Imagewandel einer Destination durch die Auszeichnung zur Europäischen Kulturhauptstadt

Das Beispiel "Kulturhauptstadt Chemnitz 2025"


Bachelorarbeit, 2021

54 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einführung in die Thematik
1.1 Forschungsziel
1.2 Aufbau der Arbeit

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Die Bedeutung von Identität
2.2 Die Bedeutung von Stadtimage
2.3 Identität und Image im Stadtmarketing
2.4 Die Herausforderung des Imagewandels

3. Kultur in der Stadt

4. Die Europäische Kulturhauptstadt
4.1 Ideen und Hintergründe
4.2 Zielsetzungen

5. Die Europäische Kulturhauptstadt vor dem Hintergrund der Festivalisierung

6. Auswirkungen und Effekte ehemaliger Europäischer Kulturhauptstädte
6.1 Indikatoren und Wirkungsbereiche
6.2 Auswirkungen auf das Image
6.3 Kulturelle Auswirkungen
6.4 Ökonomische Auswirkungen
6.5 Soziale Auswirkungen
6.6 Physische Auswirkungen
6.7 Politische Auswirkungen

7. Das Beispiel „Europäische Kulturhauptstadt Chemnitz 2025“
7.1 Geschichtlicher Rückblick der Stadt Chemnitz
7.2 Image der Stadt Chemnitz
7.3 Konzepte und Strategien der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025
7.3.1 Bürger:innenbeteiligung im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung
7.3.2 Primäre Ziele und Strategien
7.4. Die “Europäische Kulturhauptstadt 2025“ als Ansatz städtischen Imagewandels
7.4.1 Stadtkultur und Stadtverhalten
7.4.2 Stadtdesign und Branding
7.4.3 Stadtkommunikation

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht der bisherigen Kulturhauptstädte (eigene Darstellung nach Habit 2011)

Tabelle 2: Potentiale und Risiken des Kulturhauptstadtjahres (eigene Darstellung nach Schwark 2010)

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Corporate Identity Strategie (eigene Darstellung nach Lamkemeyer 2005 und Koch 2006)

Abb. 2: Stadtidentität und Stadtimage (Koch 2006)

Abb. 3: Einflussgrößen des Stadt-Images (Lamkemeyer 2005 nach Ganser 1970)

Abb. 4: Zielsetzungen der Europäischen Kulturhauptstädte Europas 1995 bis 2004 (Palmer 2004)

Abb. 5: Aufstellung der Indikatoren einer Kulturhauptstadt Europas (Garcia/Cox 2013)

Abb. 6: Verteilung der kulturhauptstadtbezogenen Presseberichterstattung in den einzelnen Ländern in Prozent nach Jahr (Garcia/Cox 2013)

Abb. 7: Entwicklung der Besucher:innenanzahl im Verhältnis zum Kulturhauptstadtjahr (Gracia/Cox 2013)

Abb. 8: Überblick über dem Umfang des Freiwilligenengagements im Rahmen der Veranstaltungen "Kulturhauptstadt Europas" 1998 bis 2012 (Garcia/Cox 2013)

Abb. 9: Bevölkerungsentwicklung der Stadt Chemnitz ab 1840 (Grossmann 2007 nach "Statistisches Jahrbuch" der Stadt Chemnitz Bürgermeisteramt 2002)

Abb. 10: Karl-Marx-Monument (mdr)

Abb. 11: Dimensionen des Bevölkerungsrückgangs in Chemnitz (Grossmann 2007 nach "Statistisches Jahrbuch" Stadt Chemnitz Bürgermeisteramt 1992-2002)

Abb. 12: Ausschnitt der genannten Problemfelder im Rahmen der kommunalen Bürgerumfrage der Stadt Chemnitz 2020 (Stadt Chemnitz 2021)

Abb. 13: Vier Strategische Ziele der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 (Becht et al. 2021)

Abb. 14: Chemnitz Stadt der Moderne (Stadt Chemnitz)

Abb. 15: Chemnitz Kulturhauptstadt Europas 2025 (Chemnitz 2025)

