Die Kovariationstheorie. Anwendung der Theorie in der pädagogischen Praxis


Referat (Ausarbeitung), 2017

6 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


1. Die Kovariationstheorie

Diese schriftliche Ausarbeitung soll aus einer pädagogischen Perspektive das sozialpsychologische Konzept der Kovariationstheorie von Kelley darlegen und eine Möglichkeit in der praktischen Umsetzung im Bereich der Schule beschreiben. Zunächst wird das Konzept der Kovariationstheorie genau mit ihren verschiedenen Dimensionen und Attributionen dargestellt. Anschließend wende ich die Theorie auf ein Beispiel an, dass im schulischen Alltag stattfinden könnte. Im weiteren Verlauf der Ausarbeitung wird ein persönliches Fazit gezogen, welches zusammenfasst, ob es in der Realität möglich und sinnvoll ist, die Kovariationstheorie auch im Schulalltag sachgemäß umzusetzen.

Harold Kelley begründete 1967 die Kovariationstheorie der Attribution, welche einen allgemeinen Ansatz zum kausalen Denken von Laien darstellt. Damit kann man herausfinden, wie unterschiedliche Menschen in unterschiedlichen Situationen, Gründe für das Eintreffen eines Ereignisses gegeneinander abwägen. Ein Beobachter von außen fragt sich, warum dieses Ereignis geschehen ist. Es gibt verschiedene mögliche Ursachen für das Eintreffen von Ereignissen. Kelleys Kovariationstheorie verfolgt den Ansatz, dass ein Beobachter diese Ursachen von Ereignissen nur herausfinden kann, indem er zusätzliche Daten systematisch erhebt und auswertet, um damit herausfinden zu können, welche Faktoren die Ursache des Ereignisses sind. Um die gesammelten Daten des Beobachters auch systematisch einzuordnen, bedient sich Kelley beispielsweise der Form von tabellarischen Ausarbeitungen (Parkinson, 2014). Dabei kommen für das beobachtete Ereignis zunächst drei Dimensionen in Frage, die sich dann wiederum in vier mögliche Attributionen aufteilen lassen:

Die erste Dimension beschreibt den Konsensus. Hier tritt ein Ereignis über verschiedene Personen hinweg auf. Das meint, wie sich bei ein und demselben Objekt, verschiedene handelnde Personen verhalten würden.

Die zweite Dimension beschreibt die Konsistenz. Hierbei tritt ein Ereignis über verschiedene Situationen hinweg auf. Das beschreibt, wie sich ein Handelnder, gegenüber einem immer gleichbleibenden Objekt in verschiedenen Situationen und zu verschiedenen Zeitpunkten verhält.
Die dritte Dimension beschreibt die Distinktheit. Hier tritt ein Ereignis über unterschiedliche Objekte hinweg auf. Das sagt aus, wie sich ein handelnder Mensch unter ähnlichen Umständen zu verschiedenen Objekten verhält (Parkinson, 2014).

Zu den erläuterten Dimensionen kommen vier mögliche Attributionen, also vier mögliche Effekte hinzu:

Die Personenattribution folgt der Annahme, der eingetretene Effekt hängt von der Person ab. Es gibt also etwas an der handelnden Person, das genau diesen Effekt hervorgerufen hat.

Die Kontextattribution beschreibt, dass die Situation für den Effekt verantwortlich ist. Eine bestimmte Stimmung, Atmosphäre oder sonstige Einflüsse auf die Situation haben demnach genau diesen Effekt hervorgebracht.

Die Entitätsattribution ergibt, dass das Objekt selbst das eingetretene Ereignis verursacht hat. Dass es also etwas an dem Objekt gibt, was unterschiedliche Handelnde in unterschiedlichen Situationen zum selben Effekt bringen würde.

Die vierte Attribution beschreibt die Interaktion zwischen Person und Objekt, was den eingetretenen Effekt zu verantworten hat. Es gibt demnach eine Verbindung zwischen der handelnden Person und dem Objekt, was genau diesen Effekt dann hervorgerufen hat (Parkinson, 2014).

