Platons Philosophenherrschaft

Funktion und Bedeutung in der Politeia


Hausarbeit (Hauptseminar), 2022

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Platons Gerechtigkeitsbegriff

2.1 Was Gerechtigkeit nicht ist
2.2 Was Gerechtigkeit ist

3 Die Konstruktion eines gerechten Staates 5
3.1 Der ideale Staat
3.2 Die Tugend der Philosophenherrscher
3.3 Die Umsetzung der Gerechtigkeit durch die Philosophenherrscher

4. Die Utopie

1 Einleitung

„ Wenn nicht-so fuhr ich fort-die Philosophen Könige in den Staaten werden oder die König, wie sie heute heißen, und Herrscher echte und tüchtige Philosophen und wenn nicht politische Macht und Philosophie in eins zusammenfallen und die große Zahl derer, die heutzutage aufgrund ihrer natürlichen Veranlagung nur den einen der beiden Wege beschreiten, gewaltsam davon ausgeschlossen wird, dann gibt es mein lieber Glaukon, kein Ende des Unheils für die Staaten, ja, ich glaube auch nicht für das ganze Menschengeschlecht und diese Verfassung, die wir eben mit Worten beschrieben haben, wird, wenn es überhaupt möglich ist, nicht früher verwirklicht und das Sonnenlicht erblicken."1

Dieser Satz von Sokrates bildet beinahe die Mitte der Politeia. Er leitet den zweiten Teil des Werkes ein und übernimmt inhaltlich eine zentrale Rolle. Platon geht in dem zweiten Teil auf die Realisierungsbedingungen und den Zerfall des idealen Staates, damit auch der Seele, ein. Im ersten Teil beschäftigt sich Platon mit dem Wesen der Gerechtigkeit. In dieser Seminararbeit werde ich zeigen, wie Platon seinen Anspruch auf eine „Philosophenherrschaft" rechtfertigt und welche Funktion die Idee der Philosophenherrschaft im Bezug auf den Gerechtigkeitsbegriff einnimmt. Das bedeutet, es soll analysiert werden in welcher Abhängigkeit Gerechtigkeit und die Gründung einer Schicht aus „Philosophenherrschern" stehen. Dafür soll zunächst der Gerechtigkeitsbegriff erläutert werden, da Platon darauf auftauend ein Staatsmodell errichtet. Als nächstes soll untersucht werden, inwiefern die einzelnen Staatsteile beschrieben und charakterisiert werden können, um einen möglichen Vergleich zur Gerechtigkeit zuzulassen. Ein weiter Punkt der Arbeit ist es zu erläutern, welche Funktion die Philosophenkönige im Staat, aber auch im Werk einnehmen. Der letzte Abschnitt befasst sich mit den Schwierigkeiten der Realisierung eines Staates mit Philosophen als „Herrschern".

2 Platons Gerechtigkeitsbegriff

Platon geht in seinem Werk auf der Suche nach der Gerechtigkeitsdefinition in mehreren Schritten vor. Dabei versucht er den Begriff der Gerechtigkeit jeweils Schritt für Schritt zu bestimmen und arbeitet sich ausgehend von den, im Dialog vorkommenden Gesprächspartnern vorhandenen Definition der Gerechtigkeit langsam zu einem endgültigen Ergebnis vor. Angetrieben wird diese schrittweise Begriffsbestimmung durch die Diskussion der Umstehenden mit Sokrates.

2.1 Was Gerechtigkeit nicht ist

Die erste, aber unbefriedigende Definition des Wesens der Gerechtigkeit kommt im Gespräch mit dem alten Kephalos zum Vorschein. Rückblickend auf sein Leben, so Kephalos, ermögliche ihm das Geld, dass er besitze, bis zu seinem Ende „reinen Tisch" mit Göttern und Menschen zu machen, da er die nötigen Opfer für die Götter und die anfallenden Schulden gegenüber seinen Mitmenschen begleichen könne.2 Sokrates formuliert die Worte Kephalos als „Rückerstattung des Empfangenen", wendet aber ein, dass es nicht gerecht sein könne, einem wahnsinnig gewordenen Freund seine Waffe zurückzugeben, die er einem, noch vernünftig, ausgeliehen hatte. Kephalos Sohn, Polemarchos, führt die Argumentation seines Vaters fort und versucht zusammen mit Sokrates den Begriff der Gerechtigkeit genauer zu fassen. Dabei präzisieren sie die erste Definition und unterscheiden bezüglich der Rückerstattung des

