Diagnose und Förderung einer Zweitklässlerin. Wie kann durch eine exakte Diagnose und passgenaue Förderung die orthographische Schreibkompetenz der Schülerinnen und Schüler verbessert werden?


Seminararbeit, 2020

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Grundlegende Prinzipien
2.1.1 Das phonographische Prinzip
2.1.2 Das silbische Prinzip
2.1.3 Das morphematische Prinzip
2.1.4 Das syntaktische Prinzip
2.2 Kern- und Peripheriebereich
2.3 Das Zwei-Wege-Modell der Rechtschreibung
2.4 Das Stufenmodell der Rechtschreibung
2.4.1 Das Modell nach Frith
2.4.2 Das Modell nach Valtin
2.5 Rechtschreibkompetenz

3 Diagnose
3.1 Informelles Verfahren: Die qualitative Fehleranalyse nach Wedel-Wolff
3.2 Formelles Verfahren: Die Hamburger Schreib-Probe
3.3 Auswertung
3.3.1 Auswertung der qualitativen Fehleranalyse nach Wedel-Wolff
3.3.2 Auswertung der Hamburger Schreib-Probe
3.3.3 Zusammenfassung der Auswertung

4 Förderung
4.1 Förderansätze
4.2 Förderschwerpunkt: alphabetische Strategie

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

7 Abbildungsverzeichnis

8 Anhang
8.1 Anlage 1: frei verfasster Schülertext
8.2 Anlage 2: Auswertung informelles Diagnoseverfahren nach Wedel-Wolff
8.3 Anlage 3: Auswertung formelles Diagnoseverfahren, Hamburger Schreib-Probe
8.4 Anlage 4: Arbeitsblätter zu W und F
8.5 Anlage 5: Arbeitsblatt Silbenrätsel
8.6 Anlage 7: Eidesstaatliche Erklärung

1 Einleitung

Die Rechtschreibkompetenz an deutschen Schulen ist nicht ausreichend ausgebildet. Dies zeigt der Rechtschreibtest DoSE (Hamburger Schriftkompetenz-Ermittlung), der im Rahmen der IGLU-Studie durchgeführt wurde. Mit folgender Aussage wird diese Erkenntnis verdeutlicht: „Im Gesamtmittel über ganz Deutschland wurden von den 45 diktierten Wörtern 25,6 richtig geschrieben (...)“ Grund für die mangelhafte Ausbildung der Rechtschreibkompetenz könnten die Medien und Methoden des Rechtschreibunterrichts sein, denn „Die Lehreraussagen deuten auf einen lehrerzentrierten, belehrenden Unterricht, der an fertigen, im Handel erhältlichen Materialien ausgerichtet ist; sie lassen vermuten, dass eine individuelle, auf Fehlerschwerpunkte abgestimmte Förderung im Rechtschreibunterricht keine Selbstverständlichkeit ist.“1 2 Daraus lässt sich schließen, dass im Rechtschreibunterricht nicht ausreichend differenziert und gefördert wird. Es sollten Maßnahmen vorgenommen werden, die gezielt an den Stärken und Schwächen ansetzen und eine passgenaue Förderung ermöglichen. Doch Wie kann durch eine exakte Diagnose und passgenaue Förderung die orthographische Schreibkompetenz der Schülerinnen und Schüler verbessert werden? Diese Fragestellung wird im Folgenden aufgenommen und anhand einer Förderung und Diagnose einer Zweitklässlerin beantwortet. Um einen ersten Einblick in die deutsche Orthografie zu gewinnen wird im zweiten Kapitel zunächst auf die theoretischen Grundlagen der deutschen Orthografie eingegangen. Anschließend wird die Diagnose eines frei verfassten Schülertextes anhand zwei ausgewählter Verfahren im dritten Kapitel konkret dargestellt. Daraus wird in Kapitel vier ein passgenaues Förderkonzept für eine Zweitklässlerin entwickelt. Zuletzt wird im Fazit, Kapitel fünf, die Fragestellung noch einmal aufgenommen und die Ergebnisse dieser Seminararbeit zusammengefasst.

