Fremdsprachendidaktik seit den 70er Jahren im Überblick


Hausarbeit, 2006

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ziele der Arbeit
1.2 Das Schulwesen in Deutschland

2. Theoretischer Teil
2.1 Kommunikative Kompetenz
2.2 Interkulturelle Kompetenz

3. Praktischer Teil
3.1 Kommunikative Kompetenz in den Lehrplänen
3.1.1 Lehrplan Englisch am Gymnasium/ Saarland 1987/88
3.1.2 Lehrplan Englisch an der Hauptschule/ Bayern 1985
3.2 Interkulturelles Lernen in den Lehrplänen
3.2.1 Lehrplan Englisch an der Realschule / Bayern neu
3.2.2 Lehrplan Englisch am Gymnasium / Bayern 2003
3.2.3 Lehrplan Französisch am Gymnasium / Bayern 2003

4. Die Hauptmerkmale des Fremdsprachenunterrichts in den siebziger Jahren
4.1 Themenschwerpunkt im Französischunterricht
4.2 Diskussionen um den Erwerb einer Fremdsprache
4.2.1 Diskussion um den einsprachigen Unterricht
4.2.2 Diskussion über den Beginn des Erlernens einer Fremdsprache

5. Internet im Unterricht der modernen Fremdsprachen
5.1 Nutzungsmöglichkeiten des Internets
5.1.1 Internetkontakte
5.1.2 Nutzung von Daten und Materialien aus dem Internet
5.1.3 Das Internet als Lernhilfe beziehungsweise Arbeitshilfe
5.2 Hinweise zum Französischen
5.2.1 Un voyage virtuel à Paris – Beschreibung eines Simulationsprojekts
5.2.2 La rue Daguerre et la tour Montparnasse

6. Schlussbemerkung

7. Bibliographie

1. Einleitung

1.1 Ziele der Arbeit

Der Fremdsprachenunterricht in Deutschland unterlag seit jeher einem stetigen Wandel. Die dominierenden fremdsprachendidaktischen Zeile der letzten 30 Jahre sind wohl die interkulturelle und ihre Vorgängerin, die kommunikative Kompetenz. Viele Linguisten, Didaktiker, Psychologen und Lehrer haben sich seither dazu berufen gefühlt, sich in sehr vielen Veröffentlichungen mit diesen beiden Ansätzen zu beschäftigen. Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, war es deshalb zunächst nötig, eine knappe Auswahl von Beiträgen zu treffen, um eine möglichst klare Vorstellung der wichtigsten Maximen beider Ansätze zu ermöglichen. Dabei sollen nicht nur Veröffentlichungen aus der heutigen Zeit, sondern auch aus der zeit des Aufkommens der jeweiligen Konzepte Eingang in diese Arbeit finden. Im Anschluss daran soll anhand von Beispielen gezeigt werden, ob, wann beziehungsweise in welchem Ausmaß die Grundgedanken beider Ansätze in der Schulpraxis, also als Vorgaben im Lehrplan oder als Methodik in den Lehrbüchern verwirklicht sind. Abschließend soll in dieser Arbeit noch auf die Bedeutung des Internets im Unterricht der modernen Fremdsprachen eingegangen werden.