Empfangenen den Empfänger in Freund und Feind.3 Gerecht sei demnach, wenn man dem Freund das Empfangene rückerstatte, dem Feind aber schade.4 Sokrates ist auch mit dieser Definition nicht zufrieden und überzeugt Polemarchos davon, dass Gerecht-Sein niemals etwas Schädliches beinhalten könne. Thyrasymachos bietet einen weiteren Versuch der Definition an: die Gerechtigkeit sei der Vorteil des Stärkeren, d.h gerecht ist, was in einem Staat dem Herrscher dient, der darin zu seinem eigenen Vorteil befehlt.5 Sokrates widerspricht dieser Wesens -Definition und führt Thrasymachos vor, dass genau das Gegenteil gelte. Laut Sokrates läge es nicht in der Natur des Herrschens, wenn es „Staatskunst" sei, den Vorteil des Stärkeren zu erwirken, sondern im Gegenteil, den des Schwächeren. Eine Kunst dient nie dem Eigennutz, sondern dem Nutzen des Betreuten. Unbeirrt behauptet Thyrasmachos dagegen, dass seine „Art der Gerechtigkeit" der üblichen Gerechtigkeit überlegen sei, weil sie dem Menschen in allen Lebensbereichen tatsächlich einen größeren Vorteil/Nutzen bringe. Der Tyrann als Beispiel des maximal ungerechten Menschen sei, so Thrasymachos, der glücklichste Mensch von allen und genösse mittels der Ungerechtigkeit nur Vorteile. Der Gerechte aber wird bei ihm zum Blauäugigen, der durch das Festhalten an der (falschen) Gerechtigkeit nicht glücklich werden kann, da ihn der Ungerechte in jeder Lebenslage Übervorteile und letztendlich immer der Glücklichere von beiden ist.6 Sokrates stellt aber wichtige Argumente dieser Definionsart von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit gegenüber. Der vollständig Ungerechte erreiche allein nichts ohne andere Menschen, der Gerechte in dem Fall schon. Der Ungerechtigkeit sei nämlich der Streit und die Uneinigkeit eigentümlich, was dazu führt, dass der

Ungerechte handlungsunfähig ist. Die gerechte und nicht die ungerechte Seele führt zum „größten Nutzen" dem Glück, da „die Fähigkeit und Tüchtigkeit der Seele die Gerechtigkeit" ist.7 Im letzten Abschnitt des I. Buches der Politeia betont Sokrates, dass er sich durch das vorangegangene Gespräch über den Nutzen der (Un­gerechtigkeit ablenken habe lassen und noch nicht zum Kern der Sache, dem Wesen der Gerechtigkeit vorgedrungen sei.

2.2 Was Gerechtigkeit ist

Nachdem im ersten Teil der Bestimmung des Begriffs Gerechtigkeit geklärt wurde, was Gerechtigkeit im weitesten Sinne nicht ist, soll es nun darum gehen, zu klären, was Gerechtigkeit ist. Auch Glaukon und dessen Bruder Adeimantos drangen Sokrates zu Beginn des II. Buches das Wesen der Gerechtigkeit genauer zu bestimmen und um aufzuzeigen, weshalb die Gerechtigkeit der Ungerechtigkeit überlegen ist.

Dabei treten beide in ihren folgenden Darlegungen für die Belange der Ungerechtigkeit ein, um Sokrates gewichtige und allgemein geläufige Gegenargumente gegen die Gerechtigkeit vorzustellen, die er dann mit seinen Ausführungen entkräften soll. Gerechtigkeit sei, so Glaukon, als reine Konvention der Menschen entstanden, weil niemand jederzeit ungerecht sein könne, ohne dafür bestraft zu werden bzw. jederzeit die Gefahr bestünde, selbst Unrecht erleiden zu müssen. Die Menschen seien also nur wider Willen gerecht. Der Glücklichere sei im Allgemeinen nicht der gerechte Mensch, sondern der vor den anderen Menschen und den Göttern als gerecht erscheinende ungerechte Mensch.

[...]


1 Platon, Polteia V, 437d.

2 Platon, Polteia I, 329a-331d.

3 Platon, Polteia I, 331c.

4 Platon, Polteia I, 331c.

5 Platon, Polteia I, 339a.

6 Platon, Polteia I, 343b-343c.

7 Platon, Polteia I, 344a-d.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Platons Philosophenherrschaft
Untertitel
Funktion und Bedeutung in der Politeia
Hochschule
Universität Stuttgart  (Philosophisches Institut)
Veranstaltung
Praktische Philosophie II
Note
1,3
Autor
Jahr
2022
Seiten
18
Katalognummer
V1194927
ISBN (eBook)
9783346637703
ISBN (Buch)
9783346637710
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Platon, Philosophenherrscher, idealer Staat, Utopie, Gerechtigkeit, Philosophie
Arbeit zitieren
Edin Cehic (Autor:in), 2022, Platons Philosophenherrschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1194927

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Titel: Platons Philosophenherrschaft



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