2 Theoretische Grundlagen

Um eine kurze Einsicht in die deutsche Orthografie zu erlangen wird im Folgenden auf die wichtigsten theoretischen Grundlagen eingegangen.

2.1 Grundlegende Prinzipien

Auf den ersten Blick scheint die deutsche Rechtschreibung sehr unübersichtlich und unregelmäßig. Gründe hierfür sind viele Regeln, die sich überlagern können, sowie einige historische Ausnahmen. Bei genauerer Befassung mit dem deutschen Schriftsystem werden grundlegende Regelmäßigkeiten erkennbar3. Diese Regelmäßigkeiten oder Prinzipien beschreiben den wesentlichen Zusammenhang und die allgemeinen Grundsätze des deutschen Schriftsystems. Insgesamt lassen sich vier zentrale Grundprinzipien aufstellen: das phonographische Prinzip, das silbische Prinzip, das morphematische Prinzip und das syntaktische Prinzip. Folgend werden die zentralen Grundprinzipien näher beschrieben.

2.1.1 Das phonographische Prinzip

Die Basis der deutschen Orthografie ist das alphabetische Prinzip, beziehungsweise die phonographische Schreibung. Dieses Prinzip besagt, dass ein Phonem, die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit des Lautsystems, durch ein Graphem, die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit des Schriftsystems, repräsentiert wird.4 Der Phonem- und Graphembestand lässt sich durch die Minimalpaaranalyse ermitteln. Bei der Minimalpaaranalyse wird deutlich, dass Grapheme bedeutungsdifferenzierend sind. Das heißt, dass bei der Vertauschung von Graphemen Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung entstehen. Daraus lässt sich schließen, dass es keine eins zu eins Zuordnung zwischen Phonemen und Graphemen geben kann. Aus dem phonographischen Prinzip sind die Graphem-Phonem-Korrespondenz Regeln ableitbar.

2.1.2 Das silbische Prinzip

Silben sind im Geschriebenen die nächstgrößere Einheit nach den Graphemen. Typisch für die deutsche Orthografie ist der Zweisilber mit der Struktur betonte Silbe-unbetonte Silbe. Also ein zweisilbiger Versfuß, der Trochäus genannt wird. Das silbische Prinzip regelt vier Bereiche.

Die Vokalquantität umfasst einen dieser Bereiche. Der Stammvokal eines Wortes ist immer kurz, wenn zwei oder mehrere verschiedene Konsonanten folgen wie beispielsweise in Winter oder in Pfosten.

Dabei gehört der erste Konsonant zur ersten Silbe und der zweite Konsonant zur zweiten Silbe. Dies ist bei 90% der deutschen Wörter der Fall. Man spricht von einer geschlossenen Silbe. Ist die Silbe offen, das heißt dem Vokalgraphem folgt kein Konsonantengraphem spricht man den Vokal lang, wie zum Beispiel das Verb raten. Langvokale sind zu 80% nicht markiert. Das vokalisierte r, wie beispielsweise in Erde, ist eine Ausnahme. Es handelt sich um eine geschlossene Silbe, demnach wird der Vokal eigentlich kurz gesprochen. Durch die Vokalisierung des r wird der Vokal jedoch lang gesprochen.5

Ein weiterer Bereich des silbischen Prinzips ist die visuelle Markierung des Silbengelenks in zweisilbigen Wörtern. Diese Verdopplung tritt dann auf, „wenn im phonologischen Wort ein ambisilbischer Konsonant (Silbengelenk) auftritt. Verdoppelt wird das Graphem, das dem ambisilbischen Konsonanten phonographisch entspricht“6. Diese Markierung in der geschriebenen Wortform erfolgt jedoch nur dann, wenn das Silbengelenk aus einem einfachen Graphem besteht. Hieraus ergeben sich drei Besonderheiten. Zum einen werden Gelenke, die aus Mehrgraphen wie ch oder sch bestehen, nicht verdoppelt. Dasselbe gilt für Gelenke, die aus einer Graphemfolge, wie ng, tz und pf, bestehen. Zum anderen nimmt die Konsonantenverdopplung von k eine besondere Form der Markierung des Silbengelenks an. Hier wird das Silbengelenk als ck geschrieben.7

