Umarmung oder Konfrontation? Die Vergangenheit und die Zukunft Japanisch-Chinesischer Beziehungen


Hausarbeit, 2007

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2 Die Schatten der Vergangenheit
2.1 Die Japanisch- Chinesischen Kriege 1894 – 1945
2.2 Die Chinesisch-Japanischen Beziehungen seit 1945

3 Gegenwärtige Interessenlage
3.1 Die politischen Beziehungen
3.2 Die wirtschaftlichen Beziehungen

4 Chancen und Risiken: Die Zukunft der Chinesisch- Japanischen Beziehungen
4.1 Chancen und Risiken
4.2 Auswirkungen auf die restliche Welt

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Kaum ein Tag vergeht, ohne Schlagzeilen und Analysen zum „Wirtschaftsgiganten China“, der künftigen „Supermacht“ oder dem Aufstieg Asien. Die Flut der Statistiken, Hochrechnungen und Vergleiche scheint kein Ende zu nehmen. Das wundert wenig, schließlich ist die Geschwindigkeit des wirtschaftlichen und sozialen Wandels in Asien dramatischer und rasanter als in jeder anderen Epoche oder Region der Welt. Die zunehmende Dominanz wird von den westlichen Industrienationen einerseits begrüßt, in dem zum Beispiel ihre Exportwirtschaften davon profitieren, zum anderen jedoch ängstlich betrachtet. Der derzeitig noch immer wachsende ökonomische Riese China kommt zu einer der weltweit größten wirtschaftlichen Supermächte Japan hinzu, und beide gemeinsam könnten ein gewaltiges Gewicht im internationalen Staatengefüge bilden. Das wirtschaftliche und politische Potenzial, das diese Länder gemeinsam hätten, ist unermesslich. Über die Gefahren, die von einer weltweiten Dominanz durch das Reich der Mitte oder einem schneller wachsenden Staatenbund der asiatischen Länder als die EU ausgehen könnten, gibt es viele Spekulationen, aber nur wenige Analysen, die auch die tieferen Strömungen in den asiatischen Ländern mit einbeziehen. In dieser Arbeit soll vor allem die Beziehung der Länder China und Japan näher untersucht werden. Dabei spielen die ökonomischen und politischen Aspekte eine genauso wichtige Rolle wie die unterschiedlichen Strukturen und Werte in den beiden Ländern.

Um die Chancen oder Risiken der Beziehung China und Japans erkennen zu können, ist es unerlässlich, zunächst die geschichtlichen Hintergründe von China und Japan zu beleuchten. Bis heute sind die emotionalen Erinnerungen an die beiden Japanisch- Chinesischen Kriege fest in den Köpfen der Chinesen und Japaner verankert und mit dem Nationalgefühl verbunden. Demnach ist es nötig, die derzeitigen Verknüpfungen in wirtschaftlicher, sozialer, historischer und weltanschaulicher Sicht zu betrachten, bevor man Vermutungen über die Zukunft dieser Länder anstellen kann. Wenig Zweifel besteht jedoch an der Tatsache, dass das Verhältnis zwischen China und Japan von enormer Bedeutung für den asiatischen Raum, aber auch für den Rest der Welt haben wird. Können China und Japan durch eine erfolgreiche Aufarbeitung und Bewältigung der Vergangenheit zu einer großen asiatischen Wohlstandsphäre oder gar zu einer Hegemonialmacht unter chinesisch-japanischer Führung aufsteigen? Oder werden die Schatten der Vergangenheit und die unterschiedlichen Strukturen und Weltanschauungen ein enges Bündnis zwischen China und Japan weiterhin unwahrscheinlich machen?

2 Die Schatten der Vergangenheit

Das Verhältnis zwischen der Volksrepublik China und Japan ist traditionell angespannt. In den letzten Jahren haben sich die Chinesisch-Japanischen Beziehungen zunehmend verschlechtert und sind im Jahre 2005 auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Trotz Kooperation und intensiver Wirtschaftsbeziehungen ergeben sich immer neue Streitpunkte wie zum Beispiel Gebietsstreitigkeiten um eine unbewohnte Inselgruppe, die in fischreichen und strategisch wichtigen Gewässern liegt, in denen zudem große Erdölvorkommen entdeckt wurden[1]. Vor allem aber ist es die gemeinsame Kriegsvergangenheit und die unterschiedliche Art der Aufarbeitung, die immer wieder aufflammt und die Chinesisch-Japanischen Beziehungen belastet. Auch nach dem sechzigjährigen Jubiläum des Kriegsendes sind die Beziehungen zwischen Japan und China nach wie vor weit von einer Normalisierung entfernt. Zurückzuführen ist dies vor allem auf das Misstrauen gegenüber Japan, hervorgerufen durch seine Haltung gegenüber der eigenen Geschichte. Auch nationalistische Empfindungen gegen die ehemaligen Unterdrücker prägen heute die Einstellungen sowohl Chinas als auch Südkoreas gegenüber Japan (Vgl. Knittel (2005): 2).

