Stigmatisierung von Armut in städtischen Armutsquartieren. Inwiefern werden stigmatisierte Menschen in Bezug auf Armut anders von der Gesellschaft behandelt und welche Auswirkungen hat dies auf die Betroffenen?


Hausarbeit, 2020

21 Seiten, Note: 2,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Armut
2.1 Absolute Armut und Relative Armut
2.1.1 Armut in Deutschland
2.1.2 Armut in städtischen Armutsquartieren
2.2 Stigmatisierung (Stigma, Stigma-Management)
2.3 Methodische Grundlagen – Qualitative Sozialforschung
2.3.1 Narratives Interview als Erhebungsinstrument
2.4 Studie zu Stigma und seinen Folgen - Studienaufbau
2.4.1 Studienverlauf
2.4.2 Auswertung der Studie

3. Fazit

Literaturverzeichnis

1.Einleitung[SW1]

Armut ist mehr als nur ein Mangel an Geld. Armut beschreibt ein gesellschaftliches Problem sowie eine individuelle Lebenslage mit eingeschränkten Handlungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten und reduzierte Chancen gehen hiermit einher. Dem 5. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass die Armutsrisikoquote[SW2] in Deutschland bei mehr als 15% liegt. Somit beziehen mehr als 15% der Bevölkerung Einkünfte, die unter der Armutsschwelle von 60% des Medianeinkommens liegen (vgl. Kohler-Gehrig, 2019, S.35). Im Zusammenhang mit Armut wird häufig der Begriff der „sozialen Ausgrenzung“ verwendet. Die soziale Ausgrenzung lässt sich zum einen an objektiven Kriterien messen. Diese können beispielsweise Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfeabhängigkeit sein. Zum anderen führt die soziale Ausgrenzung auch zu einem bestimmten Gefühl bei den Betroffenen. Sie entwickeln Gefühle des nicht Dazugehörens, des Unerwünschtseins oder das Gefühl, nicht das Recht auf die Teilnahme am normalen Leben zu haben. Verschiedene Ausgrenzungsprinzipen können entstehen, die für die Betroffenen, zu einer unbestimmbaren, jede Handlung erdrückende Macht wird. Der Ausschluss vom gesellschaftlich Üblichen gibt der Armut als ein Phänomen des „Nicht-Wählen-Können“ einen deutlichen, lähmenden Zwangscharakter[SW3] (vgl. Colberg-Schrader & Kurz, 2008, S.98f.). Da Ausgrenzungsprinzipien einen großen Einfluss auf die von Armut betroffenen Menschen haben, beschäftigt sich die vorliegende Hausarbeit mit den Auswirkungen dieser besonders im sozialen Umfeld. Die Hausarbeit geht der Forschungsfrage „Inwiefern werden stigmatisierte Menschen in Bezug auf Armut anders von der Gesellschaft behandelt und welche Auswirkungen hat dies auf die Betroffenen?“ nach. Um dieser Frage nachgehen zu können wird in einem theoretischen Teil zunächst das Phänomen der Armut erläutert. Hierbei liegt der Fokus auf der Unterscheidung von absoluter und relativer Armut sowie der Verbreitung von Armut in Deutschland und in den städtischen Armutsquartieren des Landes. Im nächsten Schritt wird das Konzept der Stigmatisierung nach Erving Goffmann erläutert. Daraufhin folgt der Einbezug einer Studie von Erika Schulze und Susanne Spindler, welche sich mit der Lebenssituation von Jugendlichen in marginalisierten Quartieren beschäftigt. Hierbei werden dazugehörige methodische Grundlagen erläutert und im Schlussteil ein Bezug der Studie zu der Fragestellung der Hausarbeit erarbeitet.

2. Armut

Armut gilt als ein soziales Phänomen, welches einen Zustand von gravierenden sozialen Benachteiligungen ausdrückt. Diese haben zu Folge, dass eine Mangelversorgung mit materiellen Gütern, Dienstleistungen und Teilhabe- und Verwirklichungschancen vorherrschen. Um Armut messbar zu machen werden verschiedene Indikatoren betrachtet. Es herrscht unter anderem die wirtschaftliche Armut (Einkommensarmut). Hierbei gibt es zwei Ansätze, um diese zu messen. Dies sind die absolute und relative Armut, welche im Folgenden näher erläutert werden (vgl. Kohler-Gehrig, 2019, S.9).

