192281
ISBN (eBook)
9783346632821
ISBN (Buch)
9783346632838
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Normen, Diversität, Diversity, Diversitätsbewusste Pädagogik, Pädagogik, Othering
Arbeit zitieren
Hikaru Uhl (Autor:in), 2020, Das Problem der Normsetzung in der Pädagogik diversitätsbewusst betrachtet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1192281

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