2.1 Die Japanisch- Chinesischen Kriege 1894 – 1945

Die Beziehung zwischen Japan und China hat eine lange Tradition und die ersten Kontakte der isolierten Inselgruppe Japan mit dem chinesischen Festland werden schon im sechsten Jahrhundert vor Christus vermutet. Die chinesisch-japanischen Beziehungen beruhten fast ausschließlich auf der japanischen Rezeption der chinesischen Kultur. Die Wiedervereinigung und Blüte des chinesischen Kaiserreichs unter den Sui- und Tang-Dynastien löste in Japan den Wunsch nach einem ähnlichen Zentralstaat aus. Dies war der Beginn einer mehrere Hundert Jahre dauernden Phase der Umgestaltung der japanischen Gesellschaft nach chinesischem Vorbild. (Vgl. Pilny (2005): 230 f.)

Mehr als ein Jahrtausend später während des Achtzehnten Jahrhunderts wuchs bei japanischen Intellektuellen der Unmut über die Vorherrschaft der chinesischen Kultur. Durch die Bemühungen, einen eigenen Nationalismus zu etablieren, wurde die chinesische Kultur mit Verachtung gestraft. Die Demütigung und die äußere Schwäche des während der Opiumkriege unter den Westmächten aufgeteilten Chinas bedeuteten schließlich sein Ende als Vorbild und Muster für Japan. Mit Antritt der Meiji- Regierung in Japan begann eine neue Epoche, in der die Beziehungen zwischen Japan und China anfänglich jedoch harmonisch waren. Im Kampf gegen das Eindringen der Westmächte kam es im Jahr 1871 sogar zu einem Freundschaftsvertrag, welcher den ersten bilateralen Freundschaftsvertrag in der Geschichte darstellte. Im Gegensatz zu China wurden in Japan die Modernisierung und innenpolitische Reformen erfolgreich umgesetzt. Bald verfügten die Japaner über eine fortschrittliche Industrie sowie über eine gut ausgerüstete Armee, die es ihnen ermöglichte, sich an dem Ringen der Westmächte um die Hegemonie in Asien zu beteiligen. Das chinesische Kaiserreich dagegen, dass sich traditionell als Hegemon im asiatischen Raum sah, hatte sich zu lange von der Welt abgekapselt und litt in der zweiten Hälfte des Neunzehnten Jahrhunderts unter einer korrupten Mandschuverwaltung und war von Hungersnöten, Überschwemmungen und Bürgerkriegen geplagt. Japan hingegen erlebte eine Periode der Stabilität und einen Wirtschaftsaufschwung, wodurch eine schnelle Industrialisierung und Militarisierung ermöglicht wurde. (Vgl. Hirn (2005): 21 f.).

Die Annexion Taiwans und der Ryokyo- Inseln durch führte bald zu Streit und einer ersten kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Japan und China. Die offizielle Kriegserklärung erfolgte am 1. August 1894 durch das Kaiserreich China, nachdem das Kaiserreich Japan den Königspalast in Seoul in seine Gewalt gebracht hatte. Schon vor dem Ausbruch des Krieges rangen das China und Japan um die Vorherrschaft in Korea, das traditionell ein Vasallenstaat von China war (Vgl. Möller (2005): 10).

Die modern ausgerüstete und gut ausgebildete japanische Armee besiegte die Chinesen in einer Serie von Kämpfen rund um Seoul und Pyongyang. Ein Großteil der chinesischen Flotte wurde zerstört und die japanischen Truppen drängten weiter in die Mandschurei. Nach einem Sieg Japans muss China die Hegemonie Japans über Korea, Taiwan und die Pescadores- Inseln anerkennen. Mit dem Sieg im Russisch-Japanischen Krieg 1905 wird die russisch besetzte Mandschurei formell an China zurückgegeben, Japan sicherte sich jedoch wichtige Häfen und Konzessionen zum Bau der Südmandschurischen Eisenbahn. Der Zusammenbruch der Qing- Dynastie und der folgende Bürgerkrieg der Warlords schwächte China zunehmend und erleichterte den Feldzug der Japaner, da die einzelnen lokalen Militärmachthaber ausländische Unterstützung brauchten, um ihre Kriege zu finanzieren. Die einzige Kraft, die nicht zu irgendeinem Zeitpunkt mit den Japanern kollaboriert hat, ist die 1921 gegründete Kommunistische Partei Chinas. Japans Interesse galt vor allem der rohstoffreichen Mandschurei. Diese kolonialen Bestrebungen wurden durch die Weltwirtschaftskrise 1929, von der auch Japan schwer getroffen war, noch verstärkt, nachdem Korea und Taiwan bereits in das japanische Kolonialreich eingegliedert worden waren. Um einen Vorwand für den Einmarsch in die Mandschurei zu erzeugen, sprengte die japanische Armee eine Eisenbahnbrücke der Südmanchurischen Eisenbahn und machte China dafür verantwortlich. (Vgl. Hirn (2005): 22)