1. Einführung in die Thematik

1.1 Forschungsziel

Die Auszeichnung zur Europäischen Kulturhauptstadt gilt nicht, wie vielleicht vorerst zu vermuten, als Auszeichnung für kulturelle Gegebenheiten der betreffenden Stadt, sondern als mögliche Chance zur Entwicklung von Städten. Der Titel ‚Kulturhauptstadt Europas‘ verspricht den ernannten Städten neben positive Entwicklungen im kulturellen, ökonomischen, sozialen und politischen Bereich auch Möglichkeiten, um das Image der Stadt zu wandeln. Insbesondere die Kultur spielt bei der Programmgestaltung des Kulturhauptstadtjahres eine wichtige Rolle und hat sich dadurch mittlerweile zu einem wichtigen Standortfaktor etabliert (Fuchs 2006: 44). Unter dem Gesichtspunkt eines Imagewandels spielt die Schaffung von raumbezogenen Identitäten eine wichtige Rolle. Im Stadtmarketing spricht man hier von einer sogenannten Corporate Identity Strategie. Unter anderem kann die Identität einer Stadt mithilfe geeigneter Kommunikationsstrategien beeinflusst werden, welche die Wahrnehmung auf eine Stadt und dadurch das Stadtimage prägen (Koch 2006: 65 f.). Ehemalige Kulturhauptstädte Europas berichten sowohl über langfristige als auch kurzfristige Erfolge, die in vielzähligen Bereichen erreicht wurden. Zugleich wird über Herausforderungen und Problemen in Bezug auf das Kulturhauptstadtkonzept und städtischen Entwicklungen berichtet. Dabei ist festzuhalten, dass mithilfe des Titels zur Europäischen Kulturhauptstadt insbesondere langfristige Auswirkungen und Erfolge nach dem Kulturhauptstadtjahr angestrebt werden, um das neu etablierte Image der Stadt langfristig zu erhalten. Die Beweggründe und Motivationen der Städte, die sich als Kulturhauptstadt Europas bewerben, könnten dabei nicht unterschiedlicher sein. Ein wesentlicher Anreiz der Städte ist vor allem die Hoffnung auf eine internationale Profilierung (Palmer 2004: 49).

Die vorliegende Bachelorarbeit beschäftigt sich nun mit der Frage, inwieweit eine Destination ihr Image – am Beispiel der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 – durch die Auszeichnung zur Europäischen Kulturhauptstadt wandeln kann. Dabei werden folgende zwei Forschungsfragen näher untersucht:

1. Welche Auswirkungen und Effekte hat die Auszeichnung zur Kulturhauptstadt Europas auf die Gastgeberstadt?
2. Inwieweit kann die Auszeichnung zur Europäischen Kulturhautstadt 2025 der Stadt Chemnitz für einen Imagewandel helfen?

Das Ziel der Arbeit ist es somit, die Auswirkungen, die mit dem Titel der Europäischen Kulturhauptstadt verbunden sind, darzulegen und anschließend im Detail auf den erhofften Imagewandel der neu erwählten Kulturhauptstadt Chemnitz für 2025 einzugehen.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die Herangehensweise an das Thema „Imagewandel einer Destination durch die Auszeichnung zur Europäischen Kulturhauptstadt. Das Beispiel Kulturhauptstadt Chemnitz 2025“ beginnt mit theoretischen Grundlagen und der Definition elementarer Begriffe. Dazu zählt insbesondere die Bedeutung von städtischer Identität und Stadtimages sowie kulturelle Ausprägungen in der Stadt. Im Anschluss werden die Ideenansätze und Hintergründe der Kulturhauptstadtinitiative sowie die priorisierten Zielsetzungen ehemaliger Europäischer Kulturhauptstädte dargelegt. Das Kapitel 5 zeigt im Anschluss die Auswirkungen der Europäischen Kulturhauptstadt vor dem Hintergrund der Festivalisierung, sowie daraus resultierende Chancen und Risiken des Kulturhauptstadtjahres.

