Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Kritik an der Religionssoziologie
2. Thesen
3. Allgemeine theoretische Probleme
4. Von der Artikulierung eines heiligen Kosmos zur Spezialisierung einer Institution
5. Folgen der Spezialisierung einer Institution
6. Literaturangabe
Thomas Luckmann, „Die unsichtbare Religion“
1. Kritik an der Religionssoziologie
Luckmann beginnt seinen Aufsatz mit einer recht harten Kritik an der Religionssoziologie. Er wirft den Forschern „theoretische Verarmung“[1] und „methodoloische Unzulänglichkeit“[2] vor. Seiner Meinung nach beschränkten sich die Untersuchungen der Soziologen auf reine Datenerhebungen und stellten somit ein vollkommen unangemessenes Bild der Beziehung zwischen der Kirche und dem Einzelnen dar[3].
Eine solcher Weg der Analyse sei nur aus Sicht der Kirche akzeptabel. Weiter äußert Luckmann seine Kritik an der Untersuchung von Kirchenbesuchszahlen, denn Kirchlichkeit sei „nur ein – vielleicht nicht einmal das wichtigste - Merkmal“[4], das die Säkularisierung beschreiben oder erklären könnte.
Trotzdem erkennt Luckmann einige wenige Erkenntnisse an, obwohl er darauf hinweist, dass diese Untersuchungen weitaus differenzierter durchgeführt werden sollten und z. Bsp. auch „unterschiedliche Berufsgruppen“[5] und „Gesellschaftsklassen“[6] berücksichtigt werden sollten.
2. Thesen
Nach Luckmanns Auffassung wurde die Kirche an den Rand der Gesellschaft gedrückt und läßt sich heute nicht mehr mit einer modernen Industriegesellschaft vereinen. Die Kirche überlebe nur noch in Gruppen, die sich auch weiterhin mit den traditionellen Werten, die die Kirche vertritt, identifizieren kann. Weiterhin vertritt Luckmann die These, dass die Kirche sich nicht an die Moderne anpassen könne. Denn dadurch verlöre sie ihr Sinnsystem und letztendlich die Berechtigung der Existenz.
3. Allgemeine theoretische Probleme
Der wichtigste Ausgangspunkt von Luckmanns Überlegungen ist, die Widerlegung der Annahme „der Gleichsetzung von Kirche und Religion“[7]. Denn in Luckmanns Verständnis von Religiosität bedeutet Religion nicht gleich auch Christentum, sondern geht es ihm vielmehr um, die individuelle Religion des Einzelnen.
Doch wie entwickelt sich diese Religion? Um seine Theorie verständlich zu machen, beginnt Luckmann am Anfang der menschlichen Entwicklung und erklärt zunächst allgemeine theoretische Probleme:
Der Mensch sammelt Erfahrungen und Erinnerungen und teilt diese mit seinen Mitmenschen. In dieser Face – to – Face – Situation[8] konstruiert er Sinnsysteme [9] , indem er seine Erfahrungen deutet und interpretiert und seinen Handlungen eine Sinn verleiht. Durch diesen Austausch mit Anderen entwickelt der Einzelne ein Bewußtsein und ein Gewissen und wird so zu einem Individuum. Dieses Individuum hat nun die „Möglichkeit, seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in eine [ ... ] Biographie zu integrieren“[10].
[...]
[1] Zitiert aus: Thomas Luckmann, Die unsichtbare Religion, Frankfurt a. M. ( 1991 ), S. 62.
( Im folgendem als: Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion )
[2] Zitiert aus: Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 62.
[3] Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 58.
[4] Zitiert aus: Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 62.
[5] Zitiert aus: Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 65.
[6] Zitiert aus: Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 65.
[7] Zitiert aus: Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 55.
[8] Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 83.
[9] Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 85.
[10] Zitiert aus: Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion, S. 85.
- Arbeit zitieren
- Melanie Lauer (Autor:in), 2003, Thomas Luckmann - Die unsichtbare Religion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11985
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Kommentare
Korrektur.
Sehr geehrte Melanie Lauer,
von S. 5 an geben Sie mehrfach das Stichwort "heiliger Kosmos" an. Auf Seite 80 des Luckmann-Suhrkamp-Büchleins steht aber zweimal eindeutig "religiöser Kosmos". Erstaunlich, dass dies Ihrem Professor nicht aufgefallen ist.
MfG: Siegmar Faust