Hier liegt ein Unterrichtsentwurf für das Fach evang. Religion, Klasse 4, mit dem Thema "Klagen, Vertrauen, Danken und Loben in Psalmen – Psalm 69" auf 17 Seiten vor.
1 Zur Situation der Lerngruppe und zur Lernausgangslage
Vom 01. Februar 2007 bis zum 31. Januar 2008 unterrichtete ich eigenverantwortlich evangelische Religion in der Klasse 3b, nun 4b. Seit dem 01. Februar 2008 unterrichte ich Religion in dieser Klasse im Rahmen des betreuten Unterrichts. 16 Schülerinnen und Schülern nehmen am Religionsunterricht teil, davon 11 Mädchen und 5 Jungen. Die übrigen Schülerinnen und Schüler der Klasse nehmen statt am Religionsunterricht am Gemeinschaftsunterricht teil.
Die Lerngruppe zeichnet sich durch eine hohe Sozialkompetenz, ein gutes Arbeitsverhalten und ein sehr hohes kognitives Vermögen aus. Von Beginn meiner Unterrichtszeit an gab es kaum disziplinäre Schwierigkeiten. Die hohe Schülerinnenund Schülerbeteiligung sowie deren Interesse am Fach evangelische Religion sind bezeichnend.
Das soziale Klima in der Lerngruppe ist als positiv zu beschreiben, welche eine angenehme Atmosphäre bedingt. Gravierende Schwierigkeiten mit einzelnen Schülerinnen und Schülern bestehen nicht. Jedoch haben C. und M. leichte Probleme, in die Lerngruppe integriert und von den Mitschülerinnen und Mitschülern akzeptiert zu werden. Im Unterricht wird deshalb darauf geachtet, dass alle Schülerinnen und Schüler angemessen integriert werden und ihren Beitrag leisten können.
Die Schülerinnen und Schüler beteiligen sich sehr rege am Unterricht. Besonders M., A., F., E. und A. zeichnen sich durch eine sehr aktive Mitarbeit aus. Teilweise halten sich A., D., M. und M. nicht an die Gesprächsregeln. Durch einen kurzen Hinweis kann dies jedoch unterbunden werden. Eher zurückhaltend sind M., C., D., D. und F., welche ich auch ohne Meldung zum Gespräch auffordere. In Einzel-, Partnerund Gruppenarbeitsphasen zeigen die meisten Schülerinnen und Schüler ein selbstständiges, effektives und konzentriertes Arbeitsverhalten1. Bei allen Schülerinnen und Schülern ist eine hohe Bereitschaft erkennbar, die erbrachten Arbeitsergebnisse vorzustellen und gegebenenfalls in der Klasse auszustellen.
An die positive Unterrichtsbeteiligung schließt sich eine hohe Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler an. Auch in Randstunden arbeiten sie sehr ausdauernd und zeigen eine hohe Leistungsbereitschaft.
Das Leistungsniveau der Lerngruppe ist erstaunlich hoch. Viele Schülerinnen und Schüler, wie beispielsweise A., A., A., E., und F., weisen Vorkenntnisse in biblischen Geschichten, Traditionen und Ritualen auf, welche zahlreich in den Unterricht eingebracht werden. In den ersten Stunden zu dieser Einheit wurde jedoch deutlich, dass ihnen die Psalmen noch unbekannt sind.
Da die kognitiven Fähigkeiten vieler Schülerinnen und Schüler dieser Lerngruppe ist enorm hoch sind, ist ein Arbeiten auf hohem abstrakten Niveau möglich. Viele Schülerinnen und Schüler dieser Lerngruppe haben die Fähigkeit, Situationen sehr detailiert zu interpretieren und sich in Personen hineinzuversetzen. Lediglich C., M. und M. haben im Vergleich zur übrigen Lerngruppe teilweise Schwierigkeiten bei der Situationsinterpretation und Empathieübernahme. Durch differenzierte Aufgaben und Hilfestellungen wird hier interveniert.