Die Frage nach allgemeinen Auswirkungen und Effekte, die eine Auszeichnung zur Kulturhauptstadt Europas auf eine Stadt hat, wird folglich im Kapitel 6 beantwortet. Dabei werden Auswirkungen auf das Image, den kulturellen, den wirtschaftlichen, sozialen, physischen und politischen Bereich anhand ehemaliger Europäischer Kulturhauptstädte dargestellt.

Der Abschnitt 7 setzt sich daraufhin intensiv mit dem Beispiel der Europäischen Kulturhauptstadt Stadt Chemnitz 2025 auseinander. Ein besonderer Fokus der Arbeit liegt hier auf dem historischen Hintergrund der Stadt Chemnitz, dem aktuellen Image der Stadt sowie das bisherig ausgearbeitete Kulturhauptstadtkonzept für 2025. Inwieweit der Titel zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 für die Stadt als Ansatz städtischen Imagewandels fungiert und inwieweit es sich um einen kurzfristigen oder langfristigen Effekt handelt, wird abschließend näher analysiert. Dabei steht insbesondere die Schaffung von Identität im Vordergrund.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Die Bedeutung von Identität

Die Identität einer Stadt ist ein wichtiger Bestandteil von Kommunen in der städtischen Entwicklung. Kulturelle Events und Veranstaltungen nehmen dabei einen entscheidenden Einfluss auf die Identität und das Image einer Stadt.

Das Phänomen der Stadtidentität hat seinen Ursprung in der sogenannten Corporate Identity Strategie, welche das Leitbild einer Stadt darstellt und folglich seine Kommunikation, sein Verhalten, sein Erscheinungsbild und die Stadtkultur festlegt. Grundlegend reflektiert das städtische Leitbild die raumbezogene Identität und beeinflusst dadurch das Handeln innerhalb der Stadt. Die Identität besitzt dabei einen vielfältigen und individuellen Charakter und spiegelt letztlich die Qualität und Wirklichkeit einer Stadt wider (Hilber 2012: 19). Die Imagebildung ist dabei ein wesentlicher Bestandteil eines Leitbildes, wobei dieses von der Schaffung einer einheitlichen Identität abhängig ist (Koch 2006: 61 ff.).

Auf Basis der Corporate Identity Strategie ist es möglich, Stadtimages zu realisieren und Stadtmarketingansätze zu verbessern. Nach Kutschinski-Schuster (1993) setzt sich die C orporate Identity S trategie aus vier Komponenten zusammen (vgl. Abb. 2). Auf Grundlage der Stadtkultur ( Corporate Culture ) wird der kulturelle Ist-Zustand einer Kommune dargestellt. Dazu zählen bestimmte Normen, Sitten, Gebräuche, Werthaltungen und Mentalitäten in der Stadt. Die Bedeutung des Kulturbegriffs sowie dessen Ausprägungen in der Stadt werden im folgenden Kapitel 3 näher erläutert. Das Stadtverhalten ( Corporate Behavior ) greift die lokalen Traditionen und Verhaltensweisen auf und spiegelt diese in der Stadtkultur wider, wodurch eine raumbezogene Identität geschaffen wird. Ein visuelles Abbild der Kommune kann mithilfe eines geeigneten Stadtdesigns ( Corporate Design ) wie beispielsweise in Form eines Symbols oder Logos geschaffen werden, um eine Illustration der Stadt zu erreichen. Dies wird häufig in Form von Stadtslogans und anderer Imagekampagnen umgesetzt. Grundsätzlich sollte hier darauf geachtet werden, dass das Stadtdesign nachvollziehbar und verständlich bleibt. Das Instrument der Stadtkommunikation ( Corporate Communication ) ist letztlich ein elementares Instrument im Stadtmarketing und umfasst alle Elemente der Öffentlichkeitsarbeit, der Werbung und der Inszenierung von Veranstaltungen (Koch 2006: 65 f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Stadtidentität und Stadtimage (Koch 2006)

Zusammenfassend beschreibt der Corporate Identity Ansatz die Zusammenhänge und Wechselwirkungen von Stadtkommunikation, Stadtkultur und Stadtdesign, die in ihrer Gesamtheit sowohl positive als auch negative Wahrnehmungen hinsichtlich des Stadtimages erzeugen können (Lamkemeyer 2005: 32). Aus diesem Grund spielen Stadtidentitäten insbesondere auch in städtebaulichen Entwicklungskonzepten eine wichtige Rolle und sollten daher integriert und wirkungsvoll umgesetzt werden.

