Am Abend des 25. September 2017 schien es fast geschafft. Etwa 93 Prozent der Einwohner:innen des irakischen Teils von Kurdistan stimmten für eine Unabhängigkeit von der Zentralregierung. Menschen feierten auf den Straßen von
Erbil und Dahuk und schwenkten die Fahne der Kurden. Diese Abstimmung wurde von der autonomen Verwaltung Kurdistans initiiert und durchgeführt. Damit sollte einem eigenständigen Staat Kurdistan die Legitimation und Grundlage geschenkt werden. Doch nur eine Woche später rückten die irakische Armee und schiitische Volksverteidigungseinheiten in die Gebiete der Kurden ein und bekämpfen die Peschmerga, welche sich zurückzogen. Etwa 40 Prozent der beanspruchten Gebiete waren verloren und der Traum einer Unabhängigkeit vorerst geplatzt. Das Referendum wurde als verfassungswidrig erklärt und ausgesetzt.
Dieses gescheiterte Referendum ist nur ein Beispiel für eine lange Historie an erfolglosen Unabhängigkeitsversuchen des kurdischen Volkes im und außerhalb des Iraks. Es wird oft als die weltweit größte Ethnie dargestellt, die über kein eigenes Staatsgebiet verfügt. Einem eigenen Staat sind sie derzeit mit der autonom verwalteten Region im Irak am nächstem. Hier leben derzeit etwa 7,2 Millionen Menschen. Die bevölkerungsreichste Stadt ist die Hauptstadt Erbil. Sie ist, als föderale Region Irak-Kurdistan, eine von 19 Provinzen des Iraks. Ihr autonomer Status ist von der irakischen Regierung seit 2005 grundsätzlich anerkannt. Dennoch handelt es sich nicht um einen eigenständigen Staat im völkerrechtlichen Sinne. Er wird von der internationalen Staatengemeinschaft nicht als Staat anerkannt.
Warum ist das so und was definiert eigentlich ein Staat? Um diese Frage zu klären wird ein Fokus auf die Konvention von Montevideo gelegt, welche auf die Drei-Elemente-Theorie von Georg Jellinek basiert. Auch Erkenntnisse des
Sonderforschungsbereichs der Freien Universität Berlin werden meine Definition unterstützen.
Auf dieser Grundlage erfolgt eine genauere Betrachtung der autonomen Region und Analyse, inwieweit die notwendigen Kriterien zum gültigen Staatsbegriff in diesem Kontext erfüllt werden. Im Anschluss erfolgt der Versuch die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Unabhängigkeit der Kurden im Irak zu beleuchten. Um die aktuelle Situation in der Region besser zu verstehen und um die Konfliktlinien zwischen den Kurden und dem Irak besser nachzuvollziehen, ist es
zunächst wichtig, den Entstehungsprozess Kurdistan-Iraks genauer zu untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Wer sind die Kurden?
- Entstehungsgeschichte Autonome Region Kurdistan im Irak
- Was definiert einen Staat?
- Welche dieser Kriterien erfüllt Kurdistan-Irak und welche nicht?
- Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Unabhängigkeit der Kurden im Irak
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage der staatlichen Unabhängigkeit der Kurden im Irak. Die Analyse fokussiert auf die Kriterien eines Staates, die anhand der Konvention von Montevideo und Erkenntnissen des Sonderforschungsbereichs der Freien Universität Berlin beleuchtet werden. Ziel ist es, zu analysieren, inwieweit die Autonome Region Kurdistan die Voraussetzungen für einen eigenen Staat erfüllt und welche Möglichkeiten und Grenzen für eine staatliche Unabhängigkeit der Kurden bestehen.
- Die Definition eines Staates und die Kriterien nach der Konvention von Montevideo
- Die historische Entwicklung und aktuelle Situation der Kurden im Irak
- Die Autonome Region Kurdistan im Irak und die Erfüllung der Staatskriterien
- Die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Unabhängigkeit der Kurden im Irak
- Die Rolle internationaler Akteure und die Perspektiven für die Zukunft
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die aktuelle Situation der Kurden im Irak dar und beleuchtet den gescheiterten Unabhängigkeitsversuch von 2017. Sie führt den Leser in die Problematik der Kurden ein und stellt die Zielsetzung der Arbeit vor.
- Wer sind die Kurden?: Dieses Kapitel liefert einen Überblick über die Geschichte und Kultur der Kurden. Es zeigt auf, dass die Kurden eine ethnische Gruppe mit langer Tradition sind, die über kein eigenes Staatsgebiet verfügt. Es werden die unterschiedlichen kurdischen Gruppen sowie deren kulturelle und sprachliche Besonderheiten erläutert.
- Entstehungsgeschichte Autonome Region Kurdistan im Irak: Dieses Kapitel befasst sich mit der historischen Entwicklung der Kurden im Irak und beleuchtet die verschiedenen Phasen von Unterdrückung, Aufständen und Autonomiebestrebungen. Es schildert die Entstehung der Autonomen Region Kurdistan und die Herausforderungen, die sich im Laufe der Geschichte für die Kurden stellten.
- Was definiert einen Staat?: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, was einen Staat im völkerrechtlichen Sinne ausmacht. Die Konvention von Montevideo und die Drei-Elemente-Theorie von Georg Jellinek werden als Grundlage für die Definition eines Staates herangezogen.
- Welche dieser Kriterien erfüllt Kurdistan-Irak und welche nicht?: Dieses Kapitel untersucht die Kriterien eines Staates und analysiert, inwieweit die Autonome Region Kurdistan diese erfüllt. Es werden die Stärken und Schwächen des kurdischen Gebiets hinsichtlich der Kriterien eines Staates herausgestellt.
- Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Unabhängigkeit der Kurden im Irak: Dieses Kapitel beleuchtet die Möglichkeiten und Grenzen einer staatlichen Unabhängigkeit der Kurden im Irak. Es werden die politischen, wirtschaftlichen und internationalen Faktoren diskutiert, die für eine staatliche Unabhängigkeit der Kurden relevant sind.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Kurden, Autonome Region Kurdistan, Irak, Staatlichkeit, Unabhängigkeit, Konvention von Montevideo, Drei-Elemente-Theorie, Georg Jellinek, Sonderforschungsbereich der Freien Universität Berlin, Geschichte der Kurden im Irak, Politik, Wirtschaft, internationale Beziehungen.
- Arbeit zitieren
- Fabian Hirschfeld (Autor:in), 2021, Die autonome Region Kurdistan im Irak. Chancen und Möglichkeiten der Unabhängigkeit eines unabhängigen Staates, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1203644