Auch die h- Schreibung ist ein Bereich des silbischen Prinzips. Das Graphem h tritt unter anderem als Dehnungs-h auf, welches auf die Position vor l, m, n und r beschränkt ist. Der Begriff Dehnung ist hierbei inkorrekt, da das Dehnungs-h nicht dehnt, sondern die offene Silbe unter bestimmten Bedingungen markiert. Nach dem Rechtschreibrahmen ist eine treffendere Begrifflichkeit das Stumme-h.8 Das Stumme-h kommt überwiegend in Verben vor und gehört in den Peripheriebereich, da es ist nicht regelhaft bestimmt ist.9 Zudem kommt das Graphem h als Silbentrennendes h vor. Durch das Einfügen des Silbentrennenden - h zwischen zwei Silben wird verhindert, dass zwei Vokale aufeinandertreffen. Der Lesefluss wird somit erleichtert. Nach Diphthongen wird regelhaft kein h eingefügt. Das Silbentrennende-h ist regelhaft und somit Bestand des Kernbereichs.10

Der letzte Bereich, der Teil des silbischen Prinzips ist, umfasst die Verdopplung von Vokalen, wie Aal, Schnee oder Teer. Die verdoppelten Vokale aa, ee, oo treten vor l, r, s und t auf. Hier wird die offene Silbe durch einen Doppelvokal markiert. Die Vokale i und u werden nicht verdoppelt. Dies hat überwiegend optische Gründe, da ii beim Lesen leicht mit dem Umlaut ü verwechselt werden könnte. Daher wird das /i:/ mit >ie< verschriftet. Die Vokalverdopplung tritt ausschließlich, mit einer Ausnahme bei dem Adjektiv „leer“, bei Substantiven auf und gehört in den Peripheriebereich, da lange Vokale, wie oben schon genannt, überwiegend ohne Markierung geschrieben werden. Die Verschriftung des /i:/ hingegen ist regelhaft und somit Teil des Kernbereichs.11

2.1.3 Das morphematische Prinzip

Die Grundaussage des morphematischen Prinzips könnte als „gleiches schreibt man gleich“ formuliert werden. Morpheme werden gleich geschrieben, selbst wenn sie verschieden ausgesprochen werden. Diese Konstantschreibung macht es möglich Zusammenhänge zwischen Wörtern aus derselben Wortfamilie zu erkennen. Somit ist eine schnelle Bedeutungszuweisung beim Lesen möglich. Durch das Verlängern der Wörter kann die Stammform erkannt werden. Bei Verschmelzung der Stammschreibung auf der Lautebene bleibt die Stammschreibung auf der Schriftebene erhalten. An Morphemgrenzen kann es zu Verdopplung beziehungsweise zu Verdreifachung von Buchstaben kommen. Beispielsweise bei Fahr-rad oder Sauerstoff-flasche. Des Weiteren ist auch die Umlautschreibung, Maus-Mäuse, durch den Wortstamm begründet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle Flexionsformen und Wortbildungen eines Stammes und alle gleichen Morpheme gleich geschrieben werden, auch wenn sie unterschiedlich gesprochen werden.12

2.1.4 Das syntaktische Prinzip

Das syntaktische Prinzip, auch das grammatische Prinzip genannt, regelt alle Bereiche, die sich auf die grammatischen Kontexte beziehen. Insgesamt lassen sich vier Bereiche aufstellen. Die Zeichensetzung, die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Schreibung von dass und das und die Groß- und Kleinschreibung.

Da die satzinterne Groß- und Kleinschreibung ein charakteristisches Merkmal des deutschen Schriftsystems ist, wird auf den Bereich Groß- und Kleinschreibung des syntaktischen Prinzips nun näher eingegangen.