2.2 Die Bedeutung von Stadtimage

Im Gegensatz zu dem Begriff Identität, welcher das Selbstverständnis einer Stadt beschreibt, meint der Begriff Stadtimage eine Vorstellung von einer Stadt, die sich über verschiedene Kommunikationswege im Bewusstsein der Menschen festigt. Lexikalisch wird der Begriff Image laut Leser (2005) wie folgt definiert: „das einer Person, einer Sache oder einem Raum zugeordnete Vorstellungsbild, das sich aus der Summe aller Urteile und Vorurteile über das Objekt ergibt“ (Leser 2005: 372). Das Image muss sofern nicht zwingend dem Realen übereinstimmen, sondern kann auch eine Auswirkung von raumwirksamen Handlungen sozialer Gruppen sein (Leser 2005: 372). Images erzeugen beim Menschen außerdem eine gewisse Wahrnehmung, die das Verhalten und auch deren Entscheidungen prägen können. Laut Scholz (1989) lässt sich der Begriff Image sogar in drei unterschiedliche Komponenten gliedern. Dazu zählt zum einen das Image als reales Abbild, das Image als eine ideelle Vorstellung und das Image als eine Einstellung zu einem bestimmten Meinungsgegenstand (Scholz 1989: 29). Auch wird das Stadtimage durch subjektive Vorstellungsbilder und Vorurteile geprägt, die durch eine bestimmte Stadtgeschichte und Stadtkultur hervorgerufen werden. Dadurch können wiederum unterschiedliche Assoziationen und Images entstehen, die die Stadt oder Region charakterisieren. Das Stadtimage projiziert dabei die Identität nach außen und schafft dadurch ein sogenanntes Fremdbild (Kutschinski-Schuster 1993: 23). Je nach geographischer Entfernung zur betrachteten Region, kann sich die Sichtweise und das Image von Städten ändern. Auch kann zwischen einem Fremd- und Eigenimage unterschieden werden. Während das Fremdimage von unbeteiligten Menschen außerhalb der Stadt geschaffen wird (Leser 2005: 253), wird das Eigenimage von direkt betroffenen Stadtbewohnern bzw. Imageträgern selbst gebildet (Leser 2005: 835). Folgende drei Komponenten werden dabei dem Image zugeschrieben, um die Schaffung von Vorstellungsbildern zu begründen (Konken 1996: 35 ff.):

-KognitiveKomponente: Tendenz komplexe Sachverhalte einfach darzustellen
-AffektiveKomponente: Bedürfnis einer Zuordnung bestimmter Emotionen gegenüber bestimmten Gegenständen oder Sachverhalten
-KonativeKomponente: Berücksichtigung der Wirkung eines meinungs- und verhaltensbestimmenden Bildes zugunsten der Handlungsfähigkeit (Konken 1996: 35 ff.)

Im Jahr 1970 wurde von Ganser (1970) erstmalig im deutschsprachigen Raum „die Bedeutung des Images als Einflussgröße in der Stadt- und Regionalentwicklung“ (Lamkemeyer 2005: 26) vorgestellt. Das Image ist seitdem insbesondere für eine Stadt von großer Bedeutung, da diese die Attraktivität einer Region zeigt und dadurch einen wichtigen Standortfaktor darstellt. Beeinflusst wird das Stadtimage von acht entscheidenden Einflussgrößen. Dazu gehören bestimmte Objekte, Bauwerke, Medien, Vorurteile, Situationen und Wahrnehmungen sowie die Menschen und ihre persönliche Einstellung (vgl. Abb. 3). Etwaige Stadtmarketingmaßnahmen und insbesondere die mediale Berichterstattung spielen bei der Imagebildung eine wichtige Rolle, da mithilfe positiver Medienberichterstattung das Image gestärkt und gefördert werden kann. (Konken 2004: 36). Das Stadtimage ist also ein mehrdimensionales System, welches zwar internen und externen Einflüssen unterliegt, aber dennoch aufgrund unterschiedlicher Einflussgrößen adaptiv ist.