Auch in methodischer Hinsicht zeigen die Schülerinnen und Schüler dieser Lerngruppe sich sehr kompetent. Die in dieser Stunde relevanten Methoden der kreativen Auseinandersetzung wurden größtenteils in anderen Zusammenhängen verwendet und werden von den Schülerinnen und Schülern mit sehr viel Begeisterung und Kreativität angewandt.
Hinsichtlich der dargestellten Unterrichtsstunde werden im kommentierten Sitzplan detaillierte Angaben zur Empathiefähigkeit, zur Kreativität und zum Arbeitsverhalten gemacht.
2 Sachanalyse
Das Buch der Psalmen zählt zum Kanon des Alten Testaments. Es wird auch als Psalter bezeichnet. Der Psalter wird im Hebräischen als sefer tehillim bezeichnet, was übersetzt ‚Buch der Preisungen‘ heißt. Die Psalmen umfassen 150 Gebetslieder und beinhalten die Themen Klage, Bitte, Vertrauen, Dank und Lob. Neben der Unterteilung nach Klage und Lob wird auch nach der Klage bzw. dem Lob eines Einzelnen und einer Gemeinschaft unterschieden. In vielen Fällen kann der Verfasser nicht sicher angeführt werden.2 Die Besonderheit der Psalmen liegt in der starken bildlichen Sprache, wodurch sie auch heute sehr verständlich sind. Sie geben durch die bilderreiche Sprache „jahrtausendalte menschliche Grunderfahrungen und Gefühlsstimmungen“3 wieder. In den Psalmen werden alle Gefühle und Gedanken durch den Psalmisten vor JHWH gebracht.4
Der Psalm 69 gliedert sich in 37 Verse. Als Verfasser des Psalms ist David angegeben. Inhaltlich handelt es sich um die Klage eines Einzelnen an JHWH, mit zwischengeschobenen Bitten und dem abschließenden Lob JHWHs. Klage und Bitte stehen in einem Wechselspiel, dreimal wird eine Klage geäußert (V. 2-5, 11-13, 20-22), dreimal folgt darauf die Bitte um JHWHs Hilfe (V. 7, 14-19, 23-29). Das Lob JHWHs (V. 31ff) beinhaltet gleichzeitig eine Gelübde des Psalmbeters, JHWH zu loben und zu ehren (V. 31).
Psalm 69 zählt zu den am zahlreichsten im Neuen Testament zitierten Psalmen. Das beschriebene „ergreifende Zeugnis menschlicher Passion“5 zeigt typische Züge des Leidens, welche unweigerlich auf Christi Leiden hin bezogen werden können. Obwohl die Klage des Psalmisten sehr detailliert dargestellt ist, kann daraus nicht erschlossen werden, in welchem geschichtlichen und persönlichen Umstand sich der Betroffene befindet. Aus diesem Grund ist eine genaue Datierung der Entstehungszeit des Psalms nicht möglich. Religionswissenschaftler und Theologen gehen von unterschiedlichen Annahmen aus. Beispielsweise wird die Zeit des Propheten Jeremias (627 v. Chr. bis 587 v. Chr.) oder die Makkabäerzeit (165 v. Chr. bis 63 v. Chr.) vermutet. Deutlich wird, dass religiöse Auseinandersetzungen des Psalmisten mit seiner Umwelt als Beweggrund für seine schwierige Situation gelten (V. 8-10).
Der Psalmist begründet seine Klage und seinen Hilferuf an JHWH mit zitternder Angst, Ausweglosigkeit aus seiner Not, dem Verlorensein in der Gewalt des Wassers und dem Ausgeliefertsein gegenüber seinen Gegnern (V. 2-5). Jedoch ist seine eigentliche Not nicht nur in der Leidensangst und der Furcht vor dem Gegner begründet. Besonders beschäftigt ihn eine Not, die seine Seele betrifft. Scheinbar vergeblich bittet er um die Hilfe JHWHs, solange bis die Kräfte ihn verlassen. Darin klingt der Grundgedanke des Psalms auf, dass alles Leiden in einem Leiden um JHWH gründet.
