Über das Buch Jesus Sirach


Referat (Ausarbeitung), 2003

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Zur Textgeschichte und Textüberlieferung des Buches Jesus Sirach

2. Innerer Aufbau und Entstehung

3. Zur Person des Ben Sira und seinem historischen Kontext

4. Die literarischen Gattungen in Jesus Sirach
4.1. Der Hymnus
4.2. Der Verschiedenen Spruchformen
4.3. Der besondere Hymnus in Kap. 24
4.4. Der Weisheitsliteratur fremde Gattungen:
- Prophetische Heilsverheißung
- Allegorische Liebesgeschichte
- Trinklied
- Totenklage
- Bauernlied

5. Das theologische Anliegen Jesus Sirachs zwischen Judentum und Hellenismus.

6. Zur Wirkungsgeschichte des Buches Jesus Sirach

7. Zusammenfassung

8. Literaturverzeichnis

9. Anhang: Text und Übersetzung der Isis-Aretalogie von Kyme

1. Zur Textgeschichte und Textüberlieferung des Buches Jesus Sirach

Das Buch Jesus Sirach war vom 12. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ausschließlich in griechischer, lateinischer und einer syrischen Übersetzung, der Peschitta bekannt. Bis heute stellt die griechische Übersetzung des Enkels des Jesus Sirach, die ca. 132-117 v.Chr. angefertigt worden ist, die Grundlage für viele Übersetzungen.[1] Die Datierung und Verortung der hebräischen Textvorlage dieser Übersetzung ist durch Angaben im Text ungefähr auf das Jahr 190 v. Chr. in Jerusalem möglich.[2]

Die Textüberlieferung des Buches ist kompliziert und bis heute nicht restlos geklärt. Bei der Entdeckung einer großen Zahl von Schriftrollen in der Geniza der Esrasynagoge der Karäer in Altkairo im Jahr 1896 wurden große Teile einer hebräischen Textfassung gefunden, kleinere Textausschnitte fanden sich auch in Qumran. 1964 schließlich tauchten bei Ausgrabungen in Masada weitere Teile auf, so dass heute 68% einer hebräischen Textfassung vorhanden sind. Die Annahme, es handle sich bei dem bis heute bekannten hebräischen Fragment um den Urtext, wird in der Forschung konträr diskutiert. Insbesondere die späte Datierung der hebräischen Abschriften ins 10. und 11. Jahrhundert lassen zweifeln. Darüber, welcher Textfassung bei Übersetzungen künftig der Vorrang gilt, einer hebräisch-griechischen Mischlösung oder der bezeugten Tradition der alten Übersetzungen, herrscht noch kein Konsens.[3]

2. Innerer Aufbau und Entstehung

Das Buch besteht aus 51 Kapiteln, die auf den ersten Blick den Eindruck einer losen Sprüchesammlung, in die Beispiele anderer literarischer Gattungen eingebettet sind, erwecken.[4] Nach Marböck gibt es „zwar keine allgemein akzeptierte Gliederung, wohl aber mehrere strukturierende Elemente“[5]. Diese Grobgliederung stellt sich folgendermaßen dar:

Der erste Teil beginnt mit Gedanken zum Ursprung und Ziel der Weisheit, er endet mit einem allgemeinen Aufruf zur Erfüllung der Gebote des Herrn (1,1-23,27). Eingerahmt von diesen Gliederungselementen werden schwerpunktmäßig „Lehren, die das Leben des einzelnen in Familie und Ehe betreffen“[6]

Der Mittelteil des Buches wird eingeleitet durch das herausragende Selbstlob der Weisheit, das Züge der Isis-Aretalogien trägt ( 24, 1-22), auf die an anderer Stelle näher eingegangen wird. Inhaltlich überwiegen in diesem Teil Lehren, die „das Verhalten im öffentlichen Leben, in der verschiedenartig gestalteten Gemeinde und im religiös-kultischen Bereich“[7] betreffen. Ohne einen eigentlichen eigenen Schluss endet dieser zweite Teil mit dem Beginn des dritten, ( 42,15) der Merkmale einer großen, geschlossenen Gesamtkomposition aufweist. Er beginnt mit dem „Lobpreis der Herrlichkeit Gottes in der Schöpfung“[8] und stellt, das ist in der übrigen Weisheitsliteratur einzigartig, die Geschichte Israels von der Schöpfung bis in seine Tage als Heilsgeschichte des Volkes Israel dar. In sich ist dieser dritte Teil des Buches nochmals untergliedert in drei Abschnitte:

- 42,15-43,33: Der Lobpreis Gottes in der Natur und der Schöpfung;
- 44,1-49,16 / 50: Lob auf die Väter und die Gestalten der Geschichte Israels. Besonderer Lobpreis auf den Hohepriester Simon ( 50);
- 51: Danklied und Rückblick auf die Weisheitssuche mit Abschluss und Unterschrift.

[9] Verschiedene Beobachtungen, aber auch ein Blick zurück auf die komplizierte Testgeschichte, legen die Vermutung nahe, dass das Buch einen längeren Entstehungsprozess durchlaufen hat. Marböck geht davon aus, dass größere geschlossene Perikopen zunächst selbständig entstanden sind und erst später zusammenkomponiert wurden. Weiterhin deuten immer wieder auftauchende autobiographische Notizen auf Abschluss und Wiederaufnahme der Arbeit Ben Siras hin (16,24 f ; 24,30-34 ; 33,16-18 ; 39,12-14). Deutliche Hinweise auf die Verwendung der Schrift im „Lehrhaus“ (51, 23 /51,29) lassen Teile des Buches als Unterrichtsmaterial erscheinen. Die Urheberschaft Ben Siras wird nur für drei Perikopen, 36,1-17; 51,13-29 und für die Litanei 51,12 in Frage gestellt.

