Lebensrealitäten Adressierter Aufsuchender Sozialer Arbeit aus der Perspektive des Subjektbegriffs Michael Winklers


Hausarbeit, 2021

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Begriffsklärung
2.1 Aufsuchende Soziale Arbeit
2.2 Begriffsbestimmungen Michael Winklers
2.2.1 Subjekt
2.2.2 Ort

3. Die Subjektperspektive Adressierter Aufsuchender Sozialer Arbeit
3.1 Die Aneignungsproblematik
3.2 Macht-/Herrschaftsstrukturen
3.3 Das Paradoxon des Generationengefälles
3.4 Die ungewisse Entwicklung von Lebensbedingungen

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mit Hilfe seines Subjektbegriffs fragt Michael Winkler, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Pädagogik und Theorie der Sozialpädagogik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (vgl. Büttow et al. 2007: 240), danach, in welchem Maße das jeweilige Aneignungshandeln dem einzelnen Individuum ermöglicht, gesellschaftlich Subjekt zu werden, respektive zu bleiben und in die ihm in ihrer Struktur vorgegebenen sozialen Interaktions- und Kommunikationsvorgänge einzugreifen; aktiv zu werden (vgl. Winkler 1988: 153). Gleichzeitig treffen Fachkräfte Aufsuchender Sozialer Arbeit in ihrer Praxis auf sozial ausgegrenzte Adressierte mit benachteiligenden Lebenssituationen, prekarisierten Lebensführungen und institutionellen Ausgrenzungserfahrungen (vgl. Diebäcker/Wild 2020: 15). Daraufhin ergibt sich, den Gedanken fortführend, die Frage, wie sich Lebensrealitäten, die dazu führen, dass gesellschaftliche Subjektwerdung durch Aneignungshandeln nicht ermöglicht werden kann, ausgestalten. Anders formuliert wird also danach gefragt, welche Probleme dazu führen, dass Adressierte Aufsuchender Sozialer Arbeit1 sich besagte Interaktions-/Kommunikationsformen nicht aktiv aneignen (können). Auf diese Weise kann die problematische Subjektperspektive Adressierter aus einem neuen Blickwinkel beleuchtet werden, sodass im Folgenden eine einführende Beschreibung und Einordnung Aufsuchender Sozialer Arbeit unternommen und die sozialpädagogische Theorie Winklers skizziert wird. Danach werden notwendige theoretische Begrifflichkeiten geklärt, sodass im Anschluss die Lebensrealitäten Adressierter mittels des Subjektbegriffs Michael Winklers analysiert werden können. So wird versucht eine Antwort auf die Frage zu finden, mit welchen Lebensrealitäten Individuen konfrontiert sind, dass sie zu Adressierten Aufsuchender Sozialer Arbeit werden.

2. Begriffsklärung

In diesem Kapitel wird dargelegt, was unter Aufsuchender Soziale Arbeit verstanden werden kann. Ebenfalls wird die sozialpädagogische Theorie Michael Winklers, sowie die darin zentralen Kategorien des ‚Subjekts‘ und des ‚Ortes‘, näher erläutert.

2.1 Aufsuchende Soziale Arbeit

Der Fachdiskurs zur Aufsuchenden Sozialen Arbeit2 hat sich in den 2000er Jahren kaum weiterentwickelt (vgl. Diebäcker 2019: 540). Gesellschaftliche Ausgrenzung und die schwierige Erreichbarkeit von Adressierten stellt fachdiskursiv immer noch eine wesentliche Legitimationsfigur für Aufsuchende Soziale Arbeit dar (vgl. Fülbier/Steimle 2002: 596 f.). So positioniert sich Aufsuchende Soziale Arbeit als niederschwelliges Angebot, welches die ‚letzte Möglichkeit‘ Marginalisierter, Ausgeschlossener und Problematisierter für die Inanspruchnahme sozialstaatlicher Unterstützungsangebote darstellt (vgl. Diebäcker 2019: 542; Diebäcker/Wild 2020: 1). Im Hinblick auf soziale Inklusion erscheint sie aufgrund ihrer alltagsnähe, Bildungs-, Vermittlungs- und Versorgungsfunktion unentbehrlich (vgl. Diebäcker 2019: 542).

Somit wird unter Aufsuchender Sozialer Arbeit das kontinuierliche und gezielte Aufsuchen von Menschen in ihren selbstgewählten Räumen verstanden (vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork/Mobile Jugendarbeit 2018: 8), wobei es sich zumeist um Adressierte handelt, für die halb-/öffentliche Räume wesentliche Anteil ihrer Lebenswelten darstellen (vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork/Mobile Jugendarbeit 2018: 3). Die Tätigkeit der Fachkräfte verlagert sich durch die sogenannten ‚Gehstrukturen‘ (vgl. Höllmüller 2019) in die Lebenswelten der Adressierten(-gruppen), die den Ort Sozialer Arbeit auf diese Weise vorgeben (vgl. Gusy 2020). Dort werden Kontakte zu Personen aufgebaut, die das etablierte Hilfesystem nicht nutzen (können) (vgl. ebd.). Fachkräfte erleben demnach die Lebenswelten ihrer Adressierten in einer Gastrolle und aktualisieren fortlaufend ihre Kenntnisse über diese, sodass fehlende soziale Strukturen und mangelnde Infrastrukturen erkannt und benannt werden können (vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork/Mobile Jugendarbeit 2018: 8). In der Regel existieren Arrangements zwischen Einrichtungen und aufsuchender Praxis (vgl. Klose/Steffan 2005: 306), um ergänzende ‚Kommstrukturen‘ in Form von u. a. Kontaktstellen, Beratungsräumen oder Ambulanzen zur Verfügung zu stellen (vgl. Ölmüller 2019). Aufsuchende Soziale Arbeit ist in Programmen der Sucht-, Wohnungslosen-, Jugend- und Drogenhilfe implementiert (vgl. Mayrhofer 2012: 180).

