Das System der Interessengruppen in Deutschland und den USA


Hausarbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Begriffsdefinitionen
2.1 Interessenverbände
2.2 Pluralismustheorie
2.3 Neokorporatismus

3 Typologien und Entwicklungen der Interessengruppen:
3.1 Deutschland
3.2 USA

4 Adressaten und Methoden der Interessengruppen:
4.1 Deutschland
4.2 USA

5 staatliche Reglementierungen des Lobbyismus:
5.1 Deutschland
5.2 USA

6 Fazit

1 Einleitung

Bei der Betrachtung eines politischen Systems sind Interessengruppen ein fester Bestandteil. Die Beschaffenheit der Verbändelandschaft, ihre Bedeutung und Einfluss variieren je nach Entwicklungsgeschichte und Regierungsform des Landes.

Diese Hausarbeit erläutert in sechs Abschnitten die heutigen Interessengruppen speziell in Deutschland und den USA.

Zu Beginn werden Begriffsdefinitionen der Interessenverbände und der konkurrierenden Ansätze über Verbände, und zwar der Pluralismustheorie, sowie des heutigen Neokorporatismus vorgestellt. Im Anschluss folgen eine Beschreibung der einzelnen Typologien von Verbänden und ihre Entwicklungen anhand von empirischen Daten. Der vierte Teil des Textes untersucht an welche Adressaten und mit welchen Strategien sich Interessengruppen an dem politische Geschehen beteiligen, um ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen. Doch sind Verbandsvertreter in der heutigen Zeit gesetzlichen Reglementierungen ausgesetzt, welche die Beeinflussung von Abgeordneten, Parteien und Regierungen kontrollieren sollen. Eine Darstellung dieser Maßnahmen folgt im fünften Abschnitt. Der abschließende Teil der Hausarbeit stellt die konkreten Unterschiede der organisierten Interessen heutigen Verbänden in Deutschland als auch in den USA gegenüber.

2 Begriffsdefinitionen

2.1 Interessenverbände

Im politischen Sinne sind Interessenverbände Organisationen. Ihre Mitglieder bilden einen freiwilligen Zusammenschluss und sind meist natürliche, aber auch juristische (z.B. Dachverbände) Personen. Kennzeichnend für Verbände sind zudem eine innere Arbeitsteilung, sowie eine Verfassung in der die speziellen Interessen und Ziele festgelegt werden. Die Zielsetzungen sind vom „gemeinsame[n], verbindliche[n], überörtliche[n], längerfristige[n]“[1] Charakter. Ihre Aufgabe ist es „soziale, politische oder wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten“[2]. Bei der Vertretung der Interessen nach außen soll der Staat und ebenso andere Verbände von dem jeweiligen Anliegen überzeugt werden (Lobbyismus). Aber auch die Dienstleistung an die Mitglieder selbst wird immer bedeutsamer, um eine Mitgliedschaft im Verband attraktiv zu gestalten.

Die Einflussnahme auf gesellschaftliche, politische und soziale Entscheidungen folgt jedoch ohne eine Bewerbung um ein politisches Mandat. Institutionell sind Interessengruppen demnach nicht in der Regierung vertreten.[3]

2.2 Pluralismustheorie

Der pluralistischen Theorie folgend, die als Hauptvertreter den amerikanischen Politologen David Truman vorweisen kann, besteht die heutige hochindustrialisierte Gesellschaft aus einer Vielfalt von konkurrierenden Organisationen. Diese verfolgen das Ziel politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Macht zu erlangen. Die Verbände agieren innerhalb eines politischen Systems weitgehend autonom und greifen als intermediäre Gruppen in das Geschehen ein.