2.3 Identität und Image im Stadtmarketing

Das Stadtmarketing als eine Vermarktungsstrategie, um das Stadtimage zu publizieren, ist längst kein neues Konzept mehr und wird insbesondere von imageschwachen Städten und Regionen genutzt. Aus diesem Grund gehört die Imageplanung zu einem integrativen Bestandteil des Stadtmarketings und steht zudem in Verbindung mit Stadtplanungs- und Stadtentwicklungskonzepten (Koch 2006: 16).

Marketing findet bei privatwirtschaftlichen Unternehmen bereits seit 1950 erfolgreich Anwendung. Obgleich die Stadt andere Ziele wie ein Unternehmen verfolgt, funktioniert sie ähnlich wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen, da mit ähnlichen Herausforderungen, Problemen und Verpflichtungen gekämpft wird (Koch 2006: 16). Ähnlich wie das wirtschaftliche Marketing, unterliegt das Stadtmarketing Prozessen der Planung, Steuerung und Kontrolle, welche über die Werbung bis zur Veranstaltungsaustragung reichen (Koch 2006: 27). Die Grundlage erfolgreicher Stadtmarketingmaßnahmen basiert auf einem klaren Alleinstellungsmerkmal der Stadt, welches eine Unterscheidung zu anderen Städten schafft und die Quelle der Identität ist (Zanger/Kaminski 2011: 131 f.). Zugleich geht es beim Stadtmarketing um eine Verbesserung der Standortfaktoren, welche die raumbezogene Identität und folglich das Stadtimage beeinflussen können (Zanger/Kaminski 2011: 123). Da Identität insbesondere durch die Kommunikation der Gesellschaft geprägt wird, bieten strategische Stadtmarketinginstrumente, die Möglichkeit zur Realisierung von Identitätsentwicklungsprozessen, die Werte für ein neues Stadtimage schaffen können (Hilber 2012: 25). Grundlegend kann das Stadtmarketing das Entwicklungspotential von Städten aktivieren und diese mithilfe geeigneter Konzepte koordinieren (Koch 2006: 84).

2.4 Die Herausforderung des Imagewandels

Aufgrund der Tatsache, dass Images zugleich auf Vorurteilen und anthropogenen Vorstellungen basieren, sind diese weitestgehend beständig und erstrecken sich meist über einen längeren Zeitraum (Konken 2004: 36). Prozesse des Imagewandels benötigen daher viel Zeit und entwickeln sich weitaus langsamer als sich die Stadt selbst (Antonoff 1971: 27). Da auch externe und unveränderbare Einflüsse auf das Stadtimage einwirken, werden Imageänderungen häufig als problematisch angesehen (Huber 1987: 47). Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Image einer Stadt nicht nur aus vielen Elementen und Komponenten besteht, sondern auch von vielen unterschiedlichen internen und externen Faktoren beeinflusst werden kann (Ganser 1970, zit. nach Lamkemeyer 2005: 26). Inwieweit sich kulturelle Events wie die Auszeichnung zur Kulturhauptstadt Europas auf das Image einer Stadt auswirken kann, wird im Abschnitt 6.2 näher erläutert. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf die Nachhaltigkeit der Auswirkungen.