Japan besetzte zunächst den Süden und schließlich die gesamte Mandschurei und errichtete 1932 eine Marionettenregierung namens Manchu- Kuo. Das Hauptziel Japans war die Errichtung eines „Großjapan“ und durch das rücksichtslose Vorgehen in der Mandschurei hatte sich Japan außenpolitisch inzwischen völlig isoliert. Ohne Kriegserklärung überfielen die japanischen Truppen das Gebiet der Republik China und attackierten im Sommer 1937 Shanghai. Die Japaner rechneten mit einem schnellen Sieg, doch die Schlacht um Shanghai dauerte unerwartet lange und forderte zahlreiche Opfer. Nachdem die japanischen Truppen Shanghai erobern konnten, stellten sie der chinesischen Regierung Forderungen wie die Demilitarisierung Nordchinas und der Inneren Mongolei, die Zahlung einer Entschädigung und den Aufbau von politischen Strukturen, die das Zusammenleben von Manchu-kuo, Japan und China regeln sollen. Diese Bedingungen wurden von der chinesischen Regierung zurückgewiesen. Am 12. Dezember 1937 stand die japanische Armee vor Nanking, der Hauptstadt der chinesischen Nationalregierung. In den darauf folgenden drei Wochen andauernden Massaker von Nanking wurden vermutlich mehr als 300.000 chinesische Zivilisten ermordet. Dieses Kriegsverbrechen, das bis heute die Emotionen unter den Chinesen schürt und keinen Einzelfall darstellte, ist wohl dokumentiert mit vielen Filmaufnahmen und Zeugenaussagen. Der gesamte Japanisch- Chinesische Krieg war gekennzeichnet durch Grausamkeit. „Der tief sitzende Minderwertigkeitskomplex der Japaner gegen die überlegene chinesische Kultur könnte unbewusst zum Versuch einer […] Ausrottung beigetragen haben.“ (Vgl. Pilny (2005): 238).

Da die chinesische Industrie sowie das Militär unterentwickelt waren und der Bürgerkrieg eine einheitliche Führung und Entwicklung unterdrückte, war es der chinesischen Armee nicht möglich, die japanischen Truppen abzuwehren. Die USA, welche anfänglich dazu tendierten, Japan zu unterstützen, verhängten schließlich ein Stahl- und Öl- Embargo über Japan und unterstützten China nachdem sie von den japanischen Kriegsverbrechen erfuhren. Das Embargo machte es für die Japaner unmöglich, ihre Aktionen in China fortzusetzen und führte in der Folge zum Angriff auf Pearl Harbour. Nachdem auch Russland mit in den Krieg gegen Japan gezogen ist, wurde dieser von den USA durch den Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki schlagartig beendet (Vgl. Möller (2005): 10).

Bis heute tangieren die schweren Kriegsverbrechen, die die Japaner während der Besetzung Chinas begangen haben, die Japanisch- Chinesischen Beziehungen. Neben dem Massaker von Nanking kam es zu zahlreichen Plünderungen von Dörfern, die anschließend niedergebrannt wurden. Massenvergewaltigungen wurden immer verbreiteter, woraufhin die oberste Militärführung in Tokio begann, vom Militär organisierte Bordelle einzurichten, die strategisch über die besetzten Gebiete verteilt waren. Dafür wurden Hunderttausende von südostasiatischen, chinesischen, koreanischen, aber auch europäischen Kriegsgefangenen wie englische und australische Krankenschwestern entführt und der Zwangsprostitution ausgesetzt. Über Neunzig Prozent der so genannten „Trostfrauen“ kamen ums Leben. Auch die systematischen Menschenversuche der „Sondereinheit 731“ mit biologischen und chemischen Waffen waren eine Gräueltat, die bis heute Aufsehen erregt. Nach realistischen Schätzungen kamen zwischen 1937 und 1945 etwa 18 bis 20 Millionen Chinesen, davon 80 Prozent Zivilisten, ums Leben. (Vgl. Pilny (2005): 238).

[...]


[1] http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/China/Aussenpolitik.html

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Details

Titel
Umarmung oder Konfrontation? Die Vergangenheit und die Zukunft Japanisch-Chinesischer Beziehungen
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
China als aufsteigende Weltmacht
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V119294
ISBN (eBook)
9783640228492
ISBN (Buch)
9783640227570
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umarmung, Konfrontation, Vergangenheit, Zukunft, Japanisch-Chinesischer, Beziehungen, China, Weltmacht
Arbeit zitieren
Nina Baumann (Autor:in), 2007, Umarmung oder Konfrontation? Die Vergangenheit und die Zukunft Japanisch-Chinesischer Beziehungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119294

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