Die Doha Runde, ihr Stillstand und die Zukunft der WTO

Wege aus der Krise


Essay, 2008

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Problemstellung

3. Lösungsansätze
3.1 Agrarmärkte
3.2 Marktöffnungen
3.3 Die Zukunft der WTO

4. Konklusion

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Sieben Jahre nach ihrem Beginn ist ein erfolgreicher Abschluss der Doha Runde noch immer nicht in Sicht. Der letzte Versuch eine Einigung zu erzielen datiert auf den Juli 2008 und muss als gescheitert betrachtet werden. In Anbetracht der politischen Großwetterlage erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass vor 2011 keine weiteren Fortschritte erreicht werden können, da vor US-Präsidentschaftswahl und der darauf folgenden Übernahme der Amtsgeschäfte durch den Nachfolger von George W. Bush – egal ob seitens des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama oder seines republikanischen Kontrahenten John McCain – für mindestens ein weiteres Jahr keine weiteren Verhandlungsrunden, geschweige denn mögliche Kompromisse zu erwarten sind. Auch in Indien stehen Wahlen an und in der EU wird es im September 2009 ebenfalls zu einem Führungswechsel kommen.1 Nicht allein deshalb stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Fortsetzung der Doha Runde. Den Themen, die vor zehn Jahren aktuell waren, fehlt in der momentanen wirtschaftlichen Situation sowohl die politische Akzeptanz, als auch angesichts der Finanzkrise das globale Vertrauen. In der Phase der globalen Rückbesinnung auf Protektionismus hat es eine weiterführende Liberalisierung des Handels extrem schwer, Anhänger zu finden.

Dieser Essay beschäftigt sich mit der stalemate Problematik der Doha-Runde, sowie der damit eng verknüpften weiteren Zukunft der WTO. Dabei habe ich einen weiten Ansatz gewählt, da zu viele spezifische Details den Rahmen dieser Arbeit ohnehin sprengen würden. Die Probleme, die zu dem Stillstand geführt haben, sind in erster Linie Strukturprobleme. Sie finden ihren Ursprung zum einen in der institutionellen Struktur der WTO, entzünden sich in erster Linie allerdings im Bereich der Marktstrukturen. Der Essay analysiert die unterschiedlichen Standpunkte, zeichnet die Entwicklung nach und versucht Lösungsansätze zu geben. Auf genaue Modelle zur Reduzierung von Zolltarifen, der Anwendung einer Schweizer Formel oder andere Zahlenspiele, wie beispielsweise von Nestor Stancanelli in seiner Rede zum OECD Forum 2008 in Paris vorgebracht, werden in die Analyse nicht miteinbezogen. Vielmehr widmet sich der Essay den Inhalten der Streitpunkte, da allein darin Lösungsansätze zu finden sind und nicht in dem Feilschen um akzeptable allgemeine Zollsenkungsraten. Zumal diese grundsätzlich eine gewisse diskriminierende Wirkung haben, da manche Länder ihre Handelsschranken bereits wesentlich weiter gesenkt haben, als andere. Wobei sich bei allen Betrachtungen und offenen Fragen grundsätzlich, wie bereits zu Beginn geschrieben, die Frage nach dem Sinn einer Fortführung der Doha Runde stellt.

2. Problemstellung

Das GATT war über die Jahrzehnte an seine Grenzen gestoßen und musste dementsprechend durch eine neue Ordnungsinstanz ersetzt werden. Eines seiner Hauptprobleme lag in der Inflexibilität gegenüber der Implementierung und Regelung zahlreicher Sektoren, wie beispielsweise den Agrarmärkten oder der Dienstleistungsindustrie. Auch der Schutz geistigen Eigentums konnte über das GATT-Abkommen nicht geregelt werden. All diese Entwicklungen im Welthandel wurden bei der Gründung der WTO beachtet. Durch sie konnte eine multilaterale Liberalisierung des Handels erreicht werden2. Die Implementierung eines „ Single Package “ Ansatzes, die Einführung eines verbindlichen Streitschlichtungsmechanismus, die Modifizierung des GATT in Verbindung mit einer verschärften Anti-Dumping Politik, sowie den neuen Abkommen GATS, TRIMs und TRIPs3 ermöglichte die Abdeckung und Regelung beinahe des gesamten globalen Handels und setzte somit Anreize zum Beitritt. Aus dem kleinen Club wurde eine globale Organisation immer umfassenderen Ausmaßes. Seitdem war die Geschichte der WTO eine des Erfolgs. Seit ihrer Einführung im April 1994 zeichnete sich die Organisation durch ihre Effizienz aus. Die WTO erschien unaufhaltsam. Der weltweite Handel prosperierte wie noch nie zuvor und die Globalisierung schritt immer weiter voran.