3. Kultur in der Stadt

Der Begriff Kultur gilt als eine komplexe und nicht allgemeingültig definierbare Bezeichnung. Ursprünglich meint der Begriff den Gegensatz zu Natur. Die Ableitung aus dem lateinischen colere macht eine einfache Übersetzung ebenfalls schwierig, da unterschiedliche Verben mit verschiedenster Bedeutung fallen. So kann colere mit »bebauen, bewohnen, pflegen, anbeten und schützen« übersetzt werden (Eagleton 2001: 7f.). Auch in der wissenschaftlichen Literatur findet man keine allgemeingültige Definition, die den Begriff Kultur näher beschreibt und abgrenzt. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaft definiert Kultur im Jahr 2007 als „[…] die Seele der menschlichen Entwicklung und Zivilisation. Die Kultur lässt uns hoffen und träumen, indem sie unsere Sinne anregt und neue Sichtweisen der Wirklichkeit bietet. Sie bringt die Menschen zusammen, indem sie den Dialog anfacht und Leidenschaften weckt, aber auf eine Art, die eint anstatt entzweit. Kultur sollte verstanden werden als eine bestimmte Anzahl unverwechselbarer geistiger und materieller Züge, die eine Gesellschaft und eine gesellschaftliche Gruppe kennzeichnet. Darunter fallen die Literatur und die Künste, aber auch Lebensweisen, Wertesysteme, Traditionen und Überzeugungen“ (Kommission der Europäischen Gemeinschaft 2007: 2).

In Bezug auf die Stadtplanung und Stadtentwicklung, stellt die Kultur einen wichtigen Standortfaktor dar, welcher Einfluss auf die Stadtidentität und das Stadtimage hat. Kulturelle Veranstaltungen und Events sowie historische Bauwerke und die Alltagskultur auf der Straße, prägen die Stadtkultur und schaffen ein individuelles Stadtbild (Zukin 1998: 27). Mithilfe Kultur wird eine raumbezogene Identität und ein Stadtimage geschaffen, mit welcher sich Menschen innerhalb und außerhalb der Stadt identifizieren können. Daneben hat die Kultur einen Effekt auf die peripheren Regionen und kann das städtische Tourismusaufkommen steigern (Töpfer 1993: 327). Für die Entwicklung einer Gesellschaft ist Kultur somit eine wesentliche Voraussetzung. Viele Städte und Kommunen setzen aus diesem Grund auf entsprechende kulturelle Infrastrukturen wie beispielsweise Kunst- und Kulturveranstaltungen, um die Individualität der Stadt zum Ausdruck zu bringen und somit die Wahrnehmung auf die Stadt zu beeinflussen. Darüber hinaus spielt die Kreativszene bei einer positiven kulturellen Entwicklung einer Stadt eine große Bedeutung (Lange 2007: 31).

Die Kultur ist darüber hinaus zu einem wesentlichen Bestandteil der Initiative der Europäischen Kulturhauptstadt geworden. Eine offizielle Definition des Kulturbegriffes liegt der Europäischen Kulturhauptstadtinitiative jedoch nicht zugrunde. Aus diesem Grund obliegt die Definition des Kulturbegriffes den ernannten Kulturhauptstädten, wodurch unterschiedliche Zielsetzungen angestrebt werden. Durch vielfältige Interpretations- und Ausgestaltungsmöglichkeiten des Kulturhauptstadtjahres, hat die Auszeichnung zur Kulturhauptstadt Europas immer mehr an Bedeutung gewonnen und stellt heute ein populäres Instrument der Identitäts- und Imagebildung dar (Kühn/Liebmann 2009: 261).

4. Die Europäische Kulturhauptstad t

4.1 Ideen und Hintergründe

Der Ursprung eine Europäische Kultur(haupt)stadt zu benennen, geht auf die agrarpolitischen Auseinandersetzungen im Jahr 1980 zurück, die als Instrument europäischer Identitätsstiftung dienen sollten. Nachdem sich das agrarpolitische Themenfeld als ungeeignet etabliert hat, musste ein positives und unstrittiges Themenfeld gefunden werden. So wurde die Idee eine Europäische Kultur(haupt)stadt zu küren, von der griechischen Kultusministerin Melina Mercouri im November 1983 auf dem ersten informellen Treffen der Kulturminister der Europäischen Gemeinschaft vorgestellt (Mittag 2008: 66). Die Ministerin machte klar, dass „culture, art and creativity are not less important than technology, commerce and the economy” (Palmer 2004: 41). Man schaffte dadurch nun eine ideale europäische Projektionsfläche, die zum einen den Mitgliedsstaaten keinerlei Geld kostete und zum anderen jeder Staat nach einem festen Zeitplan von der Initiative profitieren konnte (Quenzel 2009: 75).