Als klassische und handlungsleitende Arbeitsprinzipien können u. a. Bedürfnis-/Lebensweltorientierung, Parteilichkeit für die Adressierten sowie Anonymität genannt werden (vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork/Mobile Jugendarbeit 2018: 5 ff.; Klose/Steffan 2005: 308). Besagte Arbeitsprinzipien helfen bei der Herstellung von Niederschwelligkeit, sowie Lebensweltorientierung und erleichtern den Eingriff in schwer zugängliche soziale Beziehungen (vgl. Diebäcker/Wild 2020: 2 f.). Charakteristika Aufsuchender Sozialer Arbeit sind anvisierte Zielgruppen, Hin-/Suchbewegungen der Fachkräfte und Beziehungsetablierungen als Grundlage für Unterstützungsleistungen (vgl. Diebäcker 2019: 543). Als Ziel Aufsuchender Sozialer Arbeit kann die Stärkung von Entscheidungs- und Handlungskompetenzen der Adressierten ausgerufen werden, um gesundheitliche Risiken zu minimieren, respektive ihre Verschlechterung zu verhindern (vgl. Gusy 2020). Aufgrund dessen werden psychosoziale und gesundheitsbezogene Angebote als Kernelemente Aufsuchender Sozialer Arbeit an Menschen herangetragen, die von etablierten Versorgungssystemen nicht (mehr) erreicht werden (vgl. ebd.).

2.2 Begriffsbestimmungen Michael Winklers

1988 bestimmt Michael Winkler in seinem Buch „Eine Theorie der Sozialpädagogik3 “ die Kategorien Ort und Subjekt zu Grundbestimmungen sozialpädagogischen Handelns (vgl. Winkler 1988: 263 ff.). Jene Begriffe stellen grundlegende „Reflexionsoperatoren“ dar, welche für die Ermöglichung einer spezifischen sozialpädagogischen Wahrnehmung, sowie als Maßstab zur Beurteilung des jeweiligen Geschehens herangezogen werden können (vgl. Winkler 1988: 267). Weiterführend kann mit ihnen im sozialpädagogischen Geschehen nach der Realität, der Befindlichkeit und den Entwicklungsmöglichkeiten des Subjekts; demnach also nach den räumlichen Bedingungen, mit denen es sich auseinandersetzen kann, gefragt werden (vgl. Winkler 1988: 268). Im Folgenden wird der Inhalt besagter Begriffe inhaltlich vorgestellt.

2.2.1 Subjekt

Der Subjektbegriff bezeichnet also […] den Sinnkern sozialpädagogischen Denkens. (Winkler 1988: 98)

Eingangs kann die Bedingung menschlicher Existenz mit dem Begriff der Differenz bestimmt werden, wonach sich Menschen in einer Differenz zur Natur befinden (vgl. Winkler 1988: 106). Jene Natur, welche dem Menschen objektiv gegenübersteht und von ihm angeeignet wird, beschreibt Winkler mit dem Begriff der Objektivität 4 (vgl. Winkler 1988: 145).

[...]


1 Zwecks vereinfachten Leseflusses werden Adressierte Aufsuchender Sozialer Arbeit im Folgenden als Adressierte betitelt.

2 U.U. auch als nachgehende Soziale Arbeit (vgl. Höllmüller 2019; Mayrhofer 2012: 164) oder Streetwork (vgl. Gusy 2020) referiert.

3 Der Begriff Soziale Arbeit wird im Folgenden als Einheit von Sozialpädagogik und Sozialarbeit verstanden, da momentan kein grundsätzlicher Unterschied zwischen beiden Begriffen beobachtet werden kann (vgl. Thole 2012: 20).

4 Hierbei kann es sich um Lebewesen, Verhältnisse, Beziehungen, Dinge, Symbole und Zeichen handeln, also alles, was unter dem Begriff des „objektiven Geists“ zusammengefasst werden kann (vgl. Winkler 1988: 145).

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Details

Titel
Lebensrealitäten Adressierter Aufsuchender Sozialer Arbeit aus der Perspektive des Subjektbegriffs Michael Winklers
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Institut für Soziale Arbeit und Sozialpolitik)
Veranstaltung
Soziale Arbeit als Profession II
Note
2,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
16
Katalognummer
V1201309
ISBN (eBook)
9783346648570
ISBN (Buch)
9783346648587
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Soziale Arbeit, Aufsuchende Soziale Arbeit, Subjekt, Subjektbegriff, Michael Winkler
Arbeit zitieren
Niklas Pöhnert (Autor:in), 2021, Lebensrealitäten Adressierter Aufsuchender Sozialer Arbeit aus der Perspektive des Subjektbegriffs Michael Winklers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1201309

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