Dem Johanniterorden gelang es, dauerhaft eine eigene Landesherrschaft in der Ägäis aufzubauen. Durch die Eroberung von Rhodos und den umliegenden Inseln wurden viele griechisch-orthodoxen Griechen, Lateiner und andere Bevölkerungsgruppen zu Untertanen der Johanniter. Die zentralen Fragen, die in dieser Arbeit nachgegangen werden, sind vor allem, ob die Johanniter fürsorgliche Herrscher waren und wie das Verhältnis der verschiedenen Untertanengruppen a) zu den Johannitern und b) untereinander war. Waren die Bürger gleichberechtigt oder gab es Eliten unter ihnen?
Der Forschungsstand und die Literaturlage zu diesem Thema scheint einseitig. Da die Hauptquellen, hier vor allem die jüngere capitula Rhodi, im weiteren Pragmaticae Rhodiae genannt, nicht ediert ist und nur als Exemplar in der National Library of Malta (NLM) vorliegt, muss im Rahmen dieser Arbeit verstärkt auf die Sekundärliteratur zugegriffen werden. Als edierte Quelle liegt die Stabilimenta Rhodiorum militum vor, eine umfangreiche Edition zu den Statuten des Johanniterordens von 1493. Zu Recht lässt sich behaupten, dass dieser Bereich der Johannitergeschichte bislang wenig erforscht ist, denn Barz hat in seiner letzten Monographie (a.a.O.) keine Kenntnis, dass es neben der älteren Capitula Rhodi auch die neuere gibt. Somit bleibt als zentrales Hauptwerk die Monographie von Sarnowsky (a.a.O.), der auch in verschiedenen Aufsätzen ähnlichen Fragen nachgeht.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Untertanen des Johanniterordens – Möglichkeiten der Partizipation
2.1. Ämterbesetzung
3. Vorschriften des Johanniterordens: Das „Strafgesetzbuch“ in der Pragmaticae Rhodiae
4. Der Unterschied zwischen den Untertanengruppen – Lateiner, Griechen und andere
4.1. Die servitudo marina – Ein Beleg für Disparität im Umgang mit Untertanen?
4.2. Der Einfluss der Kirche(n) auf die Untertanen der Johanniter
5. Zusammenfassung
6. Literatur
1. Einleitung
Dem Johanniterorden gelang es, dauerhaft eine eigene Landesherrschaft in der Ägäis aufzubauen.1 Durch die Eroberung von Rhodos und den umliegenden Inseln wurden viele griechisch-orthodoxen Griechen, Lateiner und andere Bevölkerungsgruppen zu Untertanen der Johanniter. Die zentralen Fragen, die in dieser Arbeit nachgegangen werden, sind vor allem, ob die Johanniter fürsorgliche Herrscher waren und wie das Verhältnis der verschiedenen Untertanengruppen a) zu den Johannitern und b) untereinander war. Waren die Bürger gleichberechtigt oder gab es Eliten unter ihnen?
Der Forschungsstand und die Literaturlage zu diesem Thema scheint einseitig. Da die Hauptquellen, hier vor allem die jüngere capitula Rhodi, im weiteren Pragmaticae Rhodiae genannt, nicht ediert ist und nur als Exemplar in der National Library of Malta (NLM) vorliegt, muss im Rahmen dieser Arbeit verstärkt auf die Sekundärliteratur zugegriffen werden. Als edierte Quelle liegt die Stabilimenta Rhodiorum militum vor, eine umfangreiche Edition zu den Statuten des Johanniterordens von 1493. Zu Recht lässt sich behaupten, dass dieser Bereich der Johannitergeschichte bislang wenig erforscht ist, denn Barz hat in seiner letzten Monographie (a.a.O.) keine Kenntnis, dass es neben der älteren Capitula Rhodi auch die neuere gibt. Somit bleibt als zentrales Hauptwerk die Monographie von Sarnowsky (a.a.O.), der auch in verschiedenen Aufsätzen ähnlichen Fragen nachgeht.
