Lesen lernen vor der Schule

Wie wird die Literacy-Erziehung in den elementarpädagogischen Bildungsplänen umgesetzt?


Hausarbeit, 2007

28 Seiten, Note: "keine"


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Klärung des Begriffs „Literacy“

2. Wie Kinder vor der Schule lesen lernen?

3. Wie kann Sprachentwicklungsförderung als Grundlage für Lesekompetenz im Kindergarten umgesetzt werden?
3.1 Rollenspiele

4. Darstellung der Bildungspläne der einzelnen Bundesländer
4.1 Saarland
4.2 Bremen
4.3 Hamburg
4.4 Rheinland-Pfalz
4.5 Sachsen
4.6 Baden-Württemberg
4.7 Bayern

5. Kritischer Vergleich der dargestellten Bildungspläne

6. Weiterführende und eigene Perspektive

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Die Grenzen meiner Sprache, sind die Grenzen meiner Welt“ (Ludwig Wittgenstein).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung: Logo der UN-Weltdekade für Alphabetisierung

Der von der UNESCO ins Leben gerufene Welttag der Alphabetisierung am 8. September erinnert jedes Jahr daran, dass es in vielen Ländern immer noch ein Privileg ist, lesen und schreiben zu können. Etwa 77 Millionen Kinder wachsen ohne Schulbildung auf. Etwa 780 Millionen Erwachsene sind Analphabeten, vorwiegend in den Entwicklungsländern. Zwei Drittel von ihnen sind Frauen.

Die frühe Kindheit ist die lernintensivste Zeit. In dieser sensiblen Zeit Versäumtes lässt sich nur schwer wieder nachholen. Man muss diese frühkindliche Zeit nutzen, um dem Bildungsanspruch eines jeden Kindes gerecht zu werden. Schule und Kindergarten haben die gemeinsame Aufgabe, die Schulfähigkeit der Kinder zu erarbeiten. Dazu ist eine kindergartenspezifische Schulvorbereitung notwendig, die ihre nahtlose Fortsetzung in der Schule findet.

Da alle Kinder in Deutschland das Privileg haben eine Schule besuchen zu dürfen, und seit der Einführung der Schulpflicht sogar müssen, sollte man diese Chance nutzen und schon im elementarpädagogischen Bereich mit der Förderung der Sprach- Lese- und Schreibkompetenz beginnen, so dass am Ende alle Kinder die gleichen Startchancen haben in die Schule und ihre Bildungskarriere zu finden.

Der Kindergarten ist nicht mehr nur ein Ort, wo Kinder gut betreut und aufbewahrt werden. Viel mehr ist er die erste institutionalisierte Bildungsstätte im Leben eines Kindes, in der dem Kind die Grundlagen für seinen weiteren Bildungsweg beigebracht werden sollten. Bezieht man sich dabei auf einen bestimmten pädagogischen Ansatz, zum Beispiel auf den lebensbezogenen Ansatz, sieht man, dass der Kindergarten didaktisch sein muss.

Diese Institution im Bildungssystem ist für Kinder von 3 bis 6 Jahre gedacht.

Allgemein kann man sagen, dass Kinder im Kindergarten gut versorgt und betreut werden und im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten an den Bildungsangeboten teilnehmen (vgl. S.14, Huppertz, 1992).

Das Personal im Kindergarten besteht aus meist weiblichen Erzieherinnen, die ihre Aufgaben pflichtbewusst und engagiert wahrnehmen. Sie haben ihre Ausbildung an einer Fachhochschule für Pädagogik, an einer Fachhochschule für Sozialwesen oder an einer wissenschaftlichen Hochschule abgeschlossen. Ohne Ausbildung kann man heute im Normalfall nicht mehr im Kindergartenbereich arbeiten, da dem Kindergarten als Bildungsstätte ein immer größer werdender Bildungsauftrag zugeschoben wird.

Um diesem Bildungsauftrag gerecht zu werden, benötigen die Erzieherinnen und Erzieher pädagogische Leitlinien und Ziele.

Die Erfahrungen und die Lernprozesse der Kinder schon von Geburt an, sind maßgeblich und wichtig für ihre gesamte Entwicklung. Daher ist es ein grundlegendes Ziel, Kinder früher, nachhaltiger, individueller und intensiver zu fördern und ihnen somit optimale Entwicklungschancen zu ermöglichen.

Einzelne Bundesländer haben Schriften verfasst, in denen erzieherische und pädagogische Werte und Ziele aufgeschrieben wurden, um den Erzieherinnen und Erziehern für die Praxis Orientierung zu bieten. Die Schriften bzw. Bildungspläne decken einen gossen Bereich der pädagogischen Praxis im Kindergartenalltag ab. Sie beschäftigen sich unter anderem mit Methoden, Ziele, Werte, einzelne Bildungsbereiche, Qualitätssicherung, Anforderungen an das Fachpersonal und Kooperation mit Eltern und Träger.