Die Kleinschreibung ist im Deutschen der Normalfall. Die Großschreibung zeichnet Anfangsbuchstaben aus und erleichtert somit den Lesefluss. Satzanfänge werden ebenfalls großgeschrieben, denn somit wirkt der Text gegliedert und strukturiert. Die textinitiale Großschreibung hat überwiegend pragmatische Gründe und macht auf die Texteinheit aufmerksam. So werden Grußformeln wie beispielsweise in Briefen oder Anschriften großgeschrieben. Die satzinitiale Großschreibung „markiert eine neue syntaktische Einheit, die durch ein Satzschlusszeichen (Punkt, Fragezeichen, Ausrufezeichen, Doppelpunkt) abgeschlossen wird- und wirkt so ebenfalls leseunterstützend.“13 Auch Eigennamen, allgemein gesagt Namen, die etwas benennen, werden großgeschrieben. Sie markieren oft inhaltlich Wichtiges, wie zum Beispiel den Protagonisten in einem Text. Anredepronomen werden großgeschrieben, um grammatische Formen zu unterscheiden und um den Bezug zu einem Adressaten zu verdeutlichen. Die Großschreibung von Nomen, genauer gesagt die Großschreibung des Kerns von Nominalgruppen, ist eine Einzigartigkeit der deutschen Orthografie.14

2.2 Kern- und Peripheriebereich

Die Unterscheidung von Wortschreibungen in Kern- und Peripheriebereich spielt didaktisch eine wichtige Rolle, da je nach Bereich unterschiedliche Lernstrategien angewandt werden sollten.

Im Kernbereich, in welchen regelgeleitete Schreibungen einzuordnen sind, wird mit Nachdenkstrategien und entdeckend-forschendem Lernen gearbeitet. Der Kernbereich ist systematisch durch das phonologische, morphematische und silbische Prinzip geregelt. Dieser Bereich beruht also auf beschreibbaren Regeln.15

Das Wissen über Regeln allein reicht jedoch nicht aus, um die Rechtschreibung zu beherrschen, denn „wer eine Rechtschreibregel aufsagen kann, kann noch lange nicht das in der Regel Ausgesagte richtig schreiben.“16 Ein solches Wissen über Regeln muss mit Handlungs- und Problemlösewissen verbunden werden. Der Fokus des Rechtschreibunterrichts sollte auf den Kernbereich gelenkt werden, da hier die Mehrheit, neunzig bis fünfundneunzig Prozent, der Wortschreibungen einzuordnen sind.17

In den Peripheriebereich, der Bereich der Merkschreibungen, werden nur fünf bis zehn Prozent der Wortschreibungen eingeordnet. Bei diesen Wortschreibungen handelt es sich um Ausnahmen und Einzelfälle, die sich aufgrund normativer Festsetzungen und historischen Übernahmen gemerkt werden müssen. Hierbei müssen Merk- und Gedächtnisstrategien angewandt werden, damit das Wort als Ganzes und vor allem die Merkstelle, die nicht abgeleitet werden kann, eingeprägt wird. Diese Wörter müssen mit solchen Strategien geübt werden, bis ein direktes Abrufen aus dem orthographischen Gedächtnis möglich ist.18

2.3 Das Zwei-Wege-Modell der Rechtschreibung

Wie schon erwähnt birgt das Schriftsystem des Deutschen viele Besonderheiten und Ausnahmen, die Rechtschreiblerner vor Herausforderungen stellt. Hierbei stellt sich die Frage auf welche Vorgehensweisen Schreiber zurückgreifen sollten, wenn sie ein Wort korrekt verschriften wollen. Das Zwei-Wege-Modell beschreibt Vorgehensweisen, die beim Schreiben angewendet werden.