Der diskutierte Zeitraum beschränkt sich auf das letzte Jahrhundert der Johanniter auf Rhodos (1421 – 1522). Zunächst werden die verschiedenen Untertanen der Johanniter präsentiert und klassifiziert, sowie ihre Möglichkeit an Partizipation erläutert. Anschließend werden die diversen Ämter erörtert, sowie die Art der Besetzung erklärt. Darauf folgt ein Kapitel, in dem versucht wird, zu untersuchen, ob und wie die verschiedenen Untertanen miteinander umgegangen sind und ob sie gleichberechtigt waren oder nicht. Geklärt werden soll dies am Beispiel der servitudo marina. Abschließend folgt eine kurze Exkursion zur Institution Kirche.
2. Die Untertanen des Johanniterordens – Möglichkeiten der Partizipation
Es findet sich in der Sekundärliteratur häufig die Unterscheidung der Untertanen nach ihrer religiösen Herkunft, einerseits die Lateiner und andererseits die orthodoxen Griechen sowie Untertanen anderer Herkunft, etwa Juden oder Sklaven und weitere Unfreie.2 Die Untertänigkeit ergibt sich aus der landesherrschaftlichen Stellung der Johanniter, die ihre Untertanen zu Gehorsam und zur Leistung von Abgaben und Diensten verpflichteten. Das war jedoch nur die eine Seite der Medaille, genossen die Untertanen doch Schutz und Fürsorge der Johanniter, etwa Sicherheit im Kriegsfall oder Maßnahmen nach Naturkatastrophen zugunsten der Untertanen.3 Überliefert ist hier der Fall der erfolgreichen Abwehr des osmanischen Angriffs von 1480, wonach die Bewohner der Inseln nach dem Ende der Belagerung unter anderem Getreide vom Schatz und eine teilweise Abgabenbefreiung wegen ihrer Treue zum Orden erhielten.4
Eine weitere Pflicht zum Gehorsam – Sarnowsky bezeichnet dies als Fürsorge – erstellten die Johanniter mit den Bestimmungen über das Verhältnis zwischen dem Orden und seinen Untertanen in der jüngeren capitula Rhodi, die im Februar 1510 auf Befehl von fr. Émery d’Amboise verkündet wurden und allgemein als Pragmaticae Rhodiae bekannt sind.5 Der Orden reagierte damit auf die Veränderungen seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts und ließ vor allem die allgemeinen stadtund landesherrlichen Verordnungen von Meister und Rat mit einfließen.
Meister und Rat hielten nach den Caoursinschen Statuten immer freitags6 öffentliche „Audienzen“ ab, zu denen alle Untertanen kommen konnten und ihr Leid und ihr Bitte vortragen durften. Dort wurde dann nach Dringlichkeit unterschieden und anschließend diskutiert und geurteilt. Wichtig hierbei scheint „ […] ut cuique ius suum tribuatur “7, also dass jedem sein Recht zukommt. Teilnehmer des Ordens waren neben dem Meister die Konventualund Kapitularbaillis, die Vertreter der Zungen und der Kanzler, nach der Fassung von 1489 zusätzlich der Kastellan von Rhodos, der Bailli des commerchium und die beiden Richter (iudex ordinarius und iudex appellationum).8
Zu den eingangs erwähnten Abgaben ist z.B. die Rede von zusätzlichen Abgaben für eine bessere Verteidigung von Rhodos gegen seine islamischen Gegner, wobei hervorzuheben ist, dass die Abgabe „mit deren Zustimmung und Willen, mit wechselseitigem, reifen und wohl- überlegtem Rat beschlossen“9 wurde. Im März 1464 ist auf einer Urkunde eine Versammlung überliefert, auf der über den Ausbau der Gräben und Wälle zur Befestigung der Stadt diskutiert wurde. Auf Italienisch (als lingua franca), also einer dem Volk verständigen Sprache, wurde verkündet, dass für die Finanzierung des Ausbau der Befestigungen im Hafen freiwillig mehr zahlt, nämlich „ uno per centenaro ultra lo derecto de due per centenaro “10, also einen pro Hundert über die Abgabe von zwei pro Hundert hinaus. Es wurde dennoch nicht nur über Abgaben diskutiert. Zweifellos hatten die Untertanen Gelegenheiten, allgemeine