[...] Bekannt ist, dass es „die Jugend“ nicht gibt, genauso wenig wie „die Erwachsenen“.
Gerade in den letzten drei Jahrzehnten hat sich die Lebenspha se Jugend sehr aufgefächert.
So kann ein 16jähriger bereits einen Beruf ausüben, während ein 30jähriger noch studiert
und finanziell von seinen Eltern abhängig ist. Warum sollten sich also Altersdifferenzen auf
das Wahlverhalten auswirken?
Generell geht man davon aus, dass das Verhalten der Jungwähler sich von dem der
Erwachsenen unterscheidet, weil ihr politisches Weltbild weniger gefestigt ist, und sie sich
noch in einem Prozess der Identitätsbildung befinden (vgl. Kuhn 2001: 9).
Wahlverhalten wird zudem ganz entscheidend von Sozialfaktoren beeinflusst und die
soziale Situation hängt auch vom Alter ab. Häufig deutet ein junges Lebensalter auf einen
allgemein geringeren ökonomischen Status. Junge Menschen sind in dieser Phase des
Lebensverlaufs vielfach noch in der Ausbildung und wirtschaftlich abhängig oder haben
ihren Beruf gerade erst begonnen. Ganz allgemein kennzeichnet sich diese Phase durch
weniger berufliche und familiäre Verantwortungsrollen. Das Alter kann aber auch ein
Hinweis auf andere Sozialfaktoren sein. Nicht jeder Generation in der Bundesrepublik
standen die gleichen Bildungs- und Berufschancen zur Verfügung. So drückt das Alter auch
die Zugehörigkeit zu einer Generation mit spezifischen sozialen Merkmalen und ähnlichen
historischen Erfahr ungen aus.
Wenn man das Alter als eigenständige Erklärungsvariable betrachtet, muss also
unterschieden werden zwischen dem Alter, das auf eine Phase im Lebensverlauf deutet und
der Variable Alter als Merkmal für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation.
Diese Unterscheidung ist das Ziel dieser Arbeit. Darüber hinaus wird zu fragen sein, ob
sich im Wahlverhalten der Jugend auch die geänderten sozialen Bedingungen verschiedener
Generationen niederschlagen. Um diese Einflüsse bestimmen zu können, nimmt auch der
soziale Wandel eine zentrale Stellung in der Arbeit ein. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Jugendwahlverhalten in der Bundesrepublik
- 2.1. Wahlbeteiligung
- 2.1.1. Altersstruktur der Wahlbeteiligung
- 2.1.2. Das Jungwählerdefizit
- 2.1.3. Der Jüngstwählersprung
- 2.1.4. Geschlechtsspezifische Wahlbeteiligung
- 2.1.5. Parlamentshierarchie
- 2.2. Parteipräferenzen
- 2.2.1. Wahlentscheidung der Jungwähler
- 2.2.2. Jungwähler als Trendverstärker
- 2.2.3. Geschlechtsspezifische Wahlentscheidung
- 2.2.4. Die Europawahlen
- 2.2.5. Die Bundestagswahl 2002
- 3. Theoretische Erklärungsmodelle des Wahlverhaltens
- 3.1. Die sozialstrukturellen Ansätze
- 3.2. Der sozialpsychologische Ansatz
- 3.3. Der rationale Ansatz
- 3.4. Die aktuelle Situation der Wahlforschung
- 3.5. Eine "Age-gap" des Wahlverhaltens ?
- 4. Die Merkmale jugendspezifischen Wahlverhaltens: Hintergründe und Erklärungsansätze
- 4.1. Wahlbeteiligung
- 4.1.1. Jungwählerdefizit
- 4.1.2. Jüngstwählersprung
- 4.2. Parteipräferenzen
- 4.2.1. 1972: Sozial-liberale Präferenz
- 4.2.2. 1983: Jungwählererfolg der Grünen
- 5. Sozialer Wandel und Wertewandel
- 5.1. Zur Theorie des Wertewandels
- 5.2. Sozialer Wandel: Änderung der Sozialfaktoren von Jugendlichen
- 5.3. Einstellungswandel: Politische Beteiligung und politische Themen
- 6. Jugendwahlverhalten: Lebenszyklus- oder Generationseffekte?
- 6.1. Theoretische Konzeptionen
- 6.2. Die politischen Generationen und ihr Wahlverhalten
- 6.3. Lebenszyklus und Wahlverhalten
- 6.4. Generations- und Lebenszykluseffekte im Jugendwahlverhalten
- 7. Resümee und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung des jugendlichen Wahlverhaltens in der Bundesrepublik Deutschland. Die Arbeit beleuchtet die Besonderheiten des Wahlverhaltens von Jugendlichen im Vergleich zu älteren Wählern, analysiert die Gründe für diese Unterschiede und untersucht die Rolle des sozialen Wandels und der Werteentwicklung in diesem Kontext.
- Wahlbeteiligung von Jugendlichen im Vergleich zu älteren Wählern
- Parteipräferenzen von Jugendlichen und ihre Entwicklung über die Zeit
- Theoretische Erklärungsmodelle für jugendliches Wahlverhalten
- Einfluss von Sozialfaktoren und Wertewandel auf das Jugendwahlverhalten
- Rolle von Generations- und Lebenszykluseffekten
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 analysiert das Wahlverhalten von Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland anhand von Wahlbeteiligungs- und Parteipräferenzdaten. Kapitel 3 untersucht verschiedene theoretische Erklärungsmodelle für das Wahlverhalten, die sowohl sozialstrukturelle als auch sozialpsychologische und rationale Ansätze umfassen. Kapitel 4 fokussiert auf die Merkmale des jugendlichen Wahlverhaltens und versucht, diese anhand verschiedener Hintergründe und Erklärungsansätze zu beleuchten. Kapitel 5 befasst sich mit dem Einfluss von sozialem Wandel und Wertewandel auf das Wahlverhalten von Jugendlichen. Kapitel 6 erörtert die Frage, ob das Jugendwahlverhalten durch Lebenszyklus- oder Generationseffekte beeinflusst wird.
Schlüsselwörter
Jugendwahlverhalten, Wahlbeteiligung, Parteipräferenzen, Sozialfaktoren, Wertewandel, Generationseffekte, Lebenszykluseffekte, Sozialstrukturelle Ansätze, Sozialpsychologische Ansätze, Rationale Ansätze, Politische Beteiligung.
- Arbeit zitieren
- Cornelia Hendrich (Autor:in), 2003, Gibt es ein jugendspezifisches Wahlverhalten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12018