Bereits im Jahr 1985 entschieden die Kulturminister der Europäischen Gemeinschaft die Kulturstadt Europas jährlich zu benennen, um „die Völker der Mitgliedsstaaten einander näher zu bringen“ und „der europäischen Öffentlichkeit besondere kulturelle Aspekte der Stadt, der Region oder des betreffenden Landes zugänglich […] [zu machen]“ (EU-Rat 1985, zit. nach Immler/Sakkers 2012: 284). Zu Ehren von Mercouri wurde im Juni 1985 die griechische Stadt Athen als die erste Kultur(haupt)stadt Europas gekürt, obgleich die Stadt objektiv als Kulturstadt zu bezeichnen war. Dabei gilt zu erwähnen, dass die Initiative zu diesem Zeitpunkt auf einer rein zwischenstaatlichen Grundlage basierte und es sich nicht um eine Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft handelte (Mittag 2008: 70). So wurden anfangs ausschließlich allgemeine Kriterien festgelegt:

„Grundsätzlich sollte je Kalenderjahr nur eine „Kulturstadt Europas“ ausgewählt werden. Jedes Jahr soll ein bestimmter Mitgliedstaat die Durchführung der Veranstaltung übernehmen, wobei die Wahl der Stadt mindestens zwei Jahre vorher zu treffen wäre, damit eine angemessene Vorbereitung möglich ist. Im Prinzip sollte in der alphabetischen Reihenfolge der Mitgliedsstaaten vorgegangen werden, die jedoch im gegenseitigen Einvernehmen durchbrochen werden könnte. Grundsätzlich sollten alle Mitgliedsstaaten einmal an der Reihe gewesen sein, bevor eine neue Runde begonnen wird“ (EU-Rat 1985, zit. nach Habit 2011: 161).

Ab den 1990er Jahren wurde daraufhin der Wunsch geäußert, mehr allgemeingültige Festsetzungen zu bestimmen und auch Nicht-EU-Mitgliedsstaaten im kulturellen Bereich zu fördern. Die im Jahr 1985 festgelegten Rahmenbedingungen wurde daraufhin im Jahr 1999 mit dem Beschluss des Kölner Gipfels in ein neues Konzept der sogenannten ‚Kulturhauptstadt Europas‘ verändert (Schwencke 2005: 36). Seit diesem Zeitpunkt hatten Kulturhauptstädte grundsätzlich mehr Möglichkeiten, individuelle Entscheidungen zu treffen. Eine Vielzahl von Gastgeberstädten bemühen sich seither, von kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Konzepten während des Kulturhauptstadtjahres zu profitieren und insbesondere auch langfristige Ziele zu erreichen (Garcia/ Cox 2013: 50). Aus diesem Grund zählt heute die Auszeichnung zur Europäischen Kulturhauptstadt zu einer der populärsten in der Europäischen Union und ist ein erfolgreiches Entwicklungsinstrument von Städten, welches sich sowohl national als auch international positiv etabliert hat (Mittag 2008: 55 f.). Seit 1985 wurden bereits zahlreiche Städte zur Europäischen Kulturhauptstadt gekürt (vgl. Tab. 1). Aufgrund der wachsendenden Nachfrage von Städten aus Nicht-EU-Mitgliedsstaaten, verständigte man sich zu Beginn der 1990er Jahre darauf, dass bis zu zwei Städte pro Jahr benannt werden dürfen. Auffallend ist jedoch die Vielzahl an ernannten Kulturhauptstädten im Jahr 2000. Dies geht auf die nicht einstimmigen Verständigungen des Rates zurück, sodass in diesem Jahr neun Städte zur gleichen Zeit gekürt wurden. Dazu zählen die Städte Avignon, Bergen, Bologna, Brüssel, Helsinki, Krakau, Prag, Reykjavik und Santiago de Compostela und somit auch vier Städte aus Nicht-EU-Mitgliedsstaaten (Mittag 2008: 72 ff.). Die im Jahr 2006 vorgenommenen Veränderungen der Beschlussfassung, rückten folglich weitere wesentliche Kulturhauptstadtkriterien für das Kulturhauptstadtprogramm in den Vordergrund. Neben Verfahren des Monitorings, welche die vorbereitenden Maßnahmen des Kulturhauptstadtprogramms protokollieren und finanzielle Zuschüsse ermöglichen, ist eine Evaluierung der Ergebnisse nach dem Kulturhauptstadt vorgese hen (Mittag 2008: 79 f.).