Es gibt den direkten Weg, bei dem das Wort direkt aus dem inneren Lexikon abgerufen wird. Der Schreibende hat das Wort entweder komplett abgespeichert oder sich die kritischen Stellen im Wort gemerkt. Er kann, ohne nachzudenken losschreiben, da er wortspezifische orthographische Informationen abrufen kann.19

Beim zweiten Weg wird das Wort zuerst konstruiert. Der Schreibende bildet durch Vorsprechen des Wortes artikulatorische Merkmale ab und nutzt somit vorhandenes Regelwissen wie beispielsweise die Graphem-Phonem-Korrespondenz Regeln oder die Wortbildungsregeln.20

Wörter werden also entweder automatisiert richtig geschrieben, da man sie im Vorhinein schon richtig abgespeichert hat oder es muss zuerst über die korrekte Schreibung nachgedacht und auf Regeln zurückgegriffen werden. Der Fokus im Rechtschreibunterricht muss sowohl auf das Üben als auch auf das Nachdenken über die korrekte Schreibung von Wörtern gelenkt werden. Somit sollte der Unterricht aus mehreren Komponenten bestehen. Es sollten orthographische und morphematische Regeln aus dem Kernbereich geübt werden und Übungen zum Einprägen aus dem Peripheriebereich dürfen nicht vernachlässigt werden. Zudem soll grammatisches Wissen übermittelt werden und Übungen zur Akustik und Artikulation bereitgestellt werden.21

2.4 Das Stufenmodell der Rechtschreibung

2.4.1 Das Modell nach Frith

Nach dem Stufenmodell von Frith durchlaufen Schreibanfänger unterschiedliche Entwicklungsstufen. Dabei ist eine gewisse Abfolge bei jedem Schreibanfänger beobachtbar. Wie in der unteren Abbildung zu sehen ist übernimmt entweder das Lesen (links) oder das Schreiben (rechts) eine führende Rolle. Die Pfeile markieren die Dominanz einer Strategie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Stufenmodell nach Frith (Jeukt et al. 2013, 74)

Diese Abbildung macht deutlich, dass nicht jede Phase gleich intensiv durchlaufen wird. Einige Kinder verweilen in einer Phase beziehungsweise Stufe sehr lange während andere Kinder nur kurz verweilen oder gar eine Phase überspringen. Es ist von Bedeutung hervorzuheben, dass die Phasen nicht stur nacheinander abgearbeitet werden sollen. Sie sollen vielmehr eine Abfolge von Strategien darstellen, auf die das Kind zurückgreifen kann.22 Frith teilt den Schrifterwerb in drei Phasen beziehungsweise Strategien ein. In der ersten Phase, der logographischen Phase deuten die Kinder Zeichen und versuchen zum Beispiel ihren Namen zu reproduzieren. Dabei haben sie noch keine Einsicht in die Graphem-Phonem-Korrespondenz.

Sie orientieren sich vielmehr an den wahrnehmbaren Merkmalen, wie zum Beispiel der Anfangsbuchstabe eines Namens. In dieser Phase wird von auswendig gelernten Wörtern, die noch nicht lautlich analysiert wurden, gesprochen.23

In der zweiten Phase, der alphabetische Phase, haben Kinder bereits Einsichten in die Graphem-Phonem-Korrespondenz. Sie erkennen, dass Grapheme Phoneme repräsentieren und umgekehrt. Das System dieser Beziehung wird jedoch noch nicht durchschaut. Ein typisches Merkmal der alphabetischen Phase ist die Skelettschreibung, bei der nur vereinzelt lautliche Aspekte realisiert werden.

Diese Phase kann differenziert werden in die Orientierung an der phonetischen Schreibung und die Orientierung an der phonologischen Schreibung, wie zum Beispiel die Graphem-Phonem-Korrespondenz Regeln. Lautgetreue Wörter werden hier korrekt geschrieben und die Kinder beherrschen die Analyse von Silben. Orthografische Regeln werden noch nicht beachtet.24

In der letzten Phase, der orthografischen Phase erkennen die Kinder orthografische Merkmale und setzen beim Schreiben orthografische Elemente, wie Doppelkonsonanten oder die Großschreibung, ein. Hier kann es zu einer Übergeneralisierung kommen, wenn solche Elemente an überflüssigen Stellen genutzt werden. Morphematische Strategien wie die Stammschreibung und Auslautverhärtung werden in dieser Phase ebenso angewandt.