Doch bereits gegen Ende der 90er Jahre zeigten sich erste Anzeichen für eine Überdehnung der WTO. Stand in den vorangegangenen beiden Jahrzehnten eine umfassende multilaterale Liberalisierung der Märkte und Handelsströme auf der politischen Agenda, so kam es gegen Ende der 90er Jahre zum Wiedererstarken protek]tionistischer Tendenzen in den Industrieländern. Die als Milleniumsrunde angekündigte Ministerkonferenz in Seattle 1999 sollte die bis dato größte und wichtigste Konferenz werden. Die anvisierten weiteren multilateralen Liberalisierungen sollten alles Vorhergehende in den Schatten stellen. Doch statt zu einem glänzendem Erfolg zu werden, führten Interessenkonflikte zu einem ergebnislosen Abbruch der Runde. Zusätzlich kam es auf den Straßen zu Protesten und Ausschreitungen bis dato unbekannten Ausmaßes seitens Anti-Globalisierungsaktivisten. All dies gab einen Vorgeschmack auf zukünftige Entwicklungen. Die seitens der Industrieländer, vor allem der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, angestrebten Umwelt- und Sozialstandards waren den Interessen der Entwicklungsländer diametral entgegengesetzt. Stoff für weitere Konflikte lieferten die ebenfalls von den Industriestaaten geforderten weiteren Marktöffnungen und Zollsenkungen der Schwellen- und Entwicklungsländer, während die Vereinigten Staaten und die EU im Gegenzug nicht bereit waren, ihre Agrarsubventionen abzubauen. Seit Seattle war die WTO eine andere Organisation.4

Nach dem Scheitern der Milleniumsrunde tendierte das Interesse an einer neuen Entwicklungsrunde vor allem auf Seiten der Industriestaaten gegen Null. Erst die Katastrophe des 11. September 2001 zwang die Industriestaaten unter der Führung der Vereinigten Staaten zum Handeln. Zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der Eindämmung seiner Auslöser5 sowie seiner Unterstützer wurde im November 2001 die Doha-Runde gestartet. Nicht zuletzt deshalb wurde die Doha-Runde inoffiziell auch als „ the Bin Laden Round6 bezeichnet.

Ihr Hauptziel war die Förderung von Entwicklung7 durch eine Erweiterung des TRIP- Abkommens, sowie die verstärkte Öffnung der Märkte für Agrarerzeugnisse, Dienstleistungen (GATS) und Industrieprodukte; insbesondere der Entwicklungsländer8.

Zwei Jahre nach dem Start der Doha-Runde kam es bei der Ministerkonferenz in Cancun 2003 zu einem Vorstoß der G209 unter Führung von Indien, China und Brasilien. Die in dieser Gruppe engagierten 22 Entwicklungs- und Schwellenländer forderten die Abkehr von den Singapore-Issues 10 und die Abschaffung der Agrarsubventionen in den Vereinigten Staaten und der EU. Da weder die Vereinigten Staaten noch die Europäische Union von ihren Forderungen endgültig abrücken wollten, sieht man von der signalisierten Bereitschaft der EU ab, einige der Singapore-Issues nicht weiter zu verfolgen, konnte auch bei dieser Konferenz keine Einigung erzielt werden. Bereits Cancun verdeutlichte ein grundlegendes Problem dieser WTO-Runde: Auf Seiten der Industriestaaten war eine gewisse Naivität bezüglich der Tragweite der zu erwartenden ökonomischen Effekte vorhanden, während viele Entwicklungsländer bereits aus dem Namen der Runde einen Anspruch auf Wirtschaftshilfe ableiteten und diese in der Folge auch artikulierten11. Aber die WTO ist keine Hilfsorganisation, auch wenn viele NGOs diesen Fakt negieren. Durch die zunehmende Politisierung der WTO wurde aus ihr immer stärker eine VN-ähnliche Organisation, in der Inhalte zerredet werden und durch die Verwässerung der Ziele nicht nur die Effizienz, sondern der gesamte diplomatische Kompromissfindungsprozess leidet12. Das GATT war diesen Problemen durch kleinere Verhandlungsrunden, bei insgesamt wesentlich weniger Mitgliedsstaaten, und einem klar definiertem Zweck nicht ausgeliefert. Durch die verstärkte Einmischung der so genannten high-politics13 in die Handelspolitik sind effizientes Arbeiten und zweckgebundene Lösungen zur Mangelware geworden14. Doch bei allen bestehenden Missständen war „Aid-for-trade“15 weder zu Zeiten des GATT, noch heute ein Gegenstand von Verhandlungsrunden.

[...]


1 Vgl. Erixon 2008, S. 17.

2 Vgl. Sally 2008, S. 99.

3 Vgl. Freytag 2001, S. 146.

4 Vgl. Sally 2008, S. 105 / Vgl. Erixon 2008, S. 2f.

5 Armut, Infrastrukturprobleme, schlechte Bildungschancen.

6 Vgl. Sally 2008, S. 106.

7 Wie bereits der Name Doha Development Round verdeutlicht.

8 Doha Ministerial Declaration http://www.wto.org/English/thewto_e/minist_e/min01_e/mindecl_e.htm#relationship .

9 Liste der G20-Staaten abrufbar unter: http://www.reuters.com/article/newsOne/idUSL2169834120080721?page Number=2&virtualBrandChannel=0 .

10 Inhalt der Singapore Issues: Wettbewerb, Investitionen, Transparenz und Handelsförderung.

11 Vgl. Erixon 2008, S. 4.

12 Vgl. Sally 2008, S. 103.

13 Vgl. Erixon 2008, S. 15.

14 Vgl. Sally 2008, S. 104f.

15 Erixon 2008, S. 4.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Doha Runde, ihr Stillstand und die Zukunft der WTO
Untertitel
Wege aus der Krise
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Wirtschaftspolitik)
Veranstaltung
Außenhandelspolitik
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
14
Katalognummer
V119689
ISBN (eBook)
9783640236275
ISBN (Buch)
9783640238347
Dateigröße
554 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Doha, Runde, Stillstand, Zukunft, Außenhandelspolitik, WTO
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts Patrick Krippendorf (Autor:in), 2008, Die Doha Runde, ihr Stillstand und die Zukunft der WTO, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119689

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