Dem Psalmisten ist seine eigene Schuld bewusst, die er offen vor JHWH bekennt (V. 6). Erst aus diesem Umstand heraus ist der Weg zur Hilfe und Gnade JHWHs geöffnet. Wichtig ist dem Psalmisten, dass sein Vertrauen und auch das Vertrauen der Gläubigen in den gnädigen JHWH nicht enttäuscht werden. In dieser Tatsache begründet der Psalmist, dass er alles Leiden um JHWHs Willen auf sich nimmt und dieses JHWH gilt, um so JHWH in der Öffentlichkeit zu ehren (V. 8).
Aus dieser Gegebenheit heraus wird die Bitte um Hilfe und Erhörung des Flehens legitimiert. Erst durch die Schilderung des Leidens dieses Psalmisten und seiner Not wird deutlich, welche Bedeutung die Gnade und Hilfe JHWHs für einen Menschen haben kann. Das Lob des Psalmisten am Ende des Psalms (ab V. 31) macht deutlich, welche Dimensionen das Leid und die Erhörung seiner Bitten einnehmen und was diese für den Psalmisten bedeuten. Vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen lassen sich auch weiterhin schwierige Situationen bewältigen und kann weiterhin in der Hoffnung auf die Hilfe JHWHs gelebt werden (V. 36-37).6
3 Didaktische Entscheidungen
Der Psalmist im 69. Psalm befindet sich in einer schwierigen Lage. Alles scheint über ihm zusammen zu brechen, seine Lage wirkt ausweglos. Die Situation des Psalmbeters spiegelt die Situation vieler Menschen wieder. Nicht alle müssen das beschriebene Ausmaß an Leid, Angst und Sorge erleben, jedoch kennen auch die Schülerinnen und Schüler diese Gefühle. Die bilderreiche Sprache dieses Psalms ermöglicht ihnen, die Situation des Psalmisten nachzuempfinden, zu erkennen, wie dieser auf seine Situation reagiert und wo er nach Hilfe sucht. Auch erkennen sie, welche Auswirkungen das Bitten um Gottes Hilfe für einen Menschen haben und welche Wendung es in einem Leben bewirken kann. Der Psalm bietet den Schülerinnen und Schülern somit einen persönlichen Anknüpfungspunkt. Ihre Vorerfahrungen zu eigenen schwierigen Erlebnissen fließen in das Verständnis für die Person des Psalmisten mit ein. Die Schülerinnen und Schüler sollen anhand dieses Psalms erfassen, dass Menschen gerade in schwierigen Notsituationen auf Gott hoffen und vertrauen können. Sie sollen durch das Hineintauchen in die Gefühlslage des Psalmisten erkennen, dass das Gebet zu Gott Kraft und Hilfe bedeuten kann. Die Veränderung von der Klage zum Lob soll im Zentrum dieser Unterrichtsstunde stehen, da hieraus die Hoffnung des Psalmbeters in besonderem Maße deutlich wird und erkennbar ist, dass eine ehrlich gemeinte Bitte an Gott Veränderung bewirken kann.
Ich habe mich für diesen Psalm entschieden, da die besonders bilderreiche Sprache den Schülerinnen und Schülern ein tiefes Eintauchen in die Gefühle des Psalmisten ermöglicht. Zudem wird in diesem Psalm exemplarisch deutlich, dass die Klage nicht Anfang und Ende der Psalmen ist, sondern die Veränderung der Situation, die Hilfe Gottes und der Dank an Gott den Abschluss bilden und somit die letztliche Befindlichkeit des Psalmisten deutlich machen. Die Bilder dieses Psalms ermöglichen gerade durch gestalterische Aufgaben einen besonderen Zugang zum Erleben des Psalmisten.