1.2 Das Schulwesen in Deutschland

In Deutschland liegt die Verantwortung für das Schulwesen bei den Bundesländern. Essentielle Fragen werden jedoch von den Kultusministern der einzelnen Länder einvernehmlich beschlossen. Die wichtigsten sprachpolitischen Regelungen der Länder sind in den folgenden Abkommen verzeichnet. Neben dem im Jahr 1955 verabschiedeten Düsseldorfer Abkommen, gibt es das Hamburger Abkommen aus dem Jahr 1964,welches 1971 neu verfasst worden ist, die Empfehlungen zur Hauptschule von 1969, 1976 die Empfehlung Unterricht für Kinder ausländischer Arbeitnehmer, im Jahr 1972 die sogenannte Bonner Vereinbarung zu Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II und die einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung. Im Düsseldorfer Abkommen wurde die dominante Stellung des Englischen im Bildungswesen der Bundesrepublik begründet. Es sollte in der Regel erste moderne Fremdsprache sein. Das Hamburger Abkommen, welches nach der Rückgliederung des Saarlandes verabschiedet wurde, blieb zunächst bei den „in der Regel – Formulierungen“ des Düsseldorfer Abkommens. Somit wurde im Saarland das Französische weiterhin als erste Fremdsprache gelehrt. In der Neufassung von 1971 wurde die Dominanz des Englischen aufgehoben, da es nun hieß, dass ab der fünften Klasse „ eine moderne Fremdsprache oder Latein zu lehren sei“. Die Empfehlung zur Hauptschule verpflichtet alle Länder an den Hauptschulen Fremdsprachenunterricht einzuführen. Dies wurde bis Mitte der 70er verwirklicht. Die Bonner Vereinbarung führte im Jahr 1972 zu einer völligen Neustrukturierung der gymnasialen Oberstufe indem das heutige Wahl- und Kurssystem eingeführt wurde. Die Schüler hatten nun die Möglichkeit ihre Fremdsprachen, die sie erlernen wollten selbst zu wählen. Einerseits ergab sich daraus ein breiteres Angebot an Fremdsprachen, andererseits aber ist auch eine Tendenz zum völligen Abwählen der Fremdsprachen erkennbar.

Wirft man einen Blick auf das Schulsystem der ehemaligen DDR so stellt man fest, dass es theoretisch ein relativ breit gefächertes Angebot an Fremdsprachen gab, doch in Wirklichkeit Russisch von den meisten Schülern gelernt wurde. Bis heute wird an den Schulen in den neuen Bundesländern Russisch unterrichtet. Nach der Wiedervereinigung, wurde der Fremdsprachenunterricht in den neuen Bundesländern dem der alten angepasst wodurch zu große Unterschiede bezüglich des Fremdsprachenunterrichts zwischen Ost- und Westdeutschland von vornherein vermieden wurden.[1]

2. Theoretischer Teil

2.1 Kommunikative Kompetenz

Der Begriff der kommunikativen Kompetenz taucht als Schlagwort in mehreren wissenschaftlichen Disziplinen auf. In der Pädagogik, der Didaktik, der Soziologie, der Psychologie sowie den Wirtschaftswissenschaften, besonders in Stellenausschreibungen finden sich Theorien über die Aneignung, die Notwendigkeit sowie den Wert einer kommunikativen Kompetenz. Hierbei bleiben inhaltliche und definitorische Aspekte meist unbeachtet. Der Begriff kommunikative Kompetenz wird meist einfach ohne vorherige Definition verwendet. Im praktischen Teil dieser Arbeit soll der Begriff der kommunikativen Kompetenz einzig und allein im Zusammenhang mit dem fremdsprachlichen Unterricht erfasst werden. Das Konstrukt der kommunikativen Kompetenz entstand Anfang der siebziger Jahre aus der Unzufriedenheit mit dem zu dieser Zeit vorherrschenden instrumentalen Fremdsprachenunterricht. Audio-visuelle und audio-linguale Methoden hatten im Rahmen des sogenannten Bildungsbooms zu einer formalistischen Technisierung des Unterrichts geführt. Die mit der Studentenbewegung von 1968 einhergehende Veränderung sozialer Prioritäten hatte einerseits einen Bruch mit den philologischen Wissenschaften zur Konsequenz, führte andererseits aber zur Hinwendung zu erziehungswissenschaftlichen Fächern sowie zur Sozio-, Psycho-, und Pragmalinguistik. Diese wurden zu neuen Leitbildern im FSU[2], da sie aufgrund ihrer Praxisorientierung didaktisch – pädagogische Erwartungen weckten . Die Erziehung zur Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit im Rahmen von Gruppenprozessen und Selbsterfahrungen trat in den Vordergrund; eine starke Betonung des subjektiven Faktors. Dieser Wandel ist sicherlich eine Reaktion auf die bis dahin vorherrschenden automatistischen und zwanghaften Methoden des instrumentellen FSU, welche eben diesen subjektiven Faktor im Lernprozess übergingen.[3]