4.2 Zielsetzungen

Aufgrund des vielfältig definierten Kulturbegriffs können die Zielsetzungen ehemaliger Europäischer Kulturhauptstädte nicht allgemeingültig bestimmt werden. Die Kultusminister vertraten die Auffassung „[…], dass durch die Veranstaltung „Kulturstadt Europas“ einer Kultur Ausdruck verliehen werden sollte, die sich in ihrer Entstehungsgeschichte und ihrer zeitgenössischen Entwicklung sowohl durch Gemeinsamkeiten als auch durch einen aus der Vielfalt hervorgegangenen Reichtum auszeichnet. Zwar wird das Projekt in Angriff genommen, um die Völker der Mitgliedstaaten einander näher zu bringen, doch sollten dabei auch weitgehende kulturelle Affinitäten in Europa berücksichtigt werden. Durch diese Veranstaltung sollten der europäischen Öffentlichkeit besondere kulturelle Aspekte der Stadt, der Region oder des betreffenden Landes zugänglich gemacht werden. Auch könnte die betreffende Stadt zum Mittelpunkt einer Reihe von kulturellen Beiträgen aus anderen Mitgliedstaaten gemacht werden, die vor allem den Einwohnern der betreffenden Region zugutekommen“ (Quenzel 2008: 75).

Bis zum Jahr 1999 konnten die ernannten Kulturhauptstädte wie Athen, Florenz, Amsterdam und Paris keine angemessene historisch-kulturelle Bedeutung erlangen. Das Ziel der Kulturhauptstädte bestand insbesondere darin, das Stadtimage zu verbessern und dadurch den Tourismus zu fördern (Quenzel 2008: 77).

Nachdem die zwischenstaatliche Grundlage der Initiative durch das neue Konzept der ‚Kulturhauptstadt Europas‘ abgelöst wurde, konnten erstmalig – mit Ausnahme der Stadt Glasgow im Jahr 1990 – positive Entwicklungen in den Gastgeberstädten erzielt werden (Schwencke 2005: 36). Auch wurden wesentliche Kriterien festgelegt, die während des Kulturhauptstadtjahres umzusetzen sind. Im Rahmen der Kulturhauptstadtinitiative wurde insbesondere zum Ziel gesetzt, den kulturellen Reichtum und die kulturelle Vielfalt der europäischen Städte zur Wirkung zu bringen, gleichzeitig aber auch ihr gemeinsames kulturelles Erbe und die Vitalität ihres kulturellen Schaffens erfahrbar zu machen (Kommission der Europäischen Gemeinschaft 2007).

[...]

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Imagewandel einer Destination durch die Auszeichnung zur Europäischen Kulturhauptstadt
Untertitel
Das Beispiel "Kulturhauptstadt Chemnitz 2025"
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Geographie)
Note
2,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
54
Katalognummer
V1200285
ISBN (eBook)
9783346648556
ISBN (eBook)
9783346648556
ISBN (eBook)
9783346648556
ISBN (Buch)
9783346648563
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Image, Kulturhauptstadt, Europa, Chemnitz, Corporate Identity, Stadtimage, Stadtmarketing, Europäische Kulturhauptstadt, Festivalisierung, Mega-Event, Stadtentwicklung, European Capital of Culture, Urban, Impact, Kultur, Marketing, Karl Marx, EU, Cultural Governance, City, Branding, Culture, Stadtidentität, Identity, Chancen
Arbeit zitieren
Nathalie Kutzberger (Autor:in), 2021, Imagewandel einer Destination durch die Auszeichnung zur Europäischen Kulturhauptstadt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1200285

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