Ich möchte in meiner Arbeit herausarbeiten in wie weit die Bildungspläne der Bundesländer auf das Thema „frühes Lesen“, in der Fachsprache oft „Literacy“ genannt, eingehen. Dabei soll geklärt werden, ob, und wenn ja, worin die Bildungspläne sich in der Umsetzung des Themas frühe Schreib- und Leseerfahrungen unterscheiden. Die Aufmerksamkeit soll vor allem dem frühen Lesen gewidmet werden.

Als theoretische Grundlage ziehe ich den lebensbezogenen Ansatz heran, eine Pädagogik, die ihren Ausgangspunkt im Leben eines jeden Kindes sieht.

Einleitend kläre ich den Begriff „Literacy“, erläutere, ab wann und wie Kinder im Alltag sich für Schrift und Lesen interessieren und fasse zusammen, wie man nach dem lebensbezogenen Ansatz das Thema Sprachförderung und „frühes Lesen“ im Kindergarten realisieren kann. Mit diesem Hintergrund werde ich dann die Bildungspläne der Bundesländer Saarland, Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern nach dem Thema Literacy, Literalität oder Erfahrungen mit Schrift durcharbeiten.

1. Klärung des Begriffs „Literacy“

Spricht man in der Fachliteraturliteratur von frühen Lese- und Schreiberfahrungen, so wird sehr oft das Wort „Literacy“ gebraucht. Es kommt aus dem Englischen. Traditionell übersetzt meint der Begriff, die Fähigkeit Lesen und Schreiben zu können und die Fähigkeit die eigene Sprache zum Lesen, Schreiben, Hören und Sprechen verwenden zu können.

In der deutschen Sprache gibt es keinen entsprechenden Begriff, der die gleichen Bedeutungsebenen umfasst. In Fachkreisen wird es manchmal mit Literalität übersetzt. Die Übersetzung von Lese- und Schreibkompetenz greift zu kurz, da das Text- und Sinnverständnis, das Interesse an Schrift, das Symbolverständnis, das Sprachgefühl, der Umgang mit Büchern und die Lesefreude nicht mit einbezogen werden.

Die UNESCO hat folgende Definition abgefasst: "Literacy is the ability to identify, understand, interpret, create, communicate and compute using printed and written materials associated with varying contexts. Literacy involves a continuum of learning to enable an individual to achieve his or her goals, to develop his or her knowledge and potential, and to participate fully in the wider society"

(vgl.http://portal.unesco.org/education/en/ev.php-URL_ID=5000&URL_DO=DO_TOPIC&URL_SECTION=201.html;Stand:30.11.2007).

2. Wie Kinder vor der Schule lesen lernen?

Viele Eltern fragen sich, in welchem Alter sie mit dem Lesefördern beginnen sollen. „Nach Abschluss des zweiten Lebensjahres wird das Lesen mit jedem Jahr schwerer. Mit fünf lernt ihr Kind leichter als mit sechs, mit vier leichter als mit fünf und so fort. Das Alter vor zwei Jahren ist für den Anfang am besten geeignet“(S.31, Lückert, 1966).

Nach Hans Brügelmann sind Kinder Sinn-Sucher (S.41, Brügelmann, 1993). Sie versuchen sich die Welt, in der sie leben, zu erklären. Sie wollen immer genau wissen, warum etwas so ist, wie es ist. Sie sprühen vor Neugierde und wollen daher auch herausfinden, wie die Funktion und der Aufbau unseres Schriftsystems sind. Ihre Vorstellungen von Schrift, wie sie funktioniert und wozu man sie braucht, sind eingebettet in ihre persönlichen Alltagserfahrungen. Ihre Erklärungsmodelle, wie Schrift funktioniert, haben immer etwas mit ihrem ganz persönlichen Erfahrungshintergrund zu tun. So kommen viele von ihnen zu Hypothesen wie zum Beispiel, dass sie hinter einem langen Wort mit vielen Buchstaben einen großen Gegenstand vermuten. Die kindliche Vorstellung von Schrift ähnelt dabei häufig den frühen Bildschriften, wie zum Beispiel die Hieroglyphen der Ägypter.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung:S.46, Brügelmann/Brinkmann

Die Ähnlichkeit zwischen der Kinder-„Schrift“ und den Hieroglyphen ist dabei verblüffend (vgl. S.46, Brügelmann/Brinkmann, 1998).