Trägt man die drei Dimensionen und die vier Attributionen in eine Tabelle ein, so kann man die möglichen Faktoren mithilfe gesammelter Informationen gegeneinander abwägen. Somit können sich vier Möglichkeiten im Zusammenspiel der gesammelten Informationen und der möglichen Dimensionen ergeben:

Die erste Möglichkeit setzt eine hohe Konsistenz (zweite Dimension) voraus. Ein Handelnder verhält sich gegenüber einem Objekt in unterschiedlichen Situationen gleich. Ist nur die Dimension der Konsistenz hoch, und keine andere, ergibt dies als Ursache für das Ereignis die Personenattribution. Es gibt demnach etwas an der handelnden Person, dass sie dazu veranlasst, gegenüber einer Entität genau so zu handeln und einen bestimmten Effekt hervorzurufen.

Die zweite Möglichkeit setzt alleine eine hohe Distinktheit (dritte Dimension) voraus. Ein Handelnder verhält sich in ähnlichen Umständen zu unterschiedlichen Objekten gleich.
Daraus ergibt sich die Kontextattribution. Es liegt also an der Öffentlichkeit, beispielswiese der gegebenen Situation, der Stimmung, dass genau dieser Effekt erzielt wird.

Die dritte Möglichkeit setzt einen hohen Konsensus (erste Dimension) voraus. Verschiedene Handelnde würden in diesem Fall gleich auf ein bestimmtes Objekt reagieren. Zudem kann auch die Konsistenz (zweite Dimension) hoch sein. Ein Handelnder verhält sich gegenüber diesem einen Objekt in unterschiedlichen Situationen gleich. Außerdem kann auch eine hohe Distinktheit (dritte Dimension) den Effekt hervorrufen. Ein Handelnder verhält sich in ähnlichen Umständen zu unterschiedlichen Objekten gleich.

Möglich werden die drei Fälle durch die Entitätsattribution. Es gibt also etwas an dem Objekt selbst, dass das Ereignis hervorgerufen hat.

Die vierte und letzte Möglichkeit kann eintreten, wenn die Konsistenz (zweite Dimension) oder die Distinktheit (dritte Dimension) hoch sind. Ein Handelnder verhält sich gegenüber diesem einen Objekt in unterschiedlichen Situationen gleich. Bzw. ein Handelnder verhält sich unter ähnlichen Umständen zu unterschiedlichen Objekten gleich. Daraus ergibt sich dann die Interaktion zwischen Person und Objekt, was zum beobachteten Effekt führt. Der Effekt hängt also nur von der Beziehung zwischen Handelndem und dem Objekt ab (Parkinson, 2014).

2. Anwendung der Theorie in der pädagogischen Praxis

Um Kelleys Kovariationstheorie auf die pädagogische Praxis anzuwenden, habe ich mir ein Beispiel ausgedacht, welches im schulischen Alltag vorkommen könnt: Ich komme im Laufe meines Praktikums an einer Schule als Beobachter in eine Klasse und sehe folgende Situation. Ein Schüler erhält von seinem Lehrer eine schlechte Note. Nun frage ich mich als neutraler Beobachter, warum es zu dieser Situation kam. Ich habe mögliche Dimensionen und daraus folgende Attributionen zur besseren Übersichtlichkeit in eine Tabelle eingetragen (Adaptiert nach Kelley, 1967). Möglich wären natürlich auch andere Situationen, in denen die Theorie Anwendung finden kann. Beispielswiese, wenn ein Schüler einen anderen Mitschüler mobbt, und sich der Lehrer als neutraler Beobachter der Situation fragt, was die Ursache dafür ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Fazit

Anhand des vorangegangen Beispiels lässt sich sehen, dass Kelleys Kovariationstheorie durchaus auch auf die pädagogische Praxis anwendbar ist, sie deshalb auch von Relevanz für das Beobachten sozialpsychologischer Zusammenhänge im Kontext Schule ist. Das ist der Fall, weil die Hypothese der Kovariationstheorie überwiegend logisch und stimmig funktioniert und gute Rückschlüsse auf die Ursachen eines beobachteten Ereignisses zulässt.