Es ist jedoch klar, dass all diese Bedingungen ihren Niederschlag nicht in einer starren Methode finden können, sondern nur in relativ heterogenen Verfahrensweisen, die im allgemeinen unter dem Begriff Pragmadidaktik zusammengefasst werden. Gemeinsam ist jedoch allen Formen von Pragmadidaktik das Prinzip der kommunikativen Kompetenz, das geradezu als Schlagwort gegen den methodenzentrierten FSU steht.[4] So glaubt Mair eine bewusste Zurückweisung des Methodenbegriffs zu erkennen. Der Methodenwechsel schien gerade in der Nichtexistenz einer bestimmten Methode zu liegen. Wegbereitend für diese zusammenfassend als kommunikativen Wende bezeichneten Entwicklungen zu Beginn der siebziger Jahre war die sogenannte Sprechakttheorie von Searle und Austin. Die Sprechakttheorie hat entscheidend zur Etablierung der Pragmalinguistik in Deutschland beigetragen, die versucht, eine vollständige linguistische Theorie auf pragmatischer Basis zu formulieren. Beide Ansätze waren von großer Bedeutung für die kommunikative Wende in der Fremdsprachendidaktik.[5]

Der Begriff der kommunikativen Kompetenz wurde letztendlich vom Soziolinguisten D. Hymes eingeführt, der sie als Wissen eines Lerners oder Sprechers einer Sprache beschreibt, welches eben nicht nur grammatische, sondern auch sozio- und psycholinguistische Aspekte umfasst.[6] Laut Piepho, wird die kommunikative Kompetenz zu einem Mittel, das den Lerner einer Fremdsprache zu einer sogenannten emanzipatorischen Sozialisation befähigt.[7] [8] Konkreter gesagt, es geht Piepho also um eine „Planung von Unterricht aus der Perspektive der Schülers und um das Erkennen der Bedingungen im Lerner, im Arrangement des Lehr- und Lernmaterials, in der unmittelbaren Lernumwelt und dem erweiterten Erlebnis- und Erfahrungskontext der Schüler, durch welche das Verstehen, die Handlungs- und Denkbereitschaft und die Beherrschung der Sprache bewirkt oder beeinflusst werden...[9]

Dieses sehr idealistische Lernziel, das Piepho hier gesteckt hat, wurde im Laufe der Jahre in die Lehrpläne aufgenommen und hat heute sehr große Bedeutung im Fremdsprachenunterricht. Unter ihrem Dach sind sogar gewisse gemeinsame Nenner innerhalb unterschiedlicher Auslegungen der kommunikativen Kompetenz erstaunlicherweise doch vorhanden und sollen jetzt kurz genannt werden. So werden grammatikalische Kenntnisse im Allgemeinen als Instrument zur Förderung er Kommunikationsfähigkeit und nicht als Selbstzweck betrachtet. Des weiteren gilt fluency before correctness, das heißt der Lehrer sollte den Kommunikationsfluss des Schülers möglichst nicht unterbrechen, um auf lexikalische oder grammatikalische Fehler hinzuweisen. Die Kommunikation soll nicht durch künstliche Situationen herbeigeführt werden, wie etwa durch aus den Schulbüchern bekannten Situationen « à la gare », « au supermarché » oder ähnliches. Des weiteren soll der Lehrer den Schüler dazu bringen sich möglichst oft und spontan in der Fremdsprache zu äußern. Dabei soll jedoch nicht nur ein Dialog zwischen dem Lehrer und dem Schüler bestehen, sondern die Schüler sollen sich auch untereinander in der Fremdsprache äußern.

2.2 Interkulturelle Kompetenz

Interkulturelle Kompetenz als Thema deutschsprachiger Publikationen gibt es seit Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts. Anstöße hierzu gaben Forschungen in den USA, die sich mit den Ursachen für Kommunikationsbarrieren in multikulturellen Gesellschaften auseinander setzten. Wie sieht interkultureller FSU aus? In den Giessener Beiträgen zur Fremdsprachendidaktik formulieren Delanoy[10] und Bredella[11] in ihrem viel beachteten Werk Interkultureller Fremdsprachenunterricht die Hauptzielsetzungen eines interkulturell orientierten Fremdsprachenunterrichts.