2.1 Absolute Armut und Relative Armut

Absolute Armut ist besonders in Schwellen- und Entwicklungsländern anzutreffen. Bis zum Jahr der Währungsreform 1948 war diese auch in Deutschland verbreitet. Die absolute Armut wird am Einkommen einer Person gemessen. Eine Person gilt hierbei als arm, sobald dieser weniger als 1,90 Dollar pro Tag zur Verfügung steht. Weitere essenzielle Bedürfnisse eines Menschen werden bei der absoluten Armut nicht näher betrachtet. Unter essenziellen Bedürfnissen sind beispielsweise ein sicheres Dach über den Kopf, Zugang zu sauberem Wasser, Strom, Brennstoffen, sanitären Einrichtungen und eine Gesundheitsversorgung gemeint. Auch öffentliche Dienstleistungen im Bereich der Bildung und Gesundheit, sowie der Ernährungssicherheit und der Infrastruktur sind von Bedeutung und steigern die Lebensqualität. Gemessen wird die absolute Armut jedoch nicht an diesen Faktoren, lediglich wird das Einkommen betrachtet (vgl. Kohler-Gehrig, 2019, S.9f.).

Relative Armut bezieht sich im Gegensatz dazu auf einen bestimmten Prozentsatz des mittleren Einkommens der Bevölkerung. Hierzu wird zunächst das von allen Haushaltsmitgliedern erzielte Haushaltseinkommen des Vorjahres betrachtet. Das Haushaltseinkommen setzt sich zusammen aus dem Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit, Vermögen, Renten, Pensionen und laufenden Sozialtransfers. Das ermittelte Haushaltseinkommen wird mithilfe eines Gewichtungsschlüssels (Äquivalenzskala) auf die Personen des Haushaltes verteilt. Dieser Gewichtungsschlüssel berücksichtigt unterschiedliche Haushaltsstrukturen und weist jeder Person im Haushalt ein Gewicht zu. Das verfügbare Haushaltseinkommen wird durch die Summe der Gewichte dividiert. Jeder Person im Haushalt wird somit ein „bedarfsgewichtetes“ Äquivalenzeinkommen zugerechnet. Um den für die relative Armut bedeutenden Mittelwert der Einkommen zu berechnen, wird der Median (Zentralwert) verwendet. Dieser sortiert die Personen aufsteigend in ihrem Äquivalenzeinkommen. Der Einkommenswert, der die Bevölkerung in zwei Hälften teilt, ist der Median. 60% dieses Medianwertes bilden den Schwellenwert für die Armutsgefährdung (vgl. Statistische Bundesamt (Destatis), 2019). Es liegt ein relatives Armutsrisiko vor, sobald das bedarfsgewichtete Netto-Äquivalenzeinkommen weniger als 60% des Mittelwertes aller Einkommen beträgt. Es lassen sich 3 Kategorien für die relative Armut herausstellen. Personen, die weniger als 60% des Äquivalenzeinkommens zur Verfügung haben befinden sich in einem Armutsrisiko (oder auch Armutsschwelle genannt). Personen, die weniger als 50% des Äquivalenzeinkommens zur Verfügung haben befinden sich in Armut. Schließlich befinden sich Personen, die weniger als 40% des Äquivalenzeinkommens zur Verfügung haben, in strenger Armut (vgl. Kohler-Gehrig, 2019, S. 10f.).