Die einzelnen Arbeitsaufträge in der Erarbeitungsphase habe ich gewählt, um den Schülerinnen und Schülern durch Formen, Farben und Bildern eine Möglichkeit zu schaffen, Gefühlslagen zu erfassen und auszudrücken. Durch die Arbeitsaufträge, welche nicht nur auf Sprechen und Schreiben beschränkt sind, werden den Schülerinnen und Schülern Handlungsspielräume für deren individuelle Interpretation ermöglicht. Die handlungsorientierten und gestalterischen Herangehensweisen können den Kindern helfen, ihre Gedanken auszudrücken und dafür Worte zu finden. Durch diese umfassende Auseinandersetzung mit dem Text können die Erfahrungen des Psalmisten mit denen der Schülerinnen und Schüler in Beziehung zueinander gesetzt werden.
In dieser Unterrichtsreihe werden wichtige Grundlagen für das religiöse Verständnis der Schülerinnen und Schüler gelegt. Die Psalmen machen auf besondere Art und Weise deutlich, in welchen Situationen Menschen zu Gott kommen, wie sie mit ihm reden, ihn ansprechen und welche Hilfe sie von ihm erwarten können. Auch wird in den Psalmen das Gotteslob sehr deutlich gemacht, was in der kirchlichen Tradition sowie im christlichen Leben eines Menschen eine bedeutende Rolle spielt oder spielen sollte.
Mit dem Kerncurriculum für evangelische Religion in der Grundschule kann die Thematisierung der Psalmen begründet werden. Darin wird in der Leitfrage „Nach dem Menschen fragen“ gefordert, dass die Schülerinnen und Schüler religiöse Formen kennen, „in denen Erfahrungen wie Freude und Trauer zum Ausdruck kommen“7. Die Psalmen bieten als Gebet oder Lied eine dieser religiösen Formen und kommen somit der erwarteten Kompetenz entgegen. Neben dem inhaltsbezogenen Kompetenzbereich hat auch der prozessbezogene Kompetenzbereich in dieser Stunde eine besondere Bedeutung. Durch die Auseinandersetzung mit der Situation des Psalmisten und die kreative Darstellung des Psalms bzw. der Situation des Psalmisten erweitern die Schülerinnen und Schüler den Kompetenzbereich Verstehen/Deuten und Gestalten/Handeln8. Anhand des Verstehens der Situation des Psalmisten bzw. der Deutung der Bilder vollzieht sich die künstlerische Gestaltung einzelner Psalmworte, die Gestaltung des gesamten Psalms oder das Herausarbeiten der Haltung des Psalmisten.
Für die Intention dieser Unterrichtsstunde ist eine starke didaktische Reduktion notwendig. Der Psalm wird nur in Auszügen in der Unterrichtsstunde thematisiert. Ich habe mich für eine Auswahl von Versen entschieden, da anhand dessen ein umfassendes Bild über den Psalmisten gegeben wird. Ein größerer Umfang an Versen würde eher verwirrend wirken und die Viertklässler überfordern. Gerade die eigentlichen Hintergründe der Klage werden in dieser Unterrichtsstunde nicht thematisiert, da darin für die Schülerinnen und Schüler keine Bedeutung liegt. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der Gefühlslage des Psalmisten, der sich daraus ergebenden Bitte an Gott sowie der Gewissheit auf Gottes Hilfe.
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1 siehe Seite 9, Kommentierter Sitzplan der Klasse 4b
2 vgl. Johannsen 2005, Seite 257f, vgl. Westermann 2001, Seite 184ff
3 Itze, Moers 2006, Seite 9
4 Vgl. Itze, Moers 2006, Seite 8f
5 Weiser 1987, Seite 336
6 vgl. Weiser 1987, Seite 336f
7 vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, Seite 16
8 vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, Seite 12f
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