Beide gehen davon aus, dass im heutigen FSU gewisse allgemeine Spannungen vorherrschen. Nämlich die zwischen Sprache und Kultur, der Ausrichtung des Unterrichts am native speaker (Kommunikative Kompetenz) und am intercultural speaker (Interkulturelle Kompetenz), zwischen fachspezifischen und allgemeinen Erziehungszielen, Funktion von Stereotypen und Vorurteilen und der Innen- und Außenperspektive beim Verstehen fremder Kulturen. Zum besseren Verständnis werden nun verschiedene Punkte genauer erläutert:

Prozesscharakter und Dialogizität des interkulturellen Lehrens und Lernens:

Aufgrund von Prägung durch unsere eigene Kultur nehmen wir die fremde Kultur auf dem Hintergrund unserer eigenen auf. Es sollte daher ein lerner- und prozessorientierter Ansatz geschaffen werden, der auf die Entwicklung dialogförderlicher Fähigkeiten ausgerichtet ist.

- Reflexivität und Metasprachliches:

Ein Prozess der Reflexion, in dem man lernt, Dinge mit den Augen des Anderen zu sehen, führt zu einem Begriff von Fremdverstehen, der das Verstehen des Eigenen mit einschließt. Dazu wird eine besondere Sprache benötigt, die Metasprache. Diese Reflexion ersetzt zwar nicht das Üben, kann aber helfen, Verständigungsschwierigkeiten zu beseitigen.

- Allgemeine Erziehungsziele:

Diese sind eine Bereitschaft zur Veränderung des eigenen Standpunkts, Toleranz und Empathiefähigkeit, ein richtiger Umgang mit dem Problem der Bewahrung bzw. Erweiterung der eigenen Identität und ein Aufbau von Sympathiebeziehungen mit einem gleichzeitigen Abbau von negativen Stereotypen.

- Das Verhältnis von Eigenem und Fremden:

Das Eigene und das Fremde darf nicht nur entgegengesetzt werden, sondern es müssen Gemeinsamkeiten herausgestellt werden.

[...]


[1] Christ, Herbert; de Cillia, Rudolf: „Die institutionelle Geschichte des Fremdsprachenunterrichts in

Deutschland“. In: Bausch/Christ/Krumm(Hgg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen: A. Francke 42003, 615-621

[2] Anmerkung: Ab hier steht die Abkürzung FSU für Fremdsprachenunterricht

[3] Mair, W.N., Fremdsprachenunterricht wozu? Historische und methodologische Überlegungen zur Situation der Sprachdidaktik Tübinger Beiträge zur Linguistik,151, Tübingen: Narr, 1981. S.63

[4] ebd. S.63

[5] Edmondson, Willis et al.: Einführung in die Sprachlehrforschung, Tübingen: Francke, 1993. S. 84

[6] D. Hymes, „On Communicative competence“. In: Pride/ Holmes (Hgg.) Sociolinguistics, Harmondsworth: Penguin, 1972, 269-293

[7] Piepho, Hans-Eberhard: Kommunikative Kompetenz als übergeordnetes Ziel im Fremdsprachenunterricht. Dornberg – Frickenhofen: Frankonius, 1974

[8] Piepho, Hans-Eberhard „Kommunikative Didaktik des Englischunterrichts Sekundarstufe I“. In: R. Fröhlingsdorf (Hg.) Reihe Auxilia didactica, Limburg: Franconius, 1979

[9] Piepho, Hans-Eberhard „ Bedingungen von Kommunikation im Fremdsprachenunterricht“. In: Paul Hartig (Hg.) Der fremdsprachliche Unterricht, 52, Stuttgart: Klett, 1979, 2

[10] Delanoy, W., Einleitung: Was ist interkulturelle Fremdsprachenunterricht?, W. Delanoy, L. Bredella, (Hgg.), In: Interkultureller Fremdsprachenunterricht, Tübingen: Narr, 1999, S. 11-30

[11] L. Bredella, Zielsetzungen interkulturellen Fremdsprachenunterrichts, W. Delanoy, L. Bredella, Hrsg., In: Interkultureller Fremdsprachenunterricht, Tübingen: Narr, 1999, S.85-115.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Fremdsprachendidaktik seit den 70er Jahren im Überblick
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
24
Katalognummer
V120492
ISBN (eBook)
9783640242146
ISBN (Buch)
9783640762088
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fremdsprachendidaktik, Jahren
Arbeit zitieren
Rainer Kohlhaupt (Autor:in), 2006, Fremdsprachendidaktik seit den 70er Jahren im Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120492

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