Josef Emmanuel Sieyes bringt im Januar 1889 eine kleine Schrift auf den Markt, in der sein Name zunächst nicht genannt wird. In den Monaten vor der französischen Revolution erscheinen mehrere derartige Schriften und Sieyes wird durch sein populäres Werk, beim dritten Nachdruck erscheint sie unter seinem Namen, mehr und mehr bekannt. Sein Werk ,,Was ist der Dritte Stand" entwickelt sich zur politischen Kampfschrift. Seine Arbeit ragt unter den anderen Kampfschriften seiner Zeit dadurch heraus, daß Sieyes sehr grundsätzlich argumentiert und in seinem Werk, weit über das bestehende System hinaus Perspektiven entwickelt. Er beschreibt ein System für die Nation Frankreich, das den Bedürfnissen der Menschen in Frankreich gerecht werden soll und das alte Ancien Regime mit seinen Ständen und Privilegien, der Monarchie und den systembedingten Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten ersetzen soll. Eine repräsentative Republik, die die Nation integrieren soll und den Bürgern eine von ihnen getragene Politik gibt, soll an die Stelle der Monarchie treten, die ihre Bedürfnisse befriedigt und sie vor Willkür schützt, dadurch daß die Politik den Willen der Nation widerspiegelt und sich von ihm leiten läßt.
Zunächst definiert Sieyes den Dritten Stand. Zu diesem Zweck untersucht er die Lebensgrundlage der Nation. Dabei stellt er fest, daß alle notwendigen Arbeiten die zum Unterhalt einer Nation beitragen, in Frankreich vom Dritten Stand erledigt werden. Der Dritte Stand trägt alle Lasten der Nation, von der Ernährung durch die Landwirtschaft über Handwerk (Verarbeitung) und Handel (Dienstleistungen) bis hin zum Militärdienst und Verwaltung (Soldaten und Beamte). Dadurch kommt Sieyes zu der Schlußfolgerung, daß der Dritte Stand auch ohne die beiden privilegierten Stände (Adel und Klerus) schon eine komplette Nation bildet. Das einzige was der Dritte Stand nicht besitzt, sind seine politischen Freiheiten und Rechte.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist der Dritte Stand?
- Der Dritte Stand als die wahre Nation
- Der Adel als unproduktive Kaste
- Der Klerus als Beruf innerhalb des Dritten Standes
- Die politische Situation des Dritten Standes
- Der politische Führungsanspruch des Adels
- Die Unterrepräsentation des Dritten Standes in den Generalständen
- Die Forderungen des Dritten Standes
- Die Zusammensetzung der Stellvertreter
- Die Zahl der Abgeordneten
- Die Abstimmung in den Generalständen
- Die Bildung der Nation
- Die erste Epoche: Individuen und der Wille zur Vereinigung
- Die zweite Epoche: Der gemeinschaftliche Wille und die Bildung des Staates
- Die dritte Epoche: Die Ausübung der Macht durch die Regierung
- Die Notwendigkeit einer Verfassung
- Die Verfassung als Vertrag zwischen Nation und Regierung
- Die Nation als oberste Instanz
- Die Kontrolle der Repräsentanten durch die Nation
- Die außerordentliche Versammlung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Sieyes' Schrift „Was ist der Dritte Stand?“ ist eine politische Kampfschrift, die die bestehenden Machtstrukturen in Frankreich in Frage stellt und eine neue politische Ordnung fordert.
- Die Definition des Dritten Standes als die wahre Nation
- Die Kritik an den Privilegien des Adels und des Klerus
- Die Forderung nach einer repräsentativen Republik
- Die Rolle der Verfassung in der neuen politischen Ordnung
- Die Bedeutung der Volksherrschaft und der Kontrolle der Regierung durch das Volk
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel definiert Sieyes den Dritten Stand als die tragende Säule der französischen Gesellschaft. Er argumentiert, dass der Dritte Stand, im Gegensatz zum Adel und Klerus, die gesamte Arbeit verrichtet, die zum Unterhalt der Nation notwendig ist. Dadurch bildet der Dritte Stand bereits eine komplette Nation, der lediglich die politischen Freiheiten und Rechte fehlen.
Das zweite Kapitel widmet sich der politischen Benachteiligung des Dritten Standes. Sieyes kritisiert die Behauptung des Adels, politische Macht aufgrund der Abstammung zu besitzen, und zeigt auf, dass der Dritte Stand in den Generalständen unterrepräsentiert ist und seine Interessen nicht ausreichend vertreten werden.
Im dritten Kapitel diskutiert Sieyes die Forderungen des Dritten Standes in Bezug auf die Zusammensetzung, die Zahl und das Abstimmungsrecht der Abgeordneten in den Generalständen. Er fordert eine gerechtere Repräsentation des Dritten Standes und eine Abkehr von der ständischen Ordnung.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit Sieyes' Vorstellung von der Bildung der Nation. Er gliedert diesen Prozess in drei Epochen und betont dabei die Bedeutung des gemeinschaftlichen Willens und der Volksherrschaft. Er plädiert für eine repräsentative Regierungsform, die die Interessen des Volkes widerspiegelt und gleichzeitig die Einheit der Nation stärkt.
Im sechsten Kapitel argumentiert Sieyes für die Notwendigkeit einer Verfassung, die als Vertrag zwischen Nation und Regierung die Grundlage für eine gerechte und stabile politische Ordnung bildet. Die Nation als oberste Instanz soll die Macht besitzen, die Verfassung zu schaffen und zu ändern.
Das siebte Kapitel befasst sich mit der Notwendigkeit einer außerordentlichen Versammlung, die von der ganzen Nation gewählt wird, um die Verfassung zu erarbeiten. Sieyes schlägt eine Struktur vor, die eine breite Beteiligung des Volkes an diesem Prozess ermöglicht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter, die den Inhalt der Schrift „Was ist der Dritte Stand?“ prägen, sind: Dritter Stand, Nation, Adel, Klerus, Repräsentation, Verfassung, Volksherrschaft, politische Ordnung, Generalstände. Sieyes' Werk befasst sich mit der Kritik am bestehenden System, der Forderung nach einer neuen politischen Ordnung, die auf der Volksherrschaft und einer gerechten Repräsentation des Volkes basiert, und der Rolle der Verfassung als Grundlage für eine stabile und nachhaltige Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Werner Schima (Autor:in), 1997, Josef Emmanuel Sieyes: Was ist der dritte Stand?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1200