Erstmalig erschienen 1921. Auszug: Wie war es nur gekommen? Wer hatte zuerst vorgeschlagen, von
dem Theater aus, wo die Jahresrevue gegeben wurde, noch ein
Stündchen beieinander zu bleiben?
Dessen erinnerte sich nachher keiner. Auch Allan nicht.
Auf der Schwelle des Theaters stehend, hatten sie den
Gassenhauerrefrain von vorhin, der ihnen allen noch in den Ohren
lag, vor sich hingesummt, unschlüssig, in welches Lokal zu gehen.
»In den Klub,« hatte einer gesagt, »'s ist noch das Beste.«
Und sie waren hingegangen und hatten Allan mitgenommen, der
sonst den Klub nie besuchte.
Es war etwas getrunken worden. Dann hatte es geheißen: »Wollen
doch mal nachsehen, wer heute jeut?«
So hatten sie den Weg in den Spielsaal gefunden.
Eine Bakkaratpartie war im Gange. »Ah, Master ist da,« sagte einer
der Neuangekommenen leise, »da kann's was zu sehen geben.«
Man drängte an den Tisch. - Da saßen die Spieler. Die einen
interessiert, aber doch kühl und imstande, abzubrechen, wann sie
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wollten: die Kartenflirter. Die anderen, deren Züge sich zu starren,
tragischen Masken verwandelt hatten, deren Augen glühten wie
gierige Flammen: die Leidenschaftlichen, für die Spiel einziger Ernst
ist.
Mit einemmal saß Allan zwischen ihnen.
Der letzte Schuß
Wie war es nur gekommen? Wer hatte zuerst vorgeschlagen, von dem Theater aus, wo die Jahresrevue gegeben wurde, noch ein Stündchen beieinander zu bleiben?
Dessen erinnerte sich nachher keiner. Auch Allan nicht.
Auf der Schwelle des Theaters stehend, hatten sie den Gassenhauerrefrain von vorhin, der ihnen allen noch in den Ohren lag, vor sich hingesummt, unschlüssig, in welches Lokal zu gehen.
»In den Klub,« hatte einer gesagt, »'s ist noch das Beste.«
Und sie waren hingegangen und hatten Allan mitgenommen, der sonst den Klub nie besuchte.
Es war etwas getrunken worden. Dann hatte es geheißen: »Wollen doch mal nachsehen, wer heute jeut?«
So hatten sie den Weg in den Spielsaal gefunden.
Eine Bakkaratpartie war im Gange. »Ah, Master ist da,« sagte einer der Neuangekommenen leise, »da kann's was zu sehen geben.«
Man drängte an den Tisch. - Da saßen die Spieler. Die einen interessiert, aber doch kühl und imstande, abzubrechen, wann sie wollten: die Kartenflirter. Die anderen, deren Züge sich zu starren, tragischen Masken verwandelt hatten, deren Augen glühten wie gierige Flammen: die Leidenschaftlichen, für die Spiel einziger Ernst ist.
Mit einemmal saß Allan zwischen ihnen.
Wie war er, der doch seit Jahren keine Karte mehr anrührte, nur an diesen Tisch gekommen? War es, weil er unter den Spielern den Mann erblickt hatte, den er früher einmal in einem ganz anderen Lebensspiele als Gegner vor sich gehabt und überwunden hatte? War es Schicksal, daß er ihn in diesem Kreise unerwartet wiedersah? Mußte er sich noch einmal mit ihm messen und ihm die Gelegenheit zu später Revanche bieten?
Als Graf Masier, aufblickend, sagte: »Sie sind hier, Lord Allan? Haben uns lange nicht gesehen. Setzen Sie gegen mich?« Da klang es ihm wie eine persönliche Herausforderung, der man sich stellen muß. Er nahm die Karten, und sobald er sie in Händen hielt, vergaß er alles andere, und es durchrieselte ihn auch schon das Gefühl, das er seit Jahren nicht mehr empfunden -, war es Schmerz, war es Wonne? Das wußte er nicht, aber es war das eine, das einzige, - wie hatte er es je ohne dies, was allein wirkliches, volles Leben ist, aushalten können?
Ihr Spiel begann.