3. Zur Person des Ben Sira und seinem historischen Kontext.

Zwei Angabe sind für die Datierung des Buches von besonderer Bedeutung: der Enkel Ben Siras nennt das 38. Regierungsjahr des Euergetes (Ptolemaios VIII) als Jahr der Abfassung seines Werkes. Ben Sira selbst ist als sein Großvater ins beginnende zweite Jahrhundert zu datieren. Die Nennung des Hohenpriesters Simon erlaubt eine genauerer Eingrenzung auf die Jahre um 190 v. Chr.

Ben Sira selbst darf als aus der gebildeten Oberschicht herkommend betrachtet werden. Marböck rechnet ihn zum Kreis der schriftgelehrten Weisen, der, ohne selbst Priester zu sein, Achtung vor der Priesterschaft und dem Gesetz fordert.[10] Hinweise in 51,23 lassen annehmen, dass er eine „private weisheitliche Schule leitete“[11]. Lehrer einer institutionalisierten Schule war Ben Sira aber sehr wahrscheinlich nicht. Selbst wenn es ein Schulsystem schon gegeben haben sollte, was erst im 1. Jh. vor Chr. nachweisbar ist, war die Elementarbildung nicht das Feld, auf dem Ben Sira als Weisheitslehrer gewirkt hat.[12]

Großes Thema Ben Siras ist die kritische Auseinandersetzung mit den Einflüssen, die der Hellenismus auf das Judentum zunehmend gewinnt. Politisch war Jerusalem seit langem fremdbestimmt. Dem babylonischen Exil und der Bevormundung durch die Babylonier in Jerusalem folgte die vergleichsweise maßvolle Perserherrschaft die mit der Eroberung Palästinas durch Alexander den Großen endete. Die religiösen Privilegien, die schon die Perser den Juden zugestanden hatten, wurden auch von Alexander und seinen Nachfolgern, den Ptolemäern, gewährt. Durch die ständigen Auseinandersetzungen zwischen Ptolemäern und Seleukiden, an deren Ende wieder ein Herrschaftswechsel im Jahr 198 v. Chr. stand, wurde Palästina kaum berührt und konnte sich gut entwickeln.[13] Zur Zeit der heftigen Zusammenstöße zwischen Makkabäern und den Seleukidenherrschern war das Werk Ben Siras bereits beendet.

4. Die literarischen Gattungen in Jesus Sirach

Andere Bücher der Weisheitsliteratur, wie Hiob oder das Buch der Sprüche, zeigen entweder eine mehr oder minder zusammenhängende Handlung oder eine zusammenhangslose Spruchsammlung. Jesus Sirach dagegen zeichnet sich durch eine zusammenkomponierte Ordnung von prinzipiell isolierbaren Perikopen aus. Diese Perikopen stellen dabei für sich betrachtet Beispiele der verschiedensten literarischen Gattungen dar, die in dieser Vielfalt in keinem anderen Weisheitsbuch zu finden ist. Dennoch steht Jesus Sirach ungebrochen in alttestamentlicher Tradition. Zwei drittel der von ihm gewählten literarischen Formen begegnen bereits in der älteren israelitischen Weisheit. Genannt seinen hier der weisheitliche Einzelspruch, der kurze Mahnspruch, Zahlensprüche, Vergleiche, Segenssprüche Rätselfragen, aber auch Hymnen, Lehrgedichte.[14] Über diese „klassischen“ literarischen Gattungen hinaus lässt er aber auch fremde Formen einfließen. Es finden sich prophetische Heilsverheißungen, die Totenklage und einen Hymnus der stark an ägyptische Isis-Aretalogien erinnert. Erwähnt werden weiterhin ein Bauernlied und ein Trinklied. Diese fremden Gattungen machen nach W. Baumgartner immerhin mehr als ein Viertel des Buches aus.[15] Einzelne Beispiele für diese Gattungen sollen hier genauer betrachtet werden.

[...]


[1] Der Text der Jerusalemer Bibel, der sich auf den revidierten Text des Herder-Kommentars stützt, wählt für das Buch Jesus Sirach die Lesart der Septuaginta.

[2] Sauer 40f.

[3] Vgl. Marböck, Sirachbuch, 308

[4] Vgl. Marböck, Das Buch Jesus Sirach, 364

[5] Marböck, Sirachbuch, 311

[6] Sauer 35

[7] Sauer 35

[8] Marböck, Das Buch Jesus Sirach, 365

[9] Vgl. ebd. 367

[10] Vgl. Marböck, Sirachbuch, 310

[11] Marböck, Sirachbuch, 310

[12] Vgl. Wischmeyer 176

[13] Vgl. Wilcke 244

[14] Vgl. Preuß 140

[15] Vgl. Baumgartner 192

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Über das Buch Jesus Sirach
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Katholisch-Theologische Fakultät)
Veranstaltung
Weisheitsliteratur im Alten Testament
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V11974
ISBN (eBook)
9783638179973
Dateigröße
1331 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufbau, Entstehung, literarische Gattungen, Isisaretalogie
Arbeit zitieren
Joachim Pautz (Autor:in), 2003, Über das Buch Jesus Sirach, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11974

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