Vertreter dieser Theorie sind der Meinung, dass Handlungen seitens des Staates als Ergebnis des Wettbewerbs und der Ausübung von Druck auf die Regierung erfolgen. Somit ist der Einfluss auf politische Entscheidungen lediglich auf die Seite des Verbandswesens beschränkt. In Pluralismustheorie tritt das politische System in seiner Rolle als Entscheidungsträger zurück und gibt lediglich den Ordnungsrahmen und die Regeln vor, die für eine friedliche Konfliktaustragung zwischen den Verbänden notwendig sind. Folglich bedeutet dies, dass sich Gruppen im Pluralismus aufgrund von bereits feststehenden Interessen zusammenschließen und somit die Vielfalt an Organisationen die gesellschaftlichen Interessen repräsentieren.[4]

Damit es in einem System der permanenten Konkurrenz nicht zu einem „Chaos oder gar zu einer Anarchie“[5] kommt, sollen nach der Pluralismustheorie im Idealfall Gegenorganisationen zu den einzelnen Verbänden entstehen. D.h., dass überall dort, wo eine neue Organisation entsteht eine oder auch mehrere Verbände mit einem gleichen Maß an Macht existieren sollen, um für ein Gegengewicht zu sorgen. Dadurch soll eine einseitige von Interessenvertretung vermieden werden. Als Voraussetzung dafür, dass dieses Prinzip funktioniert, wird eine Akzeptanz der Grundregeln und aller politischen Institutionen vorausgesetzt. Gemeint ist hiermit die Einhaltung der Grundgesetze.[6]

Übereinstimmung findet das pluralistische Konzept in den USA. Denn die amerikanische Verbandslandschaft ist von einer starken Fragmentierung einzelner Interessen gekennzeichnet. Dach- und Spitzenverbände, wie in Deutschland, existieren in den USA nicht. Einen Zusammenschluss mehrerer Gruppen verhindern die starken Interessengegensätze der einzelnen Gruppen. Hinzu kommt, dass die dortigen Verbände dezentral strukturiert sind. Die Konzentration auf Kommunen und Einzelstaaten macht eine überregionale Verschmelzung, die zumeist mit Kompromissen verbunden ist, nicht ansprechend.[7]

2.3 Neokorporatismus

Seit den 70er Jahren gilt der deutsche Politologe Gerhard Lembruch als Begründer des Neorkorporatimus. Während die Pluralismustheorie einen „Typus der Gesellschaftsformation“ darstellt, handelt es sich beim neokorporatistischen System um eine „bestimmte Art der Interessenvermittlung“[8] zwischen dem Staat und einzelnen Verbänden.

Ein wechselseitiger Austauschprozess zwischen Regierung und den eigenen Mitgliedern ergibt sich durch einen Spagat der Interessengruppen als soziale Einheiten, welche einerseits

„mit den lebensweltlichen Orientierungen und mit den Forderungen ihrer Mitglieder ("logic of membership") und andererseits mit ihrer institutionellen Umwelt, d.h. insbesondere auch mit den Anforderungen übergeordneter sozialer Systeme ("logic of influence") zurechtkommen müssen.“[9]

Sobald Organisationen eine feste Einbindung in den Entscheidungsprozess erlangt haben, ist ihre Macht die eigenen Interessen zu lenken über die pluralistische Repräsentation gestiegen.

Die neokorporatistische Sicht ist jedoch kein eigenständiger Erklärungsansatz, sondern gliedert sich unter den Oberbegriff des Pluralismus ein[10]. Eine Gesellschaft im Pluralismus kann demnach auch durch korporatistische Vernetzungen von Interessengruppen gekennzeichnet sein.

Ein markantes Merkmal des Neokorporatismus ist die tripartistische Zusammenarbeit zwischen Staat-Kapital-Arbeit. So verhandelten bei der Konzertierten Aktion von 1967 der Staat, Unternehmerverbände und Gewerkschaften als gleichberechtigte Partner miteinander und um einen Konsens bemüht, um das damals wirtschaftlich angegriffene Deutschland zu restabilisieren.[11] Aktuellen Beobachtungen zur Folge hat sich der Tripartismus weiterentwickelt: Interessengruppen nehmen nun ebenso Kooperationen untereinander als auch zu staatlichen Instanzen auf (z.B.: beim „Bündnis für Arbeit“).

Die einzelnen Verbände finden sich in einer intermediären Stellung wieder, bei der es ihre Aufgabe ist die eigenen Interessen gegenüber dem Staat zu vertreten. Ebenso müssen die Gruppen für politische Entscheidungen der Regierung eintreten und diese ihren Mitgliedern näher bringen.[12]

Im Unterschied zum Pluralismus nimmt der Staat direkten oder indirekten Einfluss auf die Entstehung von Interessengruppen. Die Zielsetzungen bilden nach diesem Ansatz nicht die Gruppen, sondern eine Gruppe muss sich zuerst zusammenfinden, um ihre genauen Ziele formulieren zu können. Absicht und Zweck des Zusammenschlusses können sich im Laufe der Zeit durchaus verändern und somit den Verband selbst wandeln.