Fragen zu stellen. Die Pflicht zum Gehorsam aller Untertanen wurden in den Statuten festgelegt, dort heißt es, dass diejenigen, „die zu Bürgern gemacht und dem Orden unterstellt werden, wurden als Getreue aufgenommen und sie haben den höchsten Orden/Glauben sowie den Herrn anerkannt. Wir beschließen daher, dass alle Männer, welchen Standes sie auch immer sein mögen, die in Rhodos die Ehe geschlossen haben, dem Meister und dem Orden den Diensteid in Treue und (vasallischer) Anerkennung gaben sowie echte Bürger sind, angehalten werden, sich als Unterstellte und Vasallen auszuzeichnen.“11
2.1. Zur Ämterbesetzung
Einmal jährlich, am 1. September, fanden unter der Leitung des Kastellans Versammlungen statt, die fest in der Pragmaticae Rhodiae verankert sind. Sie hatten einen repräsentativen Charakter, da hier mit den Stimmen der Bürger und der Amtsträger jeweils zwei Lateiner und zwei Griechen zu jurati dala terra, zu Vertretern der Bevölkerung, gewählt wurden.12 Sie waren in erster Linie für die Lebensmittelversorgung der Stadt zuständig. Es oblag ihnen die Überwachung der Vorräte an Getreide und anderen Lebensmitteln und hatten bei einem Mangel sofort den Meister zu informieren. Weiterhin waren sie für die Einhaltung der Gewichte und Maße zuständig und kontrollierten einmal im Monat die Waren und Dienstleistungen der Händler und Handwerker.13 Der Bericht hierüber erfolgte mindestens alle drei Monate an den Kastellan. Besonderes wichtig war die Qualität und das Gewicht des Brots. Selbstverständlich wurden auch die Arzneimittel mehrfach im Jahr – wie es bei Sarnowsky heißt – kontrolliert, sie sollten schließlich der Gesundheit der gesamten Bevölkerung dienen. Jeweils am Anfang des Jahres bestimmten die jurati zusammen mit dem Kastellan und den Richtern den Bedarf an Gütern und legten die Kriterien für Preis und Qualität von Waren fest.14
[...]
1 Vgl. Sarnowsky, Landesund Stadtherren, a.a.O., S.1.
2 Die Einteilung findet sich z.B. bei Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O.
3 Vgl. Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., Kap. V.1.a. Fußnote 2.
4 Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., Kap. V.1.a. Fußnote 3.
5 Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., Kap. V.1.a, S.345
6 Vgl. Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., Kap. V.1.a, S.346.
7 Nach NLM Libr. 244, zitiert aus Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., Kap. V.1.a, Fußnote 8, S.346.
8 Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., S.346.
9 Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., S.347.
10 NLM Arch.379, zitiert aus Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., S.347.
11 Im Text des Statuts heißt es: Ratio dictat et suadet: qui cives et subditi ordinis efficiuntur, fideles reddantur et religionis superiorem tanquam dominum recognoscant. Iubemus itaque, quod omnes viri, cuiuscunque conditionis fuerint, qui in Rhodo matrimonium contraxerint, magistro et religioni sacramentum fidelitatis et homagii tamquam veri cives, subditi et vasalli prestare teneantur. De magistro VIII. Stabilimenta Rhodiorum militum, a.a.O.
12 Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., S.348.
13 Vgl. Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., S.349 und vgl. Sarnowsky, Pragmaticae Rhodiae, a.a.O., S.13.
14 Sarnowsky, Macht und Herrschaft, a.a.O., S.350. Vgl. ebd. Fußnote 23: NLM Libr. 153, fol. 40v-42v. Dort ist es so formuliert: Lo castellano, judice et li jurati una volta l’anno che serà ali due di Gennaro habino a dare la taxa à tutti li artefici, li quali vendino oltra la loro opera qualche mercantia, la quale sole salire e scendere secondo la
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