Bestimmte Einsichten sollten Kinder jedoch in den Aufbau unserer Schrift gewinnen, um kompetente RechtschreiberInnen werden zu können: Sie müssen verstehen,

- dass man etwas aufschreibt, um etwas inhaltlich festzuhalten, als Erinnerungsstütze oder für einen zukünftigen Leser;
- dass man zum Schreiben ganz bestimmte verabredete Zeichen, nämlich die Buchstaben, benutzt;
- dass diese Zeichen etwas mit der gesprochenen Sprache zu tun haben und es eine gewisse Parallelität zwischen der Lautfolge und der Buchstabenfolge gibt;
- dass es neben diesem alphabetischen Prinzip aber auch noch ganz bestimmte Verabredungen für die Schreibweise von Wörtern gibt, die sich aus dem genauen Abhorchen der Lautfolge allein nicht erschließen (vgl.S.52, Brügelmann/Brinkmann, 1998).

Um den vierten Schritt verstehen und nachvollziehen zu können muss ein Kind in seiner Schreib- und Leseentwicklung schon fortgeschrittener sein.

Kinder bemerken zunächst Schrift in Büchern, auf Plakaten, auf Verkehrsschildern, bei Markenlogos oder sie sehen wie die Mutter einen Einkaufszettel schreibt.

Durch Beobachten erschließen sie sich nach und nach Merkmale des komplizierten Systems. Die meisten Kinder finden aus Neugierde einen Zugang zur Schrift. Wichtig dabei ist das alltägliche Familienleben und wie dort mit Lesen und Schrift umgegangen wird. Die Neugierde der Kinder lässt sie sogar selbst Texte erschließen. Sie fragen dabei nach und bitten um Hilfe.

Den Eltern kann man daher raten, den Kindern schon vor der Schule Möglichkeiten anzubieten, auf Besonderheiten der Schrift aufmerksam zu machen. Dabei gewinnen die Kinder zentrale Einsichten, auf denen später aufgebaut werden kann.

Zu Beginn greifen die Kinder bei der Deutung von Schrift auf den Kontext zurück. Sie lesen Plakate oder ähnliches sinngemäß. Später werden sie dann auf die einzelnen Buchstaben selbst aufmerksam, zum Beispiel wenn sie lernen, ihren eigenen Namen zu schreiben. Sie ordnen nun bestimmten Buchstabenfolgen eine Bedeutung zu, zum Beispiel „Esso“ oder „Coca-Cola“. Es ändert sich ihr ganzes Verständnis. Sie beachten nun die ganze Buchstabenfolge und nicht mehr nur den Anfangsbuchstaben oder bestimmte Symbole. Schrift ist zwar immer noch Ettiket, aber nicht mehr als äußere, grafische Form. Kinder sehen Buchstaben dann als einmalige Folgen, die auch in anderen Wörtern auftauchen können. Sind Kinder soweit in ihrer Entwicklung, erleben sie, dass Schrift nicht wie in einer Bilderschrift direkt auf Bedeutungen bezogen ist. Bevor Kinder diese Erkenntnis erreichen, erschließen sie die Wörter nach Größe oder Anzahl der Buchstaben.

Übt man mit den Kindern schreiben, sprechen sie laut mit und werden so auf den Lautbezug aufmerksam. Sie lautieren einzelne Buchstaben, wobei sie manchmal Buchstaben oder Silben überspringen, aber Fehler machen nichts.

Das Kind ist nun um den Sinn bemüht und arbeitet sich durch die Sätze.

Es gibt viele Möglichkeiten, den Kindern die Schrift näher zu bringen.

Man sollte Kinder kritzeln lassen und daneben als Vergleich die Erwachsenenschrift vorführen oder beim Vorlesen mit dem Finger unter dem Wort mitfahren. Auch wenn man für sich selbst liest kann man leise dabei mitsprechen, wenn das Kind in der Nähe ist. Im Alltag sollte man Lese- und Schreibaktivitäten kommentieren, so dass das Kind weiß, worauf sich das Schreiben gerade bezieht.

Als schöne Lernhilfe kann man dem Kind Briefe schicken und ihm dann helfen zurück zu schreiben. Auch können Sprachspiele, wie das Schilder-Raten, eingesetzt werden.

Brügelmann betont in allem die Wichtigkeit, Kinder auf Schrift neugierig zu machen, sofern sie nicht von selbst neugierig genug erscheinen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Lesen lernen vor der Schule
Untertitel
Wie wird die Literacy-Erziehung in den elementarpädagogischen Bildungsplänen umgesetzt?
Hochschule
Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau  (Sozialpädagogik)
Veranstaltung
Erziehung und Bildung in früher Kindheit
Note
"keine"
Autor
Jahr
2007
Seiten
28
Katalognummer
V120127
ISBN (eBook)
9783640240739
ISBN (Buch)
9783640244768
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lesen, Schule, Literacy-Erziehung, Bildungsplänen
Arbeit zitieren
Stefanie Petschkuhn (Autor:in), 2007, Lesen lernen vor der Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120127

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