Wie bereits erwähnt, können korporatistische Systeme auch Elemente der Pluralismustheorie beinhalten. Dieser Fall spiegelt sich im deutschen System der Verbände wider. So prognostiziert der Politikwissenschaftler Manfred. G. Schmidt Deutschland im internationalen Vergleich einen Korporatismus von „mittlerer Stärke“[13]. Die Gründe liegen darin, dass dieser hier zu Lande nur auf wenige Politiksektoren beschränkt ist und eine sektoral übergreifende Konzertierung durch die fehlenden Kräfte der Verbände nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass die Einflussnahme von Verbänden je nach Zusammensetzung der Regierung variiert[14].

3 Typologien und Entwicklungen der Interessengruppen

3.1 Deutschland

Ulrich von Alemann, deutscher Politologe, hat sich intensiv mit einer Typologisierung von Interessengruppen befasst[15]. Als eine Schwierigkeit erweist sich die unglaubliche Vielfalt von Verbänden. Für eine Zuordnung von organisierten Interessen bestehen mehrere Merkmale, wie die Größe, Rechtsform oder der Vereinigungszweck. Die benötigte Trennschärfe und Aussagekraft gibt sich, nach von Alemann, durch die Zuordnung zu fünf unterschiedlichen Handlungsfeldern:

A) Zu dem Bereich „Wirtschaft und Arbeit“ zählen verschiedene Unternehmensverbände, Kammern (z.B.: Industrie- und Handelskammer (IHK)), Verbände der Selbstständigen (z.B. Deutscher Bauernverband(DBV)) oder Arbeitgeberverbände. Der Bundesverband der Deutschen Industrie zählt zu einer der einflussreichsten Lobby im Bereich der Arbeitgeberverbände, denn „mit insgesamt 38 Mitgliedsverbänden vertritt er die Interessen von mehr als 100.000 Unternehmen mit über 8 Mio. Beschäftigten[16].

[...]


[1] Alemann, Ulrich (25.09.2008): http://www.bpb.de/publikationen/XUZ8YK,0,0,Was_sind_Verb%E4nde.html

[2] Schubert, Klaus / Klein, Martina (2007), Politiklexikon, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung: S. 145.

[3] Vgl.: Alemann, Ulrich (25.09.2008).

[4] Vgl.: http://www.bpb.de/wissen/01275914909434604335614077813943,0,0,Neokorporatismus.html#art0.

[5] http://www.bpb.de/wissen/00479352105231529389044366845029,0,0,Pluralismus.html.

[6] Vgl.: ebd..

[7] Vgl.: Lösche, Peter Verbände, Gewerkschaften und das System der Arbeitsbeziehungen S. 353 – 389 in: Lösche, Peter / von Lieffelholz, Hans Dietrich (Hg.): Länderbericht USA, Bonn: BPB: S. 353.

[8] Schreyer, Bernhard / Schwarmeier, Manfred (2005):Grundkurs Politikwissenschaften: Studium der politischen Systeme, Wiesbaden: VS-Verlag: S. 108.

[9] www.bpb.de.

[10] Vgl. Schreyer, Bernhard / Schwarzmeier, Manfred (2005): S. 109.

[11] Wolfrum, Edgar (2007): Die geglückte Demokratie. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Stuttgart: Pantheon Verlag: S.231f.

[12] Vgl.: Schreyer, Bernhard / Schwarmeier, Manfred (2005): S. 109.

[13] Schmidt, Manfred G. (2007): Das politische System Deutschlands, München: Verlag C.H. Beck: S. 130.

[14] Vgl.: ebd..

[15] Vgl.: www.bpb.de.

[16] Vgl.: http://www.bdi.eu/de/bdi/72.htm.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Das System der Interessengruppen in Deutschland und den USA
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V119593
ISBN (eBook)
9783640232772
ISBN (Buch)
9783640232864
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
System, Interessengruppen, Deutschland
Arbeit zitieren
Johanna Nitsche (Autor:in), 2008, Das System der Interessengruppen in Deutschland und den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119593

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