Nur in einem Punkt, ist die Theorie ungenau. Im Fall der beschriebenen zweiten Möglichkeit (Kontextattribution) gibt es keine korrekten Schlüsse. Die Kontextattribution ist ungenau, denn sie träfe auch zu, wenn es etwas an der Beziehung zwischen Person und Objekt gäbe, was zur selben Wirkung führt. Diese jedoch entsprächen dann der vierten Möglichkeit (Interaktion zwischen Entität und Person). Viele neuere Weiterentwicklungen der Theorie haben sich damit beschäftigt, diese Einschränkungen der Kovariationstheorie zu korrigieren (Försterling, 2001). Um welche Attribution es sich letztlich wirklich handelt, kann der Beobachter nur herausfinden, indem er noch mehr Information über das Ereignis sammelt. Dabei ist für die Unterscheidung, ob es sich nun um die Kontextattribution oder die Interaktion zwischen Person und Entität handelt, wichtig zu wissen, wie sich andere Menschen zum Kontext verhalten (Parkinson, 2014). Im Beispiel müsste ich als Beobachter also auch noch wissen, wie sich andere Lehrer zum Schüler bezüglich der Benotung verhalten.

Nach den Erkenntnissen dieser theoretischen Ausarbeitung Kelleys sozialpsychologischen Konzepts in Verbindung mit der Vorstellung der praktischen Durchführung im Schulalltag lässt sich sagen, dass es wahrscheinlich schwierig ist, Kelleys Theorie auch in der Realität umzusetzen. Es ist von hohem Zeitaufwand, ein Ereignis unter Kelleys Gesichtspunkten zu untersuchen bzw. die vielen benötigten Daten einzuholen und auszuwerten. Im stressigen Alltag eines Lehrers ist es daher kaum umsetzbar, jedes auftretende Ereignis, dass der Lehrer beobachtet und dessen Ursache er herausfinden möchte, unter Kelleys genannter Theorie zu untersuchen.

Abschließend kann ich sagen, dass Kelleys Kovariationstheorie eine logische Grundlage, auf der Suche nach der Ursache eines Ereignisses, bildet. Allerdings ist es im Alltag schwer vorstellbar, dass Menschen anhand des beschriebenen Schemas systematisch vorgehen. Das Sammeln der Informationen wäre zu aufwendig. Jedoch würden genügend Informationen und genaues prüfen und auswerten dieser zu einer eindeutigen Erkenntnis bezüglich der Ursache des Ereignisses führen.

Falls ich Gefahr laufen sollte, im Schulalltag ein zu schnelles, zu oberflächliches Urteil über die Ursache eines Ereignisses zu fällen, ist es doch hilfreich, sich an die Kovariationstheorie zurück zu erinnern und wie viele Informationen man tatsächlich einholen muss, um ganz sicher zu gehen, die wahre Ursache gefunden zu haben.

4. Literaturverzeichnis

Försterling, F. (2001). Attribution: An introduction to theories, research, and applications. Hove, UK: Psychology Press.

Kelley, H. (1967). Attribution theory in social psychology. In D. Levine (Ed.), Nebraska Symposium on Motivation (Vol. 15, pp. 192–238). Lincoln, NE: University of Nebraska Press.

Parkinson, B. (2014). Soziale Wahrnehmung und Attribution. In K. Jonas, W. Stroebe, & M. Hewstone, (Hrsg.), Sozialpsychologie (Kapitel 3). Berlin: Springer

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Ende der Leseprobe aus 6 Seiten

Details

Titel
Die Kovariationstheorie. Anwendung der Theorie in der pädagogischen Praxis
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
6
Katalognummer
V1193263
ISBN (eBook)
9783346637147
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialpsychologie Pädagogische Psychologie Lehramt Kovariation Theorie
Arbeit zitieren
Maria Hölz (Autor:in), 2017, Die Kovariationstheorie. Anwendung der Theorie in der pädagogischen Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1193263

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