Es liegen verschiedene Formen von Armut in der Gesellschaft vor. Hierbei gibt es zunächst die „transitorische Armut“. Diese gilt nur als vorübergehend und gleicht sich mit der Zeit wieder aus. Es kann beispielsweise Phasen geben, in denen die Grundbedürfnisse einer Person befriedigt sind und Phasen, in denen dies nicht der Fall ist. Eine weitere Form ist die „Mangelarmut“. Hierbei müssen mindestens drei von neun Mangellagen vorliegen. Diese Mangellagen werden im Folgenden kurz aufgeführt. Mangellagen können finanzielle Probleme sein, die durch Miete und Nebenkosten, Darlehen für den Immobilienerwerb oder durch Versorgungsrechnungen, die nicht bezahlt werden konnten, entstanden sind. Eine weitere Mangellage ist es, unerwartete Ausgaben aus eigenen Mitteln aufgrund von finanziellen Problemen nicht bestreiten zu können. Es können auch finanzielle Probleme sein, die es einer Person nicht erlaubt jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder gleichwertige vegetarische Mahlzeiten zu essen. Auch aufgrund von finanziellen Problemen nicht die Möglichkeit zu haben, jährlich eine Woche Urlaub außerhalb zu verbringen[SW4] , stellt eine Mangellage dar. Des Weiteren kann das Fehlen eines Autos, einer Waschmaschine, eines Farbfernsehers oder eines Telefons im Haushalt aus finanziellen Gründen eine Mangellage darstellen. [SW5] Treffen vier von den oben genannten Faktoren der Mangellage zu, wird von einer erheblichen materiellen Entbehrung gesprochen. Eine weitere Form von Armut ist die „strukturelle Armut“. Diese liegt vor, sobald eine Person zu einer gesellschaftlichen Randgruppe gehört, welche unter der Armutsgrenze lebt. Diese Person hat geringere Chancen aus dieser Randgruppe auszubrechen und dem Armutskreislauf zu durchbrechen. Neben den Menschen, die unfreiwillig in die Armut geraten, gibt es auch die Form der „freiwilligen Armut“. Dies wird häufig als Tugend aufgefasst. Die bewusste Entsagung soll zur Sinnsuche und spirituellen Erbauung führen. Dies betrifft beispielsweise buddhistische Mönche, buddhistische Nonnen oder Franziskaner*innen. Neben der tatsächlichen Armut gibt es auch die „gefühlte Armut“. Die Betroffenen sind nicht unbedingt einkommensarm, vergleichen sich aber mit ihrer Umgebung oder denken sie können sich den gewünschten Lebensstandard nicht leisten. Daher schreiben sie sich der Armut selbst zu, obwohl diese anhand des Einkommens nicht vorliegt (vgl. Kohler-Gehrig, 2019, S.13ff.).

2.1.1 Armut in Deutschland

Die „European Union Statistics on Income an Living Conditions“ (EU-SILC) ist in Europa die vergleichbare Datenquelle über Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Hierfür gibt es in allen Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen und methodische Standards. In Deutschland wird seit 2005 jährlich eine freiwillige Erhebung bei circa 14.000 Privathaushalten durchgeführt. Diese Erhebung findet unter der Bezeichnung „LEBEN IN EUROPA“ statt. Das Statistische Bundesamt (Destatis) kam durch die Haushaltserhebung „LEBEN IN EUROPA“ (EU-SILC) zu dem Ergebnis, dass in Deutschland im Jahre 2018 circa 15,3 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Das macht circa 18,7% der Bevölkerung in Deutschland aus. Die Armutsgefährdungsquote, welche die relative Armut misst, lag 2018 bei 16,0%. Somit war jede sechste Person in Deutschland armutsgefährdet, was in etwa 13 Millionen Menschen entsprach. Der Schwellenwert der Armutsgefährdung, welcher der Indikator der relativen Armut ist, lag 2018 für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1.136€. Für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren lag dieser bei 2.385€ im Monat. Von erheblicher materieller Entbehrung waren 31% der Bevölkerung betroffen. Die Lebensbedingungen dieser Personen waren aufgrund des Fehlens von finanziellen Mitteln eingeschränkt (vgl. Statistische Bundesamt (Destatis), 2019).

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Details

Titel
Stigmatisierung von Armut in städtischen Armutsquartieren. Inwiefern werden stigmatisierte Menschen in Bezug auf Armut anders von der Gesellschaft behandelt und welche Auswirkungen hat dies auf die Betroffenen?
Hochschule
Universität Siegen
Note
2,7
Jahr
2020
Seiten
21
Katalognummer
V1202347
ISBN (eBook)
9783346648761
ISBN (Buch)
9783346648778
Sprache
Deutsch
Schlagworte
stigmatisierung, armut, armutsquartieren, inwiefern, menschen, bezug, gesellschaft, auswirkungen, betroffenen
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Stigmatisierung von Armut in städtischen Armutsquartieren. Inwiefern werden stigmatisierte Menschen in Bezug auf Armut anders von der Gesellschaft behandelt und welche Auswirkungen hat dies auf die Betroffenen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1202347

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