Das Modell nach Frith bringt jedoch auch einige Schwierigkeiten mit sich. Das Modell wurde für das Englische entwickelt. Im Englischen sind Lesen und Schreiben miteinander eng verbundene Prozesse. Je nach Entwicklungsstand nimmt das Lesen oder das Schreiben eine führende Rolle ein. Dies gilt für das Deutsche nicht.25 Ein weiteres Problem kommt auf, wenn die Phasen, die aufeinander aufbauen näher betrachtet werden. Entweder ist die vorherige Stufe die Grundlage der darauffolgenden Stufe und bleibt ein Bestandteil oder die vorherige Stufe wird mit der nächsten Stufe überwunden und somit aufgelöst. Ein Schreiber muss jedoch die verschiedenen Strategien miteinander koppeln und integrieren. Somit kommt es hier zu einem Paradoxon.26 Hinzuzufügen ist, dass im Modell nach Frith Vorerfahrungen mit Schrift ungenügend berücksichtigt werden.

Diese Vorerfahrungen werden im Modell von Valtin aufgegriffen, auf welches nun eingegangen wird.

2.4.2 Das Modell nach Valtin

Valtin greift Friths Modell auf und ergänzt dieses, indem er frühere Tätigkeiten berücksichtigt. Kinder ahmen anfangs Teilaspekte literaler Handlungen nach, hier ist die Schrift nur eine Abbildung des Inhaltes des Wortes. In der ersten Phase ahmen Kinder äußere Verhaltensweisen nach. Zeichen werden Wörtern wahllos zugeordnet und es kommt zu „so-tun-als-ob“ Handlungen.

[...]


1 Valtin 2004, 146

2 Valtin 2004, 161

3 Vgl. Müller 2010, 38

4 Vgl. Jeuk et al. 2011, 28

5 Vgl. Müller 2010, 42; Jambor-Fahlen 2019, 12f.

6 Vgl. Eisenberg 2006, 313

7 Vgl. Müller 2010, 44f.

8 Vgl. Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2019, 29

9 Vgl. Müller 2010, 46

10 Vgl. Jambor-Fahlen 2019, 15

11 Vgl. Müller 2010, 46f.

12 Vgl. Müller 2010, 47ff.; Jeuk et al. 2013, 33

13 Müller 2010, 50

14 Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2019, 6

15 Vgl. Budde et al. 2011, 123f.; Müller 2010, 90

16 Ossner 2006, 164 aus Müller 2010, 90

17 Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2019, 6

18 Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2019, 6; Budde et al. 2011, 123f.; Müller 2010, 90

19 Brinkmann 2005, 4

20 Vgl. Brinkmann 2005, 5

21 Vgl. Brinkmann 2005 5; Pompe et al. 2018, 89f.

22 Vgl. Jeuk et al. 2013, 74

23 Vgl. Ebd. 74f.

24 Vgl. Ebd. 76f.

25 Vgl. Ebd. 78

26 Vgl. Bemerich-Vos 1996 aus Jeuk et al. 2013, 78

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Diagnose und Förderung einer Zweitklässlerin. Wie kann durch eine exakte Diagnose und passgenaue Förderung die orthographische Schreibkompetenz der Schülerinnen und Schüler verbessert werden?
Hochschule
Pädagogische Hochschule in Schwäbisch Gmünd
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
34
Katalognummer
V1192682
ISBN (eBook)
9783346635990
ISBN (Buch)
9783346636003
Sprache
Deutsch
Schlagworte
diagnose, förderung, zweitklässlerin, schreibkompetenz, schülerinnen, schüler
Arbeit zitieren
Masha Brenner (Autor:in), 2020, Diagnose und Förderung einer Zweitklässlerin. Wie kann durch eine exakte Diagnose und passgenaue Förderung die orthographische Schreibkompetenz der Schülerinnen und Schüler verbessert werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1192682

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