Allmählich fielen die bloßen Flirter ab. »Ne, Kinder, das ist ein Tempo, wo einem die Puste verjeht,« meinte heimgehend ein Weiser.
Zu einem Rennen ward die Partie, wo weit vor dem übrigen Felde zwei Favorits laufen, mit beinah gleichen Chancen. Sie ward zum Zweikampf, zwei Riesen standen sich gegenüber inmitten einer Schlacht von Pygmäen.
Und die Pygmäen begannen zu fühlen, daß da etwas vor sich ging, was sie nicht verstanden, etwas Unheimliches, auf das sie gebannt blicken mußten und das sie nicht enträtseln konnten. Das war kein gewöhnliches Spiel, das war ein bitterböses Ringen, ein Duell um einen Grund, den keiner der beiden je nennen würde. Gleich grausamem Stahl kreuzten sich der beiden Blicke, und sie fühlten, daß sie dasselbe dachten. Hier in dem modernen Klubzimmer waren wilde Gefühle der Urzeit in den beiden erwacht, - so mußte es einst gewesen sein, als riesige haarige Menschenaffen um das erste nackte Menschenweib rangen.
Unentschieden schwankte lange der Kampf. Doch da trat, für alle unsichtbar, eine neue Gestalt in das Zimmer und stellte sich dicht neben des Grafen Stuhl. Die Göttin des sinnlosen Zufalls war es, die so oft seltsamer Vergeltung dient. Die mischte dem Grafen die Karten. Und er gewann, gewann, - gewann die ganze Nacht.
Häufig gestellte Fragen zu "Der letzte Schuß"
Worum geht es in der Geschichte?
Die Geschichte beginnt damit, dass sich niemand mehr daran erinnern kann, wer vorgeschlagen hat, nach der Theateraufführung noch zusammen zu bleiben. Die Gruppe geht in einen Klub und dann in einen Spielsaal, wo Allan, der seit Jahren keine Karten mehr angerührt hat, in eine Bakkaratpartie gerät. Dort trifft er auf Graf Masier, einen alten Rivalen. Ein intensives Spiel beginnt.
Wer sind die Hauptfiguren?
Die Hauptfiguren sind Allan und Graf Masier. Allan hat früher keine Karten gespielt und findet sich plötzlich in einem Spiel wieder. Graf Masier ist sein Gegner, ein Mann, den Allan in der Vergangenheit bereits in einem anderen "Spiel" besiegt hat.
Was ist das Besondere an dem Spiel zwischen Allan und Graf Masier?
Das Spiel wird als ein intensiver Zweikampf beschrieben, bei dem es um mehr geht als nur Geld. Es wird angedeutet, dass zwischen den beiden Männern eine alte Rivalität besteht, die in dem Spiel wieder auflebt. Es wird ein Vergleich mit einem Kampf zwischen Urmenschen um eine Frau gezogen.
Wie verläuft das Spiel?
Das Spiel beginnt ausgeglichen, aber dann greift das Glück zugunsten von Graf Masier ein. Er gewinnt immer wieder, so dass es ihm fast unangenehm wird.
Welche Themen werden in der Geschichte angesprochen?
Die Geschichte thematisiert Rivalität, Glücksspielsucht, das Wiederaufleben alter Konflikte und das Schicksal. Es geht auch um die Frage, was wahres Leben ausmacht.
Was bedeutet der Titel "Der letzte Schuß"?
Der Titel "Der letzte Schuß" könnte sich auf den entscheidenden Moment im Spiel beziehen, aber auch auf eine metaphorische finale Auseinandersetzung zwischen Allan und Graf Masier. Es bleibt offen, ob es im Kontext des Ausschnitts tatsächlich einen Schuss gibt oder ob dies rein metaphorisch ist.
Welche Art von Atmosphäre wird erzeugt?
Es wird eine düstere, spannungsgeladene Atmosphäre erzeugt. Das Spiel wird als ein Kampf dargestellt, in dem verborgene Emotionen und alte Rivalitäten zum Vorschein kommen.
- Arbeit zitieren
- Elisabeth von Heyking (Autor:in), 2008